Zeitschrift EE

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Langzeitspeicherung von Wärme mittels Phasenwechselmaterialen

Hermann Schranzhofer, Christoph Moser, Gerald Englmair und Simon Furbo

In der Entwicklungslinie C des EU-Projektes COMTES wurde die Verwendung eines Phasenwechselmaterials (PCM) für die Speicherung thermischer Energie mit Anwendung von Unterkühlung für eine Langzeitspeicherung untersucht. Dieser Effekt wird auch bei den am Markt erhältlichen PCM-Handwärmern ausgenutzt: Man erwärmt das Material bis es flüssig wird und lässt es dann wieder abkühlen. Dabei bleibt das Material bis weit unter die Phasenwechseltemperatur flüssig. Wird die so gespeicherte thermische Energie wieder benötigt, löst man die Kristallisation aus und die Wärme wird bei der Phasenwechseltemperatur wieder frei.

Abbildung 1: Demonstrationsanlage mit segmentiertem PCM-Speicher mit 4 Modulen. Quelle: DTU (Technical University of Denmark)

Speichermaterial und Potenzial des Speichersystems

Als Speichermaterial wird Sodium-Acetat- Trihydrat (SAT) verwendet, das mit ca. 260 kJ/kg eine relativ hohe Schmelzwärme aufweist [1]. Um ungünstige Materialeigenschaften wie etwa die geringe Wärmeleitfähigkeit zu verbessern, wurden umfangreiche Laborexperimente durchgeführt [2] und in Versuchen verschiedenste Aufgabenstellungen, wie Voraussetzungen für stabile Unterkühlung, Leistungsabgabe, Auslösemechanismen für Kristallisation etc., untersucht [3]. Günstige Materialkonfigurationen wurden in von der Firma Nilan gebauten Flach-Modulen mit je ca. 200 kg Sodium-Acetat-Trihydrat auf ihre Be- und Entladeleistungen getestet [4]. Erste Ergebnisse einer Anlagensimulation in TRNSYS zeigen mögliche Potentiale des Speichersystems auf [3], wobei aber ein vereinfachtes, älteres Speichermodel verwendet wurde [5]. Klar wird aber dennoch, dass vor allem der Wärmetauscher eine wichtige Rolle spielt. Hier ist eine Leistung von mindestens 400 W/K anzustreben um höhere Rücklauftemperaturen und Entladeleistungen zu erzielen. Für weitere Systemsimulationen wurde ein neues, detailliertes Modell für TRNSYS entwickelt [4] und unterschiedliche Systemvarianten simuliert [6]. Die wesentlichen Erkenntnisse waren, dass ein Wasserspeicher als Puffer im System unbedingt erforderlich und die Nutzung der sensiblen Wärme entscheidend ist. Im Jahr 2015 wurde an der DTU in Dänemark eine Demonstrationsanlage mit vier Speichermodulen aufgebaut.

Systemsimulationen

Mit den ersten Messergebnissen wurden die Simulationsmodelle validiert, neue Regelungsstrategien ausgearbeitet und weitere Systemsimulationen an unterschiedlichen Standorten und für unterschiedliche Gebäudetypen mit vorgegebenem Warmwasserbedarf durchgeführt. Ausgewählte Ergebnisse für Systemsimulationen mit einem PCM-Speicher von 9 m3 und einer Kollektorfläche von 38 m² zeigt nachfolgende Abbildung.

Abbildung 2: Energiebedarf für Warmwasser (QDHW) und Heizung (QSH) von zwei Gebäudetypen (HWB 15 bzw. 30 kWh/m²a) an den Standorten Davos, Würzburg und Stockholm werden dem solaren Kollektorertrag (QSOLAR) gegenübergestellt (linke Achse).Der dazugehörige solare Deckungsgrad (SD) auf der rechten Achse liegt zwischen ca. 55 und annähernd 100 %.

Demonstrationsanlage

Die automatisierte Demonstrationsanlage (Titelbild) ging im Herbst 2015 in Betrieb. Mit einem 22,4 m2 (Apertur) großen Vakuumröhren-Kollektorfeld wurde der segmentierte PCM-Speicher beladen. Die Entladung erfolgte über einen 750 l fassenden Pufferspeicher, an welchem Warmwasser- und Raumwärmebedarf eines Passivhauses in Dänemark gezapft wurden. In einer repräsentativen Schönwetter-Periode wurden drei Module parallel bis auf 85°C erwärmt (ca. 28 kWh pro Modul) und anschließend auf Umgebungstemperatur unterkühlt. Nach individuellen Speicherperioden zwischen wenigen Tagen und zwei Monaten wurden die Module im Bedarfsfall mit einem Volumenstrom von 160 kg/h entladen (ca. 10,5 kWh pro Modul - Kristallisation bei Raumtemperatur).

Die vorläufige Auswertung des Zeitraumes September bis April zeigt, dass Module innerhalb von vier Stunden geschmolzen werden können. Da die Entladung im Bedarfsfall bei teilweise geladenem Pufferspeicher erfolgt, variieren die Rücklauftemperaturen zwischen 30 und 50 °C. Im Frühjahr traten deutlich kürzere Speicherzyklen (1-7 Tage) zur Überbrückung von Schlechtwetterperioden auf. In diesen Zeiträumen diente das Phasenwechselmaterial auch als zusätzlicher sensibler Wärmespeicher [7].

Ausblick

Die Speicherung von Wärme über lange Zeiträume mit niedrigen Wärmeverlusten konnte unter Anwendung von stabiler Unterkühlung von Sodium-Acetat-Trihydrat demonstriert werden. Die Realisierung eines wirtschaftlich attraktiven Speichers ist der nächste Entwicklungsschritt.

Literatur

[1] Horst Dröscher, “The chemical system of sodium acetate / water as phase change material (PCM) for the use in seasonal energy storage”, Diplomarbeit an der TU Graz, 2012

[2] Mark Dannemand, Jakob Berg Johansen, Simon Furbo, „Solidification behavior and thermal conductivity of bulk sodium acetate trihydrate composites with thickening agents and graphite”, Solar Energy Materials and Solar Cells, Vol 145, Part 3, pp. 287–295, 2016, doi:10.1016/j.solmat.2015.10.038

[3] Mark Dannemand, Jorgen M. Schultz, Jakob Berg Johansen, Simon Furbo, “Long term thermal energy storage with stable supercooled sodium acetate trihydrate”, Applied Thermal Engineering, Vol. 91 pp. 671–678. 2015 doi:10.1016/j.applthermaleng.2015.08.055.

[4] Christoph Moser, „Saisonale Wärmespeicherung auf Basis von Phasenwechselmaterial“, erneuerbare energie, 2014-03

[5] W. Streicher (editor), J. Bony, S. Citherlet, A. Heinz, P. Puschnig, H. Schranzhofer, J. M. Schultz, „Simulation Models of PCM Storage Units“, A Report of IEA Solar Heating and Cooling programme - Task 32 “Advanced storage concepts for solar and low energy buildings”, Report C5 of Subtask C, 2008

[6] Heinz Stefan Moisi, “Simulation based analysis of a seasonal thermal storage system using PCM”, Diplomarbeit an der TU Graz, 2014

[7] Gerald Enlgmair, Mark Dannemand, Jakob Berg Johansen, Weiqiang Kong, Janne Dragsted, Simon Furbo, Jianhua Fan, Testing of PCM heat storage modules with solar collectors as heat source. International Conference on Solar Heating and Cooling for Buildings and Industry (SHC), Istanbul 2015

Autorenbeschreibung

Dipl. – Ing. Dr. mont. Hermann Schranzhofer ist Projekt-Senior Scientist am Institut für Wärmetechnik der TU Graz (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Dipl. – Ing. Christoph Moser ist Universitäts-Projektassistent am Institut für Wärmetechnik der TU Graz

Ing. Gerald Englmair, MSc ist PhD-Student an der Technical University of Denmark, Department of Civil Engineering.

Dr. Simon Furbo ist Associate Professor an der Technical University of Denmark, Department of Civil Engineering.

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