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GREENFOODS – Energieeffizienz in der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie
Potenziale von Energieeffizienz und Integration Erneuerbarer Energieträger

Ziel des IEE (Intelligent Energy Europe)-Projektes GREENFOODS ist es, die europäische Lebensmittel- und Getränkeindustrie zu mehr Energieeffizienz und somit einer Reduktion fossiler CO2-Emissionen zu führen. Die Ergebnisse aus 204 abgeschlossenen Analysen der Branchen Fleisch-, Gemüse-, Obst- und Milchverarbeitung, Brauereien sowie Bäckereien in den beteiligten Ländern zeigen das große Potenzial der Einsparungen durch Energieeffizienzmaßnahmen und der Integration Erneuerbarer Energieträger.

Projektüberblick

Im Rahmen des Projektes GREENFOODS wird ein Branchenkonzept für verschiedene Sub-Sektoren der Lebensmittel- und Getränkeindustrie entwickelt, das NutzerInnen bei der Identifikation maßgeschneiderter Lösungen für eine „grüne Produktion“ in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unterstützt. Durch die Kombination technischer Expertise mit Kenntnissen über Energieeffizienz und erneuerbaren Energieträger können klare Strategien für KMUs betreffend Prozessoptimierung und Energieversorgung entwickelt werden, um das Ziel einer Produktion ohne fossile CO2-Emissionen zu erreichen. Das GREENFOODS Branchenkonzept (Entwicklungsumgebung MS Excel und VBA) basiert auf der Durchführung und Ergebnissen von insgesamt 204 Basis-Energieaudits und daraus gewählten 45 detaillierten Audits in sechs europäischen Ländern (Österreich, Deutschland, Polen, Spanien, Großbritannien und Frankreich) der energieintensivsten Sub-Sektoren der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Eine Erhebung identifizierte die Fleischverarbeitung, Milchverarbeitung, Obst- und Gemüseverarbeitung, Bäckereien und Brauereien als jene Sektoren, die am meisten Energie verbrauchen und somit das größte Einsparungspotenzial aufweisen. Diese werden folglich auch im GREENFOODS Branchenkonzept integriert. Aufbauend auf der Spezifikation des Ist-Standes des Energieeinsatzes (Energieträger, Energieinhalt), der Energiebereitstellung (Kessel, Kältemaschinen, etc.), der Verteilverluste und der Prozessschritte kann eine detaillierte Bewertung des Energiesystems durchgeführt werden. In einem nächsten Schritt wird der Anwender bei der Identifikation möglicher Prozessoptimierungen durch innovative Technologien, optimierte Prozessparameter, etc. sowie dem Design eines Wärmetauschernetzwerkes (aufbauend auf einer Pinch-Analyse zur Beurteilung der Wärmeströme für Wärmerückgewinnung) unterstützt. Dabei wird auf eine sehr enge Verschränkung zwischen dem Branchenkonzept und dem GREENFOODS WikiWeb gesetzt, wo Informationen und Anleitungen ähnlich Wikipedia unterteilt nach Sub-Sektoren und Unit Operations als frei zugängliches Kompendium zur Verfügung stehen.

In weiterer Folge beinhaltet das Branchenkonzept Module zur Bewertung (energetisch, ökologisch, ökonomisch) der identifizierten Energieeffizienzmaßnahmen und der Integration Erneuerbarer Energieträger wie Solarthermie, Biomasse, Biogas, Photovoltaik, Wärmepumpen und Absorptionskälteanlagen. Ziel ist es, in einem Betrieb strukturierte Schritte in einem Maßnahmenpaket hin zu einer energieeffizienten und fossilfreien Produktion zu setzen.

Im Rahmen des Projektes wurde ein GREENFOODS Trainingsmodul entwickelt, das in Österreich in den Europäischen Energiemanager (EUREM) integriert wird. Neben den für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie spezifischen Informationen zu Technologien und Energieversorgung wird das GREENFOODS Branchenkonzept (Handhabung, Umfang, etc.) an einem konkreten Beispiel erlernt sowie das GREENFOODS WikiWeb, Schlussfolgerungen aus den durchgeführten Energieberatungen und die erhobenen Förderungs- und Finanzierungssysteme erarbeitet. Erste Trainingskurse in Österreich werden im Frühjahr 2015 abgehalten. Alle Projektergebnisse werden in sogenannten „Virtuellen Energie-Kompetenz-Zentren“ als One-Stop-Shop-Servicecenter verbreitet. In Österreich fungiert der Fachverband für Nahrungs- und Genussmittelindustrie (Lebensmittelindustrie) der Österreichischen Wirtschaftskammer als Anlaufstelle (Kontaktdaten auf der Projekt-Website unter http://www.green-foods.eu/contact-points/).

Durchgeführte Energieberatungen und Audits

Wie angeführt, bilden durchgeführte Energieberatungen und Audits in Betrieben der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie die Grundlage für das GREENFOODS Branchenkonzept und das WikiWeb, das entwickelte maßgeschneiderte Förderungs- und Finanzierungssystem und nicht zuletzt die Trainingskurse. Ziel war es, im Rahmen von grundlegenden Erhebungen in mindestens 200 Betrieben einen Überblick über den Energieverbrauch, die eingesetzten Energieträger und Prozesstechnologien zu bekommen und hier auch das Potenzial von Optimierungsmaßnahmen hin zu mehr Energieeffizienz auf Prozess- und Systemebene (Wärmerückgewinnung) sowie der Integration Erneuerbarer Energieträger bewerten zu können. Dafür wurden in konkret 204 Betrieben alle relevanten Betriebsdaten aus diesen Bereichen erhoben und bewertet:

  • Identifizierung und Quantifizierung der eingesetzten Energieträger,
  • Spezifikation des bestehenden Energiesystems (Kessel, Kälteanlagen, Druckluft, Erneuerbare, etc.),
  • Spezifikation der energierelevanten Prozessschritte und quantifizierte Bewertung der größten Energieverbraucher (Prozessparameter wie Massenstrom, Temperaturen Medien, etc.),
  • konkrete Abschätzung des Potenzials zu mehr Energieeffizienz durch Adaptierung der Prozesstechnologien oder -parameter und Wärmerückgewinnung basierend auf den erhobenen Betriebsdaten sowie
  • konkrete Abschätzung des Potenzials der Integration Erneuerbarer Energieträger basierend auf den erhobenen Betriebsdaten.

Diese Erhebungen und Bewertungen waren die Grundlage für die Auswahl jener Betriebe, in denen eine detaillierte Erhebung und Analyse des Ist-Standes und des Potenzials möglicher Maßnahmen zu mehr Energieeffizienz und der Integration Erneuerbarer durchgeführt wurde. Die vorgesehene Anzahl von mindestens 20 solcher Analysen konnte aufgrund ausgezeichneter Datenlage und dem Engagement der Betriebe auf 45 erhöht werden. Die Vertiefung der Analysen betrifft dabei die erhobenen Prozessdaten, Lastprofile sowie die energetische, ökologische und ökonomische Bewertung der identifizierten Optimierungsmaßnahmen und deren Integration in den Produktionsprozess.

Ein sehr wichtiger Schritt im Rahmen des GREENFOODS Projektes ist es, aus diesen detaillierten Erhebungen in mindestens fünf Betrieben die Umsetzung der identifizierten Maßnahmen zu begleiten, um am Ende des Projektes die Machbarkeit als Best Practice Examples (BPE) darzustellen. Diese Begleitung beinhaltet aufbauend auf der Definition eines gemeinsamen Zeitplans und Maßnahmenkatalogs eine weitere detaillierte Spezifikation und Bewertung der Umsetzungen. Der Betrieb wird in der Ausschreibungsphase und der Diskussion mit den umsetzenden Firmen unterstützt und wo möglich bestehende Förderungsmöglichkeiten identifiziert und beantragt. Am Ende des Projektes werden die umgesetzten Maßnahmen im Vergleich zum Ist-Stand bewertet und die nächsten Schritte über die Projektlaufzeit hinaus gemeinsam definiert. Gerade in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sind die Barrieren innovativer Schritte unter dem Gesichtspunkt gleichbleibender oder besserer Produktqualität von größter Bedeutung. Eine negative Beeinflussung des Produktes darf nicht stattfinden, weshalb die BPE Vorreiter und Initiatoren weiterer Umsetzungen sein werden.

Basic Audits

Bei der Auswahl der Betriebe für die erste grobe Erhebung wurde darauf geachtet, vor allem Beratungen in jenen Sub-Sektoren der Lebensmittel- und Getränkeindustrie durchzuführen, in denen ein sehr großer Energieverbrauch vorliegt. Die meisten Produktionen können der Fleisch-, Fisch-, Gemüse- und Obst-, Milchverarbeitung, Brauereien sowie Bäckereien zugeordnet werden. Die Akquise von Betrieben gestaltete sich zu Projektbeginn schwierig, da die meisten solche Beratungen bereits in der Vergangenheit durchgeführt hatten und gerade KMUs wenig Zeit für detaillierte Erhebungen haben. Mit Unterstützung aller Partner und Netzwerke konnte jedoch die geplante Anzahl mit 204 Beratungen sogar übertroffen werden. Die meisten Betriebe kamen aus dem Bereich Brauereien, gefolgt von den Bereichen Fleischverarbeitung, Milchverarbeitung sowie Gemüse- und Obstverarbeitung. Die meisten Audits wurden in Österreich durchgeführt (54) dicht gefolgt von Spanien (47), Polen (39), Deutschland (28), Großbritannien (26) und Frankreich (10) – (siehe dazu Abbildung 1).

Abbildung 1: Zuordnung der durchgeführten Basic Audits zu Sub-Sektoren und Ländern

Die Evaluierung des Primärenergiebedarfs sowie die daraus stammenden CO2-Emissionen standen im Fokus der Datenerhebung. Insgesamt werden in den 204 untersuchten Betrieben jährlich mehr als 4.400 GWh Energie eingesetzt, wobei der Großteil mit Kohle (2.100 GWh), gefolgt von Erdgas (1.085 GWh), Strom (917 GWh) und Öl (349 GWh) abgedeckt wird. Kohle als wichtiger Energieträger in allen Sub-Sektoren (siehe Abbildung 2) ist gerade aus österreichischer Sicht doch auffällig, wobei erwähnt werden muss, dass dieser Verbrauch vor allem aus polnischen Untersuchungen stammt, wo der Energiebedarf typischerweise mit Kohle, gefolgt von Strom gedeckt wird. Diese Struktur ist historisch bedingt und wird durch die großen Kohlevorkommen in Polen und den daraus resultierenden vergleichsweise geringen Kosten unterstützt. In Spanien beispielsweise ist Öl gefolgt von Erdgas dominierend, in Österreich Erdgas, Strom und geringe Anteile biogener Energieträger. Der Anteil Erneuerbarer Energieträger in den untersuchten KMUs der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie beträgt jedoch insgesamt weniger als 1 %.

Abbildung 2: Energieverbrauch und eingesetzte Energieträger in den untersuchten Sub-Sektoren der 204 durchgeführten Basic Audits

Abbildung 3: Zuordnungen der durchgeführten detaillierten Audits zu Sub-Sektoren und Ländern

Ziel der Audits war es, das Potenzial von Energieeffizienzmaßnahmen und den daraus folgenden CO2-Einsparungen zu quantifizieren. Basierend auf den Erhebungen war es möglich, den Sub-Sektoren grobe Potenziale der Einsparungsmaßnahmen zuordnen zu können, die zwar länder- oder betriebsgrößenspezifisch bewertet werden müssen, aber trotzdem einen guten Überblick geben können. In den untersuchten Bäckereien konnte ein durchschnittliches Potenzial von Energieeffizienzmaßnahmen und folgenden Einsparungen von 19 % der CO2-Emissionen identifiziert werden, gefolgt von Betrieben der Gemüse- und Obstverarbeitung (18 %), Fleischverarbeitung (15 %) sowie Molkereien und Brauereien (11 %). Insgesamt wurde das Einsparungspotenzial in allen Betrieben (Ist-Stand: erhobener Energiebedarf 4,4 Mio MWh/a, erhobene CO2-Emissionen 1,4 Mio tCO2e/a) mit etwa 145.000 tCO2e/a bewertet, woraus der signifikante mögliche Beitrag der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie zur Erreichung der Klimaziele (Erhöhung Energieeffizienz und Reduktion fossiler CO2-Emissionen um jeweils 20 %) ersichtlich wird.

Detaillierte Audits

Aus den 204 Basic Audits wurden 45 Betriebe gewählt, in denen weitere und detaillierte Untersuchungen und Bewertungen speziell der identifizierten Maßnahmen (Energieeffizienz und Integration Erneuerbarer Energieträger) durchgeführt wurden. Die Auswahl erfolgte neben energetischen, ökologischen und ökonomischen Kriterien auch unter dem Gesichtspunkt der aussichtsreichsten Umsetzung im Rahmen des Projektes. Die meisten der gewählten Betriebe kamen aus den Sub-Sektoren Fleischverarbeitung, gefolgt von Getränkeerzeugung, Bäckereien, Gemüse- und Obstverarbeitung sowie Milchverarbeitung. Die detailliert untersuchten Betriebe sind in den Ländern Österreich (19), Spanien und Großbritannien (jeweils 7), Deutschland (6), Polen (4) und Frankreich (3) angesiedelt (siehe Abbildung 3). In 29 dieser Betriebe mit einer optimale Datenlage für eine detaillierte Zusammenfassung werden jährlich 534.000 MWh Energie eingesetzt, wobei 41 % davon mit Erdgas abgedeckt werden, gefolgt von Strom (27 %), Kohle (25 %) und Öl (5 %). Wiederum sind Biomasse und Biogas jene Energieträger mit dem geringsten Anteil, der große Anteil an Kohle stammt aus lediglich zwei polnischen Betrieben (Molkerei und Fleischverarbeitung).

Die am häufigsten identifizierten Energieeffizienzmaßnahmen bzw. Möglichkeiten für die Integration Erneuerbarer Energieträger sind in diesen Betrieben Prozessoptimierungsmaßnahmen, Wärmerückgewinnung sowie solare Prozesswärme, innovative Kältetechnologien, Biomasse und Kraft-Wärme-Kopplungen (siehe Tabelle 1). Insgesamt könnten durch diese Maßnahmen in den 29 Betrieben Energieeinsparungen von mehr als 120.000 MWh/a erzielt werden (Energieeinsatz 534.000 MWh), die anteilig (22 %) deutlich über den prognostizierten Einsparungen aus den Basic Audits (beispielsweise maximal 19 % in Bäckereien) liegen. Damit könnten jährlich CO2-Einsparungen von 30.000 tCO2e/a erzielt werden, was deutlich über den Projektzielen liegt.

Tabelle 1: Überblick der vorgeschlagenen Maßnahmen und deren Beitrag zu Energie- und CO2-Emissionseinsparungen

Ausblick

Nach Abschluss der durchgeführten Betriebsanalysen unterschiedlichen Detaillierungsgrades werden bis Projektende ausgewählte Betriebe (fünf bis acht Betriebe) bei der Umsetzung der identifizierten Maßnahmen im Rahmen des Projektes begleitet. Allein in Österreich wurden drei Betriebe in dieses Programm aufgenommen (zwei Bäckereien, eine Brauerei). Diese Unterstützung umfasst die Bewertung und detaillierte Analyse der identifizierten Einsparungspotenziale, die Beratung und Diskussion mit den umsetzenden Firmen, die Identifikation möglicher Förderungen und wenn möglich die Bewertung der umgesetzten Maßnahmen, nicht aber Investitionsförderungen im Rahmen des Projektes. Ziel ist es, bis Projektende (Juli 2015) in mindestens 5 Betrieben diese Umsetzungen abgeschlossen oder zumindest gestartet zu haben. Diese Best Practice Examples werden die bereits erarbeitete Datenbank solcher Leuchtturmprojekte ergänzen und so die Barrieren weiterer Umsetzungen (Energieeffizienzmaßnahmen auf Prozess- und Systemebene sowie Integration Erneuerbarer Energieträger) reduzieren. Parallel dazu wird das GREENFOODS Branchenkonzept (unterstützendes Werkzeug für Betriebe, Energiemanager, -berater, etc.) sowie das GREENFOODS WikiWeb (Online-Kompendium an Informationen und die Begleitung bei identifizierten Maßnahmen) weiter entwickelt. Daneben wird aus den in den Partnerländern und Frankreich erhobenen bestehenden Förderungs- und Finanzierungsmechanismen und deren Bewertung ein für Klein- und Mittelbetriebe maßgeschneidertes Paket geschnürt und mit den verantwortlichen nationalen Stellen diskutiert. Diese Schritte werden durch die GREENFOODS Trainingskurse im ersten Quartal 2015 in allen Partnerländern begleitet. Genau Termine werden auf der Projekt-Homepage und im Rahmen von Presseaussendungen und Newsletter veröffentlicht. Ergebnisse und Links zu GREENFOODS Branchenkonzept, GREENFOODS WikiWeb, den durchgeführten Audits, erhobenen und entwickelten Förderungs- und Finanzierungsmechanismen sowie angebotenen Trainingskursen können laufend über die Projekt-Homepage oder über die unten angeführten sozialen Medien verfolgt werden.


Web: www.green-foods.eu

Facebook: GREENFOODSproject

Twitter: #greenfoodsproject, @GREENFOODS_AEE

LinkedIn: GREENFOODS

Autoren

DI Jürgen Fluch und DI Wolfgang Glatzl sind Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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