Wolfgang Winter
wInterface setzt mit seiner patentierten Innovation als kreatives F&E Unternehmen auf digitale, industrielle Produktion und Montage auf der Baustelle. Die einzelnen Arbeitsschritte werden mit der jeweils neuesten Technologie optimiert. Von den 3D-Aufnahmen der zu sanierenden Gebäuden als Baudokumentation mit Deformationsanalysen, dem Planungstool und digital FRESCO™ zur Fassadengestaltung und Fertigungsplanung über die verschnittfreie, automatisierte Produktion passgenauer Teile, bis hin zur schnellen und abfallfreien Montage am Gebäude werden hier in allen Stadien bis zu 25 % Zeit, Energie und Ressourcen eingespart.
Aktuell lebt etwa die Hälfte der europäischen Bevölkerung in mittlerweile sanierungsbedürftigen Plattenbauten. Diese haben einen enormen Bedarf an Heizenergie in der Größenordnung von 10 % des Gesamtenergieverbrauchs der EU. Die Sanierung des europäischen Gebäudebestandes ist ein wichtiger energiepolitischer Beitrag zur Versorgungssicherheit Europas und sozialpolitischer Beitrag zur Stabilisierung der europäischen Gesellschaft. Über die herkömmlichen, auf Handarbeit basierenden Systeme ist eine flächendeckende Sanierung nicht zu erwarten. Der Großteil des europäischen Gebäudebestandes ist modular gebaut und kann somit auch modular thermisch saniert werden. Um den längst notwendigen Sanierungsboom auszulösen, ist in der thermischen Sanierung ein Technologiesprung zu vollziehen, um an Stelle der derzeit üblichen Handarbeit eine entsprechend automatisierte Produktionstechnologie zur industriellen Fertigung von passgenauen, modularen, großformatigen Passivhaus-tauglichen Fassadenmodulen auf den Markt zu bringen.
Die derzeit am weitest verbreiteten Wärmedämm-Verbundsysteme zur Wärmedämmung von Gebäuden entsprechen, weil sie untrennbar mit dem Mauerwerk verklebt und verdübelt sind, nicht den geänderten Anforderungen der Bauproduktenverordnung im Bezug auf die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen, also der Rückbaufähigkeit durch saubere und rasche Demontage und stellen mittlerweile bei der Entsorgung der Baurestmassen von Abbrucharbeiten auch schon bei Umbauarbeiten eine nicht unbeträchtliche finanzielle Belastung dar.
Die durchgängig firmenintern entwickelte Softwarekette steht am Anfang der vorgefertigten Module. Durch die exakte Planung mit der Software zur Deformationsanalyse und der Herstellung der Module in der Fabrikhalle kann die Produktion von bis zu zehn Quadratmeter großen maßgefertigten Fassadenmodulen ganzjährig in standardisierten Prozessen mit höchster Präzision und integriertem Qualitätsmanagement erfolgen. Sie ist somit keinen Witterungseinflüssen ausgesetzt und bietet zusätzlich den Vorteil, dass durch den optimierten Zuschnitt praktisch kein Verschnitt anfällt. Alle Parameter im Produktionsprozess werden für das Qualitätsmanagement erfasst, dokumentiert und per RFID-Chip dem jeweiligen Fassadenmodul zugeordnet. Auf der Baustelle selbst fällt kein Müll mehr an, was schon in der Herstellung einen enormen Vorteil für Umwelt und Bewohner bedeutet.
Das patentierte Befestigungssystem ermöglicht eine rasche Montage der Module. Die Montagezeit verkürzt sich damit von einigen Monaten auf wenige Tage. Damit werden die Bewohner durch reduzierte Lärmbelastung wesentlich entlastet.
Abbildung: Logistik und Montage. FOTO: wInterface
Das Befestigungssystem erleichtert auch die einfache Demontage der Dämmung und verbessert damit die Recyclingfähigkeit der eingesetzten Rohstoffe entsprechend Richtlinie 7 der Bauprodukteverordnung. Revisionsarbeiten an Versorgungsleitungen können auch leicht durchgeführt werden. Die in den Modulen verarbeiteten WDVS-Komponenten haben sich seit mittlerweile 50 Jahren bewährt. Neben Mineralwolle und EPS können für den Bau der Module auch organisch nachwachsende Dämmstoffe wie Holzfaserdämmplatten verwendet werden. Die mineralische Dünnschicht um den Dämmkern verhindert eine mögliche Brandweiterleitung. Die Möglichkeit der Verwendung von erneuerbaren, nachwachsenden Materialien als Dämmstoff trägt ebenso zum ökologischen Nutzen bei, wie das energie- und ressourcensparende Produktionsverfahren.
Abbildung: Materialien und Aufbau Modul. FOTO: wInterface
Der in den Modulen serienmäßig eingebaute RFID-Chip garantiert das lückenlose Qualitätsmanagement im Fertigungsprozess. Jedes Modul kann auch in der Fassade gescannt und nachproduziert werden. Erreicht die Fassade das Ende ihrer Lebensdauer, ist die für die Kreislaufwirtschaft notwendige rasche und saubere Demontage der Module leicht möglich und der RFID-Chip ermöglicht die exakte Bestimmung der verwendeten Baustoffe für Re-Use und Recycling.
Digital FRESCO™ ermöglicht das großgerasterte Mapping digitaler Bilder, Grafiken und Designs auf die Oberfläche der Module. Den witterungsbeständigen, lichtechten und detailgetreuen Farbauftrag übernimmt der Roboter. Es können beliebig Muster in Farbe sowie Putzstrukturen unterschiedlich grober bzw. feiner Körnung generiert werden. Häuser, Siedlungen und ganze Stadtteile erhalten damit den Mehrwert einer neuen visuellen Identität.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Winter ist Geschäftsführer der wInterface GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Michael Eberl, Herbert Sinnesbichler, Gunnar Grün
Innovative Fassaden beruhen auf einer technologischen Disziplinenkombination aus Maschinenbau, Leichtbau, Metallbau, Glaswesen, Haustechnik etc. mit hohen bauphysikalischen Anforderungen. Dies stellt sowohl Planer als auch Ausführende vor immense Herausforderungen, da die unterschiedlichsten Fachdisziplinen zusammenzuführen sind, welche in den seltensten Fällen von nur einem einzelnen Fachplaner oder einem ausführenden übergreifenden Betrieb beherrscht werden. Trotz dieser Systemkomplexität wird auch bei hohen Objektsummen vor der Fertigung häufig keine ausreichende technisch-funktionale Qualitätskontrolle eingesetzt, lediglich die ästhetische Bemusterung vor Ort findet regelmäßig statt.
Komplexe Fassaden übernehmen diverse – eben nicht nur ästhetische – Funktionen, wie Wetterschutz und Raumbehaglichkeit sichern, Belüften, Beleuchten, thermische sowie elektrische Energieerzeugung, -speicherung und -verteilung. Um dieser Komplexität mit ihren Risiken (auch finanzieller Art, u.a. Wartung und Betrieb) zu begegnen, werden technisch-funktionale Modelltests benötigt, so dass der Bauherr ausreichende Sicherheit über die Funktion der bestellten Fassade erlangt. Darüber hinaus erleichtert ein vorheriger Test im Bereich der Gebäudetechnik die spätere Inbetriebnahme und schützt vor späteren Überraschungen, d.h. im Idealfall wird das Gebäude in Betrieb genommen und das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten funktioniert auf Anhieb, ohne dass im laufenden Betrieb noch große Nachbesserungen vorgenommen werden müssen. Mit seinen Kompetenzen und Versuchseinrichtungen kann das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Holzkirchen solche Bemusterungen unter Realbedingungen vornehmen, für welche es derzeit keine standardisierten und etablierten Testverfahren gibt. Im Folgenden werden die Möglichkeiten und die resultierenden Vorteile am Beispiel einer Fassadenbemusterung am VERU-Versuchsgebäude des Fraunhofer IBP dargestellt.
Am Standort der Firmenzentrale des Unternehmens Festo AG in Esslingen wurde mit dem „AutomationCenter“ ein neues Bürogebäude mit einer innovativen Fassadentechnologie, einer sogenannten Abluftfassade, geplant und nach einem Mock-up-Test umgesetzt. Zur Minimierung der im Raum wirksam werdenden solaren Lasten wurde die einschalige Fassade mit vollflächiger Sonnenschutzverglasung und einem innenliegenden Blend- und Sonnenschutzscreen ausgeführt. Bei dieser Konstruktionsvariante wird die Abluft aus dem Raum über den Spalt zwischen Screen und Verglasung durch eine Absaugung im Bereich des Doppelbodens abgeführt. Hierdurch soll ein Großteil der solar eingebrachten und am Screen bzw. der Verglasung absorbierten Wärme (bevor sie im dahinterliegenden Büroraum wirksam wird) über den Abluftvolumenstrom unmittelbar wieder abgeführt werden.
Abbildung: Schematische Darstellung der Luftführung in der Abluftfassade
Die Richtung des Abluftvolumenstroms von oben nach unten (entgegen der Thermik) wird gewählt, um eine möglichst turbulente Luftströmung im Bereich des Spaltes zwischen Screen und Verglasung zu erreichen. Es ist zu erwarten, dass hierdurch eine hohe Wärmeübertragungsleistung von den solar erwärmten Oberflächen von Screen und Verglasung an die vorbeiströmende Abluft erreicht wird. Des Weiteren sind unmittelbar vor dem Screen Bodenkonvektoren mit Heiz- und Kühlfunktion im Umluftbetrieb in den Doppelboden integriert. In diesem Bereich ist auch die Einbringung eines konstanten Zuluftvolumenstroms vorgesehen.
Abbildung: Außenansicht Testfassade. Foto: Fraunhofer-Institut für Bauphysik
Zum Nachweis der Funktionsfähigkeit des Fassaden-/Lüftungskonzeptes wurde an der »Versuchseinrichtung für energetische und raumklimatische Untersuchungen - VERU« am Standort Holzkirchen des Fraunhofer IBP ein Versuchsraum mit einer Testfassade im Maßstab 1:1 eingerichtet und unter realen Witterungsbedingungen messtechnisch untersucht. Der Einbau erfolgte in die Südfassade des Versuchsgebäudes.
Die Untersuchungen am technischen Mock-up adressierten die bestimmungsgemäße Funktion der Abluftfassade. Hierbei sollen folgende Fragestellungen geklärt werden:
Bewertungen hinsichtlich des Kunstlichtbedarfs, der Tageslichtversorgung und des Blendverhaltens waren in diesem Projekt nicht Teil der Untersuchungen, können aber in technischen Modell-Tests typischerweise mit betrachtet werden.
Die Messungen an der Testfassade fanden vom Oktober 2013 bis einschließlich Juni 2014 statt. Untersucht wurden zwei unterschiedliche Verglasungsarten sowie neun verschiedene Screenmuster. Die dabei erzielten Messdaten sind für alle Planungsbeteiligten über einen gesicherten Zugang zum Messwerterfassungssystem Imedas TM (Internet Messdaten Erfassungs- und Auswertungssystem) einsehbar, das am Fraunhofer IBP entwickelt wurde. Mit dieser Software werden die Messdaten und die einzelnen Regelungsparameter erfasst, über Webbrowser können beispielsweise der Zugriff auf die Datenbank, Auswerteoberflächen und Prozessvisualisierung aufgerufen werden. Weiterhin stehen dem Planungsteam Videos der durchgeführten Nebelversuche, die Thermogramme der raumseitigen Screenoberfläche und die tabellarische Zusammenfassung der Messergebnisse zur Verfügung.
Das wesentliche Ziel der Untersuchungen war die Validierung der Systemparameter der Abluftfassade, um die gewünschte Funktionalität – eine Reduzierung der raumseitigen Kühllast – bestmöglich sicherzustellen.Hierzu wurde zunächst die Spaltbreite des unteren Abluftschlitzes am Doppelboden zwischen Screen und Verglasung optimiert. Ein wichtiger Parameter ist der freie Querschnitt des oberen Nachströmspaltes, durch den die Abluft des Büroraumes in den Zwischenraum Screen/Verglasung gesaugt wird. Ist dieser zu großzügig dimensioniert, findet eine Rückströmung der solar erwärmten Luft in den dahinterliegenden Büroraum statt, wodurch sich im Kühlfall der Energiebedarf erhöht. Im Rahmen der Messungen an unterschiedlichen Screen-Materialien zeigte sich, dass bei einer zu starken Perforation des Textilgewebes die Abluft nicht mehr wie gewünscht über den oberen Nachströmspalt angesaugt wird. Stattdessen strömt sie bereits zu einem großen Anteil durch den unteren Bereich des Textils nach. Hierdurch kommt es ebenfalls zu einer Rückströmung der erwärmten Luft aus dem oberen Teil der Abluftfassade in den Büroraum. Weitere Optimierungspotenziale zeigen sich durch die Verwendung von Screen-Materialien mit einer raumseitigen Low-E-Beschichtung (Beschichtung mit niedriger Wärmeemissivität). Hierdurch reduziert sich die Wärmeabstrahlung des Sonnenschutzes an den Büroraum, was sich positiv auf das fassadennahe Raumklima auswirkt. Durch Variationen beim Abluftvolumenstrom bzw. des Screenabstandes zur Fassade kann eine weitere Optimierung des Gesamtsystems bezüglich der Luftströmung im Zwischenraum Screen/Verglasung durchgeführt werden.
Die Messdaten aus den Untersuchungen wurden dem am Bau beteiligten Planungsteam (Architekt, Fassaden- und TGA-Planer) zur Validierung ihrer Simulationsmodelle bzw. Rechenansätze zur Verfügung gestellt. Anhand der messtechnisch validierten Modelle lassen sich so zuverlässigere Aussagen zur Funktion neuer, komplexer Fassadensysteme ableiten. Kostensicherheit im Aufbau, Vermeidung von kostenintensiven Nachbesserungen, Erleichterungen bei der Inbetriebnahme des Gebäudes und Sicherheit hinsichtlich der Betriebskosten sind nur einige Vorteile dieses Planungsprozesses. Darüber hinaus erhalten Bauherr und beteiligte Planer die Möglichkeit, die Fassade und den dahinter liegenden Büroraum anhand des Mock-ups bereits im Vorfeld optisch und funktional zu begutachten. Das Gebäude und die späteren Büroräume werden so bereits im Planungsprozess »erlebbar«.
Wir bedanken uns bei unserem Projektpartner FESTO AG & Co. KG und dem Planungsteam für die gute und konstruktive Zusammenarbeit im Rahmen dieser Untersuchung.
M.Eng. Michael Eberl ist seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Bauphysik in der Arbeitsgruppe Evaluierung und Demonstration.
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Prof. Dr.-Ing. Gunnar Grün leitet die Abteilung „Energieeffizienz und Raumklima” am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und ist außerdem Professor für „Systemintegration effiziente Gebäude“ an der Technischen Hochschule Nürnberg mit Tätigkeit am Energie Campus Nürnberg.
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Dipl.-Ing. Herbert Sinnesbichler ist Leiter der Arbeitsgruppe Evaluierung und Demonstration in der Abteilung Energieeffizienz und Raumklima des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik.
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Ich werde oft gefragt, warum ich mir das antue, täglich von Graz nach Gleisdorf zu pendeln, noch dazu mit Fahrrad und S-Bahn. Die Wahrheit ist, dass ich das gern mache: Einerseits liebe ich meine Arbeit - ich bin im Bereich „Bauen und Sanieren bei AEE INTEC tätig, wo ich mich mit Themen beschäftige, die viele meiner Interessen vereinen: Gebäude und ihre NutzerInnen, Schulen, Lüftung, Energieversorgung, Energiequellen …. Auch die Fahrt zur Arbeit genieße ich sehr, denn sie bietet mir einen Freiraum zwischen Beruf und Familie (ich betreue gemeinsam mit meinem Mann unsere zwei Kinder). Ich nutze die Pendelzeit zum Lesen, Radio oder Podcasts hören (Tipp: „science friday“) oder auch einfach nur dazu, durch die großen Fenster der S-Bahn die Vielfalt der Natur zwischen Graz und Gleisdorf zu genießen.
Mein Weg zu AEE INTEC war gar nicht so geradlinig: Aus Südtirol bin ich nach Graz gekommen, um hier Physik zu studieren. Ich habe mich bei Praktika immer wieder gern in neue Gebiete aufgemacht. Zum Beispiel habe ich nach dem ersten Studienjahr einige Wochen am Fusionsreaktor des Max-Planck Instituts gearbeitet, ein anderes Mal dann am Fraunhofer Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik. Meine Diplomarbeit behandelte bildgebende Verfahren in der Medizin und die Dissertation schließlich Hochtemperatursupraleitung. Diese Themen interessieren mich immer noch sehr, und ich finde, dass auf jeden Fall auch an diesen Themen weiter geforscht werden soll. Meinen Platz habe ich aber in einem Bereich gefunden, der für mich sehr viel relevanter ist: Die Erforschung und Erprobung von nachhaltigen Technologien in Bereichen, wo sie für jeden sichtbar und nachvollziehbar sind, zum Beispiel die dezentrale Erzeugung, Speicherung, Einsparung oder Rückgewinnung von Energie, beim Wohnen und in der Mobilität und die Effekte dieser Technologien auf Umwelt und NutzerInnen. Anstelle von punktuellen Entwicklungen, die für die meisten unsichtbar bleiben, wo auch Risiken und Nebenwirkungen der Technologien oft nicht erkennbar sind, arbeiten wir an den kleinen Veränderungen im Alltag, die alle betreffen. Diese Entwicklung demokratischer Art bewirkt auch eine Transformation der Gesellschaft. Damit sind die Themen, denen wir uns im Bereich Bauen und Sanieren bei AEE INTEC widmen, für mich doppelt interessant: Einerseits weil ich Technik mag, andererseits, weil ich die Auswirkungen der Technik auf Mensch und Gesellschaft spannend finde. Und gerade in der Gebäudetechnik trifft Mensch all-täglich auf Technik.
Bei unseren Forschungs-und Entwicklungsprojekten geht es darum, wie die gebaute Umgebung in ihrer Wechselwirkung mit natürlicher Umwelt und Mensch nachhaltig und damit zukunftsfähig gestaltet werden kann: Beim Projekt RENEW SCHOOL haben wir gemeinsam mit Partnern in Europa untersucht, wie vorgefertigte Holzfassaden dazu beitragen können, die Qualität der Schulgebäude in Europa zu heben. Im internationalen Annex 67 beschäftigen wir uns mit der zukünftigen Rolle von Gebäuden als Speichern in Energienetzen. Und beim Projekt „Luft Plus“ haben wir mit Partnern aus der Industrie und der Forschung verschiedene Lüftungssysteme genauer unter die Lupe genommen, und sie in Richtung höherer Effizienz weiterentwickelt.
Es sind übrigens nicht ausschließlich die spannenden Themen, die mich jeden Arbeitstag aufs Neue nach Gleisdorf fahren lassen, sondern es ist auch die ersprießliche Zusammenarbeit mit Kollegen innerhalb und außerhalb von AEE INTEC, und auch deshalb liebe ich meinen Beruf!
Abbildung: Kanufahrt der MitarbeiterInnen des Bereichs „Bauen und Sanieren“ auf der Raab
Gemeinsam mit der Abteilung 15 - Energie, Wohnbau und Technik - des Landes Steiermark und unter wesentlicher Mitarbeit von Dipl.-Ing. Moritz Schubert von der Firma S.O.L.I.D. ist es gelungen, Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Sozialpartner, der Verwaltung, der relevanten Förderstellen und großer Fernwärmenetzbetreiber zu einer kompakten Fachexkursion nach Schweden und Dänemark einzuladen.
Die 17-köpfige Delegation wurde Anfang Mai in Göteborg von Jan-Olof Dalenbäck, Professor an der Chalmers Universität, begrüßt und über die lange Tradition der solaren Fernwärme in Schweden informiert. Trotz eines großen Anteils von elektrischem Strom im Wärmebereich und einem enormen Angebot an Biomasse, können solarthermische Anlagen in Fernwärmenetzen realisiert werden. Angesichts eines Atomstromanteils von über 30 %, setzt Prof. Dalenbäck auf Solarthermie mit dezentralen Wärmespeichern und Biomasse als Alternative zur weiteren Verstromung des Wärmebereiches. Als Beispiel für die Kombination Biomasse-Pellets und Solarthermie wurde eine Neubauanlage mit Mehr- und Einfamilienhäusern in Vallda Heberg, südlich von Göteborg besichtigt, wo insgesamt 680 m² Solarkollektoren die 14 000 m² Nutzfläche zu ca. 20 % mit Wärme von der Sonne versorgen. Und das 1 200 km nördlich von Wien und Graz.
Nach der abendlichen Überfahrt mit der Fähre von Göteborg nach Frederikshavn (Norddänemark) ging es weiter nach Dronninglund. Hier wurde eine 37 500 m² (26 MWth) große Freiflächen-Kollektoranlage besichtigt, mit der – in Verbindung mit einem 60 000 m³ fassenden Erdbeckenspeicher - ca. 40 % des Wärmebedarfes der 3 300 Einwohner zählende Gemeinde abgedeckt werden. Nachdem Dänemark bereits in den 1980er-Jahren den Ausstieg aus Erdöl im Wärmebereich beschlossen hatte und Biomasse in Dänemark kaum verfügbar ist, beruhte die genossenschaftlich organisierte Wärmeversorgung in Dronninglund ausschließlich auf Erdgas. (4 Gas-BHKWs mit in Summe 3,6 MWel und 6.4 MWth, 8 MW Gaskessel und 6 MWth Absorptions-Wärmepumpe, 10 MWth Bio-Ölkessel). Wie Per-Alex Sörensen vom Projektpartner PlanEnergi ausführte, sind in Dänemark Solarthermieanlagen dank günstiger Finanzierungsinstrumente und einer im Vergleich zu Österreich fünffach so hohen Besteuerung von Erdgas umsetzbar. Neben diesen Aspekten wurde von den Teilnehmerinnen die Notwendigkeit einer weiteren Anschlussverdichtung im Fernwärmebereich diskutiert und nach Möglichkeiten gesucht, wie auch die Raumplanung eine zukunftsorientierte, CO2-freie Energieversorgung berücksichtigen kann.
Mit der Entwicklung energieeffizienter Gebäude und dem massiven Ausbau regenerativer Energiegewinnung wurde die Transformation unserer urbanen Energiesysteme in Gang gesetzt. Die Abhängigkeit der regenerativen Energiebereitstellung von nicht steuerbaren und wechselhaften Phänomenen wie Wind und Sonne, die stetig ausgebaute dezentrale Energiegewinnung sowie der steigende Effizienzdruck verursachen dabei eine massive Erhöhung der Systemkomplexität.
Abbildung: Stadtquartier Mülheim, Foto: Stadt Mülheim/Hans Blossey
Im Projekt ÖkoOptQuart werden ein energietechnisches, ein ökonomisches sowie ein regelungstechnisches Modell für komplexe Energieverbünde in Stadtquartieren entwickelt und zu einem leistungsfähigen Gesamtmodell verknüpft. Die energietechnische Modellierung bildet das thermische sowie das elektrotechnische Verhalten eines urbanen Energieverbundes detailliert und zeitlich hoch aufgelöst ab. Das ökonomische Modell ermöglicht eine kontinuierliche ökonomische Bewertung der Betriebsweise, indem der zeitliche Verlauf der entstehenden Kosten abgebildet und analysiert werden kann. Das regelungstechnische Modell beinhaltet je nach Ausführung eine konventionelle Regelung, oder eine im Projekt entwickelte vorausschauende, kostenoptimierende Regelungsstrategie für die Betriebsführung komplexer Energieverbünde in Gebäudeverbünden / Stadtquartieren und ermöglicht einen Vergleich der beiden Regelungen durch umfassende Simulationsstudien. Die Integration der verantwortlichen Planer und Investoren stellt die Modellentwicklung auf ein praxisnahes Fundament.
Modellansätze auf Grundlage der Daten von Projektpartnern bzw. aus Literaturrecherchen werden in anwendungsspezifischen Simulationswerkzeugen implementiert und mittels Co-Simulation verknüpft, um die gesamte Bandbreite von Energietechnik bis Ökonomie ganzheitlich abbilden zu können. Parallel werden die Modelle für die Regelung so weit vereinfacht, dass ein in Echtzeit lösbares Optimierungsproblem formuliert werden kann, welches einen ökonomischen Betrieb der energietechnischen Konfiguration gewährleistet. Die Qualität dieser Regelung wird schließlich anhand der Co-Simulation validiert und die entstehenden Betriebsstrategien werden bezüglich der Möglichkeit ihrer Verallgemeinerung auf andere Konfigurationen untersucht.
Auftraggeber
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Projektpartner
BIOENERGY 2020+ GmbH (Projektleitung)
AEE INTEC
Technische Universität Graz, Institut für Wärmetechnik
ISWAT GmbH
TB-Starchel Ingenieurbüro-GmbH
PMC – Gebäudetechnik Planungs GmbH
Ansprechperson
Dr. Ingo Leusbrock, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!