Zeitschrift EE

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2010-01

Wassermanagement

Abbildung 1: Pflanzenkläranlage im Haus Lechner

Vor allem für ländliche Streusiedlungen ist die zentrale Abwasserbehandlung, wie sie in Ballungszentren üblich ist, nicht zwangsweise die ökologisch und ökonomisch günstigste Variante. Im Hinblick auf eine verantwortungsvolle Nutzung und Schonung unserer natürlichen Ressourcen wurde auch die Notwendigkeit zur Förderung nachhaltiger Systeme in der Siedlungswasserwirtschaft erkannt.
Nachhaltig ist ein System, das möglichst wenig Trinkwasser verbraucht und die Inhaltsstoffe im Abwasser, hauptsächlich Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor sowie das Wasser selbst in möglichst kleinen Kreisen wiederverwendet. Regenwasser wird als weitere Wasserquelle in das System integriert, verwendet oder versickert, anstatt es möglichst rasch abzuleiten.

NASPA - Nachhaltige Sanitärkonzepte in Österreich

Von Martin Regelsberger und Elke Müllegger*

Aus Mangel an Erfahrungen wurden solche Systeme bisher nur in geringer Anzahl in Österreich praktisch umgesetzt. An fünf Objekten - zwei steirischen Gemeinden (Unterauersbach und Langegg-Hirtenfeld), einer Wohnhausanlage in Pöllau (Nähe Gleisdorf), dem Christophorus Haus (Bürogebäude) in Stadl Paura sowie einem Privathaushalt (Oberwindhag, Waldviertel) - werden neue und sinnvolle Wege einer nachhaltigen Siedlungswasserwirtschaft unter praktischen Bedingungen untersucht und darauf basierend Empfehlungen ausgearbeitet.

Untersuchte Objekte

Christophorus Haus...
... ist ein als ökologisches Passivhaus (Abbildung 2) konzipiertes Verwaltungs- und Betriebsgebäude mit Geschäftsflächen, Werkstätte, Lager und Autowaschanlage der MIVA in Stadl-Paura, Oberösterreich. Das Gebäude wurde im Oktober 2003 fertig gestellt. Das getrennt abgeleitete Grauwasser (aus Handwaschbecken der Sanitärräume und der Küche) wird mittels eines bepflanzten Bodenfilters (Pflanzenkläranlage) biologisch gereinigt, mit dem gesammelten Regenwasser gemischt und steht für die Wiedernutzung als Brauchwasser zur Verfügung. Besonders ist, dass das anfallende Grauwasser im Inneren des Gebäudes aufbereitet wird. Das Brauchwasser wird für die Spülungen der Toiletten, die Versorgung der Autowaschanlage und die Gartenbewässerung eingesetzt. Abwässer aus den Toiletten werden der öffentlichen Kanalisation zugeführt.

Abbildung 2: Christophorushaus mit natürlicher Kühlung

Privathaushalt Lechner
In einem Bauernhaus in der Nähe von Weitra, im nördlichen Waldvierte, das seit Juni 2003 als ständiger Wohnsitz und Praxis dient, wurde bei der Revitalisierung ein neues Wasserkonzept eingebaut.
Die Sanitäranlagen bestehen aus einer Trockentoilette mit Urinnutzung und Kompostierung. Das Grauwasser aus Bad (Duschen und Badewanne), Waschmaschine und Küche wird getrennt erfasst und in einer Pflanzenkläranlage im Wohnzimmer (Abbildung 1) gereinigt und im Garten für die Verwendung als Bewässerungswasser in der vorhandenen Senkgrube gespeichert.

Wohnanlage Pöllau 18
In einem renovierten Gutshof bei Markt Hartmannsdorf wurden auf 11.000 m² und drei Gebäuden zehn Mietwohnungen mit 45 bis 106 m² Wohnfläche, Büroräume und ein Veranstaltungssaal untergebracht. Das bei der Renovierung umgesetzte Wasserkonzept umfasste die unten beschriebenen Komponenten.
Regenwassersystem, mit Zisternen von 42 m³, inklusive Löschwasserbedarf. Das Regenwasser wird primär in den beiden gemeinschaftlichen Waschküchen und zur Bewässerung der Außenanlagen genutzt. Das weiche Regenwasser reduziert den Waschmittelbedarf erheblich. Der Ablauf der versiegelten Flächen wird nicht abgeleitet, sondern über eine Teichanlage versickert.
Grauwasserrecycling, bei dem das relativ schwach verunreinigte Abwasser aus den Duschen, den Badewannen und den Handwaschbecken, im österreichischen Schnitt täglich ca. 55 bis 80 Liter pro Person, in einer Pontos SBR-Anlage („Sequencing Batch Reactor“, Abbildung 3) gereinigt und zur Toilettenspülung verwendet wird. Ein eingebauter Wärmetauscher ermöglicht die Nutzung eines Teils der im Warmwasser enthaltenen Energie.
Fremdenergiefreie Abwasserreinigung mittels Pflanzenkläranlage, zur biologischen Reinigung der anfallenden Fäkalabwässer, der stark verunreinigten Küchenabwässer und jener der Waschmaschinen, also etwa 60% des Wasserverbrauchs. Im Sinne der Schließung des natürlichen Wasserkreislaufs wird das gereinigte Wasser nicht abgeleitet, sondern vor Ort oberflächennah verrieselt. Bei Bedarf ist es möglich, das noch immer nährstoffreiche Wasser für die Bewässerung eines Weingartens oder anderer geeigneter landwirtschaftlicher Flächen heranzuziehen und damit zu düngen.
Das Objekt wurde mit einem Messsystem ausgestattet, das eine automatische Erfassung aller Volumenströme und Durchflüsse sowie der Energiemengen am Abwasserwärmetauscher erlaubte. Das Monitoringprogramm wurde von Februar 2008 bis in den Juni 2009 durchgeführt, wobei Wasserproben erst ab September 2008 genommen werden konnten, als ausreichend Mieter einen entsprechenden Wasserverbrauch garantierten.

Abbildung 3: Grauwasserrecyclinganlage in Pöllau 81

Privathaushalt Blümel
Das Einfamilienhaus in Lieboch ist ein Neubau in Niedrigenergiehausstandard, der 2007 errichtet wurde und von einer Familie mit zwei Kindern bewohnt wird. Das anfallende Grauwasser aus dem Bad wird getrennt von den Fäkal- und Küchenabwässern gesammelt und in einer Biomembrananlage mit Plattenmembranen aufbereitet. Die beiden Toiletteanlagen, zwei Betriebswasserzapfhähne im Außenbereich und in den Sommermonaten die Dusche im Außenbereich am Swimmingpool werden mit dem so produzierten Betriebswasser gespeist.
Von den Zapfhähnen im Außenbereich wird auch der Garten bei Bedarf gegossen. Im Winterhalbjahr wird auch die Waschmaschine aus dem Betriebswassernetz versorgt. Im Bedarfsfall wird Regenwasser und in Ausnahmefällen, etwa bei erschöpften Regenwasserreserven, wird automatisch Trinkwasser in das Betriebswassersystem nachgespeist.

Gemeinde Unterauersbach
Die steirische Gemeinde Unterauersbach, mit 518 EinwohnerInnen, hat bereits seit den 80er Jahren einzelne Anlagen zur Brauchwassernutzung und selbst gebaute Pflanzenkläranlagen. Nach Gründung der Abwassergenossenschaft GLAUBA, die dezentrale und nachhaltige Systeme favorisiert, wurde ein Diskussionsprozess eingeleitet, welcher eine genauere Betrachtung der Wasser und Abwassersituation der Gemeinde zur Folge hatte. Auf Basis eines einstimmigen Gemeinderatsbeschlusses sollten kreislauforientierte, nachhaltige Systeme für das Gemeindegebiet von Unterauersbach vorgeschlagen werden. Von den vielen Möglichkeiten einer Trennung von Abwasserströmen und örtlichen Verwendung der verschiedenen gewonnenen Wässer wurde letztlich, nicht zuletzt wegen des Widerstands der Behörden gegen weiterreichende Konzepte, nur die Nutzung von gereinigtem Abwasser für die Produktion von Energieholz betrachtet.

Gemeinde Langegg-Hirtenfeld
Der Ortsteil Hirtenfeld der Gemeinde Langegg wird durch 11 Pflanzenkläranlagen in Ausbaugrößen von 4 bis 40 EW entsorgt. Die Errichtung der Kläranlagen erfolgte durch die Wassergenossenschaft Hirtenfeld im Jahr 2000. Weiters werden im restlichen Gemeindegebiet von Langegg mehrere private Pflanzenkläranlagen betrieben. Um den in diesen Kläranlagen anfallenden Primärschlamm weiterbehandeln zu können, hat die Wassergenossenschaft Langegg eine zentrale Klärschlammvererdungsanlage (KSV) errichtet. Der Transport von den Dreikammergruben zur KSV erfolgt mittels Güllefass. Die Vererdungsanlage ist seit dem Jahr 2000 in Betrieb. Mittlerweile haben 20 private Kläranlagenbetreibende, die nicht Mitglied der Genossenschaft sind, mit der Gemeinde eine Vereinbarung für die Abgabe des Klärschlamms abgeschlossen.

Ergebnisse

Die BetreiberInnen der untersuchten Grauwasseranlagen sind mit den installierten Anlagen zur Reinigung von Grauwasser zufrieden. Beide Anlagen erfordern technisches Verständnis und eine entsprechende Einschulung. Die Wartung der Anlagen wird in allen Fällen ordnungsgemäß durchgeführt und die Störungsanfälligkeit ist relativ gering. Aus technischer Sicht verursachen die Vorreinigung des Grauwassers und die Wartung der Beschickungsleitungen den höchsten Wartungsaufwand. Beim Energiebedarf unterscheiden sich die Anlagen aufgrund der technischen Unterschiede wesentlich. Bepflanzte Bodenfilter stellen ein brauchbares Verfahren für die Grauwasserreinigung innerhalb von Objekten dar, die auch weitere Zwecke wie z.B. architektonischen Mehrwert und Verbesserung des Raumklimas erfüllen.
Der durchschnittliche Verbrauch (ohne Einbeziehung von Gewerbe, Industrie oder Großverbrauchern) in Österreich liegt bei etwa 135 Litern pro Tag und Person. Ein 4 Personen - Haushalt benötigt durchschnittlich ca. 200 m3 Trinkwasser pro Jahr.

Tabelle 1: Gegenüberstellung von Wasserverbrauch, Trinkwasserverbrauch und Abwasseranfall in der Wohnanlage und in Österreich, in l/(EW.d)

 
Wohnanlage
l/(EW.d)
Österreich
l/(EW.d)
Einsparung
l/(EW.d)
Gesamtwasserverbrauch
107
135
28
Gesamttrinkwasserverbrauch
70
135
65
Gesamtabwasseranfall
76
120
44

In Pöllau 18, wo die Verbrauchsdaten eines größeren Objekts erfasst wurden, ergab sich folgendes Bild. Der Wasserverbrauch ist im Wohnressort um 28 l/(EW.d) geringer als im österreichischen Schnitt (siehe Tabelle 1). Der Trinkwasserverbrauch wird durch die Verwendung von Grauwasser für das Toilettenspülen und Regenwasser für die Wäsche um weitere 37 l/(EW.d) gegenüber dem Schnitt gesenkt. Damit liegt der Trinkwasserverbrauch bei 70 l/(EW.d) oder nur knapp über der Hälfte des durchschnittlichen Verbrauchs. Auch der Abwasseranfall wird von ca. 120 auf 76 l/(EW.d) gesenkt.

Tabelle 2 stellt den Wasserverbrauch im österreichischen Schnitt nach Verbrauchskategorie (siehe auch Abbildung 5) jenem in der Wohnanlage Pöllau (Abbildung 4) gegenüber. Unter Quelle wird angegeben, ob Trinkwasser durch eine andere Wasserquelle, wie Regenwasser, Grauwasser oder Abwasser, ersetzt wurde. In Klammern sind mögliche Alternativen in der Reihenfolge ihrer Eignung angegeben, wobei Trinkwasser auf Grund seiner prinzipiellen Eignung für alle Verwendungszwecke nicht gesondert angeführt wurde.

Tabelle 2: Trinkwasserverbrauch, aufgeteilt nach Kategorie, mit einer Kennung für die günstigste Wasserquelle (T = Trinkwasser, G = Grauwasser, R = Regenwasser, A = Abwasser, mögliche Varianten in Klammer, in der Reihenfolge ihrer Eignung)

Verbrauchskategorie
Verbrauch Durchschnitt
Verbrauch
Pöllau
Quelle
 
%
l/(EW.d)
%
l/(EW.d)
 
Duschen und Baden
34
45,8
32
34,1
T (R,G)
Persönliche Hygiene
7
9,5
   
T
Toilettenspülung
22
29,6
22
23,5
G
Wäsche waschen
17
23,0
12
13,0
R (G)
Andere Verwendungen
6
8,1
   
R (G, A)
Geschirr spülen
6
8,1
34
36,5
T (R)
Putzen
5
6,8
   
G
Trinken und Kochen
3
4,1
   
T
Summe  
135,0
 
107,1
 

Auffällig bei den Messergebnissen waren die spezifischen Wasserverbräuche. Die gesondert erfassten Verbräuche im Bad, in der Toilette fielen in Pöllau etwas niedriger aus, als die allgemein publizierten Daten, was mit einem sparsamen Umgang erklärt werden könnte (siehe den geringeren allgemeinen Verbrauch). In der Küche und beim Putzen lag der Verbrauch in Pöllau auch anteilsmäßig wesentlich über und bei der Wäsche und dem Außenbedarf weit unter dem Schnitt von publizierten Daten. Die Werte der spezifische Wasserverbräuche sind für die Bemessungen von solchen Anlagen entscheidend. Die in Pöllau gefundenen Werte sind sicher an zusätzlichen Beispielen und durch längere Messreihen zu erhärten. Eventuell sind aber die allgemein genutzten Durchschnittswerte teilweise zu korrigieren.

Abbildung 4: Spezifischer Wasserverbrauch in der Wohnanlage nach erfassten Kategorien

Abbildung 5: Spezifischer Trinkwasserverbrauch in Österreich nach den in der Wohnanlage 18 Pöllau erfassten Kategorien

Durch Regen- und Grauwassernutzung konnte der Trinkwasserverbrauch im Haus um gut die Hälfte und auch der Abwasseranfall massiv reduziert werden. Schätzungen auf Grund des durchschnittlichen Jahresverbrauchs ergeben eine Trinkwassereinsparung von etwa 27.000 Litern pro Person und Jahr.
Die Vorgangsweise, Trinkwasser durch vor Ort gereinigtes Grauwasser oder gesammeltes Regenwasser oder auch gereinigtes Abwasser für bestimmte Zwecke zu ersetzen, entlastet die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung und ist ein erster Schritt zu einer integrierten Wasserbewirtschaftung. Ein vollständiger Verzicht auf wassergespülte Fäkalien- und Urinentsorgung, wie am Beispiel Privathaus Lechner würde zusätzlich die Nährstoffrückführung in den lokalen Kreislauf erleichtern, zumal in Zusammenhang mit biologischen Anbaumethoden. Alternativ bietet sich die in Unterauersbach als Versuch gestarteten Energieproduktion. Solche Konzepte entlasten die Wasserinfrastruktur, nicht nur in isolierten Lagen, und erlauben ganz neue Lösungen für das Management der bisher als häusliche Abwässer bezeichneten flüssigen Wertstoffe. Neben dem wasserwirtschaftlichen Nutzen sind durch solche Konzepte oft auch andere Vorteile zu erzielen und jedenfalls anzustreben, wie ein verbessertes Raumklima, eine ansprechende Gestaltung der Landschaft mit zusätzlichem Angebot von Lebensraum, die Produktion von Energie oder von Pflanzennährstoffen, um nur einige zu nennen.
Derzeit befindet sich noch manches von dem Umgesetzten im Pilot- oder Experimentierstadium. Trotzdem ist es wichtig, an konkreten Beispielen Erfahrungen sammeln und sie als Demonstrationsobjekte Interessenten vorführen zu können. Es ist zu hoffen, dass die Techniken bald Eingang in Bauordnungen und Standards finden und so eine weitere Erhöhung der Effizienz von Gebäuden ermöglichen. Dies könnte zu einer breiten Anwendung des demonstrierten Ansatzes führen.

*) Dipl.-Ing. Martin Regelsberger ist Leiter der Abteilung für Wasser- und Abwassermanagement bei der AEE INTEC in Gleisdorf, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dipl.-Ing.
Elke Müllegger arbeitet beim Ecosan -Club, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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