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Entwicklung von neuen Wärmespeichertechnologien im internationalen Umfeld

Wim van Helden

Die nachhaltige Energiewirtschaft von übermorgen braucht thermische Energiespeicher. Sowohl der Bedarf an Wärme in Gebäuden, Industrie und Mobilität und auch ein großer Teil des Angebots der Wärme von der Sonne und aus der Umgebung sind geprägt von großen Schwankungen. Nur mit thermischen Speichern kann eine optimale Abstimmung zwischen Nachfrage und Angebot erreicht werden. Deshalb werden derzeit viele bestehende Speichertechnologien verbessert und neue entwickelt, und eine Vielzahl an Forschungs- und Entwicklungsgruppen in Österreich sowie auch in Europa und dem Rest der Welt arbeiten an dieser Thematik.

Einen kompletten Überblick über derzeitige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in einem Artikel zu geben ist unmöglich, deshalb werden hier einige Beispiele von Arbeiten erwähnt, die im Rahmen der internationalen Forschungskooperation an der Verbesserung von Speichertechnologien arbeiten (IEA SHC Task 42/Annex 29) [1] . Nachfolgende Artikel in dieser Ausgabe der Zeitschrift „nachhaltige technologien“ werden auf weitere Beispiele von europäischen und österreichischen Projekten im Detail eingehen.

Materialentwicklung

Wenn die Speicherdichte von Wasser nicht ausreicht, höhere Temperaturen oder andere anwendungsbedingte Anforderungen vorliegen, werden Materialien aus der Klasse der Phasenwechselmaterialien und der thermochemischen Materialien zur Wärmespeicherung verwendet.

Bei Phasenwechselmaterialien wird die Wärme durch den Übergang eines Materials vom festen in den flüssigen, oder vom flüssigen in den dampfförmigen Aggregatzustand gespeichert. Dieser Übergang findet bei einer bestimmten Temperatur statt und damit ist dieses Material sehr geeignet für Anwendungen wie Wärmepumpen oder Systeme zur Regelung der Temperatur. An der Universität Bayreuth in Deutschland werden z.B. Techniken zur Verkapselung von Phasenwechselmaterialien entwickelt, damit das Material von der Wärmeträgerflüssigkeit getrennt bleibt. Die Metallkapseln werden zur Speicherung und für den Transport von industrieller Abwärme genutzt.

Abbildung 1: Unterschiedliche Formen und Materialien zur Verkapselung von Phasenwechselmaterialien. Quelle: Universität Bayreuth

Eine weitere Materialklasse mit großem Potenzial ist die der thermochemischen Materialien. Hier wird die Wärme gespeichert indem sie zur Trennung von zwei Stoffen genutzt wird. Die getrennten Stoffe können dann beliebig lang gespeichert werden und erzeugen Wärme, sobald sie wieder zusammengebracht werden. Silikagel und Zeolith sind die bekanntesten Feststoff-Sorptionsmaterialien. Im Artikel von Benjamin Fumey wird das Prinzip von Flüssigsorption gezeigt, mit Natronlauge als Absorptionsmittel. Eine weitere Klasse sind die Salzhydrate. Die Kristallstruktur des Salzes ändert sich durch Aufnahme von Wasserdampf.

Abbildung 2: Straßengebundener Transport von Abwärme von einer Wärmequelle (z. B. Industriebetrieb) zu einer Wärmesenke (z. B. Industriebetrieb oder öffentliche Gebäude) mit Hilfe von mobilen latenten thermischen Speichern. Quelle: UniversitätBayreuth

Da für diese Kristallstrukturänderung mehr Wärme gebraucht wird als für Sorptionsprozesse, ist die Speicherdichte von Salzhydraten höher als von Sorptionsmaterialien. Ein negativer Aspekt dieser Materialien ist jedoch, dass Salzhydrate sich durch Aufnahme von zu viel Wasserdampf verflüssigen und ihre porösen Eigenschaften verlieren können. Forscher am Slowenischen Nationalen Chemischen Institut (NIC) versuchen daher durch Kombination von Sorptionsmaterialien und Salzhydraten zu sogenannten Composites die positiven Eigenschaften beider Materialien zu vereinen und entwickeln solch neuartige Materialien.

Abbildung 3: Das Sorptionsmaterial Zeolith 13XBF wird in verschiedenen Formen angewendet, wie hier in Form kleiner Kügelchen. Quelle: AEE INTEC

Systementwicklung

Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten für kompakte Wärmespeicher, wie z.B. in Schienenfahrzeugen (Artikel von Hilbert Focke in dieser Ausgabe), für die Anwendung in Geschirrspülern (Artikel von Andreas Hauer in dieser Ausgabe), in der Industrie (Artikel von Andreas Werner in dieser Ausgabe) und in Gebäuden (Artikel von Benjamin Fumey, und Hermann Schranzhofer in dieser Ausgabe).

Abbildung 4: Die spezifische Wasseraufnahme von Composite-Materialien ist ein Maß für die zu erreichende Speicherdichte. Hier wurde ein mesoporöser Zeolith mit unterschiedlichen Mengen Kalziumchlorid imprägniert. Je höher der Anteil Salzhydrat, desto besser die Speicherdichte des Materials. Quelle: NIC

Viele Systeme sind geschlossen, das heißt, das Innere des Speichers ist abgeschlossen von der Außenwelt. Auf der Uni Stuttgart wird ein offenes Sorptionssystem entwickelt, bei dem Raumluft direkt durch den Speicher geführt wird und Wärme zur Heizung der Wohnung aufnimmt. Die Feucht der Raumluft wird im Speicher in Wärme umgesetzt, womit das offene System den Vorteil einer direkten Wärmeübertragung hat. Eine Herausforderung der offenen Systeme ist die geringe Luftfeuchtigkeit an manchen Wintertagen. Dadurch wird eine zusätzliche Feuchtequelle notwendig.

In Belgien, unter anderem an der Universität von Mons, arbeitet man an einem ganz anderen Konzept, in dem das Speichermaterial in Form von Körnchen durch einen Reaktor geführt wird. Das Material verbleibt nur kurz im Reaktor und wird entweder geladen oder entladen. Das Material wird mittels Luft oder mechanisch zwischen Reaktor und Langzeitbehältern gefördert. Damit ist es möglich, die Leistung (Größe des Reaktors) von der Kapazität (Größe des Behälters) zu trennen.

Abbildung 5: Der Schüsselreaktor entwickelt im Projekt Sotherco. Quelle: BE-SOL, Belgien

Diese und die in den folgenden Artikeln beschriebenen Beispiele zeigen eine Vielfalt von Speichertechnologien und Systemen in Entwicklung und auf dem Markt. Im angesprochenen IEA Task42 arbeiten Materialexperten und Systementwickler bereits seit sieben Jahren zusammen und diese internationale Kooperation dient als ausgezeichnete Basis für Innovationen und Weiterentwicklungen im Hinblick auf die Wärmespeichertechnologien der Zukunft.

Weiterführende Links

[1] Joint Task42/Annex29 of the Technology Collaboration Programmes Solar Heating and Cooling (SHC) and Energy Conservation through Energy Storage (ECES) of the International Energy Agency (IEA); http://task42.iea-shc.org/

http://comtes-storage.eu/

http://www.sotherco.eu/

 Logos der Förderer

Dr. Wim van Helden ist wissenschaftlicher Leiter der Gruppe Thermische Speicher bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Statement

„Die Vaillant Group ist ein weltweit führender Anbieter in der Entwicklung hocheffizienter Produkte in den Bereichen Heizen, Kühlen und Warmwasser. Als Industrieunternehmen begleitet und engagiert sich die Vaillant Group in Forschungsvorhaben zur Entwicklung von Technologien, um die Nutzung von erneuerbare Energien in der Hausenergieversorgung stetig zu verbessern. Energiespeicher sind dabei ein wichtiger Baustein. AEE - Institut für Nachhaltige Technologien ist für die Vaillant Group ein geschätzter Partner bei der Diskussion und Entwicklung neuer Konzepte und Technologien für die Energiewende in der Gebäudeenergieversorgung.”

- Thomas Badenhop – Project Manager Advanced Thermal Energy Storage bei der Vaillant Group

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