Zeitschrift EE

Zurück zu 2019-01: Solarwärme in der Industrie

Solarwärmenutzung in betrieblichen Anwendungen mit Landwirtschaftsbezug

Christian Fink, Walter Becke

Das Förderprogramm „Solarthermische Großanlagen für gewerbliche Anwendungen“ des Klima- und Energiefonds wird bereits seit 2010 aufgelegt und von der Branche sehr gut angenommen. In fünf verschiedenen Kategorien wurden bisher 330 Projekte mit einer Gesamtkollektorfläche von rund 130 000 m² Bruttokollektorfläche eingereicht.

Neu errichtete Gewächshäuser der Gärtnerei Bach inkl. fassaden- integrierter Solarkollektoren Foto: AEE INTEC

Die meisten Einreichungen entfielen dabei mit 118 Anträgen und insgesamt über 71 000 m² Bruttokollektorfläche auf die Kategorie „Integration in Wärmenetze“, was auch die starke Dynamik der letzten Jahre in diesem Sektor widerspiegelt. Aber auch in der Kategorie „Integration in industrielle Prozesse“ wurden trotz anhaltend geringer Preise für Erdgas und Strom Projekte mit einer Gesamtkollektorfläche von über 18 000 m² eingereicht. Die Hauptanwendungen lagen dabei im Bereich der Lebensmittelindustrie (Getränke, Fleischverarbeitung, Molkerei, etc.), Metallverarbeitung (Beschichtungen, Maschinenkühlung), Reinigung und Trocknung (Großküchen, Wäscherei, Metalloberflächen, Betonfertigteile, Tierfutter) sowie Landwirtschaft (Holztrocknung, Fruchtsäfte, Schweinemast, Gärtnerei, etc.). Viele umgesetzte Projekte in Produktionsbetrieben entfielen dabei auf kleinere Betriebe mit Bezug auf Nahrungsmittelherstellung und Landwirtschaft. Ob der immensen Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten und des daraus resultierenden Umsetzungspotenzials werden im gegenständlichen Beitrag einzelne Projekte vorgestellt. Projekte, die auch Teil der dem Förderprogramm zugrunde liegenden wissenschaftlichen Begleitung von besonders interessanten Anwendungen sind. Durch von der wissenschaftlichen Begleitung erbrachte Unterstützungsleistungen in der Umsetzungsphase und einer zumindest einjährigen Monitoringphase können so wichtige Erfahrungen in Bezug auf neue Anwendungen, Technologieentwicklung, Betriebsoptimierung und Weiterentwicklung des Förderprogramms gewonnen werden. Durchgeführt wird die wissenschaftliche Begleitung von AEE INTEC (Leitung) und AIT (Austrian Institute of Technology).

Gemüse- und Kräuterproduktion Gärtnerei Bach

Die Temperierung von Gewächshäusern ist energieund kostenintensiv. Aus diesem Grund entschied sich der Eigentümer der Gärtnerei Bach im Zuge der Erweiterung des Betriebsareals im Wiener Gemeindebezirk Donaustadt für die Umsetzung eines integrierten Solarenergiekonzeptes.

Dabei werden zwei Gewächshäuser (680 m²), in denen Kräuter, Gemüsepflanzen und für den Genuss geeignete Blütenpflanzen vermehrt und gezogen werden (ca. 300 000 Stück pro Jahr) sowie eine rund 500 m² große Arbeitshalle für Wasch- und Verpackungsarbeiten jährlich zu rund 50 % mit Solarwärme versorgt, die Restversorgung erfolgt mit Erdgas. Das Solarkonzept basiert dabei auf einer fassadenintegrierten Solarwärmeanlage mit einer Bruttokollektorfläche von 126 m² und einem Speichersystem bestehend aus thermisch aktivierten Bauteilen aus Beton (Fundamentplatte und Speicherwand) und einem Wasserspeicher von 20 m³. Die Wärmeabgabe erfolgt einerseits direkt über die aktivierten thermischen Massen und andererseits über spezielle Unter- und Obertischheizungssysteme. Um solare Überschüsse in den Sommermonaten zu vermeiden und die Erträge in den Perioden mit Heizenergiebedarf zu maximieren, wurden fassadenintegrierte Kollektoren umgesetzt. Eine flachdachmontierte Photovoltaikanlage mit 40 kWp bildet einen weiteren Bestandteil des Solarkonzeptes.

Produktionsbetrieb der Weizer Schafbauern

Die Weizer Schafbauern sind eine Genossenschaft bäuerlicher Produzenten, die sowohl als Vermarktungs- als auch Produktionsgemeinschaft auftritt. Am neu errichteten Standort in der Nähe der Stadt Weiz, Steiermark, wird auf rund 1 500 m² Betriebsfläche ein Molkereibetrieb geführt und Fleischverarbeitung betrieben. Eine Erlebnis- und Schaukäserei sorgt für gute Besuchsfrequenzen am Standort. Für die Gebäudeerrichtung war die Umsetzung einer nachhaltigen Gebäudebauweise und Energieversorgung erklärtes Ziel.

114 m² Bruttokollektorfläche montiert am Flachdach liefern dabei in Kombination mit einem 10 m³Energiespeicher rund 10 % des jährlichen Gesamtwärmebedarfs für Raumwärme, Warmwasser und verschiedene Molkereiprozesse. Der tägliche Wärmebedarf beträgt alleine für die Produktionsprozesse rund 500 kWh. Konsequente Abwärmenutzung aus der Konditionierung der Kühlräume und der Anschluss an ein biomasseversorgtes Nahwärmenetz bilden die weiteren Elemente des Wärmeversorgungssystems. Aufgrund von Prozesstemperaturen bis 95 °C für die Joghurtproduktion bzw. 70 °C für die Fleischverarbeitung wurden die Solarkollektoren als 2-fach abgedeckte Kollektoren ausgeführt. Teile des Stromverbrauchs werden über eine Photovoltaikanlage (25 kWp) abgedeckt.

Gesamtansicht Produktionsbetrieb Weizer Schafbauern (oben); am Flachdach aufgeständerte Solarkollektoren (unten) Fotos: AEE INTEC, AIT

Hackguttrocknungsanlage Genossenschaft Natters

Die Regionalenergie Natters ist ein Zusammenschluss regionaler Landwirte mit dem Ziel der Produktion und Vermarktung qualitativ hochwertigen Hackguts aus regionalen Wäldern. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Reduktion des Feuchtegehalts des Brennstoffs (von rund 50 % auf unter 20 % Feuchtegehalt) und die daraus resultierende Steigerung des Heizwertes. Zu diesem Zwecke errichtete die Genossenschaft in Natters, Tirol, eine Trocknungsanlage mit einer Jahrestrocknungskapazität von 4 000 Schüttraummetern (Abbildung nächste Seite). In Ergänzung zur Trocknungsanlage wurden am Standort noch Hackschnitzellagergebäude, ein Verwaltungsgebäude, eine Wiegeanlage und ein nicht überdachter Holzlagerplatz errichtet. Als einzige Wärmequelle für die Trocknungsanlage wurde eine 219 m² große solarthermische Anlage errichtet. Die über Luftkollektoren erwärmte Außenluft wird als Wärmeträger verwendet und über ein spezielles Schrägrostsystem direkt dem zu trocknenden Hackgut zugeführt. Da das Solarsystem ohne Energiespeicher ausgeführt wurde, gehen Trocknungsgeschwindigkeit und solare Einstrahlung Hand in Hand.

Ansicht der 219 m² großen Luftkollektoranlage am Dach der beiden Hackguttrocknungskammern. Foto: Josef Mayr.

Schweinemastbetrieb Staahof

Der Schweinemastbetrieb Staahof ist ein Familienbetrieb im Kärntner St. Andrä und weist eine Kapazität von rund 3 700 Jungschweinen auf. Wie in der Schweinezucht generell üblich, erfolgt auch in diesem Betrieb die Vorwärmung des Tierfutters auf etwa Körpertemperatur durch Beimischung von erwärmtem Frischwasser. Dadurch kann die Futterumsetzung der Tiere wesentlich effizienter erfolgen und die Mastzeiträume können reduziert werden. Bis zur Entscheidung zur Installation einer thermischen Solaranlage erfolgte die Futtervorwärmung zu 100 % elektrisch. Aktuell sorgt eine am Dach des Betriebsgebäudes installierte Bruttokollektorfläche von rund 102 m² (Abbildung rechts) in Verbindung mit einem Energiespeichervolumen von 4 m³ für einen jährlichen solaren Deckungsgrad von über 60 % speziell für diesen Vorwärmprozess.

Ansicht der 102 m² großen Kollektorfläche am Dach des Betriebsgebäudes "Staahof". Foto: SolarEngineering Guggenberger

Zusammenfassung und Ausblick

Die beispielhaft gezeigten Solarwärmeprojekte repräsentieren einerseits einen Teilausschnitt der großen Anwendungsbandbreite und andererseits wird deutlich, dass in jedem Anwendungsbeispiel erhebliches Potenzial zur Multiplikation in weiteren, ähnlich gelagerten Betrieben besteht. Aktuell durchlaufen alle dargestellten Anlagen das einjährige Monitoring im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Förderprogramms. Die finalen Betriebsergebnisse dazu werden, genauso wie aggregierte Programmergebnisse, in den Projektberichten auf der Programmwebsite des Klima- und Energiefonds veröffentlicht.

Autor

Prok. Ing. Christian Fink ist Leiter und Dipl.-Ing. Walter Becke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs „Thermische Energietechnologien und hybride Systeme“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weiterführende Informationen

Projektberichte der umgesetzten Anlagen: https://www.solare-grossanlagen.at/

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