Zeitschrift EE

Die Industrie wird grüner

Von Stefan Keller und Diethold Schaar

Steigende Energiepreise, Klimawandel und der öffentliche Druck veranlassen heimische Großverbraucher, in Sachen Energieeffizienz einen Gang zuzulegen. Im Klimaschutzbericht 2018 werden dem Sektor Industrie rund 36 Prozent der österreichischen Treibhausgas-Emissionen zugeordnet. Wir geben einen Überblick, wo heimische Unternehmen bei der Nutzung erneuerbarer Energien und bei der Reduktion der Treibhausgase den Hebel ansetzen.

Produzierende Großbetriebe in Österreich wollen energieeffizienter werden. Es geht darum, Kosten zu sparen, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und gleichzeitig Abhängigkeiten zu reduzieren. CO2-Neutralität ist ein wichtiges Argument, denn wer möchte heute noch als Klimaschädling an den Pranger gestellt werden? Immer mehr Unternehmen investieren daher in nachhaltige Produktionen und in die Nutzung erneuerbarer Energie.

Der Innviertler Industrieelektronikhersteller B&R, mit mehr als 3000 Mitarbeitern weltweit, ist so eine Vorzeigefirma und wurde auch schon als besonders energieeffizientes Unternehmen ausgezeichnet. Im österreichischen Hauptquartier von B&R gelang mit dem Einsatz der selbstoptimierenden Regelungstechnik aus der hauseigenen Entwicklungsabteilung eine deutliche Reduktion des Energieverbrauchs. In sämtlichen Heiz- und Kühlkreisläufen der Fertigungs- und Bürogebäude wurden Wärmerückgewinnungsanlagen eingebaut. Seit kurzem ist zusätzlich eine Photovoltaikanlage, mit einer Fläche von rund 7500 Quadratmeter und einer Spitzenleistung von einem Megawatt, am Dach der Produktionshalle in Betrieb. Man rechnet mit einem Jahresertrag von rund einer Million Kilowattstunden, der fast zur Gänze von B&R selbst verbraucht wird. Damit handelt es sich um eine der größten Eigenverbrauchsanlagen Österreichs.

Gesamt betrachtet ist das allerdings erst der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. „Ein vollständiger Umstieg der Industrie auf Energie aus erneuerbaren Quellen ist heute technisch noch nicht möglich“, heißt es im Bericht „Renewables4Industry“, der 2017 im Auftrag des Klima- und Energiefonds als Diskussionspapier für die Erstellung eines Fahrplans zur CO2-Reduktion in der heimischen Industrie verfasst wurde. Der Bericht wurde unter der Leitung des Energieinstituts an der Johannes-Kepler-Universität mit der Beteiligung weiterer Forschungsnternehmen – unter anderem auch AEE INTEC – erstellt.

Mehr als ein Drittel des weltweiten Energieverbrauchs geht auf das Konto der Industrie

Wenn die Industrie zur Gänze auf erneuerbare Energie umsteigen soll, müssen dafür mehrere Rahmenbedingungen erfüllt sein.

Ein ganz wesentlicher Aspekt wird die Steigerung der Effizienz in allen Bereichen sein: von der Energieeinsparung bei Maschinen, Prozessen und Bauwerken bis zur sinnvollen kaskadischen Nutzung, damit z.B. die Abwärme aus industrieller Fertigung in lokale thermische Netzwerke eingespeist werden kann.

Und dann benötigt man natürlich erneuerbare Energie in entsprechender Menge und mit Versorgungssicherheit. Dazu müssen die Abläufe und Prozesse in den Unternehmen besser an das stark schwankende Angebot der erneuerbaren Energien angepasst werden. Zusätzliche Speichermöglichkeiten können hier ebenfalls Abhilfe schaffen.

Zu guter Letzt benötigt man intelligente Netzwerke mit Standards, Normen und Regeln für die Teilnahme unterschiedlichster Partner in der Welt der erneuerbaren Energien. Unternehmen können gleichzeitig Abnehmer und Lieferant von Energiedienstleistungen sein; sie können lokal, regional oder überregional vernetzt und starken Schwankungen unterworfen sein.

Für den Bericht wurden mehrere Szenarien durchgespielt. Aus allen Varianten geht hervor, dass die Elektrifizierung als einziger Weg zur Reduktion der CO2-Emissionen nicht zielführend ist. In dem Fall würde nahezu das gesamte im Inland verfügbare elektrische Energiepotenzial ausschließlich für die Industrie verwendet werden.

„Es müssen Methoden und Werkzeuge entwickelt werden, die eine regionale, überregionale und sektorübergreifende Energieraumplanung möglichst einfach und effizient ermöglichen“, fassen die Autoren zusammen. Diese Methoden und Werkzeuge sollen sicherstellen, dass der Primärenergieeinsatz durch aufeinander abgestimmte Maßnahmen minimiert werden kann. Die Abwärme von Industrieöfen zum Beispiel soll nicht einfach an die Umwelt abgegeben, sondern für in der Nähe liegende Unternehmen, Siedlungen oder öffentliche Einrichtungen genutzt werden.

Je besser solche Kaskaden in einer Region funktionieren, umso weniger zusätzliche Energie muss für die Versorgung aller Beteiligten aufgebracht werden.

Ein Musterbeispiel dafür soll das neue High-Tech-Werk der Voestalpine in Kapfenberg werden. Im April des Vorjahres erfolgte der Spatenstich zum weltweit modernsten Edelstahlwerk, in dem mittels volldigitalisierter Prozesse 200.000 Tonnen Hochleistungsstahl pro Jahr erzeugt werden sollen. Das Werk erhält europaweit Aufmerksamkeit, nachdem mehr als vier Jahrzehnte lang auf dem gesamten Kontinent kein Stahlwerk mehr errichtet worden ist.

Nach dreijähriger Bauzeit soll es seinen Betrieb aufnehmen und neben den technologischen Spitzenleistungen auch neue Standards im Umweltschutz setzen. Zum Beispiel bei der Entstaubung von Schmelzaggregaten und der Werkshalle. Bei einem Entstaubungsvolumen von fast vier Millionen Normkubikmeter je Stunde wird die Leistung der Anlage konsequent an die jeweilige Produktionssituation angepasst. So können Spitzen bei Chargierung und Abstich prozessgerecht aufgefangen werden, was zu einer starken Verringerung des Elektroenergieaufwands und gleichzeitig zu weniger Gebläselärm führt.

Im Zentrum der Edelstahl-Produktion im neuen Voestalpine-Werk steht der Elektrolichtbogenofen, der hochreinen Schrott und Legierungsmetalle zu Edelstahl verschmilzt. Der Ofen wird angeblich zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben (Trotz Rückfrage erhielten wir keine Auskunft in welchem Ausmaß dafür tatsächlich Strom aus erneuerbaren Quellen verwendet wird und in welcher Menge Zertifikate verwendet werden um konventionellen Strom „grün zu waschen“). Zur Senkung des Lärmpegels, der in bestimmten Prozessphasen den Schmerzschwellenbereich überschreiten kann, wird der Ofen mit einer Einhausung versehen, dem sogenannten „Doghouse“. Seine Paneele minimieren die Übertragung von Lärm in die Werkhalle und in die Umgebung.

Auch das neue Abwärme- und Wärmerückgewinnungsverfahren verspricht einen hohen Umwelteffekt: Die in den Schmelzaggregaten entstandene Wärme wird zunächst in einem Heißwasserspeicher zwischengelagert, bevor sie dann größtenteils in das Fernwärmenetz der Stadt Kapfenberg beziehungsweise in das firmeninterne Fernwärmenetz einfließt. Die erwartete Menge ist 22 GWh pro Jahr.

Ein Teil der Wärme kann durch den Einsatz von Absorptionstechnologie in Kälte umgewandelt und zur Kühlung werksinterner Prozesse verwendet werden, was die Entnahme von Kühlwasser aus dem nahegelegenen Thörlbach um mehr als 90 Prozent senken wird.

Nicht nur bei der Emission von Treibhausgasen liegt die heimische Industrie an erster Stelle, auch bei der Nutzung von Strom ist das der Fall. Nach den Berechnungen der Interessensvertretung der österreichischen E-Wirtschaft entfällt fast die Hälfte des Stromverbrauchs auf diesen Bereich. Und der Bedarf nimmt bei konstantem Wirtschaftswachstum zu: in den Prognosen der österreichischen Energieagentur steigt der Strombedarf für die Industrie bis 2030 fast um 50 Prozent im Vergleich zu heute. Der gesamte Energiebedarf der Industrie soll in dem Zeitraum von rund 350.000 Terajoule auf rund 540.000 Terajoule 2030 anwachsen.

Im NEFI-Projekt „Smart Business Models for Industry“ werden Modelle für die flexible und bedarfsgerechte Vermarktung von erneuerbarer Energie aus verschiedenen Quellen durchgespielt (s. auch www.nefi.at)

Die Zahlen legen nahe, dass Handlungsbedarf besteht. Und nachdem die einfachen Potenziale - der Energiewende schon zu einem guten Teil genutzt sind, geht es jetzt darum, sich komplexeren technologischen Herausforderungen zuzuwenden.

Zu dem Zweck wurde im Jahr 2017 das NEFI-Konsortium, ein Innovationsverbund aus Wissenschaft, Technologieanbietern und Unternehmen, unter der Leitung des Lehrstuhls für Energieverbundtechnik an der Montanuniversität Leoben und des Austrian Institute of Technology (AIT), ins Leben gerufen. NEFI steht für „New Energy for Industry“ und hat die Versorgung der heimischen Industrie mit 100 Prozent erneuerbarer Energie bis zum Jahr 2050 zum Ziel.

80 Unternehmen, 14 Forschungseinrichtungen und zahlreiche Partnerunternehmen arbeiten an Vorzeigeprojekten, mit denen der Industriestandort Österreich abgesichert und eine umweltfreundliche Technologie „Made in Austria“ entwickelt werden soll. Träger und Fördergeber der Initiative sind neben dem Bund vor allem die industrieintensiven Bundesländer Oberösterreich und die Steiermark.

„Die Dekarbonisierung der Industrie ist eine wesentliche Säule, um unsere Klimaziele zu erreichen“, formuliert es Thomas Kienberger, Lehrstuhlleiter für die Energieverbundtechnik an der Montanuni Leoben. „Das wird in Österreich nur dann gelingen, wenn bei der Umstellung der industriellen Prozesse auf erneuerbare Energie Standortsicherheit gegeben ist und Österreich seine Vorreiterrolle als Exporteur hochwertiger Technologien beibehalten kann. Dass das geht, wollen wir in NEFI zeigen.“

Zur Realisierung dieser Ziele wird ein offener Prozess in mehreren Innovationsfeldern angestoßen, durch den neue Projekte entwickelt sowie erprobte Technologien demonstriert und bis zur Marktreife gebracht werden sollen. Über die Ziele der ersten Leuchtturmprojekte berichtete Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Hribernik, Head of Center for Energy am AIT und Verbundkoordinator von NEFI in einer der vergangenen Ausgaben der Zeitschrift „nachhaltige technologien“: Im Bereich Energieeffizienz beschäftigt man sich etwa konkret mit der Frage, wie Wärme in unterschiedlichen Industriezweigen möglichst effizient erzeugt, umgewandelt, gespeichert und rückgewonnen werden kann. Die Projekte „OxySteel“ und „HyStEPs“ zielen darauf ab, die Energieeffizienz in der Stahlproduktion durch Sauerstoffeintrag zu erhöhen und einen innovativen, energieeffizienten Hybridspeicher für die Bereitstellung von Dampf zu entwickeln. Bei „envIoTcast“ wiederum nutzt man neueste digitale Technologien, wie das Internet der Dinge, zur optimalen Wärmerückgewinnung beim Aluminiumguss. Höhere Flexibilität und Effizienz in der Lebensmittelindustrie stehen im Mittelpunkt von „EDCSproof“, wo durch die Integration von nachhaltigen Technologien und intelligenter Prozesssteuerung rund 300.000 Tonnen CO 2 pro Jahr eingespart werden sollen.

Darüber hinaus werden neue Lösungen erprobt, um erneuerbare Energie in Industriebetrieben zu nutzen und in lokale Wärme- und Stromnetze einzubinden. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Smart Anergy Quarter Baden“, in dem ein Wohn- und Gewerbegebiet mit Niedertemperatur-Abwärme aus der nahe gelegenen NÖM Molkerei versorgen soll. Im „Gmunden High Temperature Link“ will man 50 bis 60 Gigawattstunden fossiler Brennstoffwärme durch eine ganzjährige Auskopplung von Hochtemperatur-Abwärme aus dem Zementwerk Gmunden einsparen. Aber auch die Tourismusindustrie wird in die Betrachtung einbezogen – im Projekt „Clean Energy for Tourism“ geht es unter anderem darum, durch Lastmanagement im Bereich der Stromnetze die Tourismusinfrastruktur vor allem in den besonders energieintensiven Wintermonaten zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie zu versorgen.

In so gut wie allen Unternehmen wird letztendlich ein Bündel an Maßnahmen notwendig sein, um die Umstellung auf erneuerbare Energie bewältigen zu können. Thermische Dämmung und Sanierung, Analyse und Anpassung der Prozesse und Abläufe, und permanentes Optimieren der Energienutzung im Betrieb und im Verbund mit Partnern.

Photovoltaikanlage auf dem Dach des Betriebsgebäudes von B&R

Wer rechtzeitig damit begonnen hat, hat bereits einen Teil der dafür notwendigen Lernkurve hinter sich.

Der Mietwäsche-Spezialist Salesianer Miettex bearbeitet etwa 350 Tonnen Wäsche am Tag. Das Unternehmen hat sich frühzeitig mit dem Thema Nachhaltigkeit im Textilmanagement auseinandergesetzt und gibt ganz offen zu, dass der Druck des Marktes ein wesentlicher Grund dafür war. Inzwischen ist Salesianer-Miettex mit seinen Garantien für Hygiene und Nachhaltigkeit bei Tischwäsche, Bettwäsche, Berufskleidung und Krankenhaustextilien europaweit ganz vorne dabei. Um das zu dokumentieren, hat das Unternehmen 2016 seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht und listet die getroffenen Maßnahmen detailliert auf. Durch Prozessoptimierung konnten der Energieverbrauch pro Kilogramm Wäsche um fast 30 Prozent und der Wasserverbrauch um rund 40 Prozent gesenkt werden. Das warme Abwasser wird – soweit möglich – zur Vorwäsche genutzt oder über einen Wärmetauscher zur Vorwärmung des kalten Weichwassers geführt. Durch eine neue Entwässerungspresse muss im Trockenprozess weniger Wasser verdampft werden. An zwei Standorten wurde von Heizöl auf Erdgas umgestellt und auch die Tourenoptimierungen bei der Auslieferung der Wäsche spart Energie. An vier Standorten gibt es schon Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 1,2 MWp. Sechs weitere Projekte für Photovoltaikanlagen sind in Planung. Innerhalb von zwei Jahren konnte mit diesen Maßnahmen der ökologische Fußabdruck pro Kilogramm bearbeiteter Wäsche um fast 20 Prozent reduziert werden.

Aber die Uhr tickt weiter. Trotz aller Erfolge sind die derzeitigen Maßnahmen nicht ausreichend für eine Dekarbonisierung der Industrie. Auch wenn die Ziele spätestens seit dem Klimaschutzabkommen von Paris klar sind – viele Wege zum Ziel sind erst in Entwicklung. Die Autoren von „Renewables4Industry“ halten daher fest: „Es ist ersichtlich, dass für diese große Aufgabe entlang der gesamten ,Chain of Innovation‘ Aktivitäten zu setzen sein werden, um entsprechende ,Breakthrough Technologies‘ in 20 bis 30 Jahren marktreif zu haben und als österreichische Innovationen international anbieten zu können.“

Links zum Thema:

Projekt SynErgie in Deutschland

Einen ähnlichen Weg wie in Österreich geht man auch in Deutschland. Für das Projekt SynErgie haben sich ebenfalls mehr als 80 Partner aus Forschung, Industrie und gesellschaftlichen Organisationen zusammengetan. Untersucht wird dabei, wie der Energiebedarf der produzierenden Industrie mit dem schwankenden Angebot der erneuerbaren Energielieferanten synchronisiert werden kann und welche allgemein gültigen Ansätze sich daraus ableiten lassen. „Wenn wir Unternehmen nur dazu bringen, ihre Anlagen in einem bestimmten Rhythmus einzuschalten, der dem momentanen Angebot an Strom angepasst ist, lässt sich enorm viel Energie sparen, weil vorübergehende Stromüberschüsse nicht verloren gehen“, erläutert der Projektverantwortliche, Prof. Eberhard Abele, Leiter des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) an der TU Darmstadt. „Vielmehr wird die Produktion auf Zeiten eines hohen Stromangebotes verlegt, was die Stromnetze entlastet.“

Vergleichbares Konzept in Deutschland

Bei Untersuchungen in einzelnen Branchen hat sich schon gezeigt, dass es Möglichkeiten der Lastverschiebung in den Prozessen gibt. Jetzt geht es darum, einen allgemein gültigen Ansatz dafür zu finden. Dazu werden Fragen gestellt, wie: Wieviel Flexibilisierungspotenzial bezüglich des Stromverbrauchs besteht? Wie können Branchen und Regionen dazu bewegt werden, diese Potenziale zu nutzen? Lässt sich mancherorts der Netzausbau vermeiden?

Eine Pilotanlage und Demonstratoren sollen letztendlich die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis testen und veranschaulichen. Ziel ist aber nicht nur, die ökonomisch besten Lösungen zu finden, sondern auch die sinnvollsten für die Gesellschaft. Dem Ansatz der Nachhaltigkeit entsprechend, werden mit SynErgie daher auch soziale Fragestellungen beleuchtet, denn Flexibilisierungsmaßnahmen können auch die Arbeitsplatzbedingungen in Produktion und Logistik beeinflussen. Es müssen also zugleich sinnvolle Arbeitszeit- oder Entkopplungsmodelle für Bediener und Anlage geschaffen werden, um eine breite gesellschaftliche Akzeptanz zu garantieren.

Weitere Information zu diesem Projekt: https://www.kopernikus-projekte.de/projekte/industrieprozesse

Monitoring von solarthermischen Großanlagen

Von Mario Sedlak

Seit 2010 fördert der österreichische Klima- und Energiefonds große Solarwärme-Anlagen. Ausgewählte Projekte wurden von „AEE Institut für Nachhaltige Technologien“ (AEE INTEC) bzw. AIT (Austrian Institute of Technology) über einen Zeitraum von mehreren Jahren jeweils ein Jahr lang im Echtbetrieb wissenschaftlich beobachtet. Die Experten der AEE können alle Arten von Solarthermie­nutzung im Echtbetrieb prüfen und etwaige vorhandene Optimierungspotenziale finden.

Auf den folgenden Seiten stellen wir einige Anlagen zum Zeitpunkt des jeweiligen Monitorings 1 kurz vor. Ein Kriterium für die Auswahl war, die Vielfalt an möglichen Kombinationen bei den solarthermischen Großanlagen abzubilden. Zu allen Anlagen gibt es ausführliche Monitoringberichte online; für detaillierte Informationen greifen Sie bitte auf diese Berichte zu.

Die Fernwärme Graz ist einer der österreichischen Vorreiter bei der Erzeugung von Wärme aus großen Solaranlagen. Foto: picfly.at | Thomas Eberhard

Bei einigen Anlagen konnten mit Hilfe der Begleitforschung Optimierungspotenziale identifiziert und gehoben werden – was einmal mehr zeigt, wie sinnvoll es ist, Solaranlagen im laufenden Betrieb überprüfen zu lassen.

1 Die Monitoringberichte für die hier vorgestellten Anlagen umfassen den Zeitraum 2010 bis 2012 und geben den Status zu diesem Zeitpunkt wieder. Anlagen können in der Zwischenzeit verändert worden sein. Die Erkenntnisse aus dem Monitoring sind für ähnlich konzipierte Anlagen immer noch von Relevanz. Die detaillierten Informationen zu den einzelnen Anlagen finden Sie in den Berichten des jeweiligen Jahres auf der Homepage www.solare-grossanlagen.at. Wir haben bei jeder Anlage dazugeschrieben, in welches Berichtsjahr das Monitoring gefallen ist.

KATEGORIE EINSPEISUNG IN WÄRMENETZE

Fernheizwerk Graz Süd

  • 489 kWh/m2a
  • 0,12 % solarer Deckungsgrad
  • 2490 m2 2-fach abgedeckte Flachkollektoren
  • kein Pufferspeicher

Die größte österreichische solarthermische Anlage ist erweitert worden. Trotz ho­hem Temperaturniveau des Fern­wärme­netzes, in das direkt eingespeist wird, ist der Ertrag sehr gut. Durch eine genauere Drehzahl­regelung konnte eine verbesserte Anpassung des Volumenstroms an die schwankende Sonnen­einstrahlung erreicht werden, was eine konstantere Vorlauf­temperatur und somit ein höheres Potenzial zur Netzeinspeisung be­deutet. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2011.

Foto: S.O.L.I.D.

Nahwärme Eibiswald, Stmk.

  • 431 kWh/m2a
  • 12 % solarer Deckungsgrad (im Sommer bis 91 %)
  • 2450 m2 Flachkollektoren, tw. 2-fach abgedeckt
  • 105 + 68,5 m3 Pufferspeicher

Bei dieser Anlage wird die Sonnenenergienutzung mit einem Bio­masse-Heizwerk kombiniert. Sommerliche Überschüsse werden für die Hackgut-Trocknung verwendet. Pufferspeichermanagement und Kesseleinsatz zeigten keinerlei Optimierungspotenzial. Die Kombination, insbesondere die kaskadische Nutzung unterschied­licher Kollektortypen, erwies sich als effiziente, kostengünstige Option. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2011.

Foto: AEE INTEC

Salzburg Lehen

  • 533 kWh/m2a
  • 25 % solarer Deckungsgrad
  • 2048 m2 Flachkollektoren
  • 200 m3 Pufferspeicher

Das Besondere dieses Projekts ist eine speichergekoppelte Wärmepumpe, die Solarerträge geringer Temperatur als Wärme­quelle nutzt und somit einen erheblichen Anteil am vergleichsweise hohen spezifischen Solarertrag hat. Gleichzeitig vergrößert das er­ zielte tiefe Temperaturniveau im unteren Teil des Puffer­speichers das nutzbare Speichervolumen. Die mittlere Laufzeit der Wärme­pumpe ist außerordentlich hoch, da nur ein Teil der Grundlast abge­deckt wird. Das Konzept hat sich bewährt. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2011.

Foto: AEE INTEC

Nahwärme Weichstetten, St. Marein, OÖ

  • 421 kWh/m2a
  • 8 % solarer Deckungsgrad
  • 250 m2 Flachkollektoren
  • 20 m3 Pufferspeicher

In diesem Fallbeispiel entlasten die Sonnenkollektoren einen Hackgutkessel. Relativ niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen ermöglichen einen effizienten, ertragreichen Betrieb der Solar­anlage. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: Nahwärme Weichstetten

Nahwärme Großklein, Stmk.

  • 418 kWh/m2a
  • 7,8 % solarer Deckungsgrad
  • 485 m2 Flachkollektoren
  • 50+5 m3 Pufferspeicher

Hier werden die Sonnenkollekto­ren mit einem Biomasse­kessel und zwei Ölkes­seln kombiniert. Zwei dezentrale Kollektorflächen versorgen primär ein Ärztezentrum und speisen Überschüsse in das Nahwärmenetz ein. Durch eine umgesetzte Optimierung konnte das Auftreten von unnötigen Pumpen- und Rohrverlusten reduziert sowie eine Durch­mischung sekundärseitiger Pufferspeicher vermieden werden. ­ Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: AEE INTEC

Krankenhaus Elisabethinen, Graz

  • 504 kWh/m2a
  • 49 % solarer Deckungsgrad
  • 362 m2 Flachkollektoren
  • 20 m3 Pufferspeicher

Das ist ein Beispiel für eine Kombina­ tion von Sonnen­ energie mit Fern­ wärme in einem Mikronetz. Die An­lage zeigt ein­ drucksvoll die Leistungsfähigkeit solarthermischer Systeme unter guten Auslegungs- und Betriebsbedingungen. Niedertemperatur­wärmeabgabesysteme, die sogar im Sommer angefordert werden, sorgen für hohe Solarerträge. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2011.

Foto: AEE INTEC

Bundessportzentrum Faaker See, Faak, Kärnten

  • 324 kWh/m2a
  • 8 % solarer Deckungsgrad
  • 250 m2 Flachkollektoren
  • 25 m3 in 6 Pufferspeichern

Hauptwärmelieferanten sind hier zwei Ölkessel. Es handelt sich um eine komplexe Wärmeversorgungsanlage mit über­dimensionierten Frischwas­sermodulen, wodurch hohe Tempera­turniveaus und hohe Volumenströme resultieren. Eine Vielzahl an Einzel­speichern führte zu hohen Wärmeverlusten. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: AEE INTEC

Nahwärme Schillerstraße, Gleisdorf, Stmk.

  • 335 kWh/m2a
  • 2 % solarer Deckungsgrad
  • 250 m2 Flachkollektoren
  • 2 × 15 m3 Pufferspeicher

Die Kollektoren decken weitge­hend den Sommerbedarf ab. Pro­blematisch sind hohe Netztemperaturen, die für einzelne Kunden benötigt werden. Diese sollen in Zukunft dezentral ver­sorgt werden. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: STEWEAG GmbH

Nahwärme Düringer, Schwarzenberg, Vbg.

  • 257 kWh/m2a
  • 9,7 % solarer Deckungsgrad
  • 100 m2 Vakuumröhrenkollektoren
  • 3 m3 Pufferspeicher

Die Sonnenenergienutzung wird hier mit Hackgut- und Ölkesseln kombiniert. Aufgrund eines zu geringen Aufstellwinkels (20 Grad statt 30 Grad) bleiben Schmutz und Schnee auf den Kollektoren liegen. Weil der Speicher klein ist und im Som­mer wenig Wärme benötigt wird, kommt es in der Jahreszeit häufig zur Stagnation der Solaranlage. Der gemessene Wirkungsgrad ist gleich wie bei Flachkollektoren. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: AIT

KATEGORIE SOLARE PROZESSWÄRME

Fleischwaren Berger, Großklein, NÖ

  • 408 kWh/m2a
  • 3,5 % solarer Deckungsgrad
  • 1067 m2 2-fach abgedeckte Flachkollektoren
  • 60 m3 Pufferspeicher

Hier kam erstmals in Österreich ein Montagesystem basierend auf Stahlankern zum Einsatz. Spezielle, in das Erdreich ge­bohrte Stahlanker sorgen da­ bei für den Entfall von Beton­ballast und für eine einfache Nivellierung der Unter­kon­struktion. Dadurch werden Kosten reduziert und die Sicherheit bei Windbelastung erhöht. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: S.O.L.I.D.

Beschlägefabrik Julius Blum, Gaißau-Höchst, Vlbg.

  • 442 kWh/m2a
  • 6,3 % solarer Deckungsgrad
  • 460 m2 Vakuumröhrenkollektoren ohne Glykol
  • 2 × 8 m3 Pufferspeicher

Neben den Sonnenkollek­toren stehen in dieser An­lage Gaskessel und die Abwärme von zwei Kom­pressoren als Wärme­quellen zur Verfügung. Die ­Solarwärme wird hauptsächlich für Beschichtungsbecken (70 °C) verwendet. Ansonsten unterstützt sie die Raumwärme­versorgung. Aus dem Monitoring ergab sich, dass die Frostschutzschaltung der Solaranlage aufgrund falscher Messwerte unnötig aktiviert worden ist. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: Ritter XL Solar

Fixkraft Kraftfutter, Enns, OÖ

  • 343 kWh/m2a
  • 324 m2 Flachkollektoren
  • 6 m3 Pufferspeicher

Die Solaranlage dient zur Vorwärmung von 15 bis 26 Kubikmeter Frischwasser je Tag, was andernfalls mit zwei Gaskesseln erfolgt. Wichtig war bei diesem Pro­jekt, dass auch Abwärme (Rauchgas und Brüdendampf) effizient genutzt werden. Eine beträchtliche Steigerung des solaren Ertrags um rund 24 Prozent könnte bei einer Vergrößerung des Puffer­speichervolumens von 6 Kubikmeter auf 14 Kubikmeter erreicht werden. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: Fixkraft Futtermittel GmbH

Holztrocknung Reich, Gurten, OÖ

  • 473 kWh/m2a
  • 60 % solarer Deckungsgrad
  • 102 m2 Flachkollektoren
  • 10 m3 Pufferspeicher

Die Trocknung von Hackgut erfolgt zu 100 Prozent mit Son­nenenergie. Außer­ dem unte­­rstützt die Solaranlage einen Holzofen. Die Menge des zu trocknenden Hackguts wird auf das zur Verfügung stehende Angebot solarer Wärme angepasst. Im Winter erfolgt keine Trock­nung; dann wird die Solarenergie für Heizung und Warmwasser verwendet. Die Trocknung läuft mit einer Photovoltaik-Anlage. Deshalb kann die Betriebszeit nicht ausgedehnt werden und Wärmeüber­schüsse im Speicher bleiben ungenutzt. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: Rupert Reich

KATEGORIE HOHE SOLARE DECKUNGSGRADE

Seniorenwohnheim Großklein, Stmk.

  • 309 kWh/m2a
  • 19,3 % solarer Deckungsgrad
  • 120 m2 Flachkollektoren
  • 4 × 1,5 m3 Pufferspeicher

Die Sonnenenergie ersetzt hier Fernwärme. Im Sommer erfolgt sogar eine Rückspeisung ins Fernwärmenetz. Aufgrund durchgängig hoher Speicher­temperaturen kam es zu relativ hohen Wärmeverlusten und Kühlraumabwärme konnte nicht genutzt werden. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: AEE INTEC

Landgasthaus Schwab, Gleisdorf, Stmk.

  • 352 kWh/m2a
  • 37,1 % solarer Deckungsgrad
  • 101 m2 Flachkollektoren
  • 6,2 m3 Pufferspeicher

Wärmequelle neben der Sonne ist hier ein Ölkessel. Die Solar­anlage produziert im Sommer Überschüsse. Im Winter könnte einer von zwei Warmwasser­speichern weggeschaltet wer­den, um Wärmeverluste zu ver­kleinern. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: AEE INTEC

Sternen Hotel Wolfurt, Wolfurt, Vbg.

  • 356 kWh/m2a
  • 15 % solarer Deckungsgrad
  • 167 m2 Flachkollektoren
  • 2 × 2,5 m3 Pufferspeicher

Das Hotel ist an die örtliche Nahwärme angeschlossen. Auf­fallend war, dass die Zirkulationsverluste den eigentlichen Warmwasserverbrauch übertrafen. Ein Kollektorfeld war hydraulisch schlechter durchströmt, weshalb es zu höheren Austrittstemperaturen gekommen ist. Teilweise wurde so­gar die Siedetemperatur (170 °C) überschritten. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: Sternen Hotel Wolfurt

Trotec Büro- und Fertigungsareal, Marchtrenk, OÖ

  • 695 kWh/m2a
  • 42 % solarer Deckungsgrad
  • 160 m2 Flachkollektoren
  • 3 m3 Pufferspeicher + 2700 m2 Erdspeicher

Sonnenenergie wird hauptsächlich in den Erdspeicher eingebracht, der als Quelle für die Wärmepumpe dient. Die Optimierung der Betriebsmodi in dieser Kombination hat sich als sehr komplex herausgestellt. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2012.

Foto: Trotec

ETG Sonnenhaus, Rankweil, Vorarlberg

  • 213 kWh/m2a
  • 97 % solarer Deckungsgrad
  • 121 m2 Flachkollektoren
  • 8 m3 Pufferspeicher + Fundamentplatte

Der solare Deckungs­ grad ist beachtlich hoch. In Folge dessen ist jedoch der spezifi­sche Ertrag gering und es gibt ungenutzte Überschüsse (Stillstandszeiten) im Sommer. Aufgrund der häufigen Schalt­zyklen der Wärmepumpe im Teillast­ betrieb wird der Kühl­betrieb ineffizient. Als Abhilfe könnte ein Kältespeicher eingesetzt werden. ­ Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: AIT

KATEGORIE KLIMATISIERUNG

Hotel Metbräu, Brodersdorf, Stmk.

  • 382 kWh/m2a
  • 102 m2 zweifach abgedeckte Flachkollektoren
  • 3 × 2 m3 Pufferspeicher

Es wurde ein geringer Wir­kungsgrad der Kältemaschine gemessen. Als Ursache wurde ermittelt, dass der Betreiber die Kältemaschine manuell ein- bzw. ausschaltete – ungeachtet der aktuellen Temperaturverhältnisse im System. Häufig waren im Puffer­speicher die erforderlichen 65 °C für die Absorptionskälte­maschine nicht vorhanden. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2010.

Foto: steirischursprung.at

Fruchtsaftproduktion Krispel, Markt Hartmannsdorf, Stmk.

  • 374 kWh/m2a
  • 30 % solarer Deckungsgrad
  • 100 m2 zweifach abgedeckte Flachkollektoren
  • 20 m3 Pufferspeicher

Die Sonnenenergie dient hier einer Absorptionskälte­ maschine, einzelner Pro­zesse der Fruchtsafther­stellung sowie der Raum­heizung und Warmwasser­bereitung des Betriebs. Die Effizienz der Kälte­gene­rierung ist mittelmäßig, aber unter den vorherrschenden Be­triebsbedingungen und verwendeten Komponenten bzw. Kon­figurationen praktisch nicht verbesserungsfähig. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2011.

Foto: AEE INTEC

Pumpenfabrik Kral, Lustenau, Vbg.

  • 487 kWh/m2a
  • 72 % solarer Deckungsgrad
  • 553 m2 Vakuumröhrenkollektoren ohne Glykol
  • Therm. Kältemaschine 150 kW
  • 15 m3 Wärmespeicher
  • + 10 m3 Kältespeicher

Die thermische Kältemaschine bildet in dieser Anlage ge­ meinsam mit einer 150-kW-Kompressionskältemaschine und einer reversiblen Wärme­pumpe, die 115 kW­ leistet, ein hybrides Kälte­ver­sor­gungs­konzept mit gemein­samer Rückkühlanlage. Das Monito­ring ergab unter anderem, dass die Frostschutzschaltung der Solaranlage durch Einbeziehung der Außentemperatur optimiert werden könnte, so­ dass hierfür weniger Wärme gebraucht wird. Details finden Sie im Endbericht des Jahres 2011.

Foto: AEE INTEC

Wärme für Wohnprojekte

Erneuerbare Energie und Wohnprojekte – das gehört eigentlich zusammen. Wie das funktionieren kann, haben das Wohnprojekt Hasendorf (NÖ) und die AEE NOW gemeinsam erarbeitet.

Das Wohnprojekt Hasendorf ist ein Gemeinschaftswohnprojekt mit starkem ökologischen Fokus. Das Grundstück liegt am Ortsrand von Hasendorf/Niederösterreich im Dreieck zwischen Krems, St.Pölten und Tulln und ist sowohl an Wien, als auch an die genannten Städte gut öffentlich angebunden.

Das Haus verfügt über 600 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche (Co-Working-Space, Seminar­ raum, Kinderspielraum uvm.) und mehrere Wohn­einheiten mit in Summe 850 Quadratmetern individueller Wohnfläche.

Das Haus wurde nach dem Passivhaus-Standard errichtet. Verbaut wurden ökologische Materialien, vor allem von Firmen aus der Region. Das Energiekonzept für die Wärmeversorgung wurde in Zusammenarbeit mit der AEE NOW erarbeitet. Andreas Reiter (Leiter technisches Büro der AEE NOW) berichtet, worauf es dabei ankam.

Ein Gemeinschaftswohnprojekt ist für alle beteiligten Partner in der Planung und am Bau eine besondere Herausforderung

Wie sieht das Konzept für die Wärmeversorgung bzw. Kühlung des Wohnprojekts aus?

Eine Wärmepumpe mit Energiegewinnung über Tiefenbohrungen vorsorgt das Gebäude sowohl mit Wärme als auch Kühlenergie. Abgegeben wird diese Energie über Fußbodenheizungen in allen Ebenen. Zwecks Effizienzsteigerung wird zur Nacherwärmung der Sole aus den Tiefen­bohrungen eine Wärmerückgewinnung des Badeabwassers genutzt. Zusätzlich wird die Wärme der Innenluft durch ein zentrales Lüftungsgerät wieder zurückgewonnen. Alles zusammen ergibt eine Energierückgewinnung von fast 90 Prozent.

Über welchen Zeitraum zog sich die Zusammenarbeit und was genau war die Aufgabe der AEE NOW?

Im Februar 2016 erhielt die AEE NOW den Auftrag für die Planung und Baubegleitung von Heizung, Klimatechnik, Lüftung und Sanitärtechnik. Ein partizipativer Planungsprozess wurde gestartet, und gemeinsam mit dem Projektmanagement, den Architekten und vor allem den zukünftigen Bewohnern der Baugruppe erstellte die AEE NOW das Energiekonzept. Aufgabe war es, ein System zu finden, das Standard im Jahr 2030 sein wird. Da es eigene Holzvorkommen gibt, wurde sowohl auf Solarthermie mit Biomasse gesetzt, als auch auf ein Photovoltaik-Wärmepumpensystem.

Die AEE hat mittels einer eigenen Haustechnik-Matrix die Energiesysteme betreffend der Kosten, Alltagstauglichkeit, Ökologie und Nachhaltigkeit, Bauchgefühl und Resilienz bewertet. Mittels dieser Matrix konnte in gemeinsamen Meetings das für die „Hasen“ optimale System gefunden werden.

Dieses Energiesystem wurde danach geplant und ausgeschrieben, eine kompetente Firma in der Region mit der Ausführung beauftragt und die Anlage im März 2018 übergeben.

Gab es bezogen auf den Bau besondere Heraus­forderungen zu berücksichtigen?

Das partizipative Planen der Gebäudetechnik war sowohl für das Architekturbüro als auch für das Baumanagement neu. Entsprechend offensiv musste die AEE hier auftreten, um gemeinsam mit den Bauherrn die gewünschte Lösung umzusetzen. Dadurch wurden weit mehr Stunden für diese Planungsphase verbraucht, als ursprünglich kalkuliert waren.

Des weiteren fehlte Klarheit bei der Bau-Brandschutzplanung. Hier galt es von seiten der AEE, die Erfahrungen aus dem Anlagenbau einzubringen und Vorgaben von Ziviltechnikbüros aus dem Netzwerk der AEE einzufordern, die dann auch umgesetzt wurden. Dies war bei der Abnahme durch die Feuerwehr sehr hilfreich und klärend.

Wie wurden im Wohnprojekt Entscheidungen getroffen?

Die Entscheidungen für das Energiesystem, sowie für die PV-Dimension und Effizienzmaßnahmen wurden immer gemeinsam mit den Verantwortlichen der Wohnbaugruppe getroffen. Hier machte sich das strukturierte System der Baugruppe vielfach bezahlt, auch wenn dadurch mehr Zeit benötigt wurde, um das System detaillreicher darzustellen.

Die Gebäude sind nach dem Passivhaus-Standard errichtet

Was war für Euch als Techniker die größte Heraus­forderung?

Das Vereinsziel eine Haustechnikanlage mit Standard 2030 ohne finanzielles Experiment durchzubringen. Zusätzlich war gefordert, dass die einzelnen Wohneinheiten eine autarke Versorgung erhalten und dass mit dem installierten System gleichzeitig die Versorgung der Gemeinschaftsräume erfolgt, ohne die Anlage dafür größer dimensionieren zu müssen. Dies ist in jedem Bereich der Energienutzung gelungen. Einfache, aber genau abgestimmte Steuerungen versorgen zum Beispiel die Gemeinschafts- und Büroräumen nur dann mit Frischluft, wenn tatsächlich Personen in diesen Räumen aktiv sind.

Was habt Ihr in der Zusammenarbeit mit dem Wohn­projekt Hasendorf als besonders wichtige Faktor für eine stringente Konzeption und plangemäße Um­setzung erlebt?

Besonders wichtig ist die intensive Abstimmung mit allen anderen Partnern in der Projektumsetzung, um den definierten Wünschen der Baugruppe nachkommen zu können. Auf persönliche Kommunikation und emotionale Nähe muss mehr Aufmerksamkeit gesetzt werden, als auf Klärungssuche per Schriftverkehr. Allerdings muss nach dieser persönlichen Abklärung auch immer und immer wieder eine schriftliche Dokumentation folgen.

Foto: AEE NOW. Christian Rainer (Lemp Energietechnik), Johannes Rainer (Rain-o-tec), Andreas Reiter (AEE NOW) (v.l.n.r.)

AEE NOW aus der Sicht der Baugruppe

Die Zusammenarbeit mit Andreas Reiter von der AEE war nicht nur professionell, sondern wurde auch von gegenseitiger Wertschätzung getra­ gen. Ich habe in der Pla­ nungsphase sehr viel über verschiedene Energiekonzepte gelernt und den gemeinsamen Pro­zess zur Findung der für uns als Auftraggeber auch in Hinblick auf das Preis-Leistungsverhält­nis optimalen Lösung in sehr guter Erinnerung. Vor allem habe ich die Bereitschaft von Andreas geschätzt, offen zu sein und auch zusätzliche Ideen in die Überlegungen einzubeziehen. In der Umsetzungsphase möchte ich das beson­dere Engagement hervorheben, dem wir es zu verdanken haben, dass für unsere innovative Photovoltaikanlage auch eine ebensolche Förderlösung gefunden wurde.

JAN ENGELBERGER

So wohnen die „Hasen“

Das Gebäude ist dreigeschoßig errichtet und in Wohnbereiche, Gemein­schaftsräume und Arbeitsräume unterteilt.

  • das Untergeschoß ist in Betonbauweise ausgeführt
  • beide Obergeschoße sind in Holzriegel/Holzmassivbau ausgeführt
  • die oberste Geschoßdecke ist gleichzeitig ein gefaltetes Schrägdach

mit 36 bzw. 28 Grad Neigung

850 Quadratmeter individuelle Wohnfläche und 600 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche

In einem partizipativen Planungsprozess wurde in der Baugruppe nicht nur das Gebäude gemeinschaftlich mit der Architektengruppe und dem Bauma­nagement entworfen, sondern es wurden auch zusammen mit dem Ingeni­eurbüro der AEE NOW die wesentlichen Charakteristika der Gebäude­technik definiert. Dazu wurden vier Lösungsansätze erarbeitet und betreffend der Punkte Ökologie, Ökonomie, sowie Resilienz und dem persönlichen „Bauch­gefühl“ bewertet. Nach langer Entscheidungsfindung verhalf eine eigene Matrix der AEE NOW der Baugruppe zu einer gemeinsamen Entscheidung.

Das Gebäude wird jetzt mit einer hocheffizienten zentralen Lüftungs­anlage versorgt, die zusätzlich mit den Volumenstromboxen in den jewei­ligen Wohneinheiten per CAT-Kabel verbunden ist und so die jeweils ge­ wünschten Volumenströme optimal am Zentralgerät einstellt. Damit lassen sich nahezu 50 Prozent Kühl- und Heizenergie gegenüber einer herkömmli­chen Fensterlüftung oder Abluftanlage einsparen. Den Restenergiebedarf liefert eine zentrale Wärmepumpenanlage, die das Gebäude mit Niedertem­peraturwärme (Fußbodenheizung) versorgt und mit einem geringdurchflos­senen Hochtemperaturnetz (55°C Vorlauftemperatur) den Warmwasserbedarf über dezentrale Warmwasserwärmetauscher deckt.

Die Energie für die Wärmepumpe wird über Tiefenbohrungen zur Verfügung gestellt, wobei die Sole im Winter immer über einen speziellen Abwasserwärmetauscher geführt wird, dabei auf zwei Quadratmetern fast 70 Prozent der Abwasserwärme zurückgewinnt und so für höchste Effi­zienz der Wärmepumpe sorgt.

Eine 30 kWp-Photovoltaik-Anlage, die in die homogene Dachlandschaft integriert wurde, versorgt das Gebäude mit 30.000 kWh PV-Strom. Der kal­kulierte Strombedarf für Heizung und Warmwasser von 20.000 kWh kann so bilanztechnisch gedeckt und es können noch zusätzliche Strommengen von 10.000 kWh im Gebäude genutzt werden. Abgerundet wurde dieses in­novative Projekt der Baugruppe Hasendorf mit einer Regen­wassernutzung mittels 8.000-Liter-Speicher und einem Pumpensystem für die ökologische Gartenbewässerung.

Praxis-Beispiele für den Einsatz erneuerbarer Energie in Kärnten

Profis für die großen und kleinen Projekte

Die Bürogemeinschaft Erneuerbare Energie mit Sitz in Villach deckt ein breites Spektrum an Dienstleistungen rund um das Thema ab. Hier stellen wir anhand einiger Projekte die Leistungen der Bürogemeinschaft vor.

Neben der großen Erfahrung zeichnet die AEE Kärnten vor allem die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit aus. Es werden immer die Systeme empfohlen und umgesetzt, die in der jeweiligen Situation den größten Erfolg versprechen. Das macht die Bürogemeinschaft zu einem gefragten Ratgeber ebenso für Entscheidungsträger in Energie- und Umweltpolitik wie für praktische Umsetzungen mit Installateuren, dem Baugewerbe und Privatpersonen.

Einmal Hackgut – immer Hackgut

DR. HERMANN EDER aus Arriach: „Wir haben schon 20 Jahren mit Holz-Hackgut geheizt. Mit der neuen Anlage haben wir nun aber einen Quantensprung gemacht. Sie ist sparsam, sauber, zuverlässig und leise im Betrieb. Vielen Dank dem Team der AEE Kärnten und der WSB Haustechnik dafür, dass sie super beraten haben, uns dann alle Förderanträge vorbereitet und den gesamten Umbau erledigt und koordiniert haben. Inklusive Elektriker.“ Zum behaglichen Wohnklima und der günstigen Energiebilanz im Bauernhaus der Familie Eder in Arriach tragen neben der Holzheizung noch eine thermische Solaranlage und eine Photovoltaik-Anlage bei, die ebenfalls von den Profis der WSB Haustechnik errichtet worden sind.

Fotos: HSH

„Pellets? Keine Frage!“

FAMILIE NIKOLASCH in Treffen bei Villach: „Wir haben beim Neubau unseres Wohnhauses lange hin und her überlegt, was für uns wohl besser ist: eine Pelletsheizung oder eine Wärmepumpe? Die Entscheidung ist gefallen, als mir Armin Themeßl die Pellematic Smart gezeigt hat: Eine Kompakteinheit mit Pellets-Brennwertgerät, Puffer und Heizraumtechnik: alles in einem Gerät. Dazu kommt noch die Solaranlage als zusätzliche Heizung und für die Warmwasserbereitung.“ Eine saubere und kostensparende Lösung. Die Aufwendungen betragen ungefähr 450 Euro im Jahr für das Heizen des Hauses und für die Warmwasserbereitung.

Links: Armin Themeßl im Heizkeller der Familie Nikolasch

Wir sind sehr zufrieden

FAMILIE RASINGER in Rosenbach: „Lange Jahre hat unser Opa das Haus mit seinem Tischherd geheizt, doch letztes Jahr wurde ihm das zu mühsam. Wir brauchten eine automatische Heizung. Das Team der AEE hat uns beraten und die Förderanträge für uns vorbereitet. Wir sind auf ein Pellets-Brennwertgerät umgestiegen. Durch den hydraulischen Abgleich unserer Heizkörper haben die Leute von der WSB sogar aus unseren alten Gliederheizkörpern niedrige Rücklauftemperaturen herausgebracht. Das Brennwertgerät arbeitet mit optimalen Wirkungsgraden und erzeugt besonders wenig Emissionen. Das Schönste ist aber, dass unser Haus und die Fußböden immer schön warm sind, wenn wir in der Früh aufstehen.“

Links: Im Heizkeller der Familie Rasinger.

Energiecontracting Volksschule Rosegg

Die VOLKSSCHULE ROSEGG ist im Jahr 1993 erbaut worden und litt von Beginn an unter einem nicht zufriedenstellenden System für die Heizung und das Warmwasser. Geheizt wurde bis 2006 mit Öl und das Warmwasser wurde mit einer Wärmepumpe aufbereitet.

Der Ölverbrauch betrug für 1.944 Quadratmeter Energiebezugsfläche etwa 25.000 Liter im Jahr. Trotzdem war unter anderem der Turnsaal immer zu kalt. 2006 entschied man sich für die Umstellung von Öl auf Pellets und wollte auch den Betrieb der Anlage auslagern. Kern der Contracting-Ausschreibung war eine zu garantierende klimabereinigte Wärmemenge für Beheizung und Wassererwärmung des Gesamtobjektes.

Als Wärmeträger wurden Pellets vorgegeben. Neben dem klimabereinigten Jahresverbrauch sollten vom Anbieter Grund- und Arbeitspreis bei vorgegebenen Indizes über 15 Jahre Vertragslaufzeit garantiert werden. Durch die Klausel, dass bei Unterschreiten des garantierten Wärmebezuges 60 Prozent der Einsparungen dem Contractor und 40 Prozent der Gemeinde gutgeschrieben werden, sind beide Partner nachhaltig zum Energiesparen motiviert. Die AEE Energiedienstleistungen GmbH ging als Bestbieter aus der Ausschreibung hervor; sie garantierte den geringsten Verbrauch bei niedrigsten Kosten.

Das Konzept der AEE zeichnet sich durch eine Mehrkesselanlage mit Pufferspeicher in Kombination mit einer Solaranlage aus. Das Regelkonzept ist ausgeklügelt und managt das Leistungsangebot der Kessel äußerst sparsam. „Die praktischen Erfahrungen und Auswertungen der vergangenen dreizehn Jahre entsprechen unseren Kalkulationen voll“, resümiert Armin Themeßl von der AEE Kärnten.

Armin Themeßl (AEE Kärnten) mit Bürgermeister Franz Richau bei der Inbetriebnahme der Nahwärmeanlage für Gemeindeamt, Kindergarten und Feuerwehr in Rosegg. Foto: HSH

Es zeigt sich, dass – dank der guten Wirkungsgrade der optimal ausgelasteten Kessel – 80 Prozent der Heizstunden mit einem von drei Kesseln bestritten werden können. Während der wenigen Spitzenlaststunden startet dann einfach ein weiterer Kessel dazu, und einer steht in Reserve bereit.

Ein großer Vorteil der Mehrkesselanlage ist auch der unabhängige Einsatz von drei Schneckenaustragungen, die neben der maximalen Versorgungssicherheit auch das Volumen des Lagerraumes bestmöglich ausnützen.

Wie in fast jedem anderen Projekt der AEE, ist natürlich auch hier eine Solaranlage zur Wassererwärmung eingesetzt. Wenn Skeptiker einer Solaranlage in einer Volksschule mangels Warmwasserbedarfs die Wirtschaftlichkeit absprechen, kann die AEE Kärnten die Erfahrungen aus diesem Projekt entgegenstellen.

Vor der Installation der Solaranlage ist das Warmwasser mittels einer Wärmepumpe auf 45 bis 60 Grad erwärmt und in einem 800-Liter-Boiler zwischengelagert worden.

Die Arbeitszahl der Luft-Wasser-Wärmepumpe betrug im besten Fall etwa 2. Das heißt: Mit einer Kilowattstunde Strom wurden etwa 2 Kilowattstunden Wärme erzeugt. Ein Blick auf die Energiebuchhaltung zeigt, dass eine Kilowattstunde über den Schwachlastzähler im Jahr 2005 mit 32 Cent verrechnet wurde, während der reguläre Strom-Mischpreis bei 15 Cent gelegen ist. Aus dem doppelt hohen Strompreis ergab sich mit der Wärmepumpe eine teurere Wassererwärmung als bei direkter Elektroheizung.

Dazu kam noch, dass der Boiler 35 Meter von den Warmwasserzapfstellen entfernt war, und die Warmwasserleitung dorthin mit einer elektrischen Begleitheizung ausgestattet war. Während für die Wassererwärmung durch die Wärmepumpe etwa 600 kWh aufgewendet wurden, verbrauchte die Begleitheizung zusätzlich ca. 1.600 kWh im Jahr – also fast drei mal so viel wie die Wärmepumpe! Die Anlage wurde zur Gänze abgebaut und entsorgt!

Direkt unter die Warmwasser-Zapfstellen wurde ein 500-Liter-Solarboiler installiert, der normalerweise von der Solaranlage mit 8,5 Quadratmetern Kollektorfläche und an Schlechtwettertagen durch die Pelletsheizung geladen wird. Die klimabereinigte Auswertung des „Pellets-Solar-Zeitalters“ weist gegenüber den vergangenen „öligen“ Verbrauchsjahren eine Verbrauchsreduktion aus, die um 25 Prozent über die garantierte Einsparung hinausgeht.

Für die Gemeinde ergibt sich daraus zwischen 2006 und 2018 eine Kosteneinsparung von insgesamt 54.309 Euro, obwohl kein Euro investiert werden musste. Die CO2-Reduktion durch den Umstieg auf Biomasse und Sonne beträgt 75 Tonnen pro Jahr. Über die gesamte Gemeinde gerechnet, reduziert sich damit der durchschnittlichen CO2-Ausstoß jedes Rosegger Bürgers um rund 40 Kilogramm pro Jahr.

Die Dokumentation der jährlichen Kosteneinsparung zeigt ein erfreuliches Bild für den Auftraggeber. Für den Preisvergleich wurden beim Heizöl jeweils die Junipreise des betreffenden Jahres angenommen.

Und noch besser wird die Bilanz, weil inzwischen auch das Gemeindeamt, der Kindergarten und die Feuerwehr in Rosegg von einer kostensparenden und energieeffizienten Nahwärmeanlage versorgt werden.

Effizienz verdoppelt – Energiekosten halbiert!

Vor 20 Jahren baute FAMILIE HABERLE ihr Eigenheim und stattete es neben einer Wärmepumpe mit einer Solaranlage aus, die Harald Haberle damals in einer Selbstbaugruppe errichtete. Durch intelligente Regelung sowie die Einbindung von Photovoltaik und Solarthermie wurden nun die Effizienz verdoppelt und die Energiekosten halbiert.

Im Jahr 2016 war der Tausch der alten Wärmepumpe fällig. Sie wurde durch eine neue Ochsner-Wärmepumpe ersetzt. So eine Erdreich-Wärmepumpe hat – wenn sie auch für das Warmwasser zuständig ist – eine Arbeitszahl von 4. Das ist gerade noch gut genug, um ökologisch zu sein. Familie Haberle und Armin Themeßl wollten aber höchstmögliche Effizienz erzielen.

73 Euro im Monat für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom. Foto: HSH

Durch eine intelligente Regelung, unter Einbindung von Photovoltaik-Anlage, thermischer Solaranlage, Warmwasser-Boiler und Pufferspeicher wurden in einem Jahr für die Bereitstellung von gesamt 14.855 kWh Wärme (Heizung und Warmwasser) nur noch 1.504 kWh Strom aufgewendet. Das ergibt eine Jahres-Arbeitszahl des Systems von 9,9.

So wurden – ganz ohne Dämmung oder Änderung des Nutzerverhaltens – durch den Wärmepumpen-Tausch, die technische Regelung und die Einbindung einer richtig dimensionierten Solar- und Photovoltaik-Anlage 49 Prozent der Energiekosten eingespart. Familie Haberle zahlte für den gesamten Strombezug in einem Jahr lediglich 871 Euro. Das entspricht einem monatlichen Betrag von 73 Euro für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom!

„Endlich funktioniert alles“

Die Wärmeversorgung einer Seniorenresidenz mit 63 Wohneinheiten ist ziemlich komplex. Zur Optimierung und Fehlerbehebung holt man sich besser gleich Profis.

Die SENIORENRESIDENZ PROVIDENTIA in Klagenfurt hatte eine Ölkesselanlage, die mit Heizöl Leicht betrieben wurde und in zwei 400-kW-Kesseln jährlich 35.000 Liter Öl verheizte. Im Jahr 2010 wurde eine Solaranlage mit 32 Quadratmeter Kollektorfläche errichtet und in das System eingebunden. Leider hat die Solaranlage immer wieder über längere Zeit nicht funktioniert, und es gab auch mit der Verfügbarkeit von ausreichend Warmwasser laufend Probleme. Die Geschäftsführung des Seniorenheims wandte sich daraufhin an die WSB Haustechnik. Das Team der WSB erstellte ein Gesamtkonzept für die Energieoptimierung und hat es auch umgesetzt.

Seniorenresidenz Providentia: Öl raus – Holz und Sonne rein

Heute regelt ein frei programmierter Heizkreisregler alle Erzeuger und Verbraucher. Die gesamte Anlage ist für den Betreiber visualisiert und leicht bedienbar. Die Wärme wird von drei Pelletskesseln, die zusammen 164 kW Leistung haben, bereitgestellt. Die installierte Leistung wurde also auf 20 Prozent zurückgenommen. Die beiden alten 400-kW-Ölkessel waren um ein Vielfaches zu groß dimensioniert.Nach einigen Korrekturen und der Übernahme der Steuerung in den Zentralregler, funktioniert jetzt auch die hygienische Warmwasserbereitung zuverlässig und in jeder gewünschten Menge.

Der Pelletsstand im Lagerraum kann jederzeit abgefragt werden, weil jeder einzelne Kessel einen Wärmemengenzähler installiert hat und damit zwischen zwei Füllungen der Verbrauch abgelesen werden kann. Das ist auch Voraussetzung für die laufende Wirkungsgradkontrolle und Optimierung.

Auch hydraulisch haben die Techniker einige Umbauten vorgenommen und Fehler vorheriger Akteure korrigiert. Jetzt haben die Betreiber des Seniorenheimes über ein Jahr Erfahrung mit der neuen Pelletsheizung, und Herr Mag. Klaus Lesnjak sagt zufrieden: „Seit die WSB unsere Wärmeversorgung in der Hand hat, funktioniert endlich alles, wie wir es uns wünschen“.

Photovoltaikanlagen mit Bürgerbeteiligung

Die AEE hat in Salzburg den Bau und den Betrieb von PV-Anlagen zu ihrem Kerngeschäft gemacht. Für die Abwicklung wurde eine eigene Genossenschaft gegründet, die offen für weitere Teilnehmer ist.

Begonnen hat in Salzburg alles mit dem Wunsch einer wachsenden Gruppe von Menschen, endlich unabhängig von Atomkraft, Öl und Gas zu werden. Dafür wurde 2005 der gemeinnützige Verein „Öko Strombörse“ gegründet. Der Naturschutzbund Salzburg und die Plattform gegen Atomgefahren PLAGE taten sich mit dem regionalen Energieversorger Salzburg AG und der „Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie“ (damals noch Kärnten-Salzburg) zusammen, um mit dieser ungewöhnlichen Allianz mehr Ökostrom im Bundesland zu erzeugen und energieeffiziente Maßnahmen zu setzen.

Bürgersolaranlage Congress Saalfelden. Foto: AEE Salzburg

2008 entstand die eigenständige „Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie Salzburg“, die seither gleichberechtigt zum Verband der vier unabhängigen Organisationen der AEE in Österreich gehört (AEE Salzburg, AEE Kärnten, AEE-NOW, AEE-INTEC).

„Unsere Ziele sind die Steigerung der Energieeffizienz, die Förderung der erneuerbaren Energie und die Demokratisierung der Energieerzeugung“, formulierten die Verantwortlichen für die AEE Salzburg ihre Leitlinien. Die Mittel dazu: die Errichtung von Photovoltaikanlagen mit Bürgerbeteiligung, Beratung im Bereich der erneuerbaren Energie und Begleitung der Kunden auf dem Weg zu ihrer Ökostromanlage.

Als RECHTSTRÄGER für diese Aktivitäten wurde im Dezember 2014 die „Agentur für Erneuerbare Energie eingetragene Genossenschaft“ (kurz AEE eGen) gegründet. Sie finanziert, errichtet und betreibt Photovoltaikanlagen und bietet alle Dienstleistungen rund um dieses Thema an.

Prinzipiell kann jeder Mitglied der Genossenschaft werden. Neben den Gründungsmitgliedern sind das heute vor allem Gemeinden und Organisationen, die über ein geeignetes Objekt für die Montage einer Photovoltaikanlage verfügen und die ein Beteiligungsmodell über die AEE eGen anstreben.

Zur FINANZIERUNG DER ANLAGEN werden einfache Formen von Beteiligungen angeboten. Die projektierten Anlagen sollen nicht nur wirtschaftlich erfolgreich operieren, sie sollen auch das Bewusstsein der Bevölkerung im Umgang mit Energie schärfen und der erneuerbaren Energie eine breite Akzeptanz verschaffen: „Es ist uns ein Anliegen, Gemeinden, Pfarren und private Initiativen ohne Profit­ interesse bei der Umsetzung von Bürgerbeteiligungsmodellen zu unterstützen, den beteiligten Bürgern gute Erträge aus der Energieerzeugung zu sichern und sie so auf die Reise zur Energiewende mitzunehmen.“

Die BETEILIGUNGEN können in Form von Teilschuldverschreibungen organisiert werden; weitere Beteiligungsmöglichkeiten wie Kapitalsparbücher, Sale and lease back oder andere adäquate Modelle sind je nach Situation einsetzbar.

Die AEE eGen übernimmt für 15 bis 20 Jahre das vollständige Finanzierungs und Betreiberrisiko, um danach die Anlage zu den vertraglich festgelegten Bedingungen in den Besitz des Gebäudeeigentümers zu übergeben.

Im Falle mehrerer Nutzer des erzeugten Stroms (etwa in Mehrparteienhäusern) werden auch Verträge mit den teilnehmenden Berechtigten abgeschlossen.

Die PROJEKTE UND BETEILIGUNGSMÖG­LICHKEITEN werden bei Interessenten­ versammlungen in den Gemeinden oder Betrieben vorgestellt, im Fall von Mehrparteienhäusern bei Eigentümer-/ Mieterversammlungen. Wer konkretes Interesse an Anteilscheinen hat, teilt dieses Interesse schriftlich mit und wird eingeladen, das Beteiligungsinteresse mit einem Vertrag zu besiegeln.

Anteilscheine werden bis zum Volumen der Anlagekosten, erhöht um einen kalkulierten anteiligen Entwicklungs und Verwaltungsaufwand, ausgegeben. Die Zinsen ergeben sich aus den durch die Anlage erwirtschafteten Erträgen abzüglich der laufenden Kosten für die Anlagen (Monitoring und Wartung, Versicherung, Austausch des Wechselrichters) sowie der Entwicklungs- und Verwaltungskosten der Organisation. Dabei verfügt jedes Beteiligungsprojekt über einen eigenen Abrechnungskreis.

Über einen Zeitraum von 14 Jahren erhalten die Beteiligten ihr Geld einschließlich der vereinbarten Zinsen zurück. Alle zwei Jahre wird ein Projektbericht über die Leistung und den Ertrag der jeweiligen Anlage vorgelegt. Alle bisher errichteten Anlagen der AEE eGen wurden vom Land Salzburg mit namhaften Beträgen unterstützt.

Genossenschafter*innen (Stand Mai 2019):

  • Siegfried Steiner
  • Angela Lindner
  • Ernst Forsthofer
  • Franz Rest
  • Kuno Haas
  • Hans Punzenberger
  • Stadtgemeinde Saalfelden
  • Marktgemeinde Thalgau
  • Stadtgemeinde Bischofshofen
  • Öko Strombörse Salzburg
  • EZA Fairer Handel GmbH

KONTAKT: Agentur für Erneuerbare Energie e.Gen. Auerspergstraße 20, 5020 Salzburg +43-662-877072, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! egen.aee-salzburg.at

Bürgerbeteiligungsanlagen Schulzentrum Saalfelden-Stadt und Congress Saalfelden

Als das Schulzentrum im Jahr 2010 umgebaut wurde, waren sich Bauherren und Architekten einig, dass sich die Dachflächen des Gebäudekomplexes sehr gut für eine Photovoltaikanlage eignen. Die Stadtgemeinde Saalfelden veranlasste daher vorsorglich die Verkabelung der Dachflächen. Für die Umsetzung holte man sich dann die Experten der „Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie“ (AEE) ins Boot.

Damit sich alle Bürger an der Anlage beteiligen können, hat die in der Zwischenzeit gegründete Genossenschaft „Agentur für Erneuerbare Energie“ (AEE eGen), in der auch die Stadtgemeinde als Genossenschafterin mit dabei ist, Anteilsscheine ausgegeben. Der Kaufpreis eines Anteils betrug 720 Euro. Es wurden Anteilsscheine im Gesamtwert von rund 100.000 Euro ausgegeben. Alle BürgerInnen mit Hauptwohnsitz im Bundesland Salzburg konnten in das Projekt investieren.

Die Genossenschaft sichert den beteiligten Bürgern eine jährliche Fixverzinsung von 2 % zu. Die Laufzeit für die Veranlagung beträgt 13 Jahre. Die Zeichner der Anteilsscheine erhalten jährlich einen Tilgungsbetrag und den Zinsgewinn ausbezahlt. Rechtlich handelt es sich um ein Nachrangdarlehen.

Die Photovoltaikanlage wurde im Mai 2015 fertiggestellt und hat eine Nennleistung von 99,5 Kilowatt. Mit dem erzeugten Strom können mehr als 50 Prozent des Bedarfes von drei Schulen abgedeckt werden. Die Anlage erzeugt jährlich 100.000 Kilowattstunden Strom und trägt damit zur Vermeidung von rund 12 Tonnen CO2 pro Jahr bei.

Nach dem erfolgreichen Start mit dem Schulzentrum wurde im Juni 2018 auf dem Dach des Congress Saalfelden eine weitere Anlage errichtet. Mit 68 Kilo­watt Nennleistung werden das Veranstaltungszentrum selbst und die Filiale der Wüstenrot-Versicherung als teilnehmende Berechtigte versorgt.

Für die Anlage wurden Anteilsscheine im Wert von 40.000 Euro ausgegeben. Die Genossenschaft sichert der beteiligten Bevölkerung eine jährliche Fixverzinsung von 1,5 % zu. Die Laufzeit für die Veranlagung beträgt 14 Jahre. Im ersten Jahr erhalten die Zeichner der Anteilsscheine den Zinsgewinn und ab dem zweiten Jahr zusätzlich den Tilgungsbeitrag. „Wir hatten Zweifel daran, ob wir genug Interessenten finden würden“, zeigt sich Alfred Wieland, Geschäftsführer des Congress Saalfelden positiv überrascht über die Bereitschaft der Bevölkerung, einen Beitrag zur sauberen und regionalen Stromerzeugung zu leisten.

Für Green-Meetings und Green-Events stehen damit Ladesäulen für E-Autos zur Verfügung, die nun direkt mit Sonnenstrom versorgt werden können.

Bürgerbeteiligungsanlage Seniorenwohnheim Thalgau

Seit der Eröffnung des Seniorenwohnheims im Jahr 2002 wird ein Teil der Dachfläche für eine thermische Solaranlage genutzt. Im November 2017 wurde auf den frei gebliebenen Flächen eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 90,6 Kilowatt fertiggestellt.

„Für uns ist wichtig, dass sich Bürger an der Anlage beteiligen können. Vor allem jene Menschen, die am eigenen Dach nicht dies Möglichkeit haben, sollen auch die Sonnenenergie nutzen können“, erklärte Bürgermeister Martin Greisberger.

Daher hat die Genossenschaft „Agentur für Erneuerbare Energie“ (AEE eGen), in der auch die Marktgemeinde als Genossenschafterin mit dabei ist, Anteilsscheine ausgegeben. 91 Anteilsscheine zu je 700 Euro wurden an insgesamt 35 Bürger, überwiegend aus der Gemeinde Thalgau, ausgegeben.

Die Genossenschaft sichert den beteiligten Bürgern eine jährliche Fixverzinsung von 1,5 % zu. Die Zeichner der Anteilsscheine geben ein Nachrangdarlehen und erhalten über die Laufzeit von 14 Jahren jährlich einen Tilgungsbetrag und den Zinsgewinn ausbezahlt.

Der erzeugte Strom kann zu mehr als 80 % direkt im Seniorenwohnheim und – dank der Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes – im angrenzenden Kindergarten genutzt werden. Vizebürgermeister Karl Oberascher: „Wir legen Wert darauf, dass die Ökoenergie ohne große Verluste zu den Verbrauchern kommt. Die Anlage wird jährlich rund 90.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Damit lassen sich etwa 11 Tonnen CO2 pro Jahr vermeiden.“

Bürgerbeteiligungsanlage Handelsakademie Zell am See

Bevor mit dem Bau der Photovoltaikanlage begonnen werden konnte, musste das Schuldach komplett saniert werden. Einerseits bestand das alte Dach aus asbest­belastetem Welleternit, zum anderen galt es, den statischen Anforderungen aufgrund der erhöhten Schneelast Rechnung zu tragen. So verfügt die Schule nun über einen verstärkten Dachstuhl, ein modernes Blechfalzdach und eine PV-Anlage aus langlebigen europäischen Komponenten.

Die Anlage hat eine Nennleistung von 85 kW. Jährlich können damit rund 80.000 Kilowattstunden erzeugt und in das Stromnetz eingespeist werden. Das entspricht dem Stromverbrauch von rund 25 Haushalten.

Die Bürger konnten sich finanziell an der Investition beteiligen. Sie erhielten dafür ein überdurchschnittlich attraktives Sparbuch: 3 % Zinsen sind für zehn Jahre gesichert. Damit können auch Leute in Sonnenenergie investieren, die über keine eigenen Dach- oder Grundstücksflächen verfügen.

Das Besondere der Anlage: An der Handelsakademie wird sie als Anschauungsobjekt verwendet, um die Schüler für Sonnenenergie zu begeistern. Über einen Datenlogger werden die gemessenen Daten in Echtzeit übertragen. Das Thema „erneuerbare Energien“ wird auf diese Weise vor allem in den Fachbereichen Wirtschaft, Recht und politische Bildung praktisch integriert.

Bürgerbeteiligungsanlagen in Umsetzung

EZA Fairer Handel GmbH (Köstendorf)

Die Anlage wird über Teilschuldverschreibungen finanziert. Beteiligungen von interessierten Bürgern sind noch möglich.

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