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Crowdfunding: Chancen für die Finanzierung von Energiemaßnahmen in Unternehmen?

Von Sonja Starnberger

In Zeiten strenger Vorschriften für Banken, die den Zugang zu Krediten erschweren, ist die Suche nach Alternativen zur Finanzierung von Energiemaßnahmen ein Thema. Crowdfunding ermöglicht, ein Vorhaben mit Hilfe kleiner Beiträge von vielen Menschen zu finanzieren. Lohnt es sich für Betriebe Crowdfunding zu betreiben um Investitionen in Energieeffizienz oder den Einsatz Erneuerbarer Energien abzudecken, und unter welchen Bedingungen kann es erfolgreich eingesetzt werden?

Hintergrund

Im Rahmen des Projekts GREENFOODS [1] haben die Projektpartner unter Federführung von AEE INTEC Nahrungsmittel- und Getränkeproduzenten auf vielfältige Weise auf dem Weg zu Energieeffizienz und Senkung der fossilen CO2-Emissionen unterstützt: Energieaudits und Umsetzungsbegleitung, ein Berechnungstool zur schnellen, einfachen und trotzdem umfassenden Bewertung von Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz oder zur Integration von erneuerbaren Energiequellen in den Produktionsprozess, sowie ein dreitägiges Training [2], das im Herbst 2016 bereits zum dritten Mal angeboten wird. Da insbesondere Klein- und Mittelunternehmen (KMU) mangelnde Finanzierung häufig als Hindernis für die Umsetzung an sich wirtschaftlicher Maßnahmen angeben, wurden auch Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten unter die Lupe genommen. Das Energieinstitut der Wirtschaft ging unter anderem der Frage nach, ob das aktuell stark in den Medien präsente Crowdfunding einen Lösungsansatz darstellt.

Was ist Crowdfunding? Typen und Beispiele

Die Idee, dass sich viele Menschen mit kleineren Beträgen an der Finanzierung eines Projekts oder Unternehmens beteiligen (Abbildung 1), ist nichts Neues. In den letzten Jahren gab es im Energiebereich vermehrt Initiativen einzelner Unternehmen oder Gemeinden, Solar- und Windkraftanlagen über Bürgerbeteiligungsmodelle gemeinsam mit engagierten Unterstützern – oft aus der Region oder dem Kundenkreis – zu finanzieren [3].

Abbildung 1: Crowdfunding
Unterstützung durch eine spezialisierte Plattform erleichtert die Abwicklung, ist aber nicht zwingend notwendig. Bilder: Pixabay, Plattformbetreiber

„Crowdfunding“ umfasst als Überbegriff unterschiedliche Varianten. Vier Haupttypen [4] werden hier kurz beschrieben und mit Beispielen österreichischer Projekte mit Bezug zur Lebensmittelbranche oder zu Energiethemen illustriert. Als „Crowdinvesting“ werden meist die Modelle zusammengefasst, bei denen ein monetärer Rückfluss an die Unterstützer erfolgt, manchmal wird der Begriff auch nur für den Typ mit Unternehmensbeteiligung verwendet; die Terminologie ist hier noch in Entwicklung begriffen.

Geld für Beteiligung (Equity based)

Diese Form wird meist für die Frühphasenfinanzierung von Startups oder für Innovationsprojekte in KMU angewendet. Die Crowdinvestoren sind mittels Genussscheinen oder als typischer stiller Gesellschafter am Unternehmen beteiligt, sie können ihre Einlage also auch verlieren. In Österreich wurden so z. B. Getränkeneuheiten oder Pastaspezialitäten finanziert [5].

Geld für Zinsen (Lending based)

Private Geldgeber verleihen ihr Geld an ein Unternehmen ihrer Wahl, in der Regel gegen Zahlung von Zinsen. Üblicherweise werden keine Sicherheiten gegeben. Aus rechtlichen Gründen ist es wesentlich, hier die Form des „nachrangigen Darlehens“ zu wählen, das bedeutet, dass im Falle einer Insolvenz zunächst die Forderungen der anderen, vorrangigen, Gläubiger bedient werden und erst dann die der Nachranggläubiger, wenn dies noch möglich ist. Auch hier besteht also das Verlustrisiko. Deshalb werden oft höhere Zinsen als bei üblichen Darlehen zugesagt. Diese Variante kann insbesondere für bestehende Unternehmen, bei denen kein besonders rasantes Wachstum angestrebt wird, sondern das eine oder andere Projekt - wie eine Energieeffizienzmaßnahme - umgesetzt werden soll, interessant sein. In Deutschland ist bereits eine Plattform aktiv, die sich auf das Energiethema spezialisiert, und über die z. B. Darlehen für die Beleuchtungsoptimierung in einer Druckerei oder ein Blockheizkraftwerk in einem Hotel zu Zinssätzen von sechs bis sieben Prozent organisiert wurden [6]. Einige österreichische Plattformen untergliedern die Zinsen in einen Basiszins und einen Bonuszins, der dann zusätzlich ausbezahlt wird, wenn die Unternehmensentwicklung sehr positiv verläuft. Dazu kann auch ein „Naturalzins“, etwa in Form einer gewissen Menge des produzierten Gutes kommen, was sich gerade auch in der Lebensmittelbranche anbietet. Beispiele sind die Optimierung einer Mini-Kiwi-Plantage, eine Photovoltaikanlage, ein neuartiges Bier-Schanksystem, sowie etliche Getränkeinnovationen [7].

Geld für Anerkennung (Reward based)

An die Unterstützer fließt kein Geld zurück, sie bekommen jedoch eine Gegenleistung, wie die ersten Exemplare des Produkts oder Eintrittskarten bei Projekten im Kunst- und Kulturbereich. Bei „Mana’s 1. große Apfelweinernte“ [8] erhielt man beispielsweise Apfelbaumpflegekurse oder mehrere Flaschen Apfelwein, ganz kleine Beiträge wurden mit einem Danke-Eintrag auf der Website bedacht, bei „Paleo To Go BIO Beef Jerky“ [9] gab es unterschiedliche Mengen des Rindfleischsnacks.

Geld für eine gute Tat (Donation based)

Bei dieser Variante geht es meist darum, wohltätige Projekte oder Vereine zu unterstützen. Die Spender beteiligen sich in der Regel mit kleineren Beträgen und erhalten keine Gegenleistung.

Crowdfunding Plattformen

Am 1.9.2015 trat das österreichische Alternativfinanzierungsgesetz in Kraft, das die Rahmenbedingungen für verschiedene Finanzierungsinstrumente absteckt, wie etwa nach Beitragshöhe gestaffelte Informationspflichten der Unternehmen gegenüber den Investoren.

Auch wenn der Rechtsrahmen damit an Klarheit gewonnen hat, ist die korrekte Abwicklung einer Crowdfunding-Kampagne für Unternehmen, deren Kerngeschäft ein anderes ist, nicht trivial. Wer die Aktion nicht im Alleingang durchführen möchte, kann sich einer Plattform bedienen, die rechtliches Know-how, Musterverträge, Koordination der Vertragsabschlüsse mit den Investoren sowie eine Web-Infrastruktur und Präsentationsfläche anbietet. Viele haben auch schon eine interessierte Fangemeinde, die über neue Projekte informiert wird. Somit ist es auch kleineren Unternehmen möglich, ihr Vorhaben einer Vielzahl potenzieller Unterstützerinnen und Unterstützer zu präsentieren.

Neben Plattformen, die ihre Schwerpunkte eher auf karitative Projekte, Forschung, Kunst- und Kulturaktivitäten legen, sind bereits mehrere österreichische Plattformen aktiv, die bestehende Unternehmen finanzieren (Abbildung 2). Dass noch weitere Anbieter in den Markt kommen, ist zu erwarten.

Abbildung 2: Auswahl österreichischer Crowdinvestingplattformen.
Weitere sind unter wko.at/crowdfunding zu finden

Aktuelle Zahlen zeigen, dass es sich dabei um mehr als nur eine Spielwiese handelt: 2015 wurden über die österreichischen Plattformen knapp neun Millionen Euro eingeworben, die Tendenz ist stark steigend [10].

Was kostet‘s und was bringt‘s?

Das bringt die Einbindung einer Vielzahl von Personen den Unternehmen:

  • Finanzielle Mittel für die Investition, unabhängig von den oft sehr restriktiven Vorgaben der Banken bei der Bonitätsbewertung
  • Bei passender Gestaltung des Modells (Genussrecht, länger laufendes Nachrangdarlehen) stärken die eingeworbenen Mittel das Eigenkapital, was Vorteile bei Bankfinanzierungen bringen kann
  • Engagement der Crowd für „ihre“ Unternehmen: Kundenbindung, Weiterempfehlungen, nützliche Kontakte
  • Öffentlichkeitswirksamkeit und Kommunikation

Was müssen die Betriebe aufwenden?

Zunächst einmal etwas Zeit für:

  • die Bereitstellung von Informationen zum Unternehmen und zum Projekt für Plattformbetreiber zur Vorbewertung
  • die Vorbereitung der Information für potentielle Investoren und der Kampagne (z. B. Video)
  • die Einbindung und Aktivierung des eigenen Kontaktnetzwerks.

An Ausgaben ist folgendes einzukalkulieren:

  • Für die Investoren: Vereinbarte Darlehensrückzahlung und Zinsen bzw. Gewinn- und Unternehmenswertbeteiligung
  • Bezahlung der Plattform: Oft wird hier ein kleines Fixum vereinbart, zu dem bei Erreichen eines vereinbarten Mindestbetrags („Fundingschwelle“) ein Anteil der eingeworbenen Summe kommt plus nach Bedarf eine Gebühr für die laufende Betreuung.

Wann zahlt es sich aus, darüber nachzudenken?

Aus einer Reihe von Gesprächen mit den Betreibern der oben genannten Plattformen lassen sich grob folgende Parameter zusammenfassen:

Der Finanzierungsbedarf sollte bei Beteiligungs- oder Darlehensmodellen bei ca. 50.000 bis 100.000 Euro und darüber hinaus liegen, damit sich der Aufwand der Kampagne für alle Seiten rechnet.

Unternehmen und Investitionsvorhaben sollten eine gut kommunizierbare „Story“ bieten. Nachhaltige Energienutzung ist tendenziell positiv besetzt und die Herstellung von Speisen und Getränken ist eine Branche deren Produkte einerseits leicht verständlich sind und sich oft für „Goodies“ („1 Flasche Wein bei Investition über X EUR“) oder „Naturalzins“ eignen.

Schlussendlich muss man auch den Nutzen in den Kommunikationsaktivitäten und dem erweiterten Unterstützernetzwerk sehen, und bereit sein, sein Vorhaben in die Öffentlichkeit zu tragen, um von dieser Finanzierungsform wirklich zu profitieren!

Im Einzelfall mögen die Aspekte jedoch eine andere Gewichtung haben und darüber hinaus ist dieser Themenbereich einer sehr starken Entwicklungsdynamik unterworfen. Deshalb ist ein unverbindliches „Abklopfen“ des eigenen Projekts mit einem oder mehreren Anbietern empfehlenswert.

Vorläufiges Fazit: Crowdfunding ist sicher kein Allheilmittel für Finanzierungslücken, die die Umsetzung betrieblicher Energieprojekte verhindern. Für gewisse Unternehmen und Bereiche kann es aber eine reizvolle Option darstellen.

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Literatur

  1. Weitere Infos unter www.green-foods.eu. Das Projekt wurde aus dem Programm Intelligent Energy Europe der EU kofinanziert.
  2. www.energieinstitut.net/de/vortraege-publikationen/greenfoods-training
  3. Stellvertretend hier ein Beispiel aus dem Bereich Solarthermie: www.solid.at/invest
  4. Vgl. z. B. www.geldmarie.at/wirtschaft/crowdfunding-crowdinvesting.html (9.3.2016)
  5. www.greenrocket.com
  6. www.bettervest.de
  7. www.dasertragreich.at, www.conda.at
  8. wemakeit.com/projects/manas-1-grosse-apfelweinernte
  9. www.fundraizer.at
  10. Vgl. Statistik der österreichischen Crowdinvesting-Plattformen, WKÖ (8.3.2016)

Autorenbeschreibung

Mag. Sonja Starnberger, MSc ist Projektleiterin beim Energieinstitut der Wirtschaft Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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