Zeitschrift EE

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Thermische Speicher für effiziente Energiesysteme in Schienenfahrzeugen

von Hilbert Focke

Die Klimatisierung von Fahrgasträumen in Schienenfahrzeugen ist anspruchsvoll, weil hohe spezifische Anforderungen des Systems Bahn (z.B. hinsichtlich Brandschutz), eine hohe Anzahl an Betriebsstunden, ein geringes Einbauvolumen, eine geringe Masse und starke Schwankungen (z.B. durch zu- und aussteigende Fahrgäste) berücksichtigt werden müssen. Außerdem sind von den Betreibern auch geringe Betriebs- und Wartungskosten gefordert, die Klimaanlage stellt nach dem Antrieb heute bereits den zweitgrößten Verbraucher an Bord eines Zuges dar.

Abbildung 1: Luftgestützte Klimatisierungseinheit für den ICE 3.1. Quelle: Liebherr Transportation Systems GmbH & Co KG

Im Rahmen der Forschungsarbeiten mit Liebherr Transportation Systems GmbH & Co KG als Industriepartner und dem Institut für Wärmetechnik der Technischen Universität Graz , dem ViF Kompetenzzentrum - Das virtuelle Fahrzeug Forschungsgesellschaft mbH, der i2m Unternehmensentwicklung GmbH und FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH- Austria Solar Innovation als Forschungspartnern werden die Optimierung von Kaltdampf-Kompressionskälteanlagen durch die Einbindung von Speichern mit Phasenwechselmaterialien (PCM) sowie die Optimierung von Air-Cycle-Cooling Systemen mittels neuer Verfahren zur Lufttrocknung untersucht.

Optimierung von Kaltdampf- Kompressionskälteanlagen

Bei U-Bahnen fordern die Betreiber zunehmend Lösungen um die an die Umgebung abgegebene Energie zu reduzieren, bei gleichbleibendem Fahrgastkomfort soll eine ungünstige Überhitzung des Tunnelsystems vermieden werden.

Ein steigender Komfortanspruch und der Wunsch die Betriebskosten zu reduzieren erfordert auch die Verbesserung des Teillastverhaltens von konventionellen Bahn- Klimaanlagen. Technische Beschränkungen hinsichtlich Spannungsversorgung und Bordnetzstabilität verhindern bei Schienenfahrzeugen den Einsatz von Verdichter- Drehzahlregelungen. Momentan kommen daher ineffiziente, die Lebensdauer verkürzende und für den Fahrgast spürbare Teillastregelungen wie Taktbetrieb, Zylinderabschaltungen oder ein Heißgas-Bypass, zum Einsatz.

Beide Forderungen können wegen der eng definierten Temperaturgrenzen mit Latentwärmespeichern (PCM-Speichern) sowohl auf der kalten- als auch auf der warmen Seite der Kompressionskälteanlage erfüllt werden. Dazu wurden zwei Systeme entworfen. System 1 speichert auf der kalten Seite, und hat z.B. den Vorteil, dass die Antriebsenergie für den Verdichter nicht gespeichert werden muss. System 2 speichert die Abwärme der Anlage, die dann in definierten Streckenabschnitten an die Umgebung abgeführt wird. Zusätzlich ist bei System 2 ein spezieller PCM-Speicherverdampfer eingebaut, um den Teillastbetrieb zu optimieren. Die Speicher bestehen aus unterschiedlich geformten Behältern, die mit Aluminiumschaum gefüllt und mit PCM- Materialien infiltriert werden.

Optimierung eines Air-Cycle-Cooling Systems (ACS)

Die ACS Technologie hat Ihren Ursprung in der Luftfahrtindustrie und verwendet Umgebungsluft als Kältemittel. Diese Luft wird in einem offenen Unterdruckprozess über eine Turbine auf Unterdruck, bei gleichzeitiger Temperaturabsenkung, expandiert. An einem Wärmetauscher findet der Energieaustausch zwischen der zu konditionierenden Zuluft für den Wagen und der Prozessluft statt. Nach der Verdichtung auf Umgebungsdruck wird die heiße Prozessluft wieder der Umgebung zugeführt. Der Wirkungsgrad einer ACS Klimaanlage kann durch die Verwendung getrockneter Luft am Turbineneintritt angehoben werden. Dazu werden neue Verfahren zur Lufttrocknung z. B. mittels neuer Zeolithe (Molekularsiebe) entwickelt. Das am Prozessluftaustritt getrocknete Material wird zur Entfeuchtung der Prozesszuluft verwendet. An einem skalierten Prüfaufbau werden derzeit unterschiedliche Materialien auf unterschiedlichen Trägerstrukturen hinsichtlich ihrer Entfeuchtungsleistung untersucht.

Für die beiden Systeme existieren bereits abgeschlossene Dokumentationen der Randbedingungen und Systemanforderungen. Nach einer durch Messungen und Systemsimulationen begründeten Materialwahl erfolgt die Komponentenentwicklung und Adaptierung der Anlagen. Für beide Anwendungen sollen am Ende der Projektlaufzeit Demonstrationsanlagen zur Verfügung stehen, die die Basis für weitere industrielle Entwicklungen darstellen werden.

Abbildung 2: Probenkörper für Ermittlung von Werkstoffeigenschaften eines mit Phasenwechselmaterial infiltrierten Aluschaums. Quelle: i2m Unternehmensentwicklung GmbH, leider kein Bild in bessere Auflösung vorhanden

Abbildung 3: Systementwurf 1 mit Kältespeicher (links) Systementwurf 2 mit Abwärmespeicher und Speicherverdampfer. Quelle: ViF Kompetenzzentrum das virtuelle Fahrzeug Forschungs GmbH

Abbildung 4: Testaufbau am Austrian Solar Innovation Center (FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH) zur Untersuchung verschiedener Materialien hinsichtlich ihrer Entfeuchtungsleistung. Quelle: FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH

Autorenbeschreibung

DI Hilbert Focke ist an der FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH im Fachbereich Wärmesysteme  tätig (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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Statement

"Bisweilen finden Speichertechnologien in Klimaanlagen von Schienenfahrzeugen kaum Beachtung und Verwendung.

Im Tes4seT Projekt erwarten wir neue Impulse und Lösungen, wie Speichertechnologien effizient und leistungsfähig für mobile Anwendung, bei bekanntermaßen limitiertem Bauraum und Gewicht, realisiert und das thermische Management von Klimaanlagen verbessert werden kann. Damit soll ermöglicht und durch praxisnahe Labortests nachgewiesen werden den Passagierkomfort zu steigern und gleichzeitig die Leistungsaufnahme für den Betrieb der Klimaanlage zu senken.”

- Reinhard Aigner, Liebherr-Transportation System GmbH & Co KG, Korneuburg

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