Zeitschrift EE

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Bewertung und Vorhersage von Solarstrahlung

Einsatzmöglichkeiten für Planung und Betrieb von solaren Energieanlagen

von Philipp Rechberger, Gerald Steinmaurer und Wolfgang Traunmüller

Der Ertrag solarer Energiesysteme ist in erster Linie von der Sonneneinstrahlung und der Außentemperatur abhängig. Zur Standortauswahl sind daher Werkzeuge notwendig, die eine Abschätzung dieser Größen an beliebigen Orten weltweit erlauben. Für den später folgenden effizienten Betrieb dieser Energiesysteme ist auch die Kenntnis von zukünftigen Erträgen für die Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend. Zu diesem Zweck werden in einem Projekt der Internationalen Energieagentur (Task 46 des Solar Heating and Cooling (SHC)-Programms der Internationalen Energieagentur) Technologien zur Bewertung und Vorhersage von Solarstrahlung entwickelt und evaluiert.

Solare Energiesysteme werden zur Strom- und Wärmebereitstellung in Form von Photovoltaiksystemen, (konzentrierenden) Solarthermieanlagen und Solarkraftwerken weltweit mit großem Erfolg eingesetzt und formen eine wesentliche Säule der gesamten Energieversorgung. Während die laufenden Betriebskosten von Solaranlagen auf Grund der kostenfreien Energiequelle „Sonne“ meist sehr gering ausfallen, schlägt die Anfangsinvestition bei der Installation deutlicher zu Buche. Aus dieser Konstellation ergeben sich in Abhängigkeit der Anlagengröße und des Einsatzzweckes typische Amortisationszeiten von wenigen Jahren bis mehr als 10 Jahre. Dadurch ist ersichtlich, dass neben der Dimensionierung auch der Standort und die mit diesem Ort verbundene Solarstrahlung des Solarenergiesystems wesentlichen Einfluss auf dessen Wirtschaftlichkeit nehmen.

Auf Grund der erfreulicherweise sehr langen Nutzungsdauer der solar betriebenen Energiesysteme können durch eine günstige Standortwahl und optimale Ausrichtung beträchtliche energetische Vorteile gegenüber „schlechteren“ Orten erwirtschaftet werden.

Abbildung 1: Parabolic Through Kollektoren eines Solarthermischen Kraftwerks auf der "Plataforma Solar de Almería".
Quelle: ASiC, mit freundlicher Genehmigung von DLR/CIEMAT, www.psa.es.

Solarstrahlungsdaten zur Standortsuche werden meist in Form von Durchschnittswerten über mehrere Jahrzehnte auf Monats- oder Jahresbasis benötigt. Wird aber dann ein errichtetes Solarenergiesystem betrieben, gewinnen Prognosen über zu erwartende Energieerträge vor allem bei größeren Anlagen immer mehr an Bedeutung. Sind in einem Energienetz keine bzw. nur geringe Speicherkapazitäten integriert, dann müssen Erzeugung und Verbrauch zu jedem Zeitpunkt aufeinander abgestimmt sein. Dies ist gegenwärtig insbesondere im elektrischen System der Fall. Netzbetreiber sind daher auf genaue Prognosen der Solarstrahlung und des daraus resultierenden Energieertrags angewiesen, um entsprechende Ersatzkapazitäten regulieren zu können. Die Prognosezeiträume reichen da von wenigen Minuten (=nowcasting) bis hin zu mehreren Tagen (=forecasting).

Um die am Boden eintreffende Solarstrahlung zu bestimmen, werden im Wesentlichen zwei Methoden eingesetzt: die direkte Messung über Pyranometer bei Wetterstationen oder indirekt durch bildgebende Verfahren aus Satellitendaten. Die direkte Messung ist mit hoher Genauigkeit und zeitlicher Auflösung möglich, erlaubt aber nur eine Aussage am Standort der Wetterstation. Bei der indirekten Messmethode wird durch Satelliten der Bewölkungsgrad bestimmt und unter Einbeziehung des Standortes sowie der Tages- und Jahreszeit eine Solarstrahlung auf der Erdoberfläche errechnet. Diese indirekte Messung ist zwar nicht so genau wie die direkte Messung, ist aber auf jeden Standort anwendbar.

Im SHC-Task 46 der Internationalen Energieagentur (IEA) arbeiten mehr als 70 internationale Experten aus zwölf Staaten zusammen und entwickeln bzw. evaluieren neue Methoden zur Solarstrahlungsprognose und der Erfassung von historischen Solarstrahlungsdaten. So sind neben Vertretern von Universitäten und Fachhochschulen auch selbstständige Forschungsinstitute und private Unternehmen, wie beispielsweise Wetterdienste an der gemeinsamen Arbeit beteiligt. Task 46 wurde 2011 gestartet und wird nach fünf Jahren im Jahr 2016 beendet. Synergiepotentiale mit anderen Programmen der Internationalen Energieagentur (SolarPACES und Photovoltaic Power Systems - PVPS) werden genutzt. Ergebnis der Zusammenarbeit sind Informationsprodukte und Best-Practice Beispiele, welche eine Hilfestellung in der Entscheidung bieten sollen. Daneben beschäftigt sich der Task mit der Messung von unterschiedlichen Größen der Solarstrahlung sowie der Erstellung von relevanten Messdatensätzen für Simulationsanwendungen. Abbildung 2 zeigt ein Gruppenfoto eines Expertentreffens.

Abbildung 2: Gruppenfoto der Teilnehmer beim Expert-Metting in Almeria, Spanien, 2015. Quelle: DLR/IEA SHC Task 46

Österreich wird durch BLUE SKY Wetteranalysen (Ingenieurbüro für Meteorologie), dem ASiC - Austria Solar Innovation Center (außeruniversitäres Forschungsinstitut) sowie dem Campus Wels der Fachhochschule Oberösterreich vertreten.

Solarstrahlungsvorhersagen

Die österreichischen Teilnehmer bearbeiten vor allem das Zusammenführen, den Vergleich und die Verbesserung unterschiedlicher Methoden und Modelle der Vorhersage von Solarstrahlung für verschiedene Zeithorizonte. Hauptbetätigungsfeld ist dabei die Weiterentwicklung von Prognosemodellen für die Wettervorhersage im Zeitraum ab 24 Stunden.

Für Strahlungsprognosen öffnet sich, vor allem auch für österreichische Unternehmen, ein weites Anwendungsgebiet. So können Strahlungs- und daraus abgeleitet Energieliefervorhersagen vom Energiehandel an der Börse über die Integration von Solartechnik im Stromnetz bis zur Regelung von relevanten leistungselektronischen Schaltungen bei Wechselrichtern eingesetzt werden. Die Implementierung von Energieprognosen wird aktuell von den österreichischen Vertretern in einer Reihe von Forschungsprojekten erprobt. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Verwendung von Wetter- und Solarprognosen beim Betrieb einer solarthermischen Fernwärmeeinspeisung in Wels deutliche Vorteile bei der Energieflussoptimierung (Energiemanagement) ermöglicht (Abbildung 3). Aktuell kommen auch Vorhersagedaten bei Fehlererkennung von Photovoltaik-Anlagen zum Einsatz.

Abbildung 3: Solare Fernwärmeeinspeisung in Wels. Quelle: ASIC

Die Vorhersagequalität von Solarstrahlungsdaten hängt sowohl von der Jahreszeit als auch von der geographischen Lage ab. Im Rahmen des SHC-Tasks 46 werden für unterschiedliche geographische Regionen verschiedene Wettermodelle verglichen. BLUE SKY erstellte hierfür Prognosen mit dem eigenen Modell BLUE FORECAST, das ASiC übernahm die Bereitstellung von Referenz- und Trainingsdaten sowie die Auswertung der Messergebnisse. Es zeigte sich, dass das BLUE FORECAST-Modell insbesondere auf die lokalen Gegebenheiten angepasst ist und für die Region sehr gute Prognosen abliefert, aber auch im internationalen Vergleich bei guten Ergebnissen einsatzfähig ist (Abbildung 4).

Abbildung 4: Relativer Fehler von unterschiedlichen Prognosen für die Tagessumme der Solarstrahlung in Wien zwei Tage nach der Prognose. (Rel. RMSE: Relativer Root-Mean-Square-Error, ein charakteristisches Maß zur Bestimmung der Abweichung von Prognose und tatsächlich gemessenem Wert). Quelle: ASiC mit Daten der Universität Oldenburg, BlueSky Wetteranalysen, Meteotest Schweiz und CENER Spanien.

Kurzfristprognosen

Insbesondere im Bereich der Regelung von PV-Kraftwerken sind Kurzfristprognosen notwendig, da hierbei Erzeugung und Verbrauch stetig abgeglichen werden müssen. Bei derartigen Kurzfristprognosen werden für einen Zeitraum bis zu wenigen Minuten vor dem Ereignis Prognosen über die Einstrahlung und die resultierende Leistung erstellt. Zum Einsatz kommen neben Satellitendaten auch die Bilder von sogenannten Total-Sky-Imagers, kurz Sky-Cams. Diese nehmen mittels Kamera und sphärischer Linse ein Bild des Himmels auf. Dieses wird anschließend digitalisiert und mithilfe von verschiedenen Algorithmen der Bildbearbeitung ausgewertet.

Ziel der Bildanalyse ist es, den Wolkenstatus zu erkennen und eine Veränderung zu identifizieren, um aus der Wolkenposition und –art die entstehende Abschattung zu ermitteln, die schlussendlich die Leistung von solaren Anlagen beeinträchtigt. Zur Erstellung von kurzfristigen Prognosen ist die Beobachtung des Wolkenzugs notwendig. Aus einer Reihe von aufeinander folgenden Bildern wird der Wolkenzug beobachtet und sogenannte Wolkenzugsvektoren berechnet. Diese geben Aufschluss über die zeitliche Entwicklung der Bewölkung, insbesondere hinsichtlich der Bewegung und Dichte und deren resultierender Verschattungen.

Analysen der teilnehmenden Institute, insbesondere der Universität Oldenburg, die diese Methode bereits vor mehreren Jahren entwickelt hat, haben gezeigt, dass im Vergleich mit Standard-Methoden, wie beispielsweise der numerischen Wetterprognose, deutlich geringere Fehlerraten erzielbar sind. Entscheidend ist hierbei aber der zeitliche Horizont, in welchem ein derartiger Vergleich angestellt wird. So können Prognosen auf Basis von Wolkenzugsvektoren bis zu vier Stunden bessere Ergebnisse erzielen. Interessant ist auch die räumliche Ausdehnung der Prognose. Die Universität Kalifornien San Diego konnte mit einer selbst entwickelten Sky Cam ein Gebiet von rund 15 km² erfolgreich abdecken. Abbildung 5 zeigt die Bearbeitung von Sky-Imager-Bildern zur Wolkenzugserkennung.

Abbildung 5: Bearbeitung von Sky-Imager-Bildern zur Wolkenzugserkennung. (raw image: Unbearbeitetes Bild, wie von der Kamera aufgenommen, RBR: Red-Blue-Ratio, Verhältnis von rotem und blauen Farbanteil in einem Bild, RBR-CSL: Red-Blue-Ratio Clear-Sky-Library: RBR Bild, welches mittels unbewölktem (Clear-Sky) Vergleichsbild korrigiert wird, binary image: das Bild wird in Wolken und unbewölkten Himmel unterteilt, Cloud Motion: Endergebnis – aus mehreren binären Bildern wird der Wolkenzug bestimmt. Quelle: [1]

Für größere räumliche und zeitliche Horizonte kann die Nutzung von Satelliten-Daten effektiv in die Kurzfristprognose integriert werden und durch die Kombination mit numerischen Modellen ist es möglich, die Prognosequalität noch weiter zu steigern. Der Aufwand erhöht sich jedoch in diesem Fall überproportional.

Solarstrahlungsmessung

Neben der Erstellung von Prognosen ist auch die Aufnahme, Verarbeitung und Archivierung von realen Messungen der Solarstrahlung ein Arbeitspunkt in Task 46. Ziel ist es, hochgenaue Datensätze für unterschiedlichste Anwendungen, wie Dimensionierung oder Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu erstellen. Zu diesem Zweck werden auf Testständen in verschiedenen Regionen Messgeräte verglichen und analysiert. Daraus werden zum einen Best-Practise-Beispiele gesammelt und veröffentlicht. Zusätzlich werden die gewonnenen Erkenntnisse in der Bildung neuer Standards zur Kalibrierung und Nutzung der Geräte eingesetzt. Abbildung 5 zeigt beispielsweise einen derartigen Teststand auf der „Plataforma Solar de Almería“ des CIEMAT in Spanien.

Sind keine langfristigen Messdaten verfügbar, wird meist auf Satellitendaten zurückgegriffen - die Genauigkeit dieser Daten ist jedoch fast immer unbekannt. Hierfür wurden von der Universität Genf in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Task rund 110 Jahre an Daten von unterschiedlichen Satelliten-Modellen und Messpunkten analysiert und anhand von definierten Kennwerten ausgewertet [2]. Es zeigte sich dabei, dass insbesondere Modelle für Strahlung an unbewölkten Tagen (Clear-Sky) einen wesentlichen Einfluss auf die Genauigkeit haben. Durch die Verwendung exakter atmosphärischer Größen können Fehler reduziert werden.

Abbildung 6: Teststand für unterschiedliche Geräte zur Strahlungsmessung auf der "Plataforma Solar de Almería" in Spanien. Quelle: ASiC, mit freundlicher Genehmigung von DLR/CIEMAT, www.psa.es.

Zusammenfassung und Ausblick

In dem beschriebenen Projekt der Internationalen Energieagentur (Task 46 des IEA Solar Heating and Cooling Implementing Agreement) werden essentielle Themen bei der Erfassung und Auswertung von Solarstrahlung bearbeitet. Es sollen dadurch Methoden entwickelt und definiert werden, welche bei der Planung, Auslegung, Wirtschaftlichkeitsanalyse und dem Betrieb solarer Energieanlagen vergleichbare und optimale Ergebnisse ermöglichen.

Bis zum offiziellen Abschluss des Projekts im Juni 2016 werden Prognosemodelle für Solarstrahlung wissenschaftlich verglichen. Die Ergebnisse hieraus liefern den Entwicklern der Modelle weitere Verbesserungsmöglichkeiten und gewährleisten für die Nutzer bestmögliche Prognosen. Daneben wird weiterhin intensiv an der Standardisierung und Weiterentwicklung von unterschiedlichen Methoden in der Messung und Aufbereitung von Daten sowie von Messgeräten gearbeitet.

Weitere Informationen

task46.iea-shc.org
www.asic.at
www.blueskywetter.at

Literatur

  1. Kleissl, J. (2013), Solar Forecasting and Grid Integration: Recent Work at UC San Diego, Solar 2013, Baltimore.
  2. Ineichen, P. (2013), Long term satellite hourly, daily and monthly global, beam and diffuse irradiance validation, Interannual variability analysis, University of Geneva. http://www.cuepe.ch/archives/annexes-iae/ineichen-2013_long-term-validation.pdf.

Autorenbeschreibung

Philipp Rechberger, MSc. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei ASiC – Austria Solar Innovation Center (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

DI Dr. Gerald Steinmaurer ist Geschäftsführer von ASiC –Austria Solar Innovation Center Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Mag. Wolfgang Traunmüller ist Gesellschafter und Meteorologe bei BLUE SKY Wetteranalysen, Traunmüller u. Reingruber OG (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

 

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