Zeitschrift EE

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2009-01

Projektinformationen und Service

Energy Globe Steiermark in der Kategorie Wasser für ein Gebäudesanierungsprojekt

Der 1874 erbaute ehemalige Gutshof Pöllau 18 war seit Jahren dem Verfall preisgegeben. Von einem privaten Bauherrn erworben, wurde er mit viel Liebe zum Detail umfassend saniert und zu einer Wohnanlage ausgebaut. So unterschiedliche Bereiche wie Material, Energie, Wasser und sozialer Lebensraum wurden berücksichtigt. Oberstes Ziel war dabei immer, das Gebäude auf möglichst nachhaltige Weise zu sanieren, um damit auch den Nutzern beste Wohnqualität zu bieten. Energie- und Wasserkonzept wurden von der AEE INTEC entwickelt.


Das zukunftsweisende Wasserkonzept, mit Regenwassersammlung, Reinigung und Wiederverwendung von Grauwasser (Abwasser aus dem Bad ohne Toilette) und einer Pflanzenkläranlage für den Toilettenablauf wurde mit dem „Energy Globe Styria Award“ 2008 in der Kategorie Wasser ausgezeichnet.
Zeitgleich gewinnt Mag. Manfred Feistritzer am 13. Oktober 2008 den Innovationspreis des Steirischen Vulkanlandes in der Kategorie Lebenskraft.

Abbildung 2: Von Links: LR Manfred Wegscheider, Joseph Schröttner und Christian Platzer (AEE INTEC), Manfred Feistritzer (Bauherr), Barbara und Martin Regelsberger (AEE INTEC), LR Johann Seitinger

Weitere Informationen
www.vulkanland.at, www.spuren.at/lebenstraeume
www.aee-intec.at
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2009-01

Projektinformationen und Service

Fotovoltaik- und thermische Solaranlage am Dach der Siedlung

60 % der „Haus-Energie“ werden auf Basis erneuerbarer Energie direkt vor Ort im Wohngebäude erzeugt! Die dafür notwendigen Anlagen wurden direkt im neu errichteten Siedlungshaus in Gleisdorf installiert und so steht im Keller des Gebäudes ein Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk mit einem Pflanzenölmotor, der mit einer Wärmeleistung von 16.000 Watt für die Beheizung der Wohnungen sorgt.

"Mit der Sonne wohnen"
Neuer Energieweg im Siedlungsbau in Gleisdorf

Das Warmwasser kommt von einer 50 m² Sonnenkollektoranlage und wird in einem 6.000 Liter Pufferspeicher gespeichert. Die Solaranlage ist wie die 4.410 WPeak große Photovoltaikanlage am Dach des Hauses montiert. Der Strom für das Haus kommt vom 8.000 Watt Stromgenerator des Pflanzenöl Blockheizkraftwerkes und von der Photovoltaikanlage. Mit diesen Anlagen werden ca. 60 % des Gesamtenergiebedarfes an Strom, Wärme und Warmwasser mit erneuerbarer Energie direkt vor Ort abgedeckt.
Das Siedlungshaus mit ca. 1.400 m² Wohnfläche hat derzeit 15 Wohneinheiten, im zweiten Bauabschnitt kommen sechs weitere hinzu. Es ist sowohl ein Objekt des Gleisdorfer Klimaschutzprogrammes als auch ein klima:aktiv Haus und entspricht einem Niedrigenergiehaus.
Alle oben beschriebenen Maßnahmen wurden aus Mitteln der Europäischen Kommission im Rahmen des Projektes „energy in minds!“ finanziell unterstützt.

Das energieoptimierte Bauwerk haben die „klima:aktiv“ Partner Siedlungsgenossenschaft „Ennstal“, Stadtwerke Gleisdorf und Feistritzwerke-STEWEAG errichtet, wobei die Siedlungsgenossenschaft „Ennstal“ für den Bau zuständig war, Stadtwerke Gleisdorf und Feistritzwerke-STEWEAG haben auf Contractingbasis die Anlagen für die Wärme, Warmwasser und Stromversorgung montiert und betreiben auch diese.

Kontakt:
Feistritzwerke-STEWEAG-GmbH, 8200 Gleisdorf, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.feistritzwerke.at

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2009-01

Wassermanagement

Während die CO2-Problematik in aller Munde ist, ist es nötig, auch dem Element N ('Nitrogen' = Stickstoff) mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Denn es ist noch kaum ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen, dass auch der Umgang mit dem vom Menschen industriell produzierten und ausgebrachten Stickstoff tiefgreifend gewendet werden muss. Auch hier bewegen wir uns auf eine Krise zu, die für viele Regionen bereits Realität ist. Dieser Artikel möchte Material zur kritischen Reflexion unseres Umgangs mit Stickstoff anbieten.

Stickstoff im Exzess

Von Johann Sievenking*

Der N-Nr-Kreislauf

Aus dem praktisch unbegrenzten natürlichen Reservoir an Stickstoff in der Atmosphäre ist ein vergleichsweise unbedeutender Teil in den Prozess involviert, den wir Stickstoffkreislauf nennen. Dieser kleine Teil ist von essentieller Bedeutung für das Leben, ist untrennbar mit dem Stoffwechsel der lebendigen Materie verwoben. Indem Stickstoff wesentlicher Bestandteil der Proteine (bzw. Enzyme) ist, durch die jeder einzelne Stoffwechselschritt in der Zelle vermittelt wird, ist kein Lebensprozess ohne Beteiligung von Stickstoff möglich.
Und doch ist der Stickstoff der Luft, den ja auch wir zu 4/5 unserer Atemluft ein- und gänzlich unverändert wieder ausatmen, für das Leben nicht brauchbar. Das Wort 'Stickstoff' (frz. 'azote'=unlebendig) weist auf diese Eigenschaft hin, durch die das N-Element zuerst in Erscheinung trat.
Im elementaren Stickstoff der Luft sind zwei N-Atome mit einer 3-fach-Bindung zu N2 verbunden, das ist eine äußerst reaktionsträge edelgasähnliche Substanz, die nur mit hoher Aktivierungsenergie aufzubrechen ist. Dabei verändert das N-Atom radikal seinen Charakter, wird zu einem extrovertierten verbindungsfreudigen Stoff mit besonderer Affinität zu Kohlenstoff, damit besonders lebenstauglich. Nur in dieser chemisch aktivierten Form – die das Leben selbst durch bestimmte Mikroorganismen herstellt – tritt das N-Element (der Name Stickstoff passt jetzt nicht mehr) in den Prozess der lebendigen Materie ein. Eingearbeitet in die organische Substanz kann es lange Zeit in dieser aktivierten Form existieren, bis es – ebenfalls durch Mikroorganismen – wieder in elementaren Stickstoff (N2) zurückverwandelt wird. Der N-Kreislauf beinhaltet nur den Weg dieses sog. reaktiven N, der im folgenden Text in Unterscheidung zum elementaren N2 der Luft Nr genannt wird. Der Begriff des reaktiven Stickstoff umfasst eine Fülle von z.T. sehr gegensätzlichen N-Verbindungen. Auch die bei Verbrennung von fossilen Brennstoffen entstehenden Stickoxide sind Nr-Formen.
Wenn man bedenkt, dass die ganze lebende Materie davon abhängig ist, muss man sich wundern, dass nur eine verschwindend kleine Zahl einzelliger Lebewesen (ca.100 Bakterienarten) imstande ist, einen verschwindend kleinen Teil elementaren Distickstoffs N2 aus der Atmosphäre in reaktiven N zu verwandeln (ein noch kleinerer Teil reaktiven Stickstoffs entsteht durch atmosphärische Entladung bei Gewitter). Auch die autotrophen Pflanzen können sich mit Nr nicht selbst versorgen. Bedeutsame Ausnahme ist die Familie der Leguminosen (Hülsenfrüchte); sie können es mithilfe von Wurzelsymbionten.

Abbildung 1: Alle Formen, die nicht N2 (Oxidationsstufe 0) sind, werden als reaktiv (N<sub>r</sub>) bezeichnet.
Im natürlichen System kreist N<sub>r</sub> in reduzierter Form (Ammoniak, Nhx) zwischen Auf- und Abbau der organischen Substanz (N-Mineralisation). Ein Teil, der durch anthropogene Nr-Zufuhr stark zunimmt, wird in Nitrat verwandelt (Nitrifikation). Nitrat wird über die Nitritstufe entweder wieder zu NH3 reduziert (z.B.in Pflanzen) oder in die nicht-reaktive Ausgangsform N2 (Denitrifikation). Alle Umwandlungen bis auf die mit gestrichelter Linie geschehen durch Mikroorganismen.
Die z.T. gasförmig entweichenden Zwischenstufen sind durch Pfeile gekennzeichnet.
Nicht dargestellt sind die durch Verbrennungsprozesse freigesetzten Stickoxide.

In Abbildung 1 wird diese Aussage vielleicht auch ohne chemische Vorbildung anschaulich. Der Pfeil zwischen N2 und NH3 entspricht dem gerade genannten Prozess und wird biologische N-Fixierung genannt (im Folgenden kurz BNF).
Ammoniak, im wässrigen Milieu meist in ionisierter Form als Ammonium (NH4) vorliegend, ist der Nr-Nährstoff schlechthin, die sozusagen aufgeladene Form, aus der N sich mit Kohlenstoff verbinden und damit direkt in die Aminosäure- bzw. Proteinsynthese eingehen kann.
Nitrat (NO3¯,s. Abbildung 1), der oxidative Gegenpol zu Ammoniak, ist, v.a. bei Mineraldüngung, gleichfalls Nr-Quelle für Pflanzen, muss aber in der Pflanzenzelle unter Energieaufwand zu Ammoniak reduziert werden. In natürlichen Systemen ist Nitrat nur eine Entsorgungsform für punktuelle Überflusssituationen (verwesende Tiere oder Anhäufungen von Exkrementen), indem es sich infolge seiner Wasserlöslichkeit schnell verteilt.
Die meisten natürlichen Ökosysteme haben sich – und das über Zeiträume von Millionen Jahren – nachhaltig stabilisiert unter der Bedingung einer begrenzten Zufuhr von Nr. Diese Systeme haben 'gelernt', Nr-Verluste fast gänzlich zu vermeiden. Beim Abbau organischer Substanz freigesetzter und durch natürliche BNF neu kreierter Nr wird teils sofort wieder eingebaut, teils in dauerhafte Speicherformen festgelegt. Gras- oder Waldökosysteme der gemäßigten Zonen können im Boden erstaunliche Mengen an gebundenem Nr aufweisen, trotzdem ist nur eine knappe Menge an pflanzenverfügbaren Nr im Umlauf. Diese sogenannten N-limitierten Systeme, zu denen auch die meisten aquatischen Ökosysteme zählen, soweit sie ungestört, sind fähig, bis zu einem gewissen Grad Nr-Überschüsse von außen zu binden.
Der natürliche Nr-Haushalt ist also ein feindosiertes Geschehen, der Hauptstrom des mobilen Nr wird in Kreisläufen innerhalb der Systeme gehalten; gleichwohl können sich dabei Systeme hoher Komplexität mit hoher Artenvielfalt aufbauen. Aufgrund seiner Knappheit ist reaktiver Stickstoff, bildlich gesprochen, von hohem Wert; das äußert sich in qualitativer Entfaltung: Reichtum an Arten, Lebensweisen, Interaktionen. Ist die N-Limitation aufgehoben, verarmt das System qualitativ.
Dieser natürliche N-Haushalt ist heute in zunehmendem Maße von anthropogenen Nr-Einträgen überdeckt: Flächendeckende Anreicherung mit Nr durch Luft, Regen und Sickerwasser führt zu einer Sättigung vieler natürlicher Systeme, die dadurch ihre Pufferfähigkeit verlieren. Nr kann nicht mehr gehalten werden, fließt gleich einer Kaskade (s.u.) durch die übersättigten Systeme.
Da diese Situation sich global durchsetzt, entstehen unkontrollierbare Akkumulationen besonders in aquatischen Systemen im unteren Bereich der Kaskade (s.u.): Flussmündungen, Küsten und Binnenmeeren. Die Zahl dieser Zonen, in denen infolge von Nährstoffübersättigung schließlich alles Leben er'stickt', nimmt gegenwärtig weltweit in alarmierendem Maße zu.
Was ist Ursache und Motor dieser Entwicklung?

Anthropogene Nr-Schöpfung

1888/89 wurden die mikrobiellen Akteure des Nr-Kreislaufs entdeckt, womit auch die Bedeutung der reaktiven Form des Stickstoff vollends hervortrat. Nr war zu der Zeit nur in der Form von Nitrat (s. Abbildung 1) aus biogenen Lagerstätten in Südamerika zugänglich. Im Vorfeld des 1. Weltkriegs wurde der Zugang zu Nr nicht zuletzt als Ausgangssubstanz für Sprengstoffe/Munition strategisch bedeutsam.
Keine 20 Jahre nach Entdeckung der N-fixierenden Bakterien hatten die Chemiker ein Verfahren erfunden, Ammoniak zu synthetisieren. Das Haber/Bosch-Verfahren ist verglichen mit dem nanotechnischen Kunststück der mikrobiellen N-Fixierung, das bis heute nicht ganz verstanden ist, grobtechnisch-gewaltsam: Es benötigt Druck von mehreren 100 bar und Temperaturen um 500°C, sowie nach wie vor große Mengen fossiler Brennstoffe als Energie- und H-Spender.
Die Möglichkeit, durch Hinzufügen synthetischer Konzentrate die N-Limitation in der Landwirtschaft zu durchbrechen und berechenbare Maximalerträge zu erzielen, erwies sich als unwiderstehlich. Indem die biologische Produktivkraft des Bodens an Bedeutung verlor, wurde die Bodenpflege vernachlässigt, und damit die Abhängigkeit von Mineraldüngung in steigender Quantität gefestigt. Zusammen mit der Einführung von Hochertragssorten, die speziell auf hohe Nr-Aufnahme hin gezüchtet werden, dehnte sich die Abhängigkeit in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweit aus und eröffnete riesige Märkte für die Düngerindustrie. Über 75% der Ammoniakproduktion wird in Mineraldünger umgesetzt (s. Abbildung 2).
Die Stickstoffdynamik, nicht nur im Boden, wird durch Mineraldüngung tiefgreifend gewandelt:

  1. Ausgebracht in Form von Mineralsalz bewegt sich Nr nicht mehr vermittelt durch das Innenleben des Bodens, sondern allein infolge seiner hohen Beweglichkeit in Wasser zur Pflanzenwurzel hin. Je höher die Konzentration in der Bodenlösung, desto mehr gelangt an die Pflanzenwurzel, desto höher der Ertrag (bei geeigneten Pflanzen).
  2. Diese Logik der Anwendung, deren Optimum im Überfluss liegt, führt notwendig zu Nitratanreicherung. Nitrat, auch oft als Dünger ausgebracht, wird durch (Boden)Bakterien gebildet (Nitrifizierung, s. Abbildung 1), die sich bei Ammoniaküberschuss stark vermehren. Nitrat ist wasserlöslicher als Ammoniak und kann im Boden nicht gehalten werden, wodurch sich der Überschuss schnell verteilt. Die Überflusssituation ist bei üblicher Düngeranwendung ganzflächig gegeben.
  3. Nr wird als Nitrat in hohem Maße ausgewaschen (Ammoniaküberschüsse entweichen auch in die Atmosphäre.)
  4. Unmittelbar mit Nr befasste Bodenorganismen vermehren sich beschleunigt, während das langsame Bodenleben verdrängt wird, d.h. organische Substanz bzw. Humus bilden sich zurück.
  5. Der Prozess, der gemeinhin als Abschluss des Stickstoffkreislaufs angesehen wird, die Rückverwandlung von Nr als Nitrat (über Nitrit) in N2 (Denitrifizierung) nimmt quantitativ stark zu. Die meisten mikrobiellen Umwandlungen, die mit Nitrifizierung und Denitrifizierung befasst sind (s. Abbildung 1), setzen klimarelevante gasförmige Intermediate wie Stickoxide (NO) und v.a. Lachgas frei.

Lachgas (N2O) erwärmt das Klima 296mal mehr als die gleiche Menge CO2. Die Konzentration ist global jetzt um 18% höher als präindustriell, nimmt seit 1980 um 0,3% jährlich zu. Es macht schon 5% der Treibhausgase der Atmosphäre aus. Nitratüberschuss in der Landwirtschaft ist die Hauptquelle für N2O mit 70% der globalen Emission. Ausgehend von 3-5% N2O-Verlust bei Nr-Düngung ist der Beitrag der Landwirtschaft zur Treibhaussituation 4,3-5,8 Millionen t N2O im Jahr, das entspricht 8-11% der Treibhauserwärmung durch CO2 aus fossilen Brennstoffen (Crutzen 2008). Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass Biotreibstoffe aus Mais und Raps – infolge ihrer düngerintensiven Produktion – zur Klimaerwärmung beitragen. Der hohe Verbrauch an fossilen Brennstoffen bei der Produktion von Mineraldünger, auch die CO2-Freisetzung durch Humusabbau sind dabei nicht einmal berücksichtigt.

Globale Veränderung der Nr-Ströme seit 1860

Die mit Beginn des agrikuturellen Pflanzenbaus stetig abnehmende natürliche terrestrische BNF (Biologische N-Fixierung) steht in Relation zur stetig vergrößerten Anbaufläche. Durch Einführung von Leguminosen seit Beginn des Ackerbaus wird dieser Nr-Verlust mehr als kompensiert (cBNF).

Abbildung 2: Historische Veränderung der Freisetzung von reaktivem Stickstoff Nr(in Mio t pro Jahr). Die Gesamtmenge an anthropogen freigesetztem Nr addiert sich aus der Ammoniakproduktion nach Haber-Bosch (Dünger- und chemische Industrie) plus c-BNF (d.h. durch Kultivation N-fixierender Hülsenfrüchte wie Soja) plus durch Verbrennungsprozesse freigesetzte Stickoxide (NOx).
Ab etwa 1975 übertrifft die anthropogene Kreation von Nr in stark steigendem Maße die natürliche terrestrische Stickstoffbindung (n-BNF).Basierend auf Daten von Galloway und Smil, s.Lit.

Abgesehen davon, dass der Rückgang der nBNF beunruhigend ist – bis 2050 insgesamt um etwa 1/5 vor allem durch Vernichtung von tropischen Waldgebieten – springt die exorbitante Steigerung der synthetischen Nr-Produktion v.a. in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Auge.
Die Freisetzung von Nr durch Verbrennung fossiler Brennstoffe (NOx) nahm zu: von 1 Mio t N/im Jahr 1860 auf annähernd 25 Mio t N/im Jahr 2000.
Nr-Synthese durch das Haber-Bosch-Verfahren ging von 0 vor 1910 (über ca.25 Mio t 1960) auf über 100 Mio t N im Jahr 2000, davon etwa 85% für Düngerproduktion. Während der letzten Dekaden war die vom Menschen kreierte Nr-Menge größer als die Produktion aller terrestrischen Systeme zusammen.
Für 2050 wird ein Düngerverbrauch von ca. 135 Mio t N bzw. eine Ammoniakproduktion von 165 Mio t N/Jahr angenommen. Zuzüglich der geschätzten Werte für cBNF und durch Verbrennungsprozesse freigesetzte NOx ergibt das eine Gesamtmenge von fast 270 Mio t N/Jahr an durch menschliche Zivilisation ins globale System eingebrachten reaktiven Stickstoff, das wäre das 2,8-fache des für 2050 angenommenen Werts der nBNF (98 Mio t N/Jahr).

Die N-Kaskade

Diese bedeutenden Veränderungen im globalen Nr-Haushalt bringen einige beunruhigende Konsequenzen mit sich [Galloway2003]:

  1. Nr wird räumlich weit verteilt durch hydrologisch und atmosphärische Transportprozesse
  2. Nr akkumuliert in Ökosystemen, weil die Neuschaffung die Rate der Denitrifikation übersteigt
  3. Neuschaffung und Akkumulation von Nr werden in Zukunft weiter anwachsen, da Bevölkerung und Prokopfverbrauch weiter zunehmen
  4. NrAkkumulation trägt zu vielen gegenwärtigen Umweltproblemen bei, beispielsweise:
    • Zunahme von Nr führt zu Bildung von Ozon und Ärosolen, die ernste Atemwegserkrankungen, Krebs und Herzbeschwerden bei Menschen verursachen können.
    • Produktivität von Wald und Grasland nimmt erst zu und dann ab, wo atmosphärische Nr-Deposition eine kritische Grenze überschreitet (critical loads); Nr-Zufuhr mindert die Biodiversität in vielen natürlichen Habitaten.
    • Nr ist Ursache (zusammen mit S) für Versauerung und Verlust von Biodiversität in Seen und Flüssen.
    • Nr ist Ursache für Eutrophierung, Hypoxia(s.u.), Diversitätsverlust und Habitatminderung in Küstenökosystemen.
    • Nr trägt zur globalen Klimaveränderung bei sowie zur Zerstörung der Ozonschicht in der Stratosphäre, beides mit Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Ökosystemen.

Der N-Kreislauf ist sozusagen aus den Fugen geraten, und es ist sinnvoller, die wechselvolle Geschichte der NrN-Akkumulationen und -Ströme im Modell der Kaskade darzustellen .

Abbildung 3: Die N-Kaskade
Nr kann aufgrund seiner Reaktivität zwischen Atmosphäre, aquatischen und terrestrischen Systemen wechseln bzw. in diesen Sphären kreisen und dabei eine Serie von Umweltbeeinträchtigungen bewirken. Die Kaskade wird nur unterbrochen, wenn Nr langfristig gespeichert wird (z.B.in Humus) oder durch Denitrifikation in nonreaktiven Luftstickstoff (Nn zurückverwandelt wird. Dabei entsteht allerdings das hochwirksame Treibhausgas N2O (Lachgas).

Je nach chemischer Form tritt das N-Atom an verschiedenen Stellen in die Kaskade ein und kann dann schnell in andere Nr-Formen umgewandelt werden, es kann auch in einem Teilsystem kreisen oder auch über lange Zeit fest gebunden bleiben. D.h., sobald es sich in der Kaskade bewegt, ist nicht mehr zu unterscheiden, aus welchem Prozess es stammt und es kann auf seiner Reise mehrfach an schädlichen Umwelteffekten beteiligt sein. Die verschiedenen Ökosphären bieten jeweils spezifische Bewegungsmöglichkeiten für Nr mit entsprechenden ökologischen Effekten, zwischen Akkumulation, Zyklus, Transfer bis zum Verlust durch Denitrifikation. Die besonders kritischen Schauplätze bzw. Übergänge der N-Kaskade sollen näher betrachtet werden.
In der Atmosphäre ist die Verweildauer der meisten Nr-Arten kurz, aber mit signifikanten Auswirkungen. Innerhalb von Stunden oder Tagen landet NOx bzw. NHx mehr oder weniger weit verfrachtet durch nassen oder trockenen Niederschlag wieder auf der Erdoberfläche. Der jährliche Nr-Niederschlag beträgt in Zentraleuropa durchschnittlich 17 kg/ha und führt in z.T. erheblichem Ausmaß zu Versauerung und Eutrophierung von terrestrischen Ökosystemen, damit zu einer Verminderung der Artenvielfalt.
Für Wälder in Österreich wird als Critical Load 10 kg/ha/Jahr angegeben [Ackermann 2003]. D.h. bei erhöhter Nitrat/Ammonium-Deposition zwischen 10 und 15 kg/ha/Jahr treten erhöhte N-Mineralisation, Nitrifikation, Bodenwasseraustrag von Nitrat und Veränderung der Bodenvegetation ein. Es treten Nährstoffungleichgewichte in Bäumen auf, die Waldschäden hervorrufen, höhere Empfindlichkeit gegen Frost und Pilzbefall. Die Critical Load ist bei der Mehrzahl der untersuchten Flächen (in Österreich) überschritten. Fast die gesamte (97%) österreichische Waldfläche ist eutrophiegefährdet.
Die aquatischen Systeme nehmen die aus den gesättigten terrestrischen Systemen überfließende Nährstofffracht auf und transportieren sie weiter in der Kaskade, letztlich Richtung Meer. Hier setzt (besonders in den O-armen Sedimentschichten der Gewässer) die natürliche Aufräumbewegung der mikrobiellen Denitrifikation ein. Im Netzwerk der Feuchtgebiete und Flüsse bis zu den Mündungen der großen Ströme können 30-70% vom gesamten externen Nr-Input in N2 zurückverwandelt werden. Durch die Zerstörung dafür bedeutsamer Uferfeuchtgebiete und Begradigung vieler kleiner Flussläufe setzt die Überfrachtung durch Nr-Zuflüsse aus der Landwirtschaft der Reinigungskraft der Fliessgewässer Grenzen; die Fähigkeit der Flüsse, Nitrat zu eliminieren nimmt ab.
Obwohl letztlich nahezu die Gesamtmenge des über die Flüsse ins Meer gelangenden Nr im Küsten- und Schelfbereich denitrifiziert wird [Galloway2004], nimmt die Belastung der Küsten- und Mündungssysteme und besonders der großen Binnenmeere in alarmierender Weise zu.
Der N-Gehalt im Meer hat von 1860 bis 1990 um 80% zugenommen (bis 2050 ist mit einem weiteren Zuwachs von 65% zu rechnen - Millenium Ecosystem Assessment 2005). Es bilden sich durch Nährstoffanreicherung lebensfeindliche hypoxische Zonen (O2<2-3 mg/l), sog. Dead Zones, die Ausmaße von über 20.000 km² erreichen können, z.B.im Golf von Mexiko [Rabalais 2002]. Mittlerweile werden 405 Dead Zones identifiziert, gegenüber 49 in den 60er Jahren und 150 im Unep Yearbook 2004. Die größte ist die Ostsee, deren Wasser am Meeresboden jetzt ganzjährig hypoxisch ist [Bello 2008].
Indem die meiste Denitrifikation im Flussmündungs- und Schelfbereich passiert, sind diese auch Hot Spots der Lachgasemission. Annähernd 30% der anthropogenen N2O-Emissionen entstehen in diesem Bereich.
Durch Umstellung auf humusakkumulierende Methoden könnten jährlich bis zu 3 Milliarden t Kohlenstoff in terrestrischen Ökosystemen gebunden werden (C-Sequestration;R.Lal,1999), bei einem C/N-Verhältnis von 25 entspräche das einer Nr-Fixierung im Ausmaß von 120 Mio t N/Jahr. Das entspricht etwa den jährlichen systembedingten N-Verlusten des globalen Agroökosystems.
Gegenwärtig sind die Agroökosysteme unzweifelhaft die Hauptquellen der weltweiten Stickstoffüberfrachtung; die globalisierte industrielle Intensivlandwirtschaft ist die treibende Kraft hinter dem Wandel des N-Kreislaufs. Es ist ein Produktionssystem mit sehr hohem Input eines aufwändig produzierten und teuren Rohstoffs, der dem System letztlich zur Gänze wieder verloren geht und dabei unkontrolliert die anderen bzw. natürlichen Ökosysteme mit reaktivem Nährstoff überschwemmt.
Würde dieser stoffliche Verlust als Kostenstelle aufscheinen, die ökologischen Kosten sind wahrhaft immens, käme das System sofort zum Erliegen.
Von den 170 Mio t Nr, die jährlich in die Pflanzenproduktionssysteme einfließen, gelangen nur 21 Mio t in den Bereich des menschlichen Konsums. Etwa 50 Mio t fließen in den nächsten Anbauzyklus wieder ein. 71% gehen auf prinzipiell diffuse Weise verloren aufgrund der flächigen Anreicherung bzw. der Ausbreitungs- und Verteilungstendenz durch Luft und Wasser der N-Dünger. Dies kann nur durch grundlegende Umorientierung der landwirtschaftlichen Praxis auf humusanreichernde Methoden verändert werden.

Abbildung 4: Das Agro-Ökosystem

Rückführung nährstoffreicher Ausscheidungen

Wesentlich ist dabei, dass der Stickstoff, der den tierischen und menschlichen Stoffwechsel verlässt, großteils eine punktförmige Quelle darstellt, d.h. grundsätzlich technisch erfassbar bzw. leicht sammelbar ist. Jede Verdünnung mit Wasser bedeutet in dieser Hinsicht Energieverlust und eine grobe Vergeudung der Ressource Wasser.
Global entstehen pro Jahr ~75 Mio t N aus tierischen und ~23 Mio t N aus menschlichen Exkrementen [Smil 2002]. Das sind ungefähr 80% des für Nahrungsproduktion künstlich hergestellten Nr, ein Teil davon wird wiederverwendet, ein Teil ist schwer zu sammeln.
Menschliche N-haltigen Ausscheidungen sind im Prinzip sammelbar. Als Alternative zum zentralistischen Abwassersystem sind dezentrale Recyclingsysteme denkbar, sinnvoll und schon vielfach bewährt.
Insgesamt könnten von heute rund 100 Mio t N aus tierischen und menschlichen Ausscheidungen etwa 20 Mio t N leicht gesammelt und wiederverwendet werden [Galloway 2003]. Dieser Anteil könnte erheblich vergrößert werden, wenn die Praxis der Verdünnung mit Wasser nicht an erster Stelle der Behandlung stünde. In dem hohen Verdünnungsgrad der zusammengeleiteten kommunalen Abwässer liegt die Hauptschwierigkeit der ökonomischen Rückgewinnung von Nährstoffen:
80% der Stickstoff-Zulauffracht von Kläranlagen sind in weniger als 1% des gesamten Abwasservolumens enthalten, nämlich im Anteil der menschlichen Exkremente, v.a. im Urin [Herrmann und Hesse, 2002].
Die Eliminierung des Stickstoffs aus Abwasser durch Denitrifikation, also die bakterielle Rückverwandlung in non-reaktiven Luftstickstoff, ist das Endziel der Klärung des Abwassers. Abgesehen davon, dass das in diesem Zusammenhang verwendete Wort 'Abwasser' bereits die Entwertung der stickstoffreichen Ausscheidungen des menschlichen Stoffwechsels und die Unbrauchbarmachung großer Mengen Wasser beinhaltet, ist der Wirkungsgrad der Elimination, nach dem die Effizienz moderner Kläranlagen beurteilt wird, aus Sicht nachhaltiger Bewirtschaftung von Ressourcen besser als Wirkungsgrad der Nährstoffvernichtung zu bezeichnen.
Jede im Kreislauf des jeweiligen Systems rückgeführte Tonne Stickstoff erspart die Zufuhr bzw. Neuproduktion und bedeutet Entlastung des Gesamtsystems nicht zuletzt in klimatischer Hinsicht. Die Schließung der N-Kreisläufe auf lokaler Ebene bzw innerhalb des jeweiligen Systems ist die Strategie, die uns die natürlichen Systeme zeigen. Wie auch in der Krise des ökonomischen Systems ist eine neue Bereitschaft zur Hinwendung nötig zu den realen Bedingungen unseres Stoffwechsels: Sowohl zu den stofflichen Quellen unserer Existenz als auch zu den Ausscheidungen, die wir scheinbar hinter uns lassen, meist mit Wasser wegschwemmen. Dieser unser Umgang mit dem Wasser setzt nicht nur ein falsches Beispiel für andere Länder, die zunehmend an (Trink-)Wassermangel leiden: Hinter uns trägt das Abwasser zur Nährstoffübersättigung und zu den wachsenden 'erstickten' Zonen bei; die N-Elimination, soweit sie angewandt wird, setzt Treibhausgase frei; als Nährstoffvernichtung müssten ihr Kosten und ökologische, auch klimarelevante Folgeschäden der entsprechenden Düngerproduktion angerechnet werden.
Sowohl die Transformation der Landwirtschaft als auch die des Umgangs mit unseren Ausscheidungen bedeuten tiefgreifende Veränderungen mit sozialen Implikationen, die über technische Lösungen weit hinausgehen.

Weitere Informationen
Der Artikel ist eine Zusammenfassung einer ausführlicheren, für die AEE INTEC erstellten Zusammenfassung zur Stickstoffproblematik (Sieveking, J., Regelsberger B., Regelsberger M., Stickstoff im Exzess, AEE INTEC, Gleisdorf 2008). Bei Interesse kontaktieren Sie bitte das Büro der AEE INTEC in Gleisdorf (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Literatur

  • [1] Achermann B., Bobbink R. 2003. Empirical Critical Loads for Nitrogen. Environmental Documentation 164, Swiss Agency for the Environment, Forests aqnd Landscape
  • [2] Crutzen P.J.et al.2008. N2O release from agro-biofuel production negates global warming reduktion by replacin fossil fuels. Atmos.Chem.
    Phys.,8,389-395
  • [3] Galloway J.N.et al.2003. The nitrogen cascade.
    BioScience,53:341-356
  • [4] Galloway J.N.et al.2004. Nitrogen cycles: Past present and future.
    Biogeochemistry, 70: 153-226
  • [5] GaN2E:Global Nitrogen Enrichment research programme: http://gane.ceh.ac.uk
  • [6] Herrmann Th.und Hesse Th. 2002. Vakuumtoiletten im Wohnungsbau.
    Wasser Abwasser 143(2002)Nr.4,296-313
  • [7] Lal R.2001. Keynote: Soil conservation for C Sequestration. In:Stott,Mohtar and Steinhardt (eds). Sustaining the Global Farm.pages459-465
  • [8] Millenium Ecosystem Assessment 2005.Island Press
    (www.milleniumassessment.org/en/condition.aspx)
  • [9] Rabalais N.2002.Nitrogen in aquatic ecosystems.Ambio 31:102-112
    Smil 2001. Enriching the Earth: Haber/Bosch and the transformation of the world food production. MIT Press, cambridge, Mass.

*) Dipl. Biol. Johann Sieveking ist Bodenkundler, arbeitete im regionalen Naturschutz im Südburgenland. [^]

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2009-01

Projektinformationen und Service

Abbildung 1: Erste kommerzielle Anlage auf dem Dach der Universität Sevilla

Konzentrierende Solarkollektorsysteme
Vermarktung von Fresnel-Kollektoren

Das PSE Tochterunternehmen Mirroxx GmbH startet die weltweite Vermarktung von konzentrierenden Solarkollektorsystemen. Vertriebskooperationen und Demonstrationsanlagen ebnen Weg für die Kommerzialisierung der erprobten Technologie. Dies stellen einen gigantischen Zukunftsmarkt für solare Prozesswärmeerzeugung in der Industrie dar.





Mit der Gründung des Tochterunternehmens Mirroxx GmbH beginnt der Freiburger Solartechnologieentwickler PSE AG mit der strategischen Vermarktung seiner Fresnel-Solarkollektoren. Zur Zielgruppe gehören Industriebetriebe in sonnenreichen Gegenden dieser Erde, die Prozesswärme bei Temperaturen bis 200 Grad benötigen - ein gigantischer Markt, der nun über Vertriebskooperationen in den Zielländern und den Bau von Demonstrationsanlagen mobilisiert werden soll.
Der Markt für solarthermisch erzeugte Prozesswärme ist mindestens so groß wie der für solare Brauchwassersysteme. Schließlich mache Prozesswärme zwei Drittel des gesamten End-Energiebedarfs in der Industrie aus, ein erheblicher Teil davon liegt im Temperaturbereich von 100 bis 200 Grad C. Diese lässt sich hervorragend mit den Mirroxx-Solarkollektorsystemen bereit stellen. Mit Fresnel-Solarkollektorsystemen werden der Industrie eine erprobte Technologie zur Erzeugung von solarer Prozesswärme direkt am Ort des Bedarfs geboten.
Mit der Gründung von Mirroxx GmbH schafft PSE AG die Grundlagen für die strategische Vermarktung des bereits in Demonstrationsanlagen mehrfach erprobten Systems. Zu den ersten Aktivitäten der Gesellschaft gehört der Aufbau von Vertriebskooperationen und die Errichtung weiterer Demonstrationsanlagen in den Zielländern. Mirroxx Solarkollektoren sind bereits erfolgreich im Einsatz: Das erste System ging im Jahr 2006 in Betrieb, danach folgten weitere Anlagen in Spanien und Tunesien. Im Juli 2008 wurde die erste kommerzielle Anlage auf dem Dach der Universität Sevilla zur Klimatisierung des Gebäudes eingeweiht.

Solartechnik für einen dynamischen Wachstumsmarkt

Fresnel-Solarkollektoren bündeln Sonnenlicht über einachsig nachgeführte Spiegel auf ein von Wasser durchflossenes Absorberrohr. Damit lässt sich Prozesswärme bei Temperaturen bis 200 Grad C erzeugen, die sich hervorragend für Fertigungsprozesse in der Lebensmittel- und Textilindustrie oder zur solaren Klimatisierung eignet. Mögliche Standorte sind sonnenreiche Länder mit hohem Direktstrahlungsanteil im Sonnengürtel dieser Erde.

Weitere Informationen
Dr. Andreas Häberle, Vorstand PSE AG
Emmy-Noether-Str. 2, D-79110 Freiburg
Tel. +49/761/479 14-0, Fax +49/761/479 14-44,
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2009-01

Wassermanagement

Abbildung 1: Pflanzenkläranlage Hirtenfeld

Weite Teile Österreichs zeigten im Jahr 2003 ein markantes Niederschlagsdefizit. Es wurden nur ca. 80% des langjährigen Niederschlag-Normalwertes erreicht, vereinzelt sogar weniger als 70%. Die hohen Sommertemperaturen mit der damit verbundenen höheren Verdunstung verschärften die Situation noch. Von der Trockenheit betroffen waren fast alle beobachteten Gewässer und Grundwassergebiete in Österreich, einige kleinere Fließgewässer fielen sogar trocken. [1]

Decision /Design Support System:
Anwendungen in Österreich

Von Ehrenfried Lepuschitz und Martin Regelsberger*

Da sich die Weltbevölkerung im 20. Jahrhundert verdreifacht hat (laut UNO - 1927: 2 Milliarden Menschen, 1999: 6 Milliarden Menschen) und in den nächsten Jahrzehnten nicht mit einem Rückgang sondern einem weiteren Zuwachs der Weltbevölkerung gerechnet wird, wird es notwendig sein, dass der Mensch mit seinen Ressourcen (welche auch immer) sparsamer umgeht, um auch in Zukunft diese Ressourcen nutzen zu können.
Eine der Kernressourcen ist das Wasser, allen voran das Trinkwasser. Österreich ist bezüglich der Ressource Wasser ein Land der Seligen. Durch seine Topographie, rund 60% der österreichischen Fläche gehört zu den Ostalpen, gibt es immer genug Niederschläge und klimatische oder hydrogeologische Zonen, die Wasser speichern können, sei es durch Schnee, Seen oder Grundwasser. Normalerweise ist in Österreich keine Einschränkung auf Wassernutzung notwendig, abgesehen von extrem trockenen Jahren, wie es im Jahr 2003 der Fall gewesen ist, wo es auch in Österreich in manchen Regionen Wasserprobleme gab.
In Ländern wie Österreich ist es am leichtesten, Forschung in der Wasserversorgungs- und Abwassertechnik zu betreiben, weil laufend Ergebnisse gemessen werden können. Falls einmal doch falsche Wege gegangen werden, werden diese sich nicht so gravierend auswirken, wie in Ländern mit Wasserknappheit z.B. im mediterranen Raum. Auch in Österreich muss die Zielsetzung sein, Gewohnheiten im Wasserverbrauch zu hinterfragen und möglicherweise zu verändern, inklusive Gesetze und Normen.
In Europa und auch in Österreich darf man nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern muss auch ein Vorbild für nachhaltige Entwicklungen in der gesamten Welt sein. Funktionierende Techniken werden weltweit kommuniziert und kopiert.
Zwei Projekte gibt bzw. gab es in diesem Zusammenhang:

Sustainable Concepts towards a Zero Outflow Municipality (Zer0-M), 2003-2008
Das „Zer0-M“-Projekt war ein europäisch-mediterranes Regionalprojekt, initiiert im September 2003 als Programm, um lokale Abwassermanagements von kleinen Ortschaften bzw. Streusiedlungen zu optimieren, die nicht an zentrale Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen sind. Gemeint sind kommunale Abwässer ohne zusätzliche Verschmutzung mit hochgradig verschmutzten Industrieabwässern. AEE INTEC hatte hier das Leadership, in vorher gegangenen Ausgaben der Zeitschrift erneuerbare energie wurde schon öfters darauf eingegangen.
Durch die Partnerschaft mit nordafrikanischen NGOs in Ägypten, Marocco und Tunesien, sowie in der Türkei wurden in Europa bereits erprobte Technologien dort durch Pilotprojekte vorgestellt. Eine ausreichende Dokumentation und Ausbildung von Experten in Schulungen sollte die Technologien dort verbreiten und vermehrt zum Einsatz führen. Im Zer0-M wurde auch die erste Version des DSS (Decision/Design Support System) entwickelt. [2]

Nachhaltige Siedlungswasserwirtschaft - Praktische Anwendungen ("NASPA")
NASPA exisitiert seit Februar 2007 auf österreichischer Ebene. Hier steht ebenfalls das Abwassermanagement für den ländlichen Raum im Vordergrund. Da auch in Österreich noch zu wenig Erfahrung und viel Unsicherheit in Bezug auf nachhaltige kreislauforientierte Wasserwirtschaft (Eco-Sanitation) besteht, versucht NASPA mit österreichischen Projekten mehr Vertrauen für deren Umsetzung bei den Entscheidungsträgern zu entwickeln. [3]
Partner in diesem Projekt sind unter anderen sowohl AEE INTEC als auch das Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz auf der Universität für Bodenkultur in Wien.

Abwassermanagement

Das Abwassermanagement beinhaltet mehrere Komponenten: Wasserversorgung, Regenwassernutzung, Grauwasserwiederverwendung, Rohrnetzbemessung (Längen, Dimensionen), Zweistufige Abwasserreinigung (lt. WRG 1959 idgF), Dichtheit im System (kein Fremdwasser, keine Verluste), Wassernutzung des gereinigten Abwassers, Schlammdeponierung und –wiederverwendung und die Vernetzung obig genannter Punkte (Wasserkreislauf).
Im Grunde gilt: Sämtliches Wasser, das in einem System landet, muss am Ende gereinigt werden, egal, ob es aus Wasser der Wasserversorgung, aus dem Niederschlagswasser (Regen oder Schmelzwasser) oder aus Fremdwasser (durch undichte Stellen im Rohrnetz) besteht.
Im Projekt Zer0-M wurde begonnen ein Entscheidungshilfswerkzeug (DSS) zu entwickeln, um die oben genannten Punkte zu vereinen. Unter anderen Studien (Case Studies) im nordafrikanischen Raum wurde dieses Programm auch an der Ortschaft Hirtenfeld, Gemeinde Langegg bei Graz ausgetestet.
Die Eckdaten dieser Ortschaft sind:

  • 29 Häuser mit insgesamt 95 Einwohnern ohne größeren Betrieben
  • für die Abwasserreinigung wurden vier Varianten entwickelt und ein volkswirtschaftlicher Vergleich durchgeführt
  • Annahme von 150 l pro EW und Tag (d)
  • für die Bemessung der Vorreinigung mittels Dreikammerfaulgrube 0,4 m³/EW
  • für die biologische Reinigungsstufe mittels Pflanzenkläranlage 5 m²/EW

Tabelle 1 zeigt die vier Varianten der Case Study Hirtenfeld. Die Variante 1 wurde realisiert.

30 Jahre Laufzeit
Var. 1
Var. 2
Var. 3
Var. 4
Länge Rohre
1470 m
1550 m
2100 m
2100 m
Länge Druckrohre
-
250 m
800 m
2300 m
Anzahl Pumpen
0
2
4
5
Anzahl Reinigungsanlagen im Ortsgebiet
6
3
1
0*
Volksw. Barwert lt. DSS in €
326.840,-
339.939,-
380.115,-
417.944,-

* Externe Einleitung

Abbildung 2: Dreikammerfaulgrube Hirtenfeld

Im Projekt NASPA wurde eine zweite Gemeinde, die Gemeinde Unterauersbach im Bezirk Feldbach als Projekt zur Implementierung einer dezentralen Abwasserreinigung inkludiert. Die dortige Bevölkerung war von Anfang an gegen einen Anschluss an eine zentrale Abwasserreinigungsanlage im benachbarten Bierbaum am Auersbach. Ziviltechniker DI Thomas Pötsch von AWV Umwelttechnik in Wörschachwald, ebenfalls Partner in NASPA, leitet die Planungen in Unterauersbach und hat durch eine Akzeptanzanalyse [4] im Frühling 2007 zusammen mit der Bevölkerung eine erste dezentrale Alternative entwickelt.
Derzeit wird auch diese Gemeinde im DSS einer Analyse unterzogen. Folgend die Eckdaten dieser Gemeinde:

  • 157 Gebäude mit insgesamt 540 Einwohnern ohne zusätzlichen großen Industriebetrieben, somit nur kommunales Abwasser
  • Die Ortschaft hat eine Fläche von 787 ha, bzw. ca. 0,7 Einwohner pro Hektar
  • Die abwassertechnischen Annahmen sind wie in Hirtenfeld
  • Drei Varianten, zwei dezentrale Alternativen und eine zentrale Alternative mit Einleitung zur Anlage in der Gemeinde Bierbaum am Auersbach, werden verglichen

Das Luftbild in Abbildung 3 zeigt, dass in Unterauersbach kein richtiger Ortskern vorhanden ist, die Häuser sind sehr verstreut und dadurch sind lange Rohrkanäle notwendig, um die Häuser zu verbinden.

Abbildung 3: Luftbild der Gemeinde Unterauersbach

Tabelle 2: Ergebnisse der Case Study Unterauersbach

30 Jahre Laufzeit
Var. 1
Var. 2
Var. 3
Länge Rohre
17.000 m
24.500 m
28.000 m
Länge Druckrohre
85 m
1.700 m
950 m
Anzahl Pumpen
1
8
6
Anzahl Reinigungsanlagen im Ortsgebiet
32
(2 bereits existierend)
5
(2 bereits existierend)
2
(bereits existierend)*
Volksw. Barwert lt. DSS in €
2,93 Mio.
3,48 Mio.
3,56 Mio.

*Rest wird abgeleitet

Schlussbetrachtung

Bei beiden Studien zeigt sich, dass die dezentralsten Varianten den günstigsten volkswirtschaftlichen Barwert haben. Laut Umweltbundesamt sind seit 2006 in Österreich 92% der Wassernutzer an zentrale Reinigungsanlagen angeschlossen. Die restlichen 8% sind wegen Streusiedlungsstruktur zu unökonomisch für den Anschluss an zentrale Anlagen. Entweder haben diese derzeit noch Senkgruben in Verwendung oder, wie bei den oberen beiden Beispielen, dezentrale Lösungen bevorzugt. Die dezentrale Abwasserreinigung mit Pflanzenkläranlagen stellt eine sehr gute Möglichkeit dar, auch noch die letzten Senkgrubenbesitzer zur Reinigung ihrer Abwässer zu bewegen.

Abbildung 4: Variantenvergleich Hirtenfeld

Abbildung 5: Variantenvergleich Unterauersbach

Referenzen

  • [1] Mitteilungsblatt des hydrographischen Dienstes in Österreich, Nr. 83 von 2005
  • [2] http://www.zer0-m.org/
  • [3] http://www.ecosan.at/de/naspa.htm
  • [4] Nachzulesen unter www.seri.at

*) Dipl.Ing.(FH) Ehrenfried Lepuschitz ist Student der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft auf der Universität für Bodenkultur in Wien. Derzeit schreibt er an seiner Diplomarbeit am Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz, Betreuer auf der BOKU sind Univ. Prof. Dr. DI Raimund Haberl und Dr. DI Norbert Weissenbacher, sein externer Betreuer bei AEE INTEC in Gleisdorf ist Dipl. Ing. Martin Regelsberger, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.aee-intec.at, www.zer0-m.org, www.boku.ac.at [^]

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