Zeitschrift EE

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

Solarkollektoren aus Polymermaterialien – Scoop

Abbildung 1:Die Abbildung zeigt einen Kollektor mit Polymerabsorber von www.aventa.com

Die Ressourcenverfügbarkeit und der ständig steigende Einkaufspreise der in konventionellen Kollektoren verwendeten Materialien Kupfer und Aluminium erfordern den Einsatz von alternativen Werkstoffen. Können Polymermaterialien den Anforderungen der Solarthermie gerecht werden?

Mit dieser und weiteren Fragen beschäftigt sich das SCOOP-Projektkonsortium. Ziel ist die Weiterentwicklung und der Einsatz von Polymermaterialien in solarthermischen Komponenten und Systemen.

Der Fokus des Projekts liegt zum einen darauf, das Systemdesign auf die Stärken und Schwächen von Kunststoffen auszurichten. Zum zweiten sollen die Materialeigenschaften von Polymerwerkstoffen an die Anforderungen von solarthermischen Systemen angepasst werden.

Die vielseitigen Fertigungsverfahren der Kunststoffindustrie, allen voran Spritzguss und Extrusion, bieten dazu die Basis und die Möglichkeit, Formen in nahezu beliebiger Vielfalt herzustellen.

Die Anwendbarkeit soll anhand von einem gepumpten Solarsystem und einem Thermosiphonsystem demonstriert werden. Ein wesentlicher Projektentwicklungsteil wird die Fassadenintegration von Polymerkollektoren sein.

Auftraggeber

Europäische Kommission (FP7-ENERGY)

Projektpartner

AEE INTEC, Gleisdorf Österreich
aventa solar, Oslo Norwegen
APC Advanced Polymer Compounds, Vordernberg Österreich
DS Smith Kaysersberg, Kaysersberg Frankreich
Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Freiburg Deutschland
GREENoneTEC, St.Veit an der Glan Österreich
Hochschule für Technik Rapperswil, Institut für Solartechnik (HSR-SPF), Schweiz
HTCO Strömungstechnik, Freiburg Deutschland
Johannes Kepler Universität Linz, Institute of Polymeric Materials and Testing (JKU-IPMT), Österreich
Polytec Group, Hörsching Österreich
University of Oslo UiO, Norwegen

Ansprechperson

DI Dieter Preiß, d.preiß@aee.at

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

Solar-Rekord: 5 Millionen Quadratmeter Kollektoren errichtet

Am Mittwoch, 26. September 2012, wurde die neue Rekordmarke bei Solarwärme von Umweltminister Niki Berlakovich und Austria Solar Obmann Robert Kanduth gefeiert. Der Jubiläumskollektor ist Teil einer 1.000 Quadratmeter großen Solaranlage für die Fleischerei Berger im niederösterreichischen Sieghartskirchen. Die Solarenergie ersetzt Heizöl Leicht und wird zum Reinigen und Pasteurisieren der Fleischprodukte verwendet. In Zukunft werden hier Würste mit der Sonne produziert. Der Betrieb spart sich damit 62.500 Liter Heizöl pro Jahr, das ist der Verbrauch von 15 Einfamilienhäusern. Die 5 Millionen Quadratmeter Solarfläche entsprechen tausend Fußballfeldern. Die Kollektoren produzieren in ihrer Lebensdauer soviel Energie wie eine Autokolonne, die 9 mal um den Erdball reicht, im Tank hat. "Bis 2020 wollen wir in Österreich die Fläche an Sonnenkollektoren auf 10 Millionen Quadratmeter verdoppeln", erklärte Berlakovich bei der Feier.

Abbildung 1: v.l.n.r.: Robert Kanduth, Austria Solar; NR-Abg. Johannes Höfinger, Bgm. Sieghartskirchen; Nikolaus Berlakovich, Umweltminister; Mag. Rudolf Berger, Fleischwarenfabrikant; Dr. Christian Holter, S.O.L.I.D. Solarinstallationen und Design GmbH

Quelle: Renate Fuchs

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

Solare Industrieabwasserbehandlung

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt seit ca. 20 Jahren Techniken zur solaren Abwasserreinigung bis hin zu einem kommerziellen Produkt, das nun durch die Firma SOWARLA GmbH vertrieben wird. Im Jahr 2009 wurde am DLR Standort Lampoldshausen eine Anlage installiert, die diese Technologie in einem industriellen Maßstab demonstriert. Nach Installation, Inbetriebnahme und Testbetrieb läuft sie seit dem Jahr 2010 im vorgesehenen automatisierten Regelbetrieb.

Von Christian Jung und Christian Sattler *

Einführung und Ziele

Sonnenlicht wird seit Jahrhunderten zur Reinigung bzw. zum Bleichen zum Beispiel von Textilien eingesetzt. Dabei werden durch das Licht reaktive Stoffe wie etwa Singulett-Sauerstoff oder Hydroxylradikale erzeugt, die Verunreinigungen abbauen. Auf diesem Prinzip basieren auch einige sogenannte fortgeschrittene Oxidationsprozesse (engl. Advanced Oxidation Processes AOP) die weltweit untersucht und weiterentwickelt werden. Die im baden-württembergischen Lampoldshausen errichtete Demonstrationsanlage (Abbildung 1) wurde im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojektes entwickelt. Ziel war es, eine am dortigen DLR-Zentrum betriebene klassische UV-Oxidationsanlage um einen solar betriebenen Anlagenteil zu erweitern. Das DLR unterhält am Standort Lampoldshausen Teststände und Versuchsanlagen für Raumfahrt­antriebe. Die im Betrieb der Teststände anfallenden Abwässer enthalten u. a. kanzerogene Hydrazinderivate sowie Nitrit. Vor der Einleitung des Wassers in den natürlichen Kreislauf müssen diese Schadstoffe bis unter die gesetzlichen Einleitegrenz­werte entfernt bzw. mineralisiert werden. Hierzu kann wahlweise sowohl die solare Wasserreinigungs­anlage als auch als Back-up weiterhin die bestehende UV-Oxidationsanlage eingesetzt werden.

Abbildung 1: 238 m² Solarreceiver der Demonstrationsanlage zur solaren Wasserreinigung

Beschreibung der Demonstrationsanlage

Abbildung 2 skizziert die Funktionsweise der solaren Wasserreinigungsanlage (3-7) in Lampoldshausen und die Ankopplung an die bestehende UV-Oxidationsanlage (1-2). Im Betriebsgebäude der bestehenden UV-Oxidationsanlage (1) werden alle kontaminierten Abwässer der Lampoldshausener Raketenantriebsteststände in drei jeweils 80 m³ fassenden Tanks gesammelt. Von diesen Lagertanks (nicht dargestellt) wird das Abwasser zum Betriebsbehälter des solaren Wasserreinigungskreislaufs (5) gepumpt, bis der Reinigungskreislauf (Behälter (5) und der Solarreceiver (4)) mit Abwasser gefüllt ist. Während des Befüllvorgangs werden dem Abwasser alle benötigten Betriebshilfsstoffe (Eisensalz als Photokatalysator, Säure und Oxidationsmittel) hinzudosiert. Anschließend wird die konditionierte Abwassercharge vom Behälter des Reinigungskreislaufs durch den Solarreceiver [1] und zurück gefördert (Chargen-Behandlung), bis ausreichend Sonneneinstrahlung vom Abwasser (im Solarreceiver) aufgenommen wurde, um die Kontaminationen im Abwasser sicher zu zerstören. Die Zerstörung der Abwasserinhaltsstoffe erfolgt photochemisch nach dem Photo-Fenton Prinzip [2]. Nach erfolgter Reinigung des Wassers im Solarreceiver folgt ein weiterer Verfahrensschritt zur Abtrennung und Wiedergewinnung des Photokatalysators.

Abbildung 2: Schema der solaren Wasserreinigungsanlage und Ankopplung an die bestehende UV-Oxidationsanlage

Das Wasser aus dem Betriebsbehälter des Reinigungskreislaufs und dem Solarreceiver wird in den Neutralisationsbehälter (7) gepumpt und dort durch Zudosierung von Lauge neutralisiert. Der Photokatalysator wird anschließend aus dem Wasser abfiltriert und in den nachfolgenden Reinigungszyklen wiederverwendet. Das dekontaminierte und vom Photokatalysator befreite Wasser fließt nun zurück zur bestehenden UV-Oxidationsanlage und wird dort in einem Speicher (Frischwasserspeicher (2)) gesammelt. Das Wasser wird vor dem Ableiten in die Umwelt oder einer erneuten Verwendung an den Testständen wie bisher einer manuellen Endkontrolle unterzogen, um eine unbeabsichtigte Ableitung kontaminierten Abwassers bei eventuellen Betriebsstörungen auszuschließen.

In Lampoldshausen wurden insgesamt 238 m² Glasrohrreceiverfläche installiert. Der Solarreceiver hat dabei eine Länge von knapp 50 m bei einer Breite von 4,8 m. Pro Reinigungszyklus werden im Solarreceiver etwa 4500l Abwasser gereinigt. Die Reinigungsdauer eines Abwasserbatches ist u.a. abhängig von der solaren Einstrahlung und der Höhe des Verschmutzungsgrades des Abwassers. Unter Standardreferenzbedingungen wird ein Abwasserbatch mit mittlerer Belastung in etwa 1,5h vollständig gereinigt.

Das entwickelte Steuerungskonzept arbeitet konzentrations- und einstrahlungsabhängig und gewährt einen nahezu vollautomatisierten Betrieb der Demonstrationsanlage zur solaren photokatalytischen Wasserreinigung.

Ergebnisse der Wasserbehandlung

Hydrazin (HH), seine methylierten Derivate Methylhydrazin (MMH) und unsymmetrisches Dimethylhydrazin (UDMH) und Nitrit sind die Hauptverunreinigungen, die mit der Demonstrationsanlage in Lampoldshausen behandelt werden.

In Laboruntersuchungen konnte gezeigt werden, dass unter vergleichbaren Bedingungen die Abbaugeschwindigkeit der Hydrazine mit der Anzahl der Methylgruppen steigt (HH : MMH : UDMH = 1 : 2,4 : 3,2). Dieses stimmt mit der chemischen Aktivierung durch die Methylgruppen überein. In der Demonstrationsanlage konnten 4.500 l Chargen, mit einer Belastung von 12 mg/l der verschiedenen Hydrazinderivate unter für den Standort Lampoldshausen normalen Einstrahlbedingungen (Wolkendurchgänge etc.) in 2 Stunden sicher gereinigt werden, so dass der Grenzwert von 0,1 mg/l immer unterschritten wurde. Die Messung der Hydrazinderivatkonzentrationen erfolgte photometrisch und zum Vergleich durch Ionenchromatographie mit elektrochemischer Detektion.

Nitrit wird unter den Bedingungen, die in der Demonstrationsanlage herrschen - pH 3, Gegenwart von Wasserstoffperoxid – bereits in wenigen Minuten thermisch zu Nitrat abgebaut. Unter UV-A oder Solarstrahlung wird dieser Abbau noch weiter beschleunigt. Im Gegensatz zu der photochemischen UV-C Oxidation, findet die photochemische Reduktion von Nitrat zu Nitrit unter den Bedingungen in der solaren Demonstrationsanlage nicht statt. Daher wird bei der Solaranlage, anders als bei UV-C Behandlungsanlagen, keine thermische Nachoxidationsstufe benötigt.

Um die allgemeine Anwendbarkeit der Technologie nachzuweisen wurden weitere Beispielsubstanzen für schwierig zu behandelnde Stoffgruppen untersucht. So konnte in der Demonstrationsanlage das Röntgenkontrastmittel Iopromid und das Antibiotikum Sulfamethoxazol in Konzentrationen von 1 - 5 mg/l unter moderater solarer Bestrahlung in weniger als 90 Minuten abgebaut werden.

Der Abbau von -Caprolactam, das bei der Verarbeitung von Nylon in Waschwässern anfällt und Methyl-tert.-butylether (MTBE), einem Kraftstoffadditiv, das häufig in petrochemischen Prozesswässern zu finden ist, wurde in höheren Konzentrationen (TOC ~70 mg/l,) in einer Prototypanlage mit einer bestrahlten Fläche von 7 m² und einem Volumen von 140 - 160 l untersucht. Dabei konnte der TOC des MTBE um 75% gesenkt werden, der des -Caprolactam um mehr als 98%. Mit der Prototypanlage wurde auch die vollständige Abbaubarkeit des chlorierten Kohlenwasserstoffs Perchlorethen (PCE) untersucht. PCE wird aufgrund seiner Persistenz in kontaminiertem Grundwasser gefunden.

Ergebnisse der Wasserbehandlung

Die Errichtung der Demonstrationsanlage zur solaren Abwasserbehandlung am Standort des DLR in Lampoldshausen eröffnet insbesondere Industrieunternehmen mit problematischen Abwässern den Zugang zu dieser innovativen Technologie. Die Behandlungsergebnisse zeigen, dass der solar unterstützte Fenton-Prozess erfolgreich zur realen Sonderabwasserbehandlung eingesetzt werden kann. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass der Einsatz der Solaranlage gegenüber etablierten Verfahren zu deutlichen Betriebskosteneinsparungen von bis zu 80% führen kann.

Die im durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt SOWARLA als Modulsystem entwickelte solare Wasseraufbereitungstechnik kann über die Firma SOWARLA GmbH [3] bezogen werden.

Die Autoren danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die finanzielle Förderung der Arbeiten im Rahmen des Projektes SOWARLA.

Abbildung 3: 7 m2 Prototypanlage, Köln

Abbildung 4: Leitwarte und Vorratsbehälter

Abbildung 5: 32 m2 Prototypanlage, Lampoldshausen

Literatur

[1] Christian Sattler, Hans-Jürgen Bigus, Volker Dietrich, Daniela Graf, Richard Huth, Christian Jung, Alexander Müller, Timo Olbrich, Lamark de Oliveira, Ralf Olwig, Jan-Peter Säck,Solar Photocatalytic Detoxification of Rocket Test Facility Waste Water with a Non Concentrating Tubular Receiver (NCTR) Pilot Plant, 14th Biannual SolarPACES Symposium, Las Vegas, NV (USA), 4-7.03.2008.

[2] Ruppert, G., Bauer, R., Heisler, G. (1993), The Photo-Fenton Reaction – An Effective Photochemical Wastewater Treatment Process, Journal of Photochemistry and Photobiology A: Chemistry 73, 75-78.

[3] http://www.sowarla.de

Quelle aller Bilder Institut für Solarforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

*) Dr. Christian Jung ist Gruppenleiter in der Abteilung Solare Verfahrenstechnik des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt - DLR (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
*) Dr. Christian Sattler leitet die Abteilung Solare Verfahrenstechnik. des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

Solar Foods - Solarthermie-Branchenkonzepte für die Lebensmittelindustrie

Im Jahr 2007 lag der Energieverbrauch der österreichischen Tabak-, Nahrungs- und Genussmittelindustrie (NACE 15,16) bei rund 26.000 TJ und somit um ca. 30% höher als der Energieverbrauch dieser beiden Sektoren im Jahr1995 [1]. Da in der Lebensmittelindustrie thermische Energie überwiegend im Temperaturbereich zwischen 30 und 150 °C benötigt wird und diese zu einem hohen Anteil mittels Solarthermie klimaneutral bereitgestellt werden könnte, wurde das Projekt „Solarthermie-Branchenkonzepte für die Lebensmittelindustrie“ (Kurztitel: Solar Foods) ins Leben gerufen.

Von Ulrike Herzog, Christoph Brunner, Jürgen Fluch, Franz Mauthner*

Ziele des Projektes

Das Ziel des Projektes Solar Foods ist es, ein umsetzungsorientiertes „Solares Branchenkonzept“ für die Lebensmittelindustrie zu erstellen. Es basiert auf einer energetischen und wirtschaftlichen Analyse repräsentativer Betriebe und berücksichtigt neben der Integration von Solarthermie auch den Einsatz anderer erneuerbarer Energieversorgungstechnologien sowie Effizienzmaßnahmen. Das Branchenkonzept umfasst ein Planungs- und Auslegungstool für Solar-Wärme unter Berücksichtigung von Effizienzpotentialen und anderen Erneuerbaren, weiters einen Leitfaden zur Integration von solarer Wärme in den einzelnen Subbranchen sowie eine Solare Roadmap für die Lebensmittelindustrie bis 2020/2030.

Vorgehensweise bei den Fallstudien

Um das Branchenkonzept umsetzungsorientiert gestalten zu können, wurden 10 Betriebe (Details siehe Tabelle ) aus unterschiedlichen Subbranchen der Lebensmittelindustrie hinsichtlich des energetischen und nicht-energetischen Ressourceneinsatzes analysiert. Es wurden relevante Prozessdaten und –parameter evaluiert und bei Bedarf gemessen um eine Energie- und Massenbilanz erstellen zu können. Die Ergebnisse wurden für alle 10 Betriebe in Form eines Sankey-Diagramms (siehe Abbildung ) dargestellt.

Tabelle

Abbildung 1: Sankey Diagramm eines betrachteten Betriebes

Nachdem der Status Quo des Energie- und Ressourceneinsatzes der Betriebe erhoben und dargestellt war, wurde eine Analyse hinsichtlich möglicher Einsparungspotentiale durchgeführt. Als erstes wurden Potentiale für Technologie- und Prozessoptimierungen (Steigerung der Prozesseffizienz, Reduktion von Verlusten, Einsatz von best-verfügbaren Technologien etc.) erhoben. In einem nächsten Schritt wurden mit Hilfe der Pinch-Analyse Wärmerückgewinnungspotentiale identifiziert und Wärmetauschernetzwerke designt sowie in weiterer Folge technisch sinnvolle Wärmetauscher ausgelegt. Aufbauend auf den Optimierungsmaßnahmen konnte dann für den restlichen thermischen Energiebedarf die Integration von Solarthermie für ausgewählte Prozesse simuliert werden. Als letzter Schritt wurde noch die Einbindung anderer Erneuerbarer berücksichtigt. In den 10 Lebensmittelbetrieben war häufig, aufgrund der großen Mengen an biogenen Abfällen, die Erzeugung von Biogas aus Abwasser oder Abfällen für eine nähere Betrachtung interessant.

Identifizierte Solarintegrations-Konzepte

Abhängig vom jeweils betrachteten Subsektor konnten unterschiedliche Solarintegrations-Konzepte bzw. Potentiale identifiziert werden.

Solarthermie als Prozesswärme

Bei einem Wärmebedarf auf einem Temperaturniveau zwischen 30 und 90°C (z.B. für die Prozesse Pasteurisieren, Kochen, Reifen etc.) und konstanten Lastprofilen (vor allem übers Jahr) eignet sich die Einbindung von Solarthermie sehr gut. Mit der zusätzlichen Implementierung von Speichern (um zeitliche Schwankungen ausgleichen zu können) konnten im Rahmen der Fallstudien hohe solare Deckungsgrade und wirtschaftliche Implementationen in Molkereien, Fleischereien und Früchte- und Gemüseverarbeitenden Betrieben identifiziert werden.

Solarthermie für neue Prozesstechnologien

Basierend auf den Technologieanalysen wurden mögliche Veränderungen von Technologien identifiziert, die z.B. eine Senkung des Prozesstemperaturniveaus ermöglichen und somit die Substitution von fossilen Brennstoffen durch die Integration von Solarthermie unterstützen. Ein Beispiel hierfür wäre die Substitution von konventionellen Verdampfungsverfahren, die meist Dampf als Heizmedium benötigen, durch Membrantrennverfahren wie Umkehrosmose oder Membrandestillation, die bei niedrigen Temperaturen (Raumtemperatur bis kleiner 100°C) ablaufen.

Solarthermie für Brauch- und Reinigungswasser

In allen betrachteten Sub-Branchen der Lebensmittelindustrie werden große Mengen an Brauch- und Reinigungswasser meist bei Temperaturen um 65°C benötigt. Selten wird in den Betrieben noch mit Kaltwasser gereinigt. Aufgrund steigender Hygieneauflagen ist auch hier früher oder später mit einem höheren Bedarf an warmem Wasser zu rechnen. Nach der Berücksichtigung von Wärmerückgewinnungspotentialen aus vorhandener Abwärme wurde immer noch ein großes Potential für die Integration von Solarthermie zur Erwärmung von Brauchwasser identifiziert.

Solarthermie als Vorwärmung

Großes Potential für den Einsatz von Solarthermie wurde vor allem zur Vorwärmung von Kesselspeisewasser identifiziert. In vielen Lebensmittelbetrieben werden große Mengen an Direktdampf als Heizmedium benötigt. Dadurch ergeben sich große Mengen an täglich benötigtem Frischwasser, welches vor Eintritt in den Kesselspeisewassertank vorgewärmt werden muss. Durch die geringen Frischwassertemperaturen (ca. 15°C) ergibt das eine sehr effiziente Möglichkeit der Einbindung von Solarthermie.

Ergebnisse aus den Fallstudien

Je nach Subsektor und in den Subsektoren je nach Unternehmen konnten unterschiedlich viele Einsparungspotentiale durch unterschiedliche Maßnahmen identifiziert werden. In Abbildung 2 sind die Einsparungspotentiale der betrachteten Betriebe zusammengefasst. Durch die Prozessoptimierungen ergeben sich bis zu 25% Einsparungen am thermischen Nutzenergiebedarf. Nutzt man dazu auch noch die Wärmerückgewinnungspotentiale sind Einsparungen von bis zu 38% möglich. Durch den zusätzlichen Einsatz von Solarthermie können insgesamt bis zu 44% an fossilen Energieträgern eingespart werden. Wird das Optimierungskonzept bestehend aus Prozessoptimierung, Wärmerückgewinnung und Solarthermie noch um die Nutzung von anderen Erneuerbaren (Biogas) erweitert, bestehen Einsparungspotentiale an fossilen Energieträgern von bis zu 60%.

Abbildung 2: Durchschnittliche Einsparungspotentiale in der Lebensmittelindustrie

In Abbildung 3 sind die solaren Deckungsanteile des analysierten Prozesses in den betrachteten Betrieben ersichtlich. Der Anteil des durch Solarenergie abgedeckten thermischen Energiebedarfes des betrachteten Prozesses liegt je nach Subsektor und Prozess zwischen 15 und knapp 90%. Der solare Deckungsgrad war in den Fallstudien immer davon abhängig, wie viel Energie der betrachtete Prozess benötigt und welche Kollektorfläche sich am wirtschaftlichsten erwies. Auch die maximal verfügbare Fläche (z.B. Dachfläche) für die Kollektoren seitens der Betriebe war ein ausschlaggebendes Kriterium für die Auslegung. Es hat sich gezeigt, dass je nach Auslegung und Größe der Anlage zum Teil sehr hohe Deckungsgrade zu niedrigen solaren Wärmegestehungskosten erreicht werden können.

Abbildung 3: Anteil Solarenergie am thermischen Energieverbrauch der betrachteten Prozesse

In Abbildung 4 ist ein Vergleich des spezifischen konventionellen Wärmepreises und des Wärmepreises aus der Solaranlage (über 20 Jahre, 40-50% Förderung) je Subsektor ersichtlich. Auch die Kollektorfläche (grüner Balken) ist in der Grafik abgebildet. Es ist klar erkennbar, dass mit der Größe der Kollektorfläche der solare Wärmepreis abnimmt und somit umso konkurrenzfähiger gegenüber dem konventionellen Wärmepreis ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Systemkosten (€/m² Kollektorfläche) für die Solaranlage mit steigender Kollektorfläche sinken, da die Kosten für die Speicher und Rohrleitungen auch bei kleinen Kollektorflächen getragen werden müssen. Somit sinken die spezifischen Investitionskosten für die Solaranlage mit steigender Kollektorfläche, der jährliche Solarertrag und die damit verbundenen Energieeinsparungen steigen jedoch, was wiederum zu einem niedrigeren solaren Wärmepreis und geringeren Amortisationszeiten führt als bei kleineren Solaranlagen.

Abbildung 4: Vergleich der spezifischen Wärmepreise in Zusammenhang mit der Kollektorfläche

Rahmenbedingungen für die Anwendbarkeit

Das Potential für die Nutzung von Solarthermie in den Sub-Branchen der Lebensmittelindustrie wurde als sehr hoch identifiziert. Der Großteil des Wärmebedarfes liegt zwischen 30 und 120°C und ist somit gut geeignet für die Einbindung von Solarenergie. Der solare Wärmepreis war bei einigen Subbranchen sogar deutlich unter dem Wärmepreis aus den fossilen Energieträgern. Bei der Umsetzung von Solarthermie stößt man allerdings immer wieder auf gewisse Schwierigkeiten:

Aktuelle Prozesswärmeversorgung mit Dampf oder elektrisch

Bei der Nutzung von Abwärme oder Solarthermie ist oftmals eine Umstellung auf Heißwasserversorgung erforderlich. Wenn Prozesse mit Direktdampf oder elektrisch beheizt werden sind oft aufwendige Umbauarbeiten und Veränderungen bestehender Technologien erforderlich um Abwärme oder Solarthermie nutzen zu können. Diese Umbauarbeiten können mit hohen Investitionskosten verbunden sein, was gerade für kleine Firmen eine Schwierigkeit darstellt.

Solarthermie vs. Abwärme

Neben den vielen Möglichkeiten der Solarintegration war auch das Abwärmenutzungspotential in vielen Betrieben sehr hoch. Es waren oftmals große Mengen an Abwärme von Kühl-und Tiefkühlanlagen vorhanden. Die Abwärme konnte meist perfekt mit der Erwärmung von Reinigungswasser kombiniert werden, was in einigen Betrieben sogar bereits realisiert war. Die Nutzung von vorhandener Abwärme hat allenfalls Vorrang gegenüber der Solarthermie oder der Nutzung von anderen Erneuerbaren. Dennoch konnte für die Nutzung von Solarthermie großes Potential in den betrachteten Subbranchen der Lebensmittelindustrie identifiziert werden.

Literatur

[1] Statistik Austria (2010) Integrierte NAMEA, im Auftrag des BMLFUW, erstellt am 19.01.2010.

Bildquellen:
1. http://simplifected.tumblr.com/post/28831565317/gestern-im-feld
2. © vzhh.de; gesehen auf http://www.sonnenseite.com/index.php?pageID=6&article:oid=a22212
3. Schott AG, gesehen in Austria Innovativ – Das österreichische Magazin für Forschung und Technologie

*) DI Ulrike Herzog ist Mitarbeiterin des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
*) DI Jürgen Fluch ist Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme von AEE INTEC
*) DI Franz Mauthner ist Mitarbeiter des Bereichs Solarthermie von AEE INTEC
*) DI Christoph Brunner ist Leiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme von AEE INTEC
[^]

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

EINSTEINs Erfolge zur CO2 Reduktion in Europas Industrie - Evaluierung von 72 Energie-Audits

Im Rahmen des IEE Projektes EINSTEIN II wurden in 10 europäischen Ländern insgesamt 72 Energie-Audits in Industriebetrieben und großen Gebäuden mit hohem thermischen Energiebedarf (Bürogebäude, Spitäler, etc.) durchgeführt. Dabei wurden umsetzungsnahe Maßnahmen zur Energieeffizienz und zum Einsatz von erneuerbarer Energie identifiziert und eine Basis zur Umsetzung gegeben.

Von Jürgen Fluch und Christoph Brunner *

EINSTEIN – Methode und Software

Die Idee von EINSTEIN war die Entwicklung einer Methode und Software zur raschen Identifizierung von möglichen Einsparungspotentialen in Industriebetrieben sowie großen öffentlichen Gebäuden. Dabei sollten vor allem der Zeit- und Kostenaufwand für den untersuchten Betrieb reduziert werden, was im Wesentlichen in zwei Hauptansätzen erreicht wurde. Zum einen ist das die Standardisierung von Energieaudits durch die Definition von 10 EINSTEIN Auditschritten, die den Ablauf eines Audits von der Kontaktaufnahme mit der Firma, der Datenerhebung und die Entwicklung und Bewertung von Alternativvorschlägen bis zur Erstellung des Berichts begleitet. Zum anderen passiert dies durch die Verwendung der EINSTEIN Software, die ab dem Zeitpunkt der Darstellung des Ist-Zustandes des Energieverbrauchs des produzierenden Betriebes sowie eines Gebäudes bis hin zur Berichtserstellung verwendet wird.

Die Methode und Software für thermische Energie-Audits stellt in einem ersten Schritt den Ist-Zustand dar und bewertet diesen hinsichtlich der energieintensivsten Energieströme und Prozesse und der Erzeugung von Wärme und Kälte sowie deren Verteilung. Im zweiten Schritt werden Potentiale zur Prozessoptimierung sowie vor allem Wärmerückgewinnung und somit Effizienzsteigerung erfasst und mithilfe der Pinch Analyse Umsetzungskonzepte zur Wärmeintegration definiert. Im letzten Schritt wird die Energieversorgung untersucht und der Fokus auf den Einsatz erneuerbarer Energien zur Substitution fossiler Energieträger gelegt. Durch die standardisierte EINSTEIN Audit Methode und im Hintergrund angewandte Modelle und Algorithmen können Prozesse abgebildet und der Aufwand für ein Energie-Audit sowohl zeitlich als auch monetär deutlich reduziert und gleichzeitig die Qualität auf einem sehr hohen Niveau gehalten werden.

Durchführung von Audits

Im Rahmen des IEE Projektes wurden in den Ländern Österreich, Deutschland, Irland, Großbritannien, Luxemburg, Frankreich, Slowakei, Bulgarien, Spanien und Italien insgesamt 72 Energieaudits durchgeführt. Dabei wurden zwei Ziele verfolgt. Zum einen sollte die Entwicklung der Software auf reale Anforderungen in Audits abgestimmt und Module entsprechend weiter entwickelt werden. Zum anderen sollten Maßnahmen zur Optimierung der Energieeffizienz und der Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien dargestellt werden, um nicht nur in den beteiligten Firmen einen Anstoß zur Umsetzung zu geben.

Die Firmen-Akquisition wurde Großteils von den lokalen Partnern durchgeführt. Zielfirmen waren produzierende Betriebe sowie öffentliche große Gebäude (Bürogebäude, Spitäler, etc.) mit einem großen thermischen Bedarf, die das Angebot eines zu 100% geförderten Schnell-Audits annehmen wollten. Das stellte eine große Herausforderung dar, weil die Erwartungen in ein „Gratis-Audit“ zum einen gering und die Bereitschaft dafür Zeit zu investieren zum Teil sehr limitiert waren.

In einem ersten Schritt wurden die Grunddaten (Email, Checkliste, Fragebögen) und im Rahmen von Firmenbesuchen alle notwendigen Betriebs- und Detailparameter erhoben. Dabei wurden die Prozesse selbst anhand ihres Energiebedarfs (Leistung, Temperaturniveau, Betriebszeiten, Prozessmedien) und darauf aufbauend die Energieversorgung (Erzeugung und Verteilung) spezifiziert. Diese Darstellung erfolgte bereits in der EINSTEIN Software und gab dem Auditor die Möglichkeit, die Ergebnisse sofort mit dem Betrieb zu diskutieren und zu verifizieren.

Im nächsten Schritt wurden Potentiale zur Effizienzsteigerung anhand von Prozessoptimierungen (Technologien, Prozessparameter) mithilfe von Benchmark-Vergleichen und Literaturrecherche und die Möglichkeit von Wärmerückgewinnung im Betrieb erfasst. Für letzteres steht in der EINSTEIN Software ein Modul zur Verfügung, dem ein eigens für EINSTEIN entwickelter Pinch-Algorithmus hinterlegt ist. Damit wird das theoretische Potential eines Wärmetauschernetzwerks errechnet und die möglichen sinnvollen Wärmetauscher übersichtlich dargestellt. Nach einer Evaluierung der vorgeschlagenen Maßnahmen (lokale Begebenheiten) werden die vorgeschlagenen Wärmetauscher automatisch in das Gesamtkonzept übernommen und die Einsparungen berechnet. Aufbauend auf dem damit restlichen Energiebedarf wird das Energieversorgungssystem neu modelliert. EINSTEIN bietet dabei die Möglichkeit der Substitution vorhandener ineffizienter Wärme- oder Kälteanlagen durch effiziente Anlagen, die Integration von Solarthermie sowie die Installation von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Biomassekessel, Wärmepumpen und effizienter Kälteanlagen. In den durchgeführten Audits wurden diese Möglichkeiten auch miteinander kombiniert, um eine möglichst hohe Gesamteffizienz zu erreichen.

Die Erstellung verschiedener Alternativen wurde in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Betrieben durchgeführt, um zum einen auf die Bedürfnisse der Firmen eingehen zu können und zum anderen eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu erreichen. Die erarbeiteten Vorschläge wurden schließlich in EINSTEIN einander gegenüber gestellt und im Vergleich mit dem Ist-Stand evaluiert. Diese Bewertung basiert auf drei Hauptkriterien:

Bei der Energetischen Evaluierung wird die erreichte Einsparung an Primär- und Endenergie betrachtet, wobei der Energiebedarf sowohl über den gesamten Betrieb als auch auf die einzelnen Prozesse und Temperaturniveaus herunter gebrochen dargestellt wird. Die Ökologische Evaluierung erfasst die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen auf CO2-Emissionen sowie mögliche Abfallströme aufgrund der zur Verfügung zu stellenden Energie. In der Ökonomischen Evaluierung werden notwendige Investitionskosten sowie Auswirkungen auf die jährlichen Energiekosten dargestellt und in die Berechnung des Amortisationszeitraums aufgenommen. Diese Evaluierung ist zumeist die für den Betrieb ausschlaggebende, ob eine Maßnahme umgesetzt werden kann oder nicht.

 

In allen 72 Betrieben wurden die Ergebnisse der Audits schließlich im Rahmen von Präsentationen bei den Firmen Vorort vorgestellt und diskutiert, wobei dieser Schritt wenn notwendig von lokalen Partner unterstützt wurde.

Evaluierung der Audits

Im Rahmen des Projektes wurden 52 Industriebetriebe und 20 öffentliche Gebäude mit großem thermischem Bedarf untersucht. Naturgemäß ergibt sich daraus eine sehr breite Streuung von ausgewählten Fallstudien aus sehr unterschiedlichen Sektoren mit sehr unterschiedlichen Betriebsgrößen bzw. Energiebedarf. In Abbildung 1 ist ersichtlich, dass mit 47% der Großteil der Firmen aus dem Lebensmittelbereich (Brauereien und Lebensmittelindustrie) stammt, gefolgt von Gebäuden (28% - Krankenhäuser, Bürogebäude, Universitäten) und produzierenden Betrieben (10%). Der Rest kommt aus den Sektoren Pharma- und Chemieindustrie (8%) und Wäschereien (7%). Dabei reicht die Bandbreite von sehr kleinen Betrieben mit einem jährlichen Primärenergieverbrauch von weniger als 1.000 MWh bis zu großen Betrieben mit einem jährlichen Bedarf von etwa 240.000 MWh, wobei etwa 80% der Betriebe weniger als 20.000 MWh verbrauchen. Große Betriebe, wie sie beispielsweise in Großbritannien und Spanien untersucht wurden, tragen entsprechend stark zu den absoluten vorgeschlagenen Energieeinsparungen bei.

Abbildung 1: Verteilung der durchgeführten Audits auf unterschiedliche Sektoren

Bei der Durchführung der Audits selbst traten auch nationale bzw. regionale Unterschiede auf. Die Voraussetzungen in westlichen Ländern (59 Audits) sind andere als in östlichen Ländern (13 Audits), genauso wie es länderspezifische Unterschiede bei den erarbeiteten Maßnahmen aufgrund von unterschiedlichen Förderungsmöglichkeiten oder der sinnvollen Integration von Solarthermie gibt. Auch in den einzelnen Betrieben gab es sehr große Unterschiede beim Stand der bereits realisierten Maßnahmen. Die zu erreichenden prozentuellen Einsparmaßnahmen sind in Betrieben, in denen bereits viel in die Energieeffizienz investiert wurde bzw. die erst vor kurzem in Betrieb genommen worden sind, entsprechend gering. Unter diesen Gesichtspunkten müssen die Ergebnisse der Audits auch bewertet werden. Generelle Schlussfolgerungen von einigen wenigen Betrieben auf ganze Branchen oder Länder sind daher aufbauend auf dieser Auswertung nur bedingt zulässig.

Abbildung 2: Länderspezifischer Primärenergiebedarf vor und nach den vorgeschlagenen Maßnahmen

Betrachtet man die einzelnen Audits geordnet nach Ländern (siehe Abbildung 2) so sieht man, dass das länderspezifische Einsparungspotential in den untersuchten Betrieben zwischen 2,8 % (Slowakei) und 45 % (Frankreich) liegt, wobei im Durchschnitt 20% des Primärenergiebedarfs eingespart werden können. Sektorspezifisch (siehe Abbildung 3) sind die größten Einsparungen in Brauereien zu erreichen (etwa 30 %), gefolgt von der Pharma- (26 %) und Lebensmittelindustrie (25 %) sowie Wäschereien (21 %) und Gebäuden (16 %).

Abbildung 3: Sektorspezifischer Primärenergiebedarf vor und nach den vorgeschlagenen Maßnahmen

Sehr ähnliche Werte sind folglich auch bei den ökologischen Auswirkungen zu finden (Abbildung 4), wo in Brauereien und der Lebensmittelindustrie die CO2-Emissionen um etwa 23 % reduziert und auch für Wäschereien sehr hohe Werte erreicht werden können. Unterschiede in der Reihenfolge zu Primärenergieeinsparungen ergeben sich aufgrund unterschiedlicher vorgeschlagener Maßnahmen (Wärmerückgewinnung, Solarthermie, KWK, etc.).

Abbildung 4: Sektorspezifische CO2-Emissionen vor und nach den vorgeschlagenen Maßnahmen

Der Weg zur Steigerung der Gesamteffizienz eines Betriebes bzw. großen Gebäudes läuft, wie bereits erwähnt zuerst über eine Prozessoptimierung, wofür in 3 untersuchten Betrieben (ausschließlich Lebensmittelindustrie) eine Möglichkeit gefunden wurde. Das ist ein aufgrund der Erfahrungen der durchführenden Auditoren sehr geringer Wert. Eine Wärmerückgewinnung wurde in 23 von 72 Audits vorgeschlagen, was zeigt, dass hier noch großes Potential vorhanden ist und diese innerbetrieblichen Maßnahmen von den Betrieben noch nicht ausreichend umgesetzt sind. Die Maßnahmen zur effizienten Erzeugung von Wärme, Kälte und Strom sind zu einem Großteil eine Kombination verschiedener Möglichkeiten – in 42 Betrieben wurden 2 oder mehr Maßnahmen vorgeschlagen. In 13 Betrieben wurde Solarthermie zur Deckung des Wärmebedarfs vorgeschlagen, was zu einem Großteil in der Lebensmittelindustrie zu finden ist. Die Temperaturniveaus der Prozesse in dieser Branche (30 – 150°C) eignen sich sehr gut für die Integration von Solarthermie und erreichen so auch akzeptable Amortisationszeiten. In 9 Betrieben wurden schließlich KWKs zur Erzeugung von Strom und der Substitution bestehender Wärmeversorgung empfohlen.

Am Anteil dieser Maßnahmen an der Reduktion des Endenergiebedarfs (Abbildung 5) erkennt man weiter, dass in der Lebensmittelindustrie eine sehr große Bandbreite vorgeschlagener Maßnahmen vorliegt. Wärmerückgewinnung liefert in praktisch allen untersuchten Sektoren einen wichtigen Beitrag. Der sehr starke Einsatz von KWKs in fast allen Bereichen ist in den länderspezifischen Besonderheiten (Förderungen) und der Größe der Betriebe, in denen das vorgeschlagen wurde, zu finden. Das gilt sehr speziell für den Bereich der Brauereien, weshalb dieser Trend absolut nicht auf die ganze Branche umzulegen ist.

Abbildung 5: Beitrag ausgewählter sektorspezifischer Maßnahmen zur Reduktion des Endenergieeinsatzes

Aufgrund der vorgeschlagenen Maßnahmen ergäbe sich für die untersuchten Betriebe ein Investitionsvolumen von mehr als 31 Millionen Euro, was gleichzeitig Einsparungen von 10,7 MWh pro 1.000 investierten Euros entspricht. Diese Investitionen teilen sich zu einem großen Teil auf Spanien (32 %), Großbritannien (16 %), Deutschland (15 %) und Österreich (11 %) auf – siehe Abbildung 6. Sektorspezifisch besteht der größte Investitionsbedarf im Bereich der Lebensmittelindustrie (34 %), der Brauereien (32 %) und den Gebäuden (22 %).

Abbildung 6: Beitrag ausgewählter sektorspezifischer Maßnahmen zur Reduktion des Endenergieeinsatzes

Schlussfolgerungen

Eine Umlegung der Ergebnisse auf ganze Branchen oder Länder ist aufgrund der geringen Anzahl untersuchter Betriebe nicht zwingend signifikant. Die Resultate zeigen jedoch, dass das Potential zur Effizienzsteigerung durch Prozessoptimierung und Wärmerückgewinnung nur in den seltensten Fällen ausgeschöpft ist. Weitere Maßnahmen zur Reduktion des Primärenergiebedarfs sind auf die Rahmenbedingungen des Betriebes und regionale und nationale Besonderheiten abzustimmen. Mit erneuerbaren Energien wie Solarthermie und KWKs können Industriebetrieben und großen Gebäuden energetisch, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Maßnahmen unterbreitet werden, die zur Standortsicherung und der Erreichung vorgegebener Umweltziele wesentlich beitragen.

Mit der Durchführung der 72 Audits wurde das Ziel der stetigen Weiterentwicklung und Anpassung der EINSTEIN Software an verschiedene Sektoren erreicht. Als wichtigste Schlussfolgerung ist somit die Eignung des Tools für praktisch alle Industriesektoren und große Gebäude zu nennen. Alle erörterten Maßnahmen können dabei ebenso objektiv wie unabhängig evaluiert und verglichen werden, womit dem Auditor ein sinnvolles Tool zur Verfügung gestellt werden kann.

Ausblick

Im Rahmen des Projektes wurden in einem Follow-Up die Firmen etwa 6 Monate nach Präsentation der vorgeschlagenen Maßnahmen noch einmal kontaktiert, um den Status der Umsetzungen zu erheben. In wenigen Betrieben wurde ein Teil der Maßnahmen bis dato umgesetzt, in den meisten ist selbige jedoch im Laufe des nächsten Jahres zumindest teilweise geplant sofern die Maßnahmen die errechneten ökonomischen Bewertungen erreichen.

Das IEE Projekt EINSTEIN II ist mit Ende Oktober 2012 zu Ende gegangen. Kurz davor wurde noch die letzte Release-Version EINSTEIN 2.2 veröffentlicht, die alle Neuerungen und Weiterentwicklungen enthält. Unter www.einstein-energy.net können diese Software sowie Kurzfassungen aller durchgeführter Audits herunter geladen werden. Des Weiteren werden unter dieser Adresse Trainingskurse angeboten.

*) DI Jürgen Fluch ist Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
*) DI Christoph Brunner ist Leiter der Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE von AEE INTEC [^]

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