Zeitschrift EE

 erneuerbare energie: 2.2021

Klimaschädliche Heizungen raus!

Für den Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung gibt es attraktive Förderungen.

Text: Mario Sedlak

Wer noch mit Öl, Gas, Kohle, Koks oder einem Allesbrenner heizt, sollte sich langsam nach einer Alternative umsehen. Auch ineffiziente Stromheizungen sollten ersetzt werden. Als Unterstützung gibt es die Bundesförderung „Raus aus Öl“, die von den meisten Bundesländern noch aufgestockt wird.

Abbildung

Bevorzugt wird der Anschluss an ein Fernwärmenetz gefördert. Nur wenn keines vorhanden ist oder der Anschluss unwirtschaftlich wäre, kann man einen Zuschuss für eine moderne Holzheizung oder Wärmepumpe bekommen, wenn man im Gegenzug die alte Heizung entsorgen lässt.

Alle Arbeiten müssen durch eine Fachfirma erfolgen (Anlagen, die in Eigenregie errichtet werden, bekommen keine Förderung).

Förderungen für Privathaushalte

Gemeint sind Bestandsgebäude im Inland, die überwiegend für Wohnzwecke genutzt werden (Eigentümer darf meist auch eine juristische Person sein).

BUNDESFÖRDERUNG

  • max. 50 % der Kosten, höchstens 7.500 €
  • Für den Fernwärmeanschluss im Ortskern in erdgasversorgten Gebieten gibt es einen „Ortskernzuschlag“ (max. 2.000 €)

BURGENLAND

  • Förderung von Alternativenergieanlagen (Wärmepumpe, Sonnenkollektoren, Biomasseheizung, Fernwärmeanschluss, kontrollierte Wohnraumlüftung, sonstige Heizung mit erneuerbarer Energie) im Wohnbau mit 30 % der Kosten, gedeckelt zwischen 1.300 und 2.500 €

KÄRNTEN

  • Förderung der Heizungsumstellung von fossilen Brennstoffen (Kohle, Heizöl, Gas, Allesbrenner) auf erneuerbare Energien in mindestens 5 Jahre alten Ein- und Zweifamilienwohnhäusern oder sonstigen Gebäuden mit maximal 2 Wohnungen. Maximal 35 % der Kosten, höchstens 6.000 € pro Gebäude

NIEDERÖSTERREICH

  • maximal 20 % der Kosten, höchstens 3.000 €, nur für Hauptwohnsitze
  • Fernwärmeanschluss wird nur gefördert, wenn die Fernwärme zu mindestens 80 % aus erneuerbarer Energie stammt

OBERÖSTERREICH

  • 50 % der Kosten, gedeckelt zwischen 1.200 und 2.800 €
  • zusätzlich 5.000 € für den Einbau einer Biomasseheizung mit Stirlingmotor zur Stromerzeugung
  • zusätzlich 100 % der Kosten für die Entsorgung des alten Öltanks (max. 1.000 €)
  • nachträglich eingebaute Sonnenkollektoren werden auch ohne Entsorgung einer alten Heizung gefördert.

SALZBURG

  • Förderung für Holzheizungen (Scheitholz, Pellets, Hackgut), Anschluss an erneuerbare Fernwärme sowie die erstmalige Errichtung einer Tiefenbohrung, eines Erdkollektors oder einer Brunnenanlage für Wärmepumpen (max. 35 % der Kosten, gedeckelt zwischen 2.500 und 4.500 €)
  • auch ohne Entsorgung einer alten Heizung werden Sonnenkollektoren gefördert

STEIERMARK

  • 30 % der Kosten, gedeckelt zwischen 1.000 und 3.600 €
  • Kombikessel werden nicht gefördert

TIROL

Keine Förderung von Heizungstausch für Privatpersonen.

VORARLBERG

  • Förderung für Sonnenkollektoren, Holzheizung, Nahwärmeanschluss, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung (max. 30 % der Kosten, gedeckelt zwischen 400 und 4.000 €, bei Entsorgung der alten Öl/Gas-Zentralheizung oder Elektrodirektheizung gibt es 2.000 bis 4.000 € extra) – nicht für Ferienwohnungen oder Zweitwohnsitze
  • in manchen Gemeinden zusätzlich noch weitere Förderungen

WIEN

  • die Stadt Wien fördert die Errichtung und die Umstellung oder Nachrüstung von hocheffizienten Heizungsanlagen, die mit erneuerbaren Energieträgern oder mit Fernwärme betrieben werden. Max. 35 % Zuschuss, nur für Eigenheime oder Wohnungen in Gebäuden, die min. 20 Jahre alt sind und Hauptwohnsitz sind
  • auch ohne Entsorgung einer alten Heizung werden Sonnenkollektoren gefördert

Förderungen für Unternehmen

BUNDESFÖRDERUNG

  • 20–35 % der Kosten, höchstens 5.000 bis 8.000 €
  • ohne Entsorgung einer alten, fossilen Heizung: Deckel um 1.000 € niedriger
  • Für Sonnenkollektoren: maximal 20 bis 30 % der Kosten
  • Ortskernzuschlag für Fernwärmeanschluss im Ortskern in Erdgas-versorgtem Gebiet: max. 2.500 €. (Die Förderungen gelten auch für Vereine und konfessionelle Einrichtungen)

OBERÖSTERREICH

  • 10 bis 35 % der Bundesförderung

SALZBURG

Die Fördermittel für Betriebe sind bereits ausgeschöpft.

STEIERMARK

  • für Schulen, Schüler- und Studentenheime, Kindergärten, Pflegeheime, öffentliche Sportanlagen, Vereine und Kleinstunternehmen ist die gleiche Förderung wie für Privatpersonen (siehe dort) möglich

TIROL

  • Tirol unterstützt Vorhaben von gewerblichen Unternehmen, durch die Energie eingespart wird oder erneuerbare Energieträger genutzt werden (Solaranlagen, Wärmepumpen), max. 30 % der im Rahmen der „Umweltförderung im Inland“ bzw. von „klimaaktiv mobil“ gewährten Bundesförderung inkl. allfälliger EU-Förderungen

VORARLBERG

  • Vorarlberg unterstützt Vorhaben von gewerblichen Unternehmen, durch die Energie eingespart wird oder erneuerbare Energieträger genutzt werden (Sonnenkollektoren, Holzheizung, Nahwärmeanschluss, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung), max. 30 % der im Rahmen der „Umweltförderung im Inland“ gewährten Bundesförderung inkl. allfälliger EU-Förderungen, höchstens 10.000 €

ANDERE BUNDESLÄNDER

keine spezielle Heizungstausch-Förderung für Betriebe

Quelle und nähere Infos:

www.raus-aus-öl.at sowie die dort verlinkten Seiten der Bundesländer

 erneuerbare energie: 2.2021

Wenn wir wirklich wollten

Hans Platzgumer

Bei unserer Geburt fängt es an. Monatelang sind wir geborgen gewesen, in Sicherheit, schwebend in warmer Dunkelheit, unberührt vom Lärm der Welt, der nur, - wenn überhaupt, dumpf und fern zu uns herüberreichte. Dann aber geht es plötzlich aufs Gröbste hinaus. Durch einen viel zu engen Kanal werden wir hinausgepresst in eine uns unbekannte, schrille, laute Welt. Sie jagt uns Angst und Schrecken ein. Instinktiv reagieren wir auf diese Bedrohung. In diesem Moment bedienen wir uns einer Taktik, die viele von uns ihr Leben lang beibehalten: Wir grenzen unser Wahrnehmungsfeld ein. Wir wenden uns dem zu, was uns vertraut erscheint, und blenden alles andere so gut es geht aus. Wir beschränken die Welt auf den kleinsten uns bekannten Raum. Angesichts unserer augenblicklichen Not und Überforderung als Säuglinge ist ein solches Verhalten das einzig logische. Fast alles spielt sich außerhalb unserer Begreifbarkeit ab, wir müssen uns auf das vertraut Wirkende zurückziehen, wir richten uns in einem kleinen Teil des großen Ganzen ein. Im Lauf der kommenden Jahre und Jahrzehnte aber, während wir in dieses große Ganze hineinwachsen, halten wir, sofern wir die Möglichkeit dazu haben, allzu leichtfertig an diesem Einschränkungsverfahren fest. Weiterhin beziehen wir uns auf jene paar Vertrauenspersonen, die uns gegeben sind. Im Zuge des Erwachsenwerdens weitet sich der Kreis auf eine mehr oder weniger eng gefasste Gruppe aus, die wir lernen, als „wir“ zu bezeichnen. Das Ich, von dem ausgehend wir ursprünglich und unbeirrbar die Welt begreifen, umrahmen wir mit einem kleinen Wir. Dass es außerhalb dieses Kokons noch anderes gäbe, ahnen die meisten zwar, doch wir wollen nur das Nötigste davon wissen. Denn falls wir Glück gehabt haben und per Zufall in einen Ausschnitt der Welt hineingeboren worden sind, der uns ein Dasein ohne schwere Turbulenzen ermöglicht, kommt uns die Beschäftigung mit dem Außen nicht dringlich genug und obendrein mühsam vor. Wir halten den für uns bestimmten Welten-Ausschnitt klein. Natürlich gibt es abenteuerlustigere und schreckhaftere Menschen, aufgeschlossenere und in sich verschlossenere. Nach einer kurzen Phase aber, die man Jugend oder auch „die schönste Zeit des Lebens“ nennt, in der wir uns der Außenwelt zumindest ein Stück weit öffnen, sinkt das Interesse an Neuem und Unbekanntem erneut. Je älter wir werden, desto weniger heißen wir es willkommen. Wir machen es uns bequem in unserer kleinen Welt, und anstatt die Grenzen, die wir um uns gezogen haben, immer wieder versuchen neu auszuloten, gehen wir dazu über, diese Grenzen zu behaupten. Eine solch bornierte Daseinsform ist nicht bloß den klassisch konservativen und rechtslastigen Lagern vorbehalten, sie zieht sich heutzutage durch alle politischen Farben und Altersgruppen. Alle schotten sich voneinander ab, betreiben Selbstzensur, Zäune und Mauern werden errichtet. Im Lauf des letzten Jahrzehnts haben sich die Fronten zwischen den einzelnen Bevölkerungsschichten und Gruppierungen spürbar verhärtet. Die rechtspopulistische Maxime „Bist du nicht mein Freund, bist du mein Feind“ hat sich tief in die gesamte Gesellschaft hineingefressen. Ich erinnere mich, wie ich hierzulande – und das empfand ich als einen der größten Vorzüge der österreichischen Mentalität – vor ein paar Jahren noch mit vollkommen anders gesinnten Menschen offene, freundliche Gespräche führen konnte, weder der soziale Stand, das äußere Erscheinungsbild noch die politische oder sexuelle Ausrichtung verhinderte dies grundsätzlich. Inzwischen aber ist die Polarisierung so weit vorangeschritten, dass eine besonnene Diskussion zwischen beispielsweise einem FPÖ-Wähler und einem Grünen oder einem SUV-Fahrer und einem Klimaschützer unmöglich geworden ist. Jeder zieht sich verbissen in sein Lager zurück, all die Trumps und Anti-Trumps oder all die Maßnahmenbefürworter und Maßnahmengegner. Jeder tut, auch wenn er sich auf Halbwissen beruft, als sei er unumstritten im Recht und jedes andere Denken Idiotie.

Diesem Umstand, dass wir eine in verfeindete Fraktionen aufgespaltene Gesellschaft geworden sind und die Fähigkeit des Konsenses verlieren, liegt ein Wirtschaftssystem, das nichts als ein Wettlauf um Wachstum ist, sowie mangelhafte Allgemeinbildung zugrunde. Ersteres raubt uns Kraft und Fantasie, Zweiteres lässt unser Potenzial verkümmern. Unser Bildungssystem zielt auf ein Elitensystem ab, in dem die Privilegierten möglichst rasch zu Fachtrotteln ausgebildet werden und die anderen auf der Strecke bleiben. Konkurrenz und Leistungsdruck sind die Grundpfeiler, auf den Umgang mit Diversität, auf Vielschichtigkeit, Kreativität, Flexibilität wird wenig Wert gelegt. Von Anfang an werden Grenzen gezogen. Wir hier, die anderen dort. Im Privaten werden diese Grenzen durch die sozialen Medien verstärkt. Hier findet nicht nur jeder Mensch per Mausklick seine maßgeschneiderte Blase, in der er sich von der Außenwelt abkapseln kann, sondern wird zwischenmenschliche Kommunikation auf den kurzweiligen Austausch von Schlagwörtern und Floskeln reduziert. Stammtische waren immer schon Orte der Verblödung, digitale Stammtische sind es noch mehr. Darüber hinaus trugen in letzter Zeit die Finanz-, Flüchtlings-, Corona- oder Klimakrise dazu bei, dass wir unseren Mitmenschen heute so oft abwehrend gegenüberstehen. Wir bewohnen mehr gegeneinander anstatt miteinander unseren Heimatplaneten, nicht nur jeder Einzelne für sich, auch jede einzelne Gruppe, jedes einzelne Land für sich.

Gut, so ist das nun mal, möchte man sagen, so hat es sich entwickelt, es ist müßig, darüber zu lamentieren. Doch leider befinden wir uns mitten in einer der wohl komplexesten und bedrohlichsten Krisen der Menschheitsgeschichte. Wir haben im Fortschrittsrausch das Ökosystem und Klima der Erde kippen lassen. Wir haben zerstörerische Entwicklungen in Gang gesetzt, die wir nur gemeinschaftlich lösen können, nur wenn wir, ohne weiterhin wertvolle Zeit zu verlieren, alles Wissen und Talent dieser Welt unvoreingenommen zusammenführen. Legen wir nicht endlich das egoistische, rivalistische Scheuklappendenken ab, das sämtliche Bereiche unseres Daseins durchsickert, kommen wir nicht mehr vom Weg der möglichst raschen Selbstauslöschung ab, den wir beschritten haben. Das Ende des Anthropozäns ist eingeläutet. Laut Studien werden bereits in drei Jahren klimatische Kipppunkte erreicht sein, die Leid, Krieg, Elend, Massensterben und Migrationswellen in ungekanntem Ausmaß zur Folge haben. Wollen wir dies verhindern, müssen wir lernen, Grenzen nicht zu schließen, sondern zu öffnen, und endlich wagen, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, offen zu sein für alles, was wir dort draußen sichten könnten. Bleiben wir dem eingeschlagenen Weg der Ausgrenzung treu und stellen wir unseren ausbeuterischen, verschwenderischen Lebensstil nicht um, müssen wir uns von einer Welt verabschieden, die uns lebenswert erscheint.

Ich sage nichts Neues, ich weiß, die Fakten dürften inzwischen allen klar sein. Trotzdem verhalten wir uns nach wie vor, als ginge es uns nichts an. Ich habe noch nie so viele Motorräder oder Tuner-Cars auf unseren Straßen gesehen wie in letzter Zeit, der LKW-Verkehr hat nach einer kurzen Coronapause ein neues Rekordniveau erreicht, und als ich letztens von einer Bergwiese aus den Himmel betrachtete, gab es keine einzige Sekunde, in der nicht mindestens zwei bis drei Flugzeuge gleichzeitig über mir hinwegflogen. Die Bodenversiegelung, die Verschmutzung der Meere, die Rodung der Wälder, der CO2-Ausstoß, alles geht ungebrochen voran. Die Plastikproduktion wurde sogar hochgefahren und wird sich, laut derzeitigem Stand, bis Ende dieses Jahrzehnts verdoppelt haben. Können wir nicht anders, oder wollen wir nicht anders? Ist uns an der Rettung der Welt gelegen? Sind wir bereit, dafür Verzicht in Kauf zu nehmen, Einschränkungen unseres Konsumverhaltens zu akzeptieren, Kompromisse einzugehen? Oder bevorzugen wir, in vollem Tempo, sehenden Auges in den Untergang zu ziehen? Als jene Babys, als die wir auf die Welt kamen und uns sogleich schreiend in die kleine, einzige Geborgenheit flüchteten, die uns vertraut war, waren wir noch unschuldig. Wir konnten nicht wissen, was los ist. Heute aber wissen wir es. Wir sind keine Babys mehr, wir können uns nicht auf die Unschuld berufen. Wir alle tragen zur Hölle bei, zu der wir die gute alte Erde machen. Wir tun es bei vollem Bewusstsein. Noch können wir die Engstirnigkeit ablegen und einen Wandel erreichen, aber wann fangen wir endlich damit an? Warum trauen wir uns nicht mehr zu als das, was aus uns geworden ist? Trauen wir uns doch endlich, unser Leben und unser Denken radikal in Frage zu stellen und zu ändern! Es wäre nicht schwierig, es liegt nur am Willen. Der Mensch ist anpassungsfähig, Veränderung ist Teil seines Wesens. Wir müssen neue Mitmenschlichkeit, neuen Respekt gegenüber Fremdem, neue Weltoffenheit, neue Zurückhaltung entwickeln, und alles, was wir tun, müssen wir einer Schaden-Nutzen-Rechnung unterziehen. Sie wird zeigen, dass ein Großteil der Dinge nicht angemessen ist, die unsere exzessive Wegwerf- und Konsumgesellschaft auszeichnen. Wir müssen einem Gefühl für das große Ganze anstatt dauernd nur der Sorge um die eigenen Befindlichkeiten nachgeben. Würden wir wollen, könnten wir all unseren angehäuften Ballast, all die sinnlosen Beschäftigungen loswerden, die mehr Müll als Glück produzieren. Mit Leichtigkeit wären wir dazu imstande. Eine kurze Umgewöhnungsphase. In ein paar Jahren würden uns die Geschichtsbücher davon erzählen, wie destruktiv wir einst lebten, und die Welt könnte eine andere, bessere, gesündere sein. Wenn wir wirklich wollten. Wenn alle wirklich wollten.

Foto: Chris Laine

Hans Platzgumer, geb. 1969 in Innsbruck, lebt in Bregenz und Wien. Er studierte Musik in Wien und Los Angeles, veröffentlichte Dutzende Tonträger, widmet sich jedoch seit Beginn der 00er-Jahre vornehmlich der Schriftstellerei. Er schreibt Romane, Essays, Hörspiele, Theatermusik und Songs. Zuletzt erschienen: „Bogners Abgang“ (Roman, 2021), „Willkommen in meiner Wirklichkeit!“ (Essay, 2019).

www.platzgumer.com

 erneuerbare energie: 2.2021

Batteriespeicher liegen im Trend

Der Wandel vom reinen Stromkonsumenten zum „Prosumer“ war nur der erste Schritt: Bald wird es normal sein, einen Teil seines benötigten Stroms zwischenzuspeichern.

Text: Mario Sedlak

In den letzten Monaten sind die Groß handels-Strompreise an den Börsen drastisch gestiegen. Politisch gewolltehohe CO2-Preise und die Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke bis Ende 2022 lassen erwarten, dass das Strompreisniveau hoch bleiben wird. Damit werden auch große und kleine Endverbraucher mit spürbaren Strompreissteigerungen rechnen müssen. Das wird die Stromproduktion mittels Photovoltaikanlagen und einen Batteriespeicher, mit dem die Eigenverbrauchsquote erhöht werden kann, rentabler machen. Lokale Energiegemeinschaften, die durch das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) möglich werden, können die Kosten weiter drücken, weil dann größere, gemeinsam genutzte Speichersysteme angeschafft werden können, die billiger als viele kleine, dezentrale sind.

Energiespender Sonne. Foto: PxHere

Für kleine Gewerbebetriebe und Haushalte mit überdurchschnittlichem Stromverbrauch kann sich ein Stromspeicher heute schon lohnen. Etwa 30.000 Akkus mit einer Speicherkapazität von über 200.000 kWh dürften bereits in österreichischen Haushalten und Gewerbebetrieben vorhanden sein. Fast alle sind Lithium-Akkus. Andere Akkutypen wie Bleiakkus oder Salzwasserbatterien (Natrium-Ionen-Technologie) sind derzeit teurer, weniger leistungsfähig und/oder haben tendenziell eine kürzere Lebensdauer.

Die Brutto-Anschaffungspreise eines Lithium-Speichersystems inklusive Montage bewegen sich im Bereich ab 900 Euro pro Kilowattstunde Speicherkapazität für Kleinanlagen mit 3 kWh. Größere Systeme mit über 10 kWh können schon ab 500 €/kWh erhältlich sein. Der Markt ist intransparent. Die Preise erfährt man meist nur auf Anfrage, und jeder Käufer ist gut beraten, bei mehreren Elektrikern ein Angebot einzuholen. Ein konzessionierter Elektrotechniker ist auf jeden Fall einzubeziehen, damit es zu keinen schädlichen Netzrückwirkungen durch die Batterie kommen kann. Expertenwissen ist auch nötig, wenn eine bestehende PV-Anlage mit einem Speicher nachgerüstet werden soll, denn nicht jeder Speicher ist für jede Anlage geeignet. Am einfachsten ist es, wenn PV-Anlage und Speicher gleichzeitig angeschafft werden.

Aktuell erhältliche Speichersysteme auf Basis von Lithium-Akkus erreichen eine Effizienz von bis zu 95 %. Das geht aus Tests der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin hervor, die einmal jährlich eine „Stromspeicher-Inspektion“ durchführt (Ergebnisse auf www.stromspeicher-inspektion.de). Die besten Systeme verwenden Wechselrichter mit Siliziumkarbid-Leistungshalbleitern, welche einen höheren Umwandlungswirkungsgrad als noch vor ein paar Jahren ermöglichen.

Für die Akkus wird üblicherweise eine Lebensdauer von zehn Jahren garantiert. Bis zu 20 Jahre sind realistisch, allerdings kann die Elektronik vorher ausfallen. Diese ist von der Garantie meist nicht abgedeckt. Damit der Akku seine maximale Lebensdauer erreichen kann, muss die Umgebungstemperatur möglichst konstant um die 20°C betragen. Für die Aufstellung im Freien sind die Akkus daher nicht geeignet. Rund 1 % Kapazitätsverlust pro Jahr durch die Alterung des Akkus ist normal und einzukalkulieren. Hingegen ist die Zahl der Ladezyklen bei den heutigen Speichersystemen kaum relevant. Die möglichen Ladezyklen, die Hersteller für ihre Akkus angeben, sind keine genormten, vergleichbaren Kenngrößen und werden von typischen Speichersystemen mit höchstens 250 Zyklen pro Jahr auch in 20 Jahren nicht erreicht.

Marktführer bei Photovoltaik-Heimspeichern sind die Firmen Sonnen und BYD mit 20 bzw. 18 Prozent Marktanteil in Deutschland im Jahr 2020. Dicht dahinter rangieren die Lieferanten E3/DC und Senec. Das ermittelte die Bonner Marktforschungsfirma EUPD Research durch umfangreiche Recherchen bei Herstellern, Installateuren und Kunden sowie durch eigene Schätzungen. Die Sonnen GmbH ist ein deutscher Hersteller, der seit 2011 Lithium-Akkus als Heimspeicher anbietet. 2019 wurde die Firma von Shell aufgekauft. BYD ist ein chinesisches Unternehmen, das auch Elektroautos herstellt. Die Akkus, die BYD als Heimspeicher verkauft, haben sich in den Elektroautos bewährt. E3/DC ist wieder eine deutsche Firma. Sie ist seit 2012 am Markt und wurde 2017 von der ebenfalls deutschen Hager Group übernommen, die ein führender Anbieter für Elektro-Installationen in unserem Nachbarland ist. Auch Senec ist ein deutsches Start-up. Ab 2011 verkaufte es Blei-Akkus als Heimspeicher, ab 2015 Lithium-Akkus, und 2018 wurde es vom deutschen Stromkonzern EnBW übernommen.

Für die Wirtschaftlichkeit einer Speicheranlage ist entscheidend, dass es ausreichend viel überschüssigen Solarstrom gibt, der dank Akku zu einem späteren Zeitpunkt selbst verbraucht werden kann. Entscheidend ist außerdem, dass der Akku nicht zu groß ist. Mit steigender Kapazität wird jede weitere Kilowattstunde Speicherkapazität immer seltener genutzt. Betriebswirtschaftlich muss der Grenznutzen der letzten Kilowattstunde deren Kosten überwiegen. Ist das nicht der Fall, sollte – rein ökonomisch betrachtet – ein kleinerer Akku gewählt werden. Für eine genaue Wirtschaftlichkeitsrechnung sind möglichst fein aufgelöste Zeitreihen der Solarstromerzeugung und des Verbrauchs erforderlich. Für Haushalte gibt es auch einfache Schätzrechner im Internet:

https://pvspeicher.htw-berlin.de/unabhaengigkeitsrechner und www.pv-now-easy.de

Freie Speicherkapazität (z. B. im Winter) könnte auch zum Nachladen von Netzstrom in den günstigsten Stunden genutzt werden, wenn man einen entsprechenden Vertrag mit dem Stromanbieter hat, damit sich das rechnet. Theoretisch könnte der Strom auch in den teuersten Stunden wieder zurück in das Netz gespeist werden. Akkus können auch Regelenergie liefern, allerdings sind bei keiner der genannten Anwendungsmöglichkeiten bedeutende Deckungsbeiträge zu erwarten. Eher interessant ist für Gewerbebetriebe die Möglichkeit, mittels Speicher die Stromverbrauchsspitzen zu reduzieren, um weniger Leistungspreis an das Netz bzw. den Lieferanten zu zahlen. Auch eine Notstromversorgung kann von den Speichern mit abgedeckt werden, allerdings meist mit erheblichem Aufpreis, insbesondere wenn die Versorgung bei Netzausfall vollkommen automatisch und unterbrechungsfrei auf den Akku umgeschaltet werden soll.

UMWELTFREUNDLICHKEIT

In Österreich werden Batteriespeicher derzeit – mangels anderer Anreize – nahezu ausschließlich für die Optimierung des Eigenverbrauchs eingesetzt. An sonnigen Sommertagen sind die Akkus häufig schon am Vormittag voll, sodass die Mittagsspitze des erzeugten Solarstroms voll ins Netz gespeist wird. Da Netze für die größte auftretende Belastung ausgelegt werden müssen, können so keine Netzkapazitäten eingespart werden. Für einen netzdienlichen Betrieb der Akkus müssten sie zentral gesteuert werden: Bei Überschuss in der Regelzone sollten sie geladen werden, und bei momentaner Unterdeckung entladen. Auch bei regionalen oder lokalen Netzengpässen könnten sie helfen, wenn die Netzbetreiber sie steuern könnten.

Die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Lithium-Akkus anfallen, werden von diversen Studien auf 60 bis 100 kg pro Kilowattstunde Kapazität geschätzt. Um diese auszugleichen, müsste der Akku während seiner Lebensdauer pro Kilowattstunde Kapazität die Einspeisung von zusätzlichen rund 100 kWh Ökostrom ermöglichen, die ohne den Akku wegen Netzengpässen abgeregelt werden hätten müssen. Bei einem netzdienlichen Betrieb kann das vermutlich leicht erreicht werden (in den nächsten 20 Jahren wird es Netzengpässe, die zum Abschalten von PV-Anlagen oder Windkraftwerken zwingen, immer häufiger geben, wenn der Ausbau wie geplant stattfindet, um Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen).

Ausgediente Akkus sind Sondermüll, aber bei fachgerechter Entsorgung dennoch kein relevantes Umweltproblem: „Durch das Recycling der Akkus nach Stand der Technik werden – anders als oft vermutet – schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt vermieden. Die Wiedergewinnung von Rohstoffen vermeidet die Umweltbelastungen bei deren Primärproduktion. Mit unseren Verfahren können wir bereits 25 % der CO 2-Äquivalente im Vergleich zur Primärproduktion einsparen“, erklärt Astrid Arnberger vom österreichischen Entsorgungsspezialisten Saubermacher. AUSBLICK Mittelfristig ist mit weiter sinkenden Kaufpreisen für Batteriesysteme zu rechnen. Alleine schon eine weitgehende Standardisierung der Komponenten würde die Planungskosten erheblich reduzieren und eine günstigere Beschaffung über große Händler ermöglichen. Corina Schwarz von dachgold.at erwartet eine steigende Nachfrage nach Speichern durch Energiegemeinschaften, die nun möglich werden. Die Industrie hat bereits mit dem Aufbau von Microgrids begonnen (www.nefi.at/indugrid).

Die Verbund AG und mehrere österreichische Netzbetreiber haben größere Speichersysteme zu Testzwecken in Betrieb genommen. Technisch wurden alle Erwartungen erfüllt: Spannung, Frequenz und Blindstrom können mit Akkus sehr gut geregelt werden. Auch für den Aufbau eines Netzes nach einem Blackout eignen sie sich bestens. Sie werden daher zukünftig eine gewisse Rolle im Stromnetz spielen, ist sich die Stromwirtschaft einig. Carolina Burger von der Austrian Power Grid AG gibt jedoch zu bedenken:

Eine modellhafte Anlage aus einem Tourismusbetrieb: Fronius SYMO Hybridwechselrichter 5.0-3-S (links), Fronius Netzumschaltbox 3-polig mit Smartmeter (Mitte) und 19 kWh BYD HVM Batteriespeicher in 7 Modulen (rechts). Foto: www.coachingandconsulting.at

„In Relation zu großen Pumpspeicherkraftwerken ist das Energiespeichervolumen von Batteriespeichersystemen äußerst gering. Ihre große Stärke liegt in ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit, weshalb sie sich vor allem zur Unterstützung beim Ausgleich von hochdynamischen Vorgängen bzw. Schwankungen im Stromnetz eignen.“ Verteilnetzbetreiber hoffen, mit Speicheranlagen einen kostspieligen Netzausbau vermeiden zu können. Möglich wird das aber nur mit „entsprechenden Rahmenbedingungen“ sein, heißt es unisono vonseiten mehrerer Netzbetreiber in den Bundesländern. Auf absehbare Zeit wird ein rein netzdienlicher Speicherbetrieb ohne Förderungen klar unwirtschaftlich sein.

 erneuerbare energie: 2.2021

Brücke oder Die Abkürzung

Ort: Eine Brücke über die Urslau (Bach in Saalfelden)

Mein Schulweg führte über das Haus meiner Freundin Gabi. Ich holte sie täglich ab, um mit ihr die kleine Brücke über die Urslau zu überqueren. Die kleine Brücke zur Volksschule war ein Fußgängerübergang, schmal mit breiten Spalten zwischen den groben Holzdielen. Ich sprach nicht gern darüber, aber beim Überqueren hatte ich das wiederkehrend bange Gefühl, einmal unversehens durchzurutschen und ins Wasser des rasch fließenden Gebirgsbachs zu stürzen.

Allein: Das Kind war viel zu groß für die schmalen Durchlässe. Diese Logik hatte noch nicht Einzug gehalten in meine magische Kinderwelt!

Daran denke ich heute, wenn ich von der Atomkraft als Brückentechnologie hin zur Umgestaltung auf erneuerbare Energieträger höre. Die Technologie ist viel zu groß, um so eine kleine Brückenfunktion zu erfüllen. Die Auswirkungen sind viel zu gewaltig, um weiterhin so was Unverdächtiges wie eine Brücke in ein neues energetisches Zeitalter zu bilden. Es wird mit dem magischen Denken spekuliert, das die Menschheit erfasst, wenn sie einer unangenehmen Wahrheit nicht und nicht ins Auge sehen will: Die Zeit des Nehmens von der Erde ist vorbei. Wir sind beim Geben angelangt.

Heidemarie Rest-Hinterseer

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