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Spannende Zukunft für Kunststoff-Kollektoren

Von Cornelia Peike, Sandrin Saile und Michael Köhl

Im Rahmen des EU-Projektes „SCOOP“ haben zwölf europäische Forschungseinrichtungen und Unternehmen gemeinsam an der Weiterentwicklung kunststoffbasierter, solarthermischer Kollektoren gearbeitet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Ein flexibel in die Gebäudehülle integrierbarer Flachkollekor sowie ein preisgünstiges, aus extrudierten Doppelstegplatten bestehendes Thermosiphonsystem sind nur zwei Highlights des Projektes.

Abbildung 1: Gebäudeintegrierte Polymerkollektoren in Bjørnveien, Oslo, Norwegen. Quelle: Harald Kicker, Johannes Kepler Universität Linz

Kunststofftechnologie für eine gesicherte, warme Zukunft

Im Zuge immer besser werdender Gebäudestandards, wie z.B. Passivhäuser, entfällt ein immer höherer Anteil des Restenergiebedarfs von Gebäuden auf die Brauchwassererwärmung. Die Nutzung von Solarenergie zur Erwärmung von Wasser findet bereits seit Langem statt. Dabei fanden in den letzten Jahrzehnten fast ausschließlich metall-basierte Kollektorsysteme Anwendung. Bei genauerer Betrachtung der Kostenentwicklung sowie der Umweltbilanz stellen sich jedoch die bisher verwendeten Materialien wie Kupfer oder Aluminium als zunehmend problematisch dar. Neben stark schwankenden Preisen und dem sowohl gesundheits- als auch umweltschädlichen Abbau der Metalle führt auch die begrenzte Verfügbarkeit dieser Rohstoffe zur Notwendigkeit alternativer Kollektorkonzepte.

Diese Thematik wurde in dem EU-FP7-geförderten Projekt „SCOOP“ (Solar Collectors Made of Polymers) umfassend erforscht. In einem ganzheitlichen Ansatz wurden Untersuchungen auf unterschiedlichen Wertschöpfungsebenen betrieben – auf System-, Komponenten- und Materialebene. Auch im Bereich der Kollektorprüfung wurden Fortschritte gemacht. Als alternative Fertigungstechnologien für die Herstellung der Kunststoffkollektoren wurde sowohl Spritzguss als auch Extrusion untersucht, um das für diese Anwendung optimale Verfahren zu bestimmen. Innerhalb der unterschiedlichen Fertigungstechnologien wurden wiederum verschiedene Kunststoffe hinsichtlich ihrer Eignung in Bezug auf Alterungsverhalten, Beständigkeit und Leistung untersucht.

Neuartige Kollektorsysteme für spezielle Einsatzgebiete

Im Rahmen des Projektes wurde ein Portfolio unterschiedlicher, neuartiger solarthermischer Kollektor- und Systemkonzepte entwickelt, die speziell auf die Anforderungen des Spritzguss- oder des Extrusionsverfahrens ausgerichtet waren. Als besonders vielversprechendes Kollektorsystem wurde dabei zum einen ein Flachkollektor der norwegischen Firma Aventa AS weiterentwickelt, der sich flexibel in die Gebäudehülle integrieren lässt. Dieses System ist einfach skalierbar und lässt sich somit in unterschiedlichsten Designvarianten verbauen. Somit wird der Bau von ästhetisch anspruchsvollen, energieautarken Gebäuden ermöglicht, was sich wiederum positiv auf die allgemeine Rezeption von solarthermischen Kollektoren auswirken kann. Innerhalb der Projektlaufzeit konnten in enger Zusammenarbeit mit der Bauindustrie acht Demonstrationsprojekte – sowohl im Neubau- als auch im Renovierungsbereich – realisiert werden. Diese Demonstrationsprojekte konnten, neben ihrer öffentlichkeitswirksamen Funktion, die Wettbewerbsfähigkeit der neuartigen solarthermischen Kollektorsysteme hinsichtlich Preis und Leistung bestätigen.

Zum anderen wurde mit ThermX ein extrem kostengünstiges Thermosiphonsystem – bestehend aus extrudierten Doppelstegplatten – entwickelt, und in Kooperation zwischen dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE und Aventa AS patentiert. Das neuartige ThermX System ist besonders für sonnenreiche und somit warme Gegenden geeignet, da die thermischen Verluste in den Wintermonaten im Vergleich zu nordischen Klimazonen kleiner sind, was eine schlankere Dämmung und somit einen besseren Überhitzungsschutz in den heißen Sommermonaten erlaubt. Dieses System ermöglicht eine Verringerung der Produktionskosten im industriellen Maßstab um 50% und stellt eine günstige Alternative für südliche Länder dar – die zugleich den größten Wachstumsmarkt für solarthermische Systeme darstellen.

Bei der Evaluation der unterschiedlichen Systemkonzepte kamen CFD-Simulationsrechnungen der Temperaturverteilung sowie des Strömungsverhaltens nach dem neusten Stand der Technik, durchgeführt durch Dr. Axel Müller - HTCO (Freiburg, Deutschland), zum Einsatz (Abbildung 2). Diese ermöglichten es, auf Basis der Materialeigenschaften und Designparameter vorab Berechnungen der zu erwartenden Effizienz durchzuführen. Dabei konnte unter anderem die hohe Bedeutung der Strömungsverhältnisse im Kollektor aufgrund der Strömungskanalgeometrien in Bezug auf die Effizienz festgestellt werden.

Abbildung 2: Temperaturverteilung in einem Kunststoffabsorber bei Beginn der Sonneneinstrahlung. Quelle: HTCO GmbH, Deutschland

Dem optimalen Kunststoff auf der Spur

Neben der spezifischen Anpassung des Systemdesigns an die speziellen Anforderungen der Kunststoffe und Herstellungsverfahren zählte die Auswahl der am besten geeignetsten Kunststoffe zu den übergeordneten Zielen des Projekts.

Solarthermische Systeme stellen aufgrund ihrer hohen Betriebstemperaturen, großer betriebsbedingter Temperaturschwankungen und der Exposition in anspruchsvollen Klimaten besondere Anforderungen an die verwendeten Materialien.

Untersucht wurden die drei Kunststoffe Polypropylen (PP), Polyamid (PA) und Polyphenylensulfid (PPS). Durch den Zusatz von schwarzen Pigmenten bei PP bzw. Glasfaser bei PA konnte die Stabilität der reinen Polymere erhöht werden. Auf diese Weise können die wesentlich günstigeren und ökologisch weniger bedenklichen Polymere PP und PA mit dem Hochleistungspolymer PPS konkurrieren. Die zahlreichen an der Johannes Kepler Universität Linz, der Universität Oslo, dem APC sowie am Fraunhofer ISE auf Materialebene durchgeführten Alterungs- und Belastungstests, z.B. zum Thema Bruchmechanik und Hydrolysestabilität, veranschaulichten die ökonomische und ökologische Überlegenheit von PP und PA gegenüber PPS.

Im Bereich der Alterungsanalytik konnte an der Humboldt Universität zu Berlin eine quantitative, polymerspezifische Methode für die Charakterisierung der Polymerdegradation mittels Lumineszenz- Spektroskopie entwickelt werden. Eine Analyse der Kinetik der Alterungsreaktionen lieferte Informationen über die Wirksamkeit der zugesetzten Polymer-Additive und bildete die Grundlage für eine Lebensdauerabschätzung.

Die Verarbeitung fertiger Kunststoffbauteile kann u.a. mittels Polymerschweißen oder Polymerkleben erfolgen. Diese beiden Verfahren wurden im Rahmen des Projektes von der Firma Polytec hinsichtlich ihrer Eignung untersucht. Dabei konnte die Überlegenheit der Schweißtechnologie gezeigt und so wertvolles Know-how erworben werden.

Belastungstests und Alterungsuntersuchung auf Systemebene

Im Rahmen des Projektes konnte ein entscheidender Wissensgewinn im Bereich der Prüftechnologie, der Alterungstests sowie der begleitenden Analytik generiert werden.

Anspruchsvolle Freibewitterungstests sowie beschleunigte Alterungstests wurden an drei verschiedenen Kollektorsystemen (Polycrafte [GREENoneTEC], Aventa TSS [Aventa], und ThermX Prototype 2.1) durchgeführt. Weiterhin wurde die Übertragbarkeit der bestehenden Normen EN12975/ISO9806 und EN12976 auf Polymerkollektorsysteme getestet. Als problematisch hat sich dabei die Messung von drucklos betriebenen Systemen herausgestellt, da die benötigte Durchflussrate mit den Tests schwierig zu erreichen ist, ohne dabei den maximal erlaubten Betriebsdruck zu überschreiten.

Zusätzlich zeigten verschiedenste Zuverlässigkeitstests wie Freibewitterungstests unter verschiedenen klimatischen Bedingungen sowie Hochtemperatur-Tests, mechanische Belastungstests und Temperaturschock-Tests die hohe Belastbarkeit des neuartigen Aventa Kollektors sowie gute Vergleichbarkeit der thermischen Stabilität des GREENoneTEC Kollektors mit seinem metall-basierten Vorläufermodell.

Die erhaltenen Erkenntnisse werden in die Normungsarbeit des Instituts für Solartechnik der Hochschule Rapperswil - HSR-SPF (Rapperswil, Schweiz) sowie des Fraunhofer ISE einfließen.

Abbildung 3: Alterungstests mittels mechanischer Belastung (links) und im Sonnensimulator (rechts).
Quelle: HSR-SPF, Schweiz.

In dem Projekt „SCOOP“ konnte gezeigt werden, dass die notwendige Technologie sowie das Wissen für die Fertigung kunststoffbasierter Solarkollektoren vorhanden ist. Was es nun braucht sind Unternehmen, die sich auf die Herstellung von Kunststoff-Kollektoren spezialisieren – seien es ehemalige Produzenten von herkömmlichen Solarkollektoren oder, was im Hinblick auf Einstiegshemmnisse bei der Umstellung der Produktion mitunter naheliegender ist – kunststoffverarbeitende Unternehmen. Günstige, ökologische, zuverlässige und ästhetisch anspruchsvolle Solarkollektoren werden in Zukunft in jedem Fall gebraucht - die Aussichten sind also rosig, für die Umwelt und für Firmen, die sich für die Umsetzung dieser Technologie einsetzen.

Partner des Projekts SCOOP

Fraunhofer ISE, AEE INTEC, HSR-SPF, Universität Oslo, Dr. Axel Müller HTCO, GREENoneTEC, Johannes Kepler Universität Linz, APC Advanced Polymer Compounds, Humboldt Universität zu Berlin, Polytec, DS Smith Kaysersberg, Aventa AS.

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Autorenbeschreibung

Dr. Cornelia Peike ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gruppe „Gebrauchsdaueranalyse“ des Bereichs Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE, Freiburg, tätig.

Dr.-Ing. Michael Köhl ist als Teamleiter in der Gruppe „Gebrauchsdaueranalyse“ des Bereichs Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, tätig.

Sandrin Saile, M.A. ist als Projektkoordinatorin in der Gruppe „Gebrauchsdaueranalyse“ des Bereichs Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, tätig.

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