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Einsatz der Membrandestillation zur Behandlung von kommunalem Abwasser

von Judith Buchmaier, Christoph Brunner und Christian Platzer

Der Einsatz der Membrandestillation als thermischem Trennprozess ermöglicht einen neuen innovativen Ansatz der Abwasserbehandlung. Dabei wird einerseits der Wertstoff Ammonium rückgewonnen und steht somit als Düngemittel oder Basischemikalie zur weiteren Verwendung zur Verfügung. Andererseits wird durch die Aufkonzentration des Abwassers ermöglicht, den im Wasser gebundenen Kohlenstoff in Biogas umzuwandeln und energetisch zu verwerten.

Abbildung 1: Membrandestillations-Technikumsanlage an der Kläranlage in Gleisdorf (Quelle: AEE  INTEC)

Konventionelle Abwasserreinigung

Die konventionelle kommunale Abwasserreinigung ist ein energieintensiver Prozess. Die in Kohlenstoff gebundene Energie sowie der Wertstoff Stickstoff werden mit hohem elektrischem Energieaufwand durch Einbringung von Sauerstoff (aerobe Belüftung) „vernichtet“. In Österreich pro Jahr rund 546.000 Megawattstunden elektrischer Energie für die kommunale Abwasserreinigung aufgewandt.

Zukünftiges Kläranlagenkonzept

Das Ziel ist, diesen hohen Energieverbrauch für die kommunale Abwasserreinigung zu reduzieren und die Kläranlage zum Energieproduzenten umzuwandeln.

Einerseits soll durch Abtrennung und Rückgewinnung von Ammonium aus dem kommunalen Abwasser mittels Membrandestillationsverfahren der Sauerstoffbedarf und damit auch der Energiebedarf verringert werden, andererseits können gleichzeitig Erlöse durch das Produkt Ammoniumsulfat oder Ammoniumwasser generiert werden.

Durch die Aufkonzentration des Abwassers durch Abtrennung von Klarwasser oder Ammoniumwasser mittels Membrandestillation (MD) wird eine Erhöhung der Kohlenstoffkonzentration des Abwassers erzielt und der effiziente Betrieb eines anaeroben Hochleistungsreaktors zur Gewinnung von Biogas ermöglicht.

Die Membrandestillation ist ein Verfahren, das thermische Energie hauptsächlich auf relativ niedrigem Temperaturniveau benötigt und dadurch die Nutzung von Solarthermie und Abwärme ermöglicht. Das Funktionsprinzip basiert auf der Partialdruckdifferenz der beiden Medien auf der Feed (Evaporator)- und Permeatseite (Kondensator). Der Partialdampfdruck steigt mit zunehmender Temperatur und ist abhängig von der Zusammensetzung des vorliegenden Mediums. Die treibende Kraft, die Temperaturdifferenz entlang der Membran, wird durch einen beheizten Feed-Strom und einen gekühlten Permeatfluss aufrechterhalten und dampfförmige Moleküle können die hydrophobe Membran passieren (Abbildung 2).

Abbildung 2: Funktionsprinzip und 3-D-Layout der Membrandestillations-Technikumsanlage an der Kläranlage Gleisdorf (Quellen: AEE INTEC und Rotreat GmbH (3-D-Layout))

Eintrittsdrucktests und Kontaktwinkelmessungen der Membranen

Im Rahmen des FFG Projekts En-RecoTreat wurden Analysen zur prinzipiellen Beständigkeit von hydrophoben (wasserabweisenden) Membranen im kommunalen Abwasser durchgeführt. Hierfür wurden Rahmenelemente angefertigt und die Membran in dem Stoffsystem exponiert. Verwendet wurde Membran aus Polytetrafluorethylen (PTFE). Beim Projektpartner Fraunhofer ISE wurden Liquid Entry Pressure-Tests (LEP) sowie Kontaktwinkelmessungen θ (CA) durchgeführt. Der LEP, auch Wassereintrittsdruck genannt, gibt den maximalen Druck an, der auf die Membran wirken kann, bevor diese für Flüssigkeiten passierbar wird, das heißt bevor die Membran zerstört ist. Der maximale Druck auf eine neue Referenzmembran (etwa 3,7 bar) wurde dann mit dem LEP der dem Abwasser ausgesetzten Membran verglichen. Der LEP sollte über 1,5 bar liegen um die vorliegende Membran im jeweiligen Stoffsystem einsetzen zu können. Dies wurde im Projekt gewährleistet. Kontaktwinkelmessungen geben Auskunft über die hydrophobe Oberfläche der Membran. Liegt dieser Wert über θ> 90° (minimale Anforderung) so ist die Funktionalität der Membran gegeben. Die Membranen wurden nach Exponieren im Abwasser als beständig eingestuft und die MD als geeignet für dieses Stoffsystem bewertet.

Technikumsanlage

Weitere Voruntersuchungen wurden mittels einer Testzelle durchgeführt und die Ergebnisse wurden zur Auslegung eines Spiralwickelmoduls herangezogen. Zeitgleich zum Modulbau wurde eine Technikumsanlage ausgelegt, geplant und gebaut. Abbildung 3 zeigt eine schematische Darstellung der Technikumsanlage. Der Anlagenbauer Rotreat GmbH war für den Bau der Containeranlage zuständig. Die modulare Bauweise beinhaltet ein 3 m³ großes Absetz-/Vorreinigungsbecken, und an Feed- und Permeatseite je einen Arbeitstank und einen Batch-/Reinigertank. Sowohl die Feedseite als auch die Permeatseite können geheizt bzw. gekühlt werden, und eine interne Wärmerückgewinnung wurde integriert (Abbildung 1 und Abbildung 3).

Abbildung 3: Schematische Abbildung der Membrandestillations-Technikumsanlage (Quelle: AEE  INTEC)

Um das Verhalten des Membrandestillationsverfahrens unter realen Betriebsbedingungen zu untersuchen wurde die Installation und der Betrieb der Technikumsanlage auf der Kläranlage Gleisdorf vorgesehen. Hierbei kann auch das Langzeitverhalten der Membrandestillation bei der Ammoniumabtrennung und der Aufkonzentration von Abwasser umfassend betrachtet werden.

Einige Versuchsreihen wurden bereits durchgeführt, wobei zu Beginn synthetisches Abwasser mit den jeweiligen gewünschten Ammonium (NH4-N)- und CSB (Chemischer Sauerstoff Bedarf)-Konzentrationen hergestellt wurde und im zweiten Schritt reales Zulaufwasser verwendet wurde. Die Aufkonzentration des CSB-Wertes hängt wie erwartet stark von der Feedeintrittstemperatur und der Permeateintrittstemperatur ab. Je höher das absolute Temperaturniveau und je höher die Temperaturdifferenz über der Membran, desto effektiver erfolgt die Aufkonzentration des Abwassers bzw. Abtrennung des Reinwassers auf der Permeatseite. Die Versuche wurden bei verschiedenen Temperaturniveaus (40-80°C), Temperaturdifferenzen (unterschiedliche Permeateintrittstemperaturen 20-25°C) und Flussgeschwindigkeiten (300-400 l/h) durchgeführt. Im Schnitt konnten ca. 20 kgWasser/h mit einem Modul (der Firma Solar Spring) einer Membrangröße von knapp 7 m² abgetrennt werden. Bislang konnten CSB-Aufkonzentrationen von über 50% erreicht werden.

Im Fall der Ammoniumabtrennung spielt der pH-Wert im System eine bedeutende Rolle. Das Dissoziationsgleichgewicht zwischen Ammonium (NH4-N) und Ammoniak (NH3) ist temperatur- und pH-Wert-abhängig. In diesem Fall musste also ein Optimum zwischen transmembranem Wasser- und Ammonium-Flux eruiert werden. Diese Versuche wurden bei verschiedenen Temperaturniveaus (40-80°C), Temperaturdifferenzen (unterschiedliche Permeateintrittstemperaturen 20-25°C), Flussgeschwindigkeiten (300-400l/h) und variierten pH-Werten durchgeführt. Es konnten bereits Abtrennraten von 90% der Feed-Ammonium (NH4-N)-Konzentration erreicht werden.

Ausblick

Für den weiteren Projektverlauf sind Optimierungsversuche und Langzeittests im Gange. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für ein neues Kläranlagenkonzept mit integrierter Membrandestillations-Anlage zur Ammoniumrückgewinnung und Abwasseraufkonzentration für den Betrieb eines Anaerob-Hochleistungsreaktors. Die Potentiale für die Nutzung von Abwärme und Solarthermie werden für den Betrieb der MD-Anlage dargestellt. Die Kläranlage soll sich in Zukunft als Nährstoff- und Energielieferant von einem „Consumer“ hin zum „Prosumer“ entwickeln und wahrgenommen werden.

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Autorenbeschreibung

DI Judith Buchmaier und DI (FH) Christian Platzer sind wissenschaftliche Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme bei AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

DI Christoph Brunner ist Leiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme bei AEE INTEC.

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