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100 % Solare Wärme für Mehrfamilienhäuser

Von Josef Jenni

Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier – diesen Ausspruch von Mahatma Gandhi kann man auch für unsere Energieversorgung anwenden, denn trotz der vielen Katastrophen, die es in den letzten Jahren bei der Ölförderung, dem Öltransport, der „friedlichen Nutzung“ der Atomenergie, usw. gegeben hat, können und wollen wir diese Technologien nicht reduzieren, geschweige auf sie verzichten.

Abbildung 1: 100 % Solare Wärme für Mehrfamilienhäuser Solarpark Burgdorf, Schweiz (Quelle: Jenni Energietechnik AG)

Erneuerbare Energieträger stehen ausreichend zur Verfügung. Da den Fossilen und der Atomenergie die durch sie verursachten Umweltschäden jedoch nicht angerechnet werden, können diese immer noch günstig angeboten werden. Und was geschieht, wenn es durch Verknappung von Energie zu Preissteigerungen kommt, werden dann die derzeitigen Beteuerungen von Umweltpolitikern, dass im dicht bevölkerten Mitteleuropa das Fracking von Gas und der weitere Ausbau der Atomenergie ausgeschlossen wird, noch halten? Dabei hätten wir ausreichend Energie von der Sonne zur Verfügung. Auch um den größten Teil unseres Energieverbrauchs, die Wärmeversorgung, zu bewerkstelligen. In den südlichen Ländern gibt es genug Sonne um mittels Photovoltaik die Gebäude zu kühlen, in unseren Breiten genug Solarwärme um unsere Häuser zu beheizen.

Mit dem im Jahr 1989 von Jenni errichteten Einfamilienhaus wurde bereits der Beweis angetreten: Man kann auch bei den in Mitteleuropa vorherrschenden klimatischen Bedingungen ein Haus zu 100 % mit der Sonne beheizen. Die Herausforderung ist der Januar. Schafft man es mittels eines ausreichend dimensionierten und gut gedämmten Speichers, die Energie vier Monate vom September bis zum Januar zu lagern und das Temperaturniveau für die Warmwasserbereitung zu halten, so hat man schon gewonnen. Es braucht kein Zusatzheizsystem und es gibt keine Energiekosten für die Warmwasserbereitung und Heizung.

Energiewende ist eine Speicherfrage

Wenn mit Erneuerbaren Energien die konventionellen Energieträger nicht nur entlastet werden sollen, sondern die Erneuerbaren eine Hauptstütze der Energieversorgung werden sollen, ist die Energiespeicherung der Schlüssel für die Energiewende. Dabei unterscheiden wir zwischen Kurzzeitspeichern, die vom Tag in die Nacht speichern, Mittelfristspeicher, die über ein bis zwei Wochen von Schönwetter- zu Schlechtwetterperioden die Energie speichern können. Und es gibt die Saisonspeicher, die Energie vom Sommer in den Winter transportieren. Dies gilt nicht nur für Wärme sondern auch für elektrischen Strom. In welche Kategorie ein Speicher gehört, ist nicht nur eine Frage seiner Größe sondern auch eine Frage der Art und Weise wie man einen Speicher laden und entladen kann (z.B. sein Temperaturhub). Der Speicher sollte grundsätzlich möglichst geringe Energieverluste aufweisen, sodass er nicht innerhalb der gewünschten Speicherzeit den größten Teil seiner eingespeicherten Energie verliert. Wärmespeicher haben den Vorteil, dass sie – wenn sie innerhalb der gedämmten Gebäudehülle installiert sind – die Wärmeverluste über die Oberfläche an die angrenzenden Räumen abgeben und damit in der Heizperiode zu einem „verlustfreien“ Speicher werden (Abbildung 2).

Abbildung 2: Grundriss MFH Oberburg (CH). Der Speicher im Zentrum des Gebäudes hat während der Heizperiode einen Wirkungsgrad von 100%, kommen die Abstrahlverluste doch zur Gänze dem Gebäude zugute.

Dank der in den letzten Jahren um vieles besser gewordenen Gebäudekomponenten und des damit sehr viel geringeren Heizwärmebedarfes ist es jetzt sogar leichter auf 100 % solare Deckung zu kommen. Das im Jahr 2007 errichtete, weltweit erste 100 % solar beheiztes Mehrfamilienhaus beweist das eindrucksvoll (Abbildung 1). Die Wärmeverteilung erfolgt über eine Niedertemperatur-Fussbodenheizung, eine Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt für angenehmes Raumklima und richtig dimensionierte moderne Holzfenster mit Isolierverglasung für ausreichend passive Nutzung der Sonneneinstrahlung. Die Herausforderung ist die Bereitstellung von ausreichender Temperatur für die Warmwasserbereitung, sind doch die Anforderungen im Mehrfamilienhaus meist höher als bei Einfamilienhäuser. Dies gelingt durch eine ausreichende Wärmedämmung des Speichers, die ein zu schnelles Abkühlen verhindert. Für die Heizung brauchte es ein richtiges Be- und Entladesystem des Speichers, damit kurze aber durchaus energiereiche Einstrahlungsperioden im Winter zur Speicherladung genutzt werden können (Abbildung 3).

Abbildung 3: Eine ausreichende Wärmedämmung beim Swiss Solartank verhindert ein zu rasches Auskühlen des Speichers im oberen Bereich und das richtige Be- und Entladesystem sorgt für solaren Nachschub im unteren Speicherbereich.

Abbildung 4: Das Monitoring für das erste 100 % Solar-Mehrfamilienhaus umfasst die Aufzeichnung aller Temperaturen und kann aktuell auf der Homepage von Jenni Energietechnik beobachtet werden: http://www.jenni.ch/speichertemperaturen.html

100% Solarwärme mit halbem Speichervolumen

Aus den Ergebnissen des Monitorings des ersten 100 % solar beheizten Mehrfamiliengebäudes ist eine eindeutige Überdimensionierung des Kollektorfeldes als auch des Pufferspeichers zu erkennen, weshalb die derzeit in Fertigstellung befindlichen zwei neuen Mehrfamilienhäuser eine viel kleinere Kollektorfläche aufweisen und auch mit einem Speicher mit dem halben Volumen ausgestattet sind.

Abbildung 5: Erweiterung des Solarparks Burgdorf um zwei weitere Mehrfamilienhäuser (Quelle: Jenni Energietechnik AG)

Innovatives Finanzierungsmodell

Die Eigentümer der inzwischen 3 zu 100 % mit Solarwärme versorgten Mehrfamilienhäuser sind die über 800 Aktionäre der Jenni Liegenschaften AG. Diese setzen sich zum Großteil aus Kunden und Freunden der Solarenergie zusammen. Gegründet wurde die Gesellschaft schon 1983, um das Eigenkapital für den Bau der ersten Werkstatt zu beschaffen. Eine stetig steigende Zahl von Aktionären beweist auch das Vertrauen, das den Projekten von Jenni Energietechnik AG entgegengebracht wird.

Vom Neubau zur Sanierung

Dass Neubauten zu 100 % mit Solarwärme versorgt werden können, beweisen unsere Gebäude in Oberburg mit Erfolg. Den mit Abstand größten Anteil des Wärmebedarfs, und damit auch ein großes Potential zum Erreichen der Energiewende, weisen aber die bestehenden Bauten auf. Einfach gebaute Häuser können relativ leicht mit Wärmedämmung, neuen Fenstern etc. auf einen sehr guten Zustand gebracht werden. Sobald das geschafft ist, sollte die Installation einer Solaranlage und eines Pufferspeichers kein großes Problem mehr sein. Die solare Sanierung von Gebäuden aus der Gründerzeit hat sich die FASA AG in Chemnitz zum Ziel gemacht und die ersten Gebäude bereits realisiert. Mehrere Swiss Solartanks® von Jenni Energietechnik AG sorgen dafür, dass sich der Energiebedarf um den Faktor 5 bis 10 reduziert hat (Abbildung 7).

Infobox

Erstes 100%-Sonnenenergie-Haus in Oberburg:

  • Einfamilienhaus, 150 m² Nutzfläche
  • Baujahr 1989
  • 84 m² Sonnenkollektoren
  • 118 m³ Wasserspeicher
  • 43 m² Photovoltaik
  • 48 kWh-Batteriespeicher

Mehrfamilienhaus 100% Solar

  • 8 Wohnungen (80 bis 130 m² bzw. 900 m² Gesamtnutzfläche
  • Errichtung 2007
  • Heizlast 9,8 kW
  • Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung
  • 276 m² Kollektorfläche
  • 205 m³ Wasserspeicher

Mehrfamilienhäuser 100% Solar NEU

  • 8 Wohnungen (115 bis 130 m² bzw. 960 m² Gesamtnutzfläche)
  • Errichtung 2014
  • Heizlast 9,8 kW
  • Abluftanlage ohne WRG
  • 180 m² Kollektorfläche
  • 108 m³ Wasserspeicher

Abbildung 6: Erstes 100%-sonnenergie-EFH in Oberburg: Baujahr 1989, 84 m² Sonnenkollektoren, 118 m³ Wasserspeicher. Am 31. Jänner wird ein 25 m³-Außenschwimmbad mit Sonnenwärme aus dem vorigen Sommer beheizt.

Abbildung 7: Einbau eines Solartanks über das Dach in der Sanierung (Quelle FASA AG)

Das Wecken von übertriebenen und unhaltbaren Erwartungen gefährdet die Energiewende, aber die im Solarpark Burgdorf realisierten Projekte zeigen, wie die Energiewende konkret aussehen kann.

Autorenbeschreibung

Ing. Josef Jenni ist Mitbegründer der seit dem Jahr 1976 erfolgreich tätigen Jenni Energietechnik AG in Oberburg (CH). Das Unternehmen beschäftigt 75 MitarbeiterInnen, produziert große Solarspeicher (Swiss Solartank®), Gesamt-Wärmesysteme, Wärmerückgewinnungsanlagen, u.v.m. und ist seit der Errichtung des ersten 100% Solarhauses im Jahr 1989 Anlaufstelle in Mitteleuropa zum Thema Gebäude mit hoher solarer Deckung.

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