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Licht ins Dunkel der thermischen Schichtung im Wärmespeicher

Von Michel Haller und Robert Haberl

Der Kombispeicher ist ein zentrales Element von Solaranlagen für Warmwasser und Heizungsunterstützung, denn er bestimmt die Rahmenbedingungen für andere Komponenten, über diesen Zusammenhang besteht Konsens in der Branche. Darüber, wie gross der Einfluss auf die Effizienz der Anlage tatsächlich ist, wird seit 30 Jahren diskutiert.

Neben thermischen Kollektoren reagieren auch Wärmepumpen besonders sensibel auf ungenügende Speicherschichtung, denn im Gegensatz zu Verbrennungsanlagen haben diese keine Exergiereserven, mit denen sie Exergieverluste des Speicher-Systems wieder kompensieren könnten. Vor diesem Hintergrund mutet das lückenhafte Wissen zum Thema thermische Einschichtung und Schichterhaltung genauso seltsam an wie das Fehlen eines Test-Verfahrens, mit dem die Schichtungseffizienz thermischer Speicher realitätsnah und vergleichbar gemessen werden kann. Dank der Unterstützung des Schweizerischen Bundesamtes für Energie (BFE) wurde nun am Institut für Solartechnik SPF mit Strömungssimulationen und Labor-Messungen mehr Licht ins Dunkel des Speicher-Innenlebens gebracht. Gleichzeitig wurde ein 24 Stunden Testzyklus entwickelt, mit dem die thermische Schichtung von Kombi-Wärmespeichern im realitätsnahen dynamischen Betrieb ermittelt werden kann.

Abbildung 1: Speicher-Temperaturen aus CFD-Simulationen eines zu Beginn geschichteten Speichers
Obere Hälfte 50 °C, untere 30 °C mit Eintritt (ø2", 30°C) auf halber Speicherhöhe; Zustand nach einer Stunde simulierter Einströmung mit verschiedenen Massenströmen und Eintritts-Geometrien. Die Eintritts-Geschwindigkeit ist jeweils exemplarisch aufgeführt für ein Rohr mit 2" Innendurchmesser.
Obere Reihe: Massenstrom: 900 kg/h, Einströmgeschwindigkeit 0,127 m/s bei ø2";
Untere Reihe: Massenstrom 1800 kg/h, Einströmgeschwindigkeit 0,255 m/s bei ø2"
Maßnahmen zur Strömungsberuhigung von links nach rechts: 2" ohne Maßnahmen, 4" ohne Maßnahmen, kurze Platte, lange Platte, T-Stück 2"→ 2x2", T-Stück 2"→2x3" (vgl. auch Abbildung 2)

Strömungssimulationen zeigen die Einsatzgrenzen

Mit einem 900 Liter Kombispeicher wurden Strömungssimulationen direkter Beladungsprozesse durchgeführt. Das Besondere daran: Es wurde die Beladung der Raumwärmezone in der Mitte des Speichers simuliert, während der obere Teil für die Brauchwarmwasser-Bereitung konditioniert war – ein typischer Vorgang, wie er in der Heizperiode täglich über mehrere Stunden stattfindet. Diese Strömungssimulationen wurden mit Laborexperimenten validiert. Dabei zeigte sich deutlich, dass es für jeden Speicher-Anschluss einen maximalen Volumenstrom gibt, mit dem der Speicher beladen werden kann ohne dass die bestehende Speicherschichtung abgebaut wird. Zum Beispiel ist für einen Anschluss mit 2 Zoll Innendurchmesser, ohne besondere Massnahmen zur Strömungsberuhigung, bereits ein Volumenstrom von 900 l/h (Temperatur 30 °C, Geschwindigkeit 0.13 m/s, Reynolds-Zahl 8000) kritisch. Zum Vergleich: Eine Wärmepumpe mit einer thermischen Leistung von 8 kW wird üblicherweise mit einem Volumenstrom von mehr als 1000 l/h betrieben. Um den Warmwasser-Vorrat oberhalb der Eintrittsposition zu erhalten, muss deshalb eine Strömungsberuhigung durch eine Erweiterung des Fliessquerschnitts im Inneren des Speichers erfolgen (vgl. Abbildung 1 und 2).

Abbildung 2: Maßnahmen zur Strömungsberuhigung im Speicher
Platte kurz | Platte lang | T-Stück 2" →2x2" | T-Stück 2"→2x3"

Dabei ist es essentiell, dass sich spätestens am Ende des Beruhigungskanals eine homogene Strömung ausbildet. Abbildung 3 zeigt illustrativ die simulierte Geschwindigkeitsverteilungen im Querschnitt eines T-Stück-Schenkels zur Fliesskanal-Erweiterung. Bei dem zu kurz geratenen Schenkel links ist am Austritt in den Speicher eine deutlich inhomogene Verteilung der Fliessgeschwindigkeiten zu beobachten. Am Austritt des längeren Schenkels rechts jedoch ist die Strömung bereits sehr homogen, respektive gut ausgebildet.

Abbildung 3: Fliessgeschwindigkeiten im Rohrquerschnitt eines zu kurz geratenen (links) und eines genügend langen (rechts) T-Stück Schenkels zur Strömungsberuhigung.

Auf Grund der gemachten Untersuchungen können die folgenden praktischen Empfehlungen gemacht werden:

  • Am Austritt des Strömungskanals sollte die Geschwindigkeit des einströmenden Fluides soweit reduziert sein, dass für diese Grösse von Speicher eine Reynolds-Zahl von unter 5000 oder Fließgeschwindigkeiten kleiner als 0.1 m/s erreicht werden.
  • Nach der letzten Strömungsumlenkung oder Querschnittserweiterung sollte die Beruhigungsstrecke eine minimale Länge von 3 – 6 Mal dem hydraulischen Querschnitt aufweisen.

Realitätsnaher Speicher-Schichtungstest prüft Tauglichkeit für Wärmepumpen

Die genannten Empfehlungen können dazu beitragen, eine gute Schichtung im Kombispeicher zu erhalten. Bis jetzt gab es aber keinen Konsens darüber, wie „gut schichtend“ zu definieren ist. Diese Lücke wurde nun vom SPF durch die Einführung einer Kennzahl zur Beurteilung der Schichtungseffizienz geschlossen. Dabei macht man sich den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zunutze. Sowohl die Mischungen von Fluiden verschiedener Temperatur als auch Wärmeausgleichsprozesse jeglicher Art haben immer eine Entropieproduktion (respektive einen Exergieverlust) zur Folge. Diese – messbare – Entropieproduktion bildet die Basis für die Testmethode:

Ein Speicher inklusive der Hydraulik zur Be- und Entladung wird auf dem Prüfstand installiert und in einem 24-stündigen Prüfzyklus getestet. Während dieses Prüfzyklus werden sowohl die Wärme-Last eines Einfamilienhauses (Raumheizung und Warmwasser) als auch die Wärmequellen (Wärmepumpe und solarthermische Kollektoren) durch den Prüfstand simuliert und emuliert. Während des Tests wird die Entropieproduktion im Speicher-System gemessen. Durch den Vergleich der Entropieproduktion im gemessenen Speicher mit einem völlig durchmischten Referenzspeicher entsteht eine dimensionslose Grösse für die Schichtungseffizienz, die sich in Prozenten ausdrücken lässt: Eine Schichtungseffizienz von 100 % entspricht dem idealen isentropen Prozess, der in einem realen System nie ganz erreicht werden kann. Für den völlig durchmischten Speicher wird eine Schichtungseffizienz von 0 % erwartet.

Mit diesem Verfahren wurden insgesamt 18 Tests an sechs verschiedenen Kombispeicher-Systemen durchgeführt. Die geprüften Speicher hatten ein Volumen von 800 – 900 Litern. Die meisten – jedoch nicht alle - verwendeten interne Wärmetauscher für die Solarladung, drei der sechs Speicher verwendeten ein Frischwassermodul für die Warmwasserbereitung, die übrigen einen internen Spiralrohrwärmetauscher.

Alle Speicher-Systeme-Hersteller hielten sich an die vom SPF publizierte Empfehlung, dass der Rücklauf zur Wärmepumpe bei Warmwasserladung oberhalb der Raumwärmezone entnommen werden sollte (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Empfehlung zur Kombination von Wärmepumpen mit Kombispeichern (www.spf.ch/solheap, Haller et al. 2014).

Jeder Speicher wurde mit drei unterschiedlichen Randbedingungen getestet. Im ersten Test wurde eine Wärmepumpe mit einer Heizleistung von 8 kW und einem Durchfluss von 1340 kg/h simuliert, und die Warmwasser-Ladungen wurden durch Warmwasser-Zeitfenster auf wenige Stunden am Tag begrenzt. Als zweites wurde der gleiche Test ohne Warmwasser-Zeitfenster durchgeführt, und als drittes wurde eine Wärmepumpe grösserer Leistung und mit grösserem Durchfluss emuliert, wiederum mit Zeitfenster für die Warmwasser-Beladung.

Es zeigte sich, dass der simulierte Bedarf an elektrischer Energie der geprüften Speicher, hauptsächlich der Wärmepumpe, erstens sehr unterschiedlich ausfällt, und zweitens sehr gut mit der Schichtungseffizienz der Speicher korreliert (Abbildung 5).

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Schichtungseffizienz und elektrischem Energiebedarf des Speichersystems am Test-Tag.

Die besten Resultate wurden jeweils erzielt, wenn die Warmwasser-Nachladung durch die Wärmepumpe auf wenige Zeitfenster pro Tag beschränkt wurde. Ohne diese Zeitfenster verschlechterten sich die Ergebnisse bei fünf der sechs getesteten Kombispeicher deutlich. Ohne die Vorgabe von Zeitfenstern besteht die Gefahr, dass die Wärmepumpe zu lange mit hohen Vorlauftemperaturen arbeitet um den oberen, für Brauchwarmwasser reservierten, Teil des Speichers zu beladen. Ursache kann eine ungeschickt gewählte Position des Warmwasser-Sensors oder ungenügende Speicherschichtung sein. Die Auswirkung ist, dass Wärme, welche auf dem Temperaturniveau von Brauchwarmwasser erzeugt wurde, in die Raumheizverteilung wandert und auf die dort erforderliche Vorlauf-Temperatur von 30°C oder auf ein noch tieferes Temperaturniveau gemischt wird. Dies führt zu exergetischen Verlusten im System, welche zwangsläufig einhergehen mit schlechteren Arbeitszahlen der Wärmepumpe.

Abbildung 6 zeigt das Verhältnis von Wärmelieferung der Wärmepumpe im Warmwasser-Modus zur tatsächlich vom Speicher abgegebenen Brauchwarmwasser-Energie. Es ist deutlich ersichtlich, dass ohne Warmwasser Zeitfenster bei den meisten – jedoch nicht bei allen – dieses Verhältnis deutlich höher ist als mit Zeitfenster. Auch eine Erhöhung der Wärmepumpenleistung und der damit verbundenen Volumenströme wirkte sich negativ auf das Ergebnis aus.

Abbildung 6: Von der Wärmepumpe im WW-Modus gelieferte Wärmemenge im Verhältnis zur bezogenen WW-Wärmemenge, aufgeteilt auf die verschiedenen Testbedingungen. Die schraffierten Tests unter „grosse WP“ wurden ohne Zeitfenster durchgeführt, weil mit Zeitfenstern die Komfort-Kriterien nicht eingehalten werden konnten.

Thermische Speicherschichtung wichtiger als Wärmeverluste!

Was bedeutet dies nun praktisch, wenn die gemessenen Schichtungseffizienz-Werte im Bereich von 59 – 84 % liegen? Wenn wir eine Standard-Heizlast (die hier angenommene Standard-Heizlast entspricht 3450 kWh/a für Warmwasser und 8000 kWh/a für Raumheizung, mit Vor- und Rücklauftemperaturen von 35/30 °C bei Auslegung) annehmen, so entspricht eine Reduktion der Schichtungseffizienz um 10 % einer Erhöhung des elektrischen Energiebedarfs der Wärmepumpe um 16 %. Dies gilt sowohl für den Prüfzyklus, als auch für ein ganzes Jahr. Auf ein Jahr gerechnet hat die "schlechteste" gemessene Variante gegenüber der Besten eine um 21% geringere Schichtungseffizienz, was einen Mehrbedarf an elektrischer Energie von 860 kWh mit sich bringt. Damit wird der elektrische Energiebedarf dieser Systeme weit mehr durch die Schichtungseffizienz des Speicher-Systems bestimmt als durch die Wärmeverluste des Speichers. Die Mehr-Investition in einen besseren Kombispeicher zahlt sich in solchen Fällen aus. Die Frage, die in diesem Zusammenhang bisher nie beantwortet werden konnte, war jedoch immer: welches ist denn der am besten schichtende Speicher? Diese Frage kann nun mit dem neuen 24 Stunden Test-Zyklus beantwortet werden.

Danksagung

Unser Dank gebührt den Herstellern und Anbietern von Speichern, die an dem Projekt mitgewirkt haben, sowie dem Bundesamt für Energie, welches diese Arbeiten finanziell unterstützt hat.

Literatur

  • Haller, M.Y., Haberl, R., Persdorf, P. & Reber, A., 2015. StorEx - Theoretische und experimentelle Untersuchungen zur Schichtungseffizienz von Wärmespeichern. Institut für Solartechnik SPF, Hochschule für Technik HSR, Rapperswil.
  • Haller, M.Y., Haberl, R., Carbonell, D., Philippen, D. & Frank, E., 2014. SOL-HEAP - Solar and Heat Pump Combisystems. Institut für Solartechnik SPF, Hochschule für Technik HSR, Rapperswil.

Autorenbeschreibung

Der Artikel entstand unter Mitwirkung von: Patrick Persdorf, Andreas Reber, Andreas Huggenberger, Matthias Kaufmann, Jason Podhradsky, Lukas Lötscher, Corsin Gwerder, Simon Boller, Boris Meier, Igor Mojic

Dr. Michel Haller ist als Leiter der Forschung am Institut für Solartechnik SPF der Hochschule für Technik Rapperswil HSR tätig (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Dipl.-Ing. (FH) Robert Haberl ist als wissenschaflticher Mitarbeiter am Institut für Solartechnik SPF der Hochschule für Technik Rapperswil HSR tätig (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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