Zeitschrift EE

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Ahmed Junaid Tahir aus Pakistan bereichert das Team von AEE  INTEC

Ich erinnere mich genau an den Tag, als ich als Kind mit einem zerlegten ferngesteuerten Auto im Wohnzimmer saß, das ich zum Geburtstag bekommen hatte. Ich entdeckte meine Fähigkeit, Dinge im Detail zu untersuchen und sie nicht als „schwarze Boxen“ zu akzeptieren. Nach einiger Zeit wechselte meine Umgebung vom Wohnzimmer zu den Vortragssälen namhafter Universitäten, an die Stelle des demontierten Spielzeugautos traten komplexere und realistische Problemstellungen und die Richtung meines Berufsweges wurde klarer.

Porträt

2012 kam ich als frischgebackener Maschinenbauabsolvent aus Pakistan nach München und erhielt  mein Master Degree in Energietechnik an der Technischen Universität München. Der Wechsel nach Europa war eine herausfordernde Entscheidung, allerdings wollte ich die Chance nutzen mit ausgewiesenen Fachleuten zusammenzuarbeiten. Des Weiteren schien auch eine Forschungskarriere in Institutionen mit innovativen und dem Stand der Technik entsprechenden wissenschaftlichen Ideen möglich, wodurch ich die Herausforderung  gerne annahm.

Derzeit arbeite ich bei der AEE INTEC im Bereich „Industrielle Prozesse und Energiesysteme“, in einem hochmotivierten und erfahrenen Team. Im Fokus meiner Arbeit bei AEE  INTEC steht die Membrandestillation, ein thermisch getriebenes Membran-Trennverfahren. Aufgrund des geringeren elektrischen Energiebedarfs und seiner Eignung für die Integration von erneuerbaren Energieressourcen besitzt die Membrandestillation Potenzial zum effizienten Einsatz in industriellen Prozessen. Einsatzmöglichkeiten bieten sich in Abwasserbehandlungsanlagen, der Galvanik, der Lebensmittelindustrie oder bei Entsalzungsanlagen. Meine Arbeit behandelt die experimentelle und simulationstechnische Analyse des Membrandestillationsprozesses für verschiedene industrielle Anwendungen.

Obwohl ich manchmal das pakistanische Essen und Leben vermisse, fühle ich mich aufgrund der freundlichen Menschen, der malerischen Landschaften und des organisierten Lebensstils in Österreich bereits zu Hause. Dazu hat auch die angenehme Arbeitsatmosphäre bei  AEE  INTEC, die durch  gemeinsames Fiebern bei Fußballmeisterschaften, Laufevents, Grillpartys, Geburtstagsfeiern und das gemeinsame Feiern persönlicher Meilensteine zusätzlich gestärkt wird, beigetragen. Durch Einblicke meines früheren Arbeitgebers dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme  kann ich sagen, dass die Professionalität, die wissenschaftliche Expertise und Fähigkeiten der Mitarbeiter von AEE  INTEC zweifellos zu den besten in Europa gehören. Jeden Morgen komme ich mit einem Lächeln ins Büro und dafür möchte ich mich bei meinen Kollegen von AEE  INTEC ganz herzlich bedanken.

Das AEE INTEC Team beim Businesslauf in Wien

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ACR-Kooperationspreis 2016: Weniger Chemikalien in der Galvanik

Im Projekt „Galvano MD“ ist es dem steirischen Unternehmen Rotreat gemeinsam mit dem Forschungspartner AEE INTEC gelungen, die Membrandestillation auch für die Galvanik einsetzbar zu machen. In Zukunft ist Galvanisierung durch diese Innovation umweltfreundlicher und ressourcenschonender möglich. Beide Partner wurden am 3. Oktober 2016 im Rahmen der ACR-Enquete für Galvano MD mit dem ACR-Kooperationspreis ausgezeichnet.

Die Membrandestillation ist eine Separationstechnologie – man kann sie überall dort einsetzen, wo flüssige Stoffe getrennt werden sollen. Bei der Gewinnung von Trinkwasser aus Salzwasser beispielsweise. Oder eben in der Galvanik, wo Chemikalienbäder  zur Veredelung oder als Korrosionsschutz von Beschlägen oder Autoteilen eingesetzt werden, immer wieder neu aufbereitet werden müssen. Galavanikbäder werden im Produktionszyklus laufend verdünnt.  Sogenannte „Aufkonzentrierungen“ sind aufwändig: Die Chemikalien werden regelmäßig komplett ersetzt und es fällt Abwasser an, das stark verunreinigt ist. Der ganze Prozess braucht selbst viel Energie.

Dieser Prozess kann durch Membrandestillation umweltschonender und effizienter durchgeführt werden. Statt die Chemikalien zu entfernen, kann man das Wasser herausfiltern und so die gewünschte Qualität erzielen. Trennverfahren brauchen in der Regel Strom, um eine entsprechende Abtrennung zu erreichen. Die im Projekt „Galvano MD“ von AEE INTEC entwickelte Technologie nutzt die Wärme, die im Galvanikprozess entsteht und als Abwärme normalerweise verloren geht.

Für den erfolgreichen Einsatz der Membrandestillation in der Galvanik waren zunächst viele Versuche notwendig, um die geeigneten Membranen zu finden. Doch die eigentliche Tüftelei begann mit der Umsetzung. Die von AEE INTEC konzipierten Abläufe und die Skalierung auf Industriemaßstäbe setzten eine umfangreiche hochkomplexe Steuerungs- und Messtechnik voraus, die noch dazu in einem Container Platz haben musste, und zwar so, dass ForscherInnen, TechnikerInnen und Ingenieure auch noch genügend Raum finden. Rotreat und AEE INTEC legten die Anlage im Technikumsmaßstab modular an, um alles so flexibel wie möglich zu machen.

Nun soll aus der Technikumsanlage zunächst eine Demonstrationsanlage werden, die dann, etwa in einem halben Jahr, in die Produktion von Roto Frank integriert wird. Die Galvanikbäder werden längere Standzeiten haben, es werden weniger Chemikalien verbraucht und weniger Energie. Das Unternehmen wird seine Kosten durch die Technologie deutlich senken können. AEE INTEC konnte mit diesem Proof of Principle das Einsatzgebiet der Membrandestillation unter Rückgewinnung von Prozesswärme erweitern. Ein Gewinn für alle. Für Robert Gampmayer von Rotreat Abwasserreinigung GmbH ist es wichtig, sich an Zukunftsthemen anschließen zu können: „Energieeffizienz und Wertstoffrückgewinnung sind Ziele, die sich nur durch Innovationen realisieren lassen“, sagt er. Eine Forschungskooperation mit einem Forschungsinstitut wie AEE INTEC hat für ihn daher großes Potenzial. „Nicht nur für uns in diesem speziellen Feld, sondern auch für die österreichische Wirtschaft und die vielen kleinen Unternehmen.“

Das Forscherteam des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme von AEE  INTEC und Robert Gampmayer, Technical Manager der Rotreat Abwasserreinigung GmbH nehmen den ACR-Kooperationspreis von Bundesminister Reinhold Mitterlehner und ACR-Präsident Martin Leitl entgegen. Foto-Credit: ACR/APA-Fotoservice/Ludwig Schedl; Fotograf/in: Ludwig Schedl

Weitere Informationen

http://www.acr.ac.at/

C. Platzer, S. Meitz „Wertstoffrückgewinnung und Schließung des Wasserkreislaufes in der Galvanikindustrie“ in dieser Ausgabe.

AEE  INTEC ist Mitglied des Forschungsnetzwerks ACR Austrian Cooperative Research.

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Zukunftsweisende Lichtlösungen in der Sanierung von Gebäuden - Der „Lighting Retrofit Adviser”

Der Lighting Retrofit Adviser wurde im Rahmen eines Projektes der Internationalen Forschungskooperation (IEA-SHC Task 50) entwickelt und ist als Webversion und App (Android, ios, Windows Phone) verfügbar. Er unterstützt Behörden, Investoren, Planer und Berater bei der Entwicklung von lichttechnischen Sanierungskonzepten

Das Ziel eines Projektes der Internationalen Forschungskooperation (IEA SHC Task 50: "Advanced Lighting Solutions for Retrofitting Buildings") war es, die Sanierung von Beleuchtungsanlagen (Tageslichttechnik, elektrische Beleuchtung und Lichtmanagement) im Nichtwohnbau mit Hilfe innovativer aber praxisnaher Ansätze, die auf eine Vielzahl typischer bestehender Gebäude angewendet werden können, zu unterstützen. An dem Projekt waren insgesamt 18 Partnereinrichtungen aus 11 Ländern beteiligt. Aus Österreich beteiligte sich die Fa. Bartenbach aus Aldrans an dem Projekt. Nachfolgend wird der im Zuge dieses Forschungsprojekts entwickelte „Lighting Retrofit Adviser“ (LRA) vorgestellt.

Zielgruppen für die Anwendung

Der Lighting Retrofit Adviser wendet sich an verschiedene Prozessbeteiligte:

  • Behörden finden hier Informationen zu Vorschriften und Zertifizierungsansätzen für lichttechnische Sanierungsvorhaben.
  • Investoren können sich über die wirtschaftlichen Randbedingungen bei der Einführung neuer Beleuchtungssysteme informieren.
  • Planer und Berater können z.B. einen „On-site Optimizer" nutzen, der die Entwicklung von Sanierungskonzepten direkt vor Ort ermöglicht. Eine Datenbank mit mehr als 35 relevanten Technologien (Tageslicht, elektrische Beleuchtung, Beleuchtungsregelung) und über 24 Fallbeispielen steht zur Verfügung.

Der Lighting Retrofit Adviser besteht aus zwei Kategorien von Elementen, die sich in einen „Informationsteil” und einen „Berechnungs- und Bewertungsteil” gliedern. Die Abbildung stellt die einzelnen Komponenten im Überblick vor.

Übersicht über die 12 Komponenten des IEA-SHC Task 50 Lighting Retrofit Adviser

Informationsteil

Das Tool beinhaltet unter anderem folgende „Informationskomponenten”:

Low hanging fruits

Verbesserungen mit geringem Aufwand - Angesichts der signifikant verbesserten Energieeffizienz im lichttechnischen Bereich ist der direkte Ersatz von veralteten Beleuchtungs­anlagen aufgrund geringer Amortisationszeiten wirtschaftlich oft sehr interessant. Für einige typische Anwendungsfälle (z. B. Büros, Schulen, gewerbliche Lagerhäuser/ Einzelhandel) werden TCO-Analysen der Gesamtkosten über einen bestimmten Zeitraum vorgestellt und diskutiert (TCO…Total Cost of Ownership).

Technology Viewer

35 verschiedene Technologien aus den Bereichen elektrische Beleuchtung, Tageslicht, Lichtmanagement, oder Maßnahmen im Gebäudeinneren werden hier be­schrieben und auf Grundlage eines Kriterienkatalogs im Hinblick auf Effizienz, Lichtqualität und thermische Nutzeffekte bewertet. Der Technology Viewer ermöglicht den direkten 1:1-Vergleich unterschiedlicher Technologien.

Auswahl aus insgesamt 35 zur Sanierung von Beleuchtungsanlagen geeigneten Techniken

Auswahl aus 24 untersuchten Fallstudien

Fallstudien

Dieser Teil präsentiert 24 Fallstudien, die in verschiedenen geographischen Breiten und Klimazonen
realisiert wurden (u.a. Büroräume, Bildungs­ein­richtungen, Produktionsstätten, Großhandelsmärkte, Kureinrichtungen/Bäder, etc.). Alle Fallbeispiele wurden auf der Grundlage eines neu entwickelten Monitoring-Protokolls evaluiert, das u.a. Kosten, Beleuch­tungs­energieverbrauch, Lichtverhältnisse sowie Nutzeraspekte berücksichtigt. Umfangreiches Bild­material und Datentabellen ergänzen die Darstellungen.

Zusammenstellung von Tools / Auflistung von Kennzahlen

Diese Komponenten dienen zum Vergleich unterschiedlicher Instrumente und Metriken/ Kennzahlen und deren Verwendbarkeit bzw. Anwendung bei der Erneuerung von lichttechnischen Anlagen.

Umfrage

In diesem Teil werden die Ergebnisse einer großangelegten Umfrage unter mehr als 1000 Praktikern zum Thema Tools und Methoden in der lichttechnischen Sanierung vorgestellt.

Lichttechnische Vor-Ort-Bewertung eines Konferenzraumes mittels des „On-site Optimizers“ des Lighting Retrofit Adviser.

Berechnungsteil

Das Instrument umfasst unter anderem folgende „Berechnungsmöglichkeiten”:

Benchmarking

Vergleich von angeschlossener Leistung und Beleuchtungs­energieverbrauch des zu berechnenden Gebäudes mit typischen Kennwerten.

„On-site Optimizer“

Da Gebäude über dezentrale Beleuchtungsanlagen verfügen, fehlen oft detaillierte Informationen zu Effizienz, Betriebsstunden und somit letztlich zur Wirtschaft­lichkeit dieser Anlagen. Der On-site Optimiser ermöglicht eine Vor-Ort-Bewertung und somit die direkte Analyse von Energieeinsparpotentialen (Energie, CO2-Ausstoß, Wirtschaftlichkeit). Durch die automatische Generierung von Sanierungsvorschlägen unterstützt diese Funktion ferner die Entwicklung möglicher Lösungen.

CFS-Express

Der „CFS-Express” ermöglicht es, in wenigen Sekunden die Wirkung verschiedener Fassadensysteme (Sonnen-/ Blendschutz) auf die natürliche Beleuchtung von Innenräumen und den Beleuchtungs­energiebedarf abzuschätzen. Er liefert stündliche Werte über ein Jahr. Zur Wahl stehen weltweit 19 repräsentative Standorte.

Ausblick

Der Beleuchtungs- und auch der Fassadenmarkt entwickeln sich nach wie vor sehr dynamisch weiter. Eine verbesserte Abstimmung von Tageslicht und Kunstlicht in  Innenräumen unter dem Primat der Steigerung der Nutzerakzeptanz bei zugleich erhöhter Energieeffizienz ist eines der nächsten großen, Branchen übergreifenden Themen. Wie viele Studien zeigen, bleibt die natürliche Ressource Tageslicht die von den Nutzern präferierte Lichtquelle. Diese muss geschützt werden vor einer einfachen Substitution oder Nachbildung („Mimicking“) durch günstiges elektrisches Licht. Diese Fragestellungen, die auch einen Einfluss auf zukünftige Sanierungsstrategien haben werden, sollen in einem in der Initiierungsphase befindlichen neuen Projekt der IEA „Integrated solutions for daylight and electric lighting“ adressiert werden.

Weitere Informationen

Die Arbeitsergebnisse des IEA SHC Task 50 stehen unter http://task50.iea-shc.org/ zur Verfügung.
Der Lighting Retrofit Adviser steht in Versionen für verschiedenen Plattformen zur Verfügung: Desktop-, web-basiert, Android, IOS, Windows Phone.
Link zur web-basierten Version http://www.lightingretrofitadviser.com/#TechViewerMain?root=true

Logos

Autoren

Jan de Boer, Simon Wössner, Marc Fontoynont, Martine Knoop, Bernhard Paule, Jérôme Kaempf und Marie-Claude Dubois

Dr.-Ing. Jan de Boer ist Gruppenleiter Lichttechnik der Abteilung Wärmetechnik des
Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (Deutschland). Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Rückgewinnung von Wertstoffen aus industriellen Abwässern mit innovativen Membrantechnologien - ReWaCEM

Im Rahmen des Projektes ReWaCEM werden Wertstoffe aus Abwässern der metallverarbeitenden Industrie in vier Pilot-Demonstrationsanlagen mittels Diffusionsdialyse und Membrandestillation rückgewonnen.

Das Ziel des Projektes ist es, durch den Einsatz der Membrandestillation sowie der Diffusionsdialyse eine Verringerung des Wasserverbrauchs und des Energieverbrauchs zu erzielen, sowie die Rückgewinnung wertvoller metallischer Ressourcen zu ermöglichen. Eine Reduktion des Wasser-Fußabdrucks in der Metallbeschichtungs-, Galvanik- und Leiterplattenindustrie um 30-90% soll damit erreicht werden. Zur Umsetzung dieser Ziele werden in ReWaCEM zwei neuartige Membrantechnologien - Membrandestillation (MD) und Diffusionsdialyse (DD) - als integrierte Hybridverfahren angewandt, welche für geschlossene Stoffkreisläufe und Rückgewinnungskonzepte in der metallverarbeitenden Industrie geeignet sind.
Die Technologien kommen entsprechend der Anforderungen in repräsentativen industriellen Anwendungen der metallurgischen Industrie in vier Pilot-Demonstrationsanlagen zum Einsatz.

AEE  INTEC leitet Arbeiten an der Membrandestillation  am Demonstrationsort Fehring in Österreich bei dem internationalen Leiterplattenhersteller und Projektpartner AT&S. Nach prinzipiellen Eignungs- und Beständigkeitstests wird die Anlage entworfen und gebaut.

Die erfolgreiche Auswertung der Ergebnisse wird zum Up-Scaling der Technologie und einer schrittweisen Markteinführung in einem Folgeprojekt führen. Die metallverarbeitende Industrie wird durch die technologische Innovation in Bezug auf die anfallenden Kosten große Einsparungen verzeichnen und positive Effekte auf die Umwelt mit deutlich eingespartem Chemikalienbedarf und verringerten Abwassermengen erzielen.

Auftraggeber

Europäische Kommission - Horizon 2020

Logos

Projektpartner

Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., Deutschland

AEE – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE  INTEC), Österreich

VDEh-Betriebsforschungsinstitut GmbH, Deutschland

Universität Palermo, Italien

Plataforma Solar de Almería (PSA), CIEMAT, Spanien

Deutsche Edelstahlwerke GmbH, Deutschland

SolarSpring GmbH, Deutschland

AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft, Österreich

Electroníquel S.A.U., Spanien

DEUKUM GmbH, Deutschland

Associazione Italiana Zincatura, Italien

Universität Stuttgart, Deutschland

Tecnozinco S.r.l., Italien

PSE AG Germany

Ansprechperson

DI Judith Buchmaier, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Qualitätssicherung für Erneuerbare-Wärme-Systeme durch intelligentes Betriebsmonitoring

Studien wie die Strategische Forschungsagenda der ESTTP (European Solar Thermal Technology Platform) in Bezug auf Erneuerbares Heizen und Kühlen zeigen, dass rund 50% des Endenergieverbrauchs in Europa in den Bereich der Wärmeversorgung fließen [1]. Dementsprechend ist es unumgänglich, dass erneuerbare Energieträger eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung übernehmen, um nationale wie europäische Klima- und Energieziele zu erreichen. Großes Potenzial hat hier die kombinierte Nutzung von solarthermischer Energie und Biomasse, sowie die Kombination  mit fossilen Energieträgern wie Erdöl und Erdgas. Um dieses Potenzial zu nutzen und eine wirtschaftliche und dadurch breitenwirksame Anwendung von Erneuerbare-Wärme-Technologien zu ermöglichen, spielt die Einhaltung und Erreichung hoher Qualitätsstandards im Bereich der Planung, der Ausführung und dem laufenden Anlagenbetrieb eine wichtige Rolle.

Das im Projekt Methodiqa entwickelte automatisierte Monitoring ist für unterschiedliche Wärmeversorgungsanlagen (Solarthermie, Biomasse, etc.) anwendbar. Foto: AEE  INTEC

Ausgangslage

Qualitätsinitiativen der letzten Jahre zielten hauptsächlich auf die Planung und die Inbetriebnahme von Anlagen ab und weniger auf den Betrieb der Anlagen. Die kontinuierliche Überwachung der Systeme (Betriebsmonitoring) ist jedoch die Basis für einen langfristig technisch und wirtschaftlich erfolgreichen, ökologisch sinnvollen Anlagenbetrieb. Dadurch können  das volle technische und wirtschaftliche Potenzial erneuerbarer Energieträger bei der Wärmeversorgung ausgeschöpft  und hohe Qualitätsstandards im Anlagenbetrieb sichergestellt werden. Derzeit schränken jedoch vor allem zwei Aspekte die Durchsetzung und Einhaltung von Qualitätsstandards für den Anlagenbetrieb ein:

  1. Zu hohe Kosten - Detailliertes Betriebsmonitoring wird in der Praxis aus Kostengründen kaum durchgeführt, was zu deutlichen Effizienzeinbußen führt.
  2. Komplexität der Systeme - Wärmeversorgungsanlagen, die Erneuerbare-Wärme- Technologien nutzen sind häufig auch multivalent, d.h. verschiedene Wärmeerzeugungstechnologien wie Biomasse und Solarthermie werden kombiniert. Probleme bei diesen Anlagen treten in der Regel nicht in einzelnen Komponenten auf, sondern im komplexen Zusammenspiel verschiedener Systemteile.

Genau hier setzt das Projekt METHODIQA an. In dem Projekt wurden die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für ein automatisiertes und dadurch kostengünstiges, aber qualitativ hochwertiges computergestütztes Monitoringsystem für erneuerbare Wärmeversorgungsanlagen mit Fokus auf Solarthermie und Biomasse erarbeitet. Damit besteht mittelfristig die Möglichkeit die Kosten für Betriebsmonitoring zu senken und das komplexe Zusammenspiel der Systemteile zu optimieren.

Dies soll zu einem verbesserten Image der erneuerbaren Energien beitragen, deren technische Entwicklung vorantreiben, erhöhte Investitionssicherheit bieten und damit deren Wettbewerbsfähigkeit und Bedeutung am Markt stärken.

Das Projekt Methodiqa wurde unter der Leitung von AEE INTEC gemeinsam mit den Projektpartnern S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation und Design m.b.H. und Cerebra Informationssysteme GmbH bearbeitet. S.O.L.I.D. brachte ihr Fach- und Praxiswissen aus dem Bereich der Planung, des Baus und insbesondere des Betriebes von Solarthermieanlagen ein und validierte die Methodik. Cerebra unterstützte die Entwicklung in Hinblick auf softwaretechnische Fragestellungen und konnte ein lauffähiges Funktionsmuster eines automatisierten und intelligenten Monitoringtools softwaretechnisch realisieren. Das Forschungsprojekt wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „NEUE ENERGIEN 2020“ durchgeführt.

Als Basis für die markt- und praxisorientierte Entwicklungsarbeit wurde unter Einbindung ausgewählter Zielgruppenvertreter eine umfangreiche  Analyse der Marktbedingungen und Anforderungen durchgeführt. Darauf aufbauend wurde eine umfassende konsistente Methodik entwickelt, die alle Prozesse und den gesamten Prozessablauf des automatisierten Monitoringsystems enthält. Dazu gehören

  • die Konfiguration der Wärmeversorgungsanlagen, mit einem eigens dafür konzipierten Blocksystem
  • der Import und die Aufbereitung (Plausibilisierung, Regularisierung) von Messdaten
  • die algorithmenbasierte Analyse und Diagnose der Daten
  • die Aufbereitung und Visualisierung der Analyse-Ergebnisse und
  • das Berichts- und Benachrichtigungsmanagement



Matrix des ausgehend von einer Zielgruppen- und Anforderungsanalyse entwickelten Monitoring-Konzepts von METHODIQA. Auf der linken Seite sind vertikal sechs Bereiche des Monitoring-Prozessablaufs aufgelistet, oben horizontal sind die Prozessebenen dargestellt.

Zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses und zur Validierung der Methodik wurde ein software-technisches Funktionsmuster umgesetzt. Das Funktionsmuster ist grundsätzlich lauffähig und kann alle Prozessschritte eines automatisierten Monitorings ausführen, wobei aufgrund des aktuellen Entwicklungsstandes insbesondere bei der Anlagenerfassung und -konfiguration sowie beim Ablauf der Analyse-Algorithmen und der Darstellung der Ergebnisse in Form von Plots noch manuelle Eingriffe erforderlich sind. Weiters ist die Anzahl an Algorithmen begrenzt, da der Fokus des Projekts METHODIQA in erster Linie auf der Entwicklung der Methodik für das automatisierte Monitoring-System lag – dieses System bildet dann die Grundlage für die Entwicklung weiterer Analyse-Algorithmen. Dennoch wurden im Projekt METHODIQA einige wichtige und wirkungsvolle Algorithmen entwickelt.

Wesentliche Vorteile des METHODIQA-Systems sind

  • die Automatisierung eines zeit- und ressourcenaufwendigen Prozesses (Aufbereitung sowie Aus- und Bewertung von Messdaten)
  • die Flexibilität des Systems hinsichtlich verfügbarer Anlagen-Messtechnik, Datenformaten und Anlagen-Hydrauliken (Blocksystem)
  • die Reproduzierbarkeit der Auswertungen und Analyse-Ergebnisse mit guter Vergleichbarkeit zwischen mehreren Anlagen auf Basis zentral entwickelter und gewarteter Algorithmen
  • die automatisierte und hochqualitative grafische Darstellung der Ergebnisse

Im Zuge der Validierung wurden die erarbeiteten wissenschaftlichen und technischen Grundlagen auf reale Anlagen und deren Betriebsdaten angewendet und es konnte gezeigt werden, dass mit der entwickelten Methodik ein tragfähiges Grundgerüst für die Realisierung eines wissenschaftlich fundierten, robusten und kostengünstigen Anlagenmonitorings zur Verfügung steht, das herstellerunabhängig anwendbar ist („proof of concept“). Durch den modularen und intelligenten Aufbau der Methodik ist diese flexibel erweiterbar, sodass zukünftig nicht nur Solarthermie- und Biomasseanlagen sondern auch andere Anlagenkombinationen und Technologien (z.B. Wärmepumpen) oder auch anderen Themengebieten (Stromerzeugung und Versorgung, Haustechnik, Gebäudemonitoring, etc.) automatisiert analysiert und ausgewertet werden könnten.

Mögliche nächste Schritte in Hinblick auf die Weiterentwicklung des Systems und einer zukünftigen kommerziellen Nutzung sind der systematische Einsatz der Methodik in wissenschaftlichen Anlagen-auswertungen wie beispielsweise im Rahmen einer Begleitforschung für Wärmeerzeugungsanlagen und die technische und wirtschaftliche Auswertung von Anlagen und Komponenten. Ergänzend dazu sind weitere wissenschaftliche Grundlagenarbeiten zur Erweiterung der Methodik auf hybride Systeme und neue Anwendungsgebiete erforderlich, wie etwa die Erfassung weiterer Anlagenkomponenten, die signifikante Erweiterung der technisch-wissenschaftlichen Berechnungsgrundlagen in Form von Auswertealgorithmen oder die automatisierte und umfassende Evaluierung der Datenqualität und deren Implementierung in die Berechnungslogik.

Der Endbericht zum Projekt wird in Kürze auf der Seite des Klima- und Energiefonds veröffentlicht.

Logo klima energie fonds

Weiterführende Informationen

  1. Strategic Research Priorities for Solar Thermal Technology, European Solar Thermal Technology Panel (ESTTP) of the European Technology Platform on Renewable Heating and Cooling (RHC-Platform), Brussels 2012, http://www.rhc-platform.org/fileadmin/Publications/Solar_thermal_SRP.pdf

Autoren

Dipl.-Ing. Harald Schrammel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Netzgebundene Energieversorgung und Systemanalysen bei AEE  INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Daniel Tschopp ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE  INTEC

Dipl.-Ing. Philip Ohnewein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE  INTEC und Leiter des Projekts Methodiqa

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