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Qualitätssicherung für Erneuerbare-Wärme-Systeme durch intelligentes Betriebsmonitoring

Studien wie die Strategische Forschungsagenda der ESTTP (European Solar Thermal Technology Platform) in Bezug auf Erneuerbares Heizen und Kühlen zeigen, dass rund 50% des Endenergieverbrauchs in Europa in den Bereich der Wärmeversorgung fließen [1]. Dementsprechend ist es unumgänglich, dass erneuerbare Energieträger eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung übernehmen, um nationale wie europäische Klima- und Energieziele zu erreichen. Großes Potenzial hat hier die kombinierte Nutzung von solarthermischer Energie und Biomasse, sowie die Kombination  mit fossilen Energieträgern wie Erdöl und Erdgas. Um dieses Potenzial zu nutzen und eine wirtschaftliche und dadurch breitenwirksame Anwendung von Erneuerbare-Wärme-Technologien zu ermöglichen, spielt die Einhaltung und Erreichung hoher Qualitätsstandards im Bereich der Planung, der Ausführung und dem laufenden Anlagenbetrieb eine wichtige Rolle.

Das im Projekt Methodiqa entwickelte automatisierte Monitoring ist für unterschiedliche Wärmeversorgungsanlagen (Solarthermie, Biomasse, etc.) anwendbar. Foto: AEE  INTEC

Ausgangslage

Qualitätsinitiativen der letzten Jahre zielten hauptsächlich auf die Planung und die Inbetriebnahme von Anlagen ab und weniger auf den Betrieb der Anlagen. Die kontinuierliche Überwachung der Systeme (Betriebsmonitoring) ist jedoch die Basis für einen langfristig technisch und wirtschaftlich erfolgreichen, ökologisch sinnvollen Anlagenbetrieb. Dadurch können  das volle technische und wirtschaftliche Potenzial erneuerbarer Energieträger bei der Wärmeversorgung ausgeschöpft  und hohe Qualitätsstandards im Anlagenbetrieb sichergestellt werden. Derzeit schränken jedoch vor allem zwei Aspekte die Durchsetzung und Einhaltung von Qualitätsstandards für den Anlagenbetrieb ein:

  1. Zu hohe Kosten - Detailliertes Betriebsmonitoring wird in der Praxis aus Kostengründen kaum durchgeführt, was zu deutlichen Effizienzeinbußen führt.
  2. Komplexität der Systeme - Wärmeversorgungsanlagen, die Erneuerbare-Wärme- Technologien nutzen sind häufig auch multivalent, d.h. verschiedene Wärmeerzeugungstechnologien wie Biomasse und Solarthermie werden kombiniert. Probleme bei diesen Anlagen treten in der Regel nicht in einzelnen Komponenten auf, sondern im komplexen Zusammenspiel verschiedener Systemteile.

Genau hier setzt das Projekt METHODIQA an. In dem Projekt wurden die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für ein automatisiertes und dadurch kostengünstiges, aber qualitativ hochwertiges computergestütztes Monitoringsystem für erneuerbare Wärmeversorgungsanlagen mit Fokus auf Solarthermie und Biomasse erarbeitet. Damit besteht mittelfristig die Möglichkeit die Kosten für Betriebsmonitoring zu senken und das komplexe Zusammenspiel der Systemteile zu optimieren.

Dies soll zu einem verbesserten Image der erneuerbaren Energien beitragen, deren technische Entwicklung vorantreiben, erhöhte Investitionssicherheit bieten und damit deren Wettbewerbsfähigkeit und Bedeutung am Markt stärken.

Das Projekt Methodiqa wurde unter der Leitung von AEE INTEC gemeinsam mit den Projektpartnern S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation und Design m.b.H. und Cerebra Informationssysteme GmbH bearbeitet. S.O.L.I.D. brachte ihr Fach- und Praxiswissen aus dem Bereich der Planung, des Baus und insbesondere des Betriebes von Solarthermieanlagen ein und validierte die Methodik. Cerebra unterstützte die Entwicklung in Hinblick auf softwaretechnische Fragestellungen und konnte ein lauffähiges Funktionsmuster eines automatisierten und intelligenten Monitoringtools softwaretechnisch realisieren. Das Forschungsprojekt wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „NEUE ENERGIEN 2020“ durchgeführt.

Als Basis für die markt- und praxisorientierte Entwicklungsarbeit wurde unter Einbindung ausgewählter Zielgruppenvertreter eine umfangreiche  Analyse der Marktbedingungen und Anforderungen durchgeführt. Darauf aufbauend wurde eine umfassende konsistente Methodik entwickelt, die alle Prozesse und den gesamten Prozessablauf des automatisierten Monitoringsystems enthält. Dazu gehören

  • die Konfiguration der Wärmeversorgungsanlagen, mit einem eigens dafür konzipierten Blocksystem
  • der Import und die Aufbereitung (Plausibilisierung, Regularisierung) von Messdaten
  • die algorithmenbasierte Analyse und Diagnose der Daten
  • die Aufbereitung und Visualisierung der Analyse-Ergebnisse und
  • das Berichts- und Benachrichtigungsmanagement



Matrix des ausgehend von einer Zielgruppen- und Anforderungsanalyse entwickelten Monitoring-Konzepts von METHODIQA. Auf der linken Seite sind vertikal sechs Bereiche des Monitoring-Prozessablaufs aufgelistet, oben horizontal sind die Prozessebenen dargestellt.

Zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses und zur Validierung der Methodik wurde ein software-technisches Funktionsmuster umgesetzt. Das Funktionsmuster ist grundsätzlich lauffähig und kann alle Prozessschritte eines automatisierten Monitorings ausführen, wobei aufgrund des aktuellen Entwicklungsstandes insbesondere bei der Anlagenerfassung und -konfiguration sowie beim Ablauf der Analyse-Algorithmen und der Darstellung der Ergebnisse in Form von Plots noch manuelle Eingriffe erforderlich sind. Weiters ist die Anzahl an Algorithmen begrenzt, da der Fokus des Projekts METHODIQA in erster Linie auf der Entwicklung der Methodik für das automatisierte Monitoring-System lag – dieses System bildet dann die Grundlage für die Entwicklung weiterer Analyse-Algorithmen. Dennoch wurden im Projekt METHODIQA einige wichtige und wirkungsvolle Algorithmen entwickelt.

Wesentliche Vorteile des METHODIQA-Systems sind

  • die Automatisierung eines zeit- und ressourcenaufwendigen Prozesses (Aufbereitung sowie Aus- und Bewertung von Messdaten)
  • die Flexibilität des Systems hinsichtlich verfügbarer Anlagen-Messtechnik, Datenformaten und Anlagen-Hydrauliken (Blocksystem)
  • die Reproduzierbarkeit der Auswertungen und Analyse-Ergebnisse mit guter Vergleichbarkeit zwischen mehreren Anlagen auf Basis zentral entwickelter und gewarteter Algorithmen
  • die automatisierte und hochqualitative grafische Darstellung der Ergebnisse

Im Zuge der Validierung wurden die erarbeiteten wissenschaftlichen und technischen Grundlagen auf reale Anlagen und deren Betriebsdaten angewendet und es konnte gezeigt werden, dass mit der entwickelten Methodik ein tragfähiges Grundgerüst für die Realisierung eines wissenschaftlich fundierten, robusten und kostengünstigen Anlagenmonitorings zur Verfügung steht, das herstellerunabhängig anwendbar ist („proof of concept“). Durch den modularen und intelligenten Aufbau der Methodik ist diese flexibel erweiterbar, sodass zukünftig nicht nur Solarthermie- und Biomasseanlagen sondern auch andere Anlagenkombinationen und Technologien (z.B. Wärmepumpen) oder auch anderen Themengebieten (Stromerzeugung und Versorgung, Haustechnik, Gebäudemonitoring, etc.) automatisiert analysiert und ausgewertet werden könnten.

Mögliche nächste Schritte in Hinblick auf die Weiterentwicklung des Systems und einer zukünftigen kommerziellen Nutzung sind der systematische Einsatz der Methodik in wissenschaftlichen Anlagen-auswertungen wie beispielsweise im Rahmen einer Begleitforschung für Wärmeerzeugungsanlagen und die technische und wirtschaftliche Auswertung von Anlagen und Komponenten. Ergänzend dazu sind weitere wissenschaftliche Grundlagenarbeiten zur Erweiterung der Methodik auf hybride Systeme und neue Anwendungsgebiete erforderlich, wie etwa die Erfassung weiterer Anlagenkomponenten, die signifikante Erweiterung der technisch-wissenschaftlichen Berechnungsgrundlagen in Form von Auswertealgorithmen oder die automatisierte und umfassende Evaluierung der Datenqualität und deren Implementierung in die Berechnungslogik.

Der Endbericht zum Projekt wird in Kürze auf der Seite des Klima- und Energiefonds veröffentlicht.

Logo klima energie fonds

Weiterführende Informationen

  1. Strategic Research Priorities for Solar Thermal Technology, European Solar Thermal Technology Panel (ESTTP) of the European Technology Platform on Renewable Heating and Cooling (RHC-Platform), Brussels 2012, http://www.rhc-platform.org/fileadmin/Publications/Solar_thermal_SRP.pdf

Autoren

Dipl.-Ing. Harald Schrammel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Netzgebundene Energieversorgung und Systemanalysen bei AEE  INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Daniel Tschopp ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE  INTEC

Dipl.-Ing. Philip Ohnewein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE  INTEC und Leiter des Projekts Methodiqa

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