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Lignin als nachhaltige Ressource für Redox-Flow-Batterien

Von Werner Schlemmer, Stefan Spirk

Lignin als Rohstoff für elektrochemische Speicher

In der Natur kommen aromatische, elektrochemisch aktive Verbindungen in einer Vielzahl von lignocellulosischen Pflanzen vor. Hierbei ist insbesondere das Lignin zu nennen, das ein wesentlicher Bestandteil der Pflanzenzellwand und deswegen eines der häufigsten natürlich vorkommenden und erneuerbaren Materialien ist. Aus ökonomischer Sicht ist Lignin eine der am stärksten ungenutzten Materialressourcen überhaupt, da es in fast allen Industrien anfällt, die lignocellulosische Biomasse verarbeiten, z.B. der Papierindustrie, der Zellstoffherstellung, und der Biomasseverarbeitung. Zurzeit besteht die Hauptverwendung des Lignins immer noch in der Verbrennung, die zumindest thermische Energie aus den Ligninabfällen erzeugt. Eines der Hauptprobleme, um Lignin in industriell relevanten Prozessen einzubinden, ist die Komplexität des Startmaterials, die nicht nur vom Ursprung des Rohstoffs sondern auch innerhalb derselben Pflanze stark variieren kann. Weiters modifizieren auch industrielle Prozesse das Lignin und erhöhen somit den Komplexitätsgrad desselben. Somit ergeben sich in letzter Konsequenz Probleme für die Etablierung kontinuierlicher Prozesse, die allesamt eine relativ konstante Rohstoffqualität benötigen.

Aufbauend auf diesen Fragestellungen wurde die Idee generiert, Lignin als Basis in elektrochemischen Speichern zu verbauen. Das Lignobatt-Projekt (Lignin in Redox-Flow-Batterien, Koordinator TU Graz Ass.-Prof. S. Spirk, Partner: Montanuniversität Leoben, Prof. W. Kern) beschäftigt sich damit, Redox-Flow-Batterien auf Basis von Lignin herzustellen, ein Gebiet, das bis dato nahezu unerforscht ist.

Foto: TU Graz

Prinzip und Einsatzgebiete von Redox-Flow-Batterien

Redox-Flow-Batterien selbst sind bereits seit mehr als 130 Jahren bekannt, und sind in den letzten Jahren vor allem durch die Entwicklung von regenerativen Energiesystemen (Solar, Wind) wieder in den Fokus des Interesses gerückt. Im Gegensatz zu Li-Ionen-Batterien (z.B. in Handys), werden diese hauptsächlich für stationäre Anwendungen eingesetzt, vor allem als Backup für kritische Infrastruktur (Spitäler, Militärbasen, Mobilfunkanlagen, Pufferbatterien für Windkraftwerke in exponiertem Gelände). Hier spielt die Energiedichte eine untergeordnete Rolle und oft erreichen diese Redox-Flow-Batterien die Größe von ganzen Häusern. Redox-Flow-Batterien bestehen im Wesentlichen aus zwei elektrolytführenden Tanks, einem Pumpsystem, das die Elektrolyten (zur Zeit meist Zink-Brom- oder Vanadium-basiert) durch eine Zelle pumpt, in der die beiden Elektrolyte durch eine Membran getrennt sind, und zwei Elektroden (z.B. Kohlenstoffelektroden), die den Strom abnehmen (siehe schematische Abbildung).

Vorteile von Redox-Flow-Batterien

Die großen Vorteile von Redox-Flow-Batterien sind ihre hohe Effizienz, die 75-80 % erreicht, ihre hohe Lebenserwartung und Zyklenstabilität (bis 10000 Zyklen), sowie ihre relativ geringe Neigung zur Selbstentladung. Systeme auf Zink-Brom- oder all-Vanadium- Basis können eine Energiedichte von bis zu 25 kWh/l erreichen. Diese haben allerdings den Nachteil, dass der Austritt großer Mengen an Elektrolyt (z. B. Zink- Brom) gravierende ökologische Auswirkungen haben kann, Metalle relativ teuer sind und meist eine schlechte Umweltbilanz aufweisen. Der Ersatz solcher Materialien ist ein noch junges Gebiet im Bereich der Redox-Flow-Batterien und beschäftigt sich mit sogenannten organischen Redox- Flow-Batterien, die diese Probleme weitestgehend umgehen. Eines der wenigen recht gut untersuchten Beispiele in diesem Zusammenhang beschäftigt sich mit einer Reihe von redoxaktiven Chinon/Hydrochinon- Paaren, wie sie in ähnlicher Weise auch im Lignin vorhanden sind. Im Lignobatt-Projekt dient Kraft-Lignin, das in Österreich in sehr vielen Zellstofffabriken anfällt, als Rohstoff. Grobe Schätzungen haben ergeben, dass bei erfolgreicher Umsetzung einer Redox-Flow-Batterie auf Kraft-Lignin-Basis die Kosten pro kWh signifikant sinken könnten.

Schematische Abbildung einer Redox-Flow-Batterie bestehend aus zwei Elektrolyttanks, eines Pumpsystems und einer Flusszelle, die den Austausch von Protonen über eine Membran bewerkstelligt.

Ausblick

Die großen Herausforderungen im Projekt bestehen in der Inhomogenität des Lignins selbst, der enthaltenen prozessbedingten Chemikalien sowie des relativ kleinen Wissens bezüglich elektrochemischer Langzeitstabilität sowie in der Alterung der Elektroden durch Präzipitation (Anm. Abscheidung aus einer Flüssigkeit) an den Elektroden. Nach dem ersten Projektjahr konnten bereits die ersten Erfolge verbucht werden und es wurde ein Mini-Prototyp gebaut, der in ersten Studien 50 Zyklen lang keinerlei Abnahme der Performance zeigte. Diese Ergebnisse sind sehr vielversprechend, um das Ziel, eine nachhaltige und kostengünstige Redox-Flow-Batterie auf Ligninbasis zu realisieren, in den verbleibenden zwei Projektjahren zu erreichen.

Danksagung

Das Lignobatt-Projekt wird aus Mitteln des Klima-und Energiefonds gefördert und im Rahmen des „Energieforschungsprogramms 2016 - Emerging Technologies“ durchgeführt. Weiters möchten wir der Firma Heinzel Pulp und der Fa. Mondi für die Bereitstellung von verschiedenen Kraft-Ligninen danken.

Autoren

Dipl.-Ing. BSc Werner Schlemmer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Papier-, Zellstoff- und Fasertechnik der Technischen Universität Graz.

Priv.-Doz. Mag. Rer. nat. Dr. rer. nat. Stefan Spirk ist Assistenzprofessor am Institut für Papier-, Zellstoff- und Fasertechnik der Technischen Universität Graz. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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