Zeitschrift EE

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2011-02: Solarthermie im Megawattsektor

Solarthermie

Auf der dänischen Insel Ærø entsteht derzeit die größte Solarthermieanlage Europas mit einer installierten Leistung von 23 MWth. Im Rahmen des EU-Projektes SUNSTORE 4 wird die bestehende Solaranlage mit derzeit 18.365 m² Kollektorfläche um weitere 15.000 m² erweitert. Die Vergrößerung der thermischen Solaranlage stellt allerdings nur einen Teil des sehr ambitionierten Energieversorgungskonzepts der Fernwärme Marstall dar. Die 1500 Einwohner von Marstall sollen zukünftig zu 100% mit erneuerbaren Energien versorgt werden.

Die größte Solarthermieanlage Europas

Von Leo Holm *

55% der Energie soll über Solarenergie bereit gestellt werden, die restlichen 45% durch die Nutzung von Biomasse. Ein 4 MW Hackgutkessel ergänzt die solare Wärmeversorgung während der Wintermonate und eine ORC Anlage (750 kWel), welche die Abwärme des Rauchgases des Biomassekessels nutzt, um eine Turbine anzutreiben, speist 2.600 MWh Strom in das lokale Stromnetz. Eine 1,5 MW Wärmepumpe, welche CO2 als Kältemittel nutzt, komplettiert das Energieversorgungssystem.
Um die Nachhaltigkeit des Systems zu gewährleisten, wurde darauf geachtet, dass die jährlich benötigte Hackgutmenge langfristig auf der Insel bereitgestellt werden kann. Die erforderliche Fläche zur Hackgutproduktion beträgt 280 Hektar auf der vorwiegend Weiden genutzt werden.

Das Systemkonzept

Während der Sommermonate wird ein 75.000 m³ Erdbecken-Wasserspeicher durch die Solaranlage gespeist aus dem Marstal mit Fernwärme versorgt wird. Von Ende September bis Anfang April liefert der Hackschnitzelheizkessel die notwendige zusätzliche Wärme bzw. Strom aus der ORC Anlage.
Die Wärmepumpe wird immer dann in Betrieb genommen, wenn die Einspeisetarife für Windenergie sehr niedrig sind. In diesen Zeiträumen wird die Wärmepumpe dazu genutzt, um die niedrigeren Temperaturen des Speichers auf die Netztemperatur von 75°C anzuheben. Damit wird einerseits das Strom- und Wärmemanagement optimiert und andererseits die Effizienz des Erdbeckenspeichers deutlich erhöht, da mit der Wärmepumpe das Temperaturniveau im Speicher auf unter 10°C gesenkt werden kann.

Abbildung 1: Systemschaltbild der SUNSTORE 4 Demonstrationsanlage in Marstal

Um kurzzeitig auftretenden Spitzenbedarf in Wintermonaten decken zu können, können ein bestehender Ölkessel oder die Wärmepumpe hinzugeschaltet werden. Ab Februar soll die Solaranlage wieder in der Lage sein, den Erdbecken-Wasserspeicher zu beheizen.

 
Wärme
[MWh]
 Strom
[MWh]
Solarkollektoren 
12.927
 
Wärmepumpe
2.931
 
Hackschnitzelkessel
11.304
 
Bestehender Ölkessel
190
 
Wärmeverluste Speicher
-978
 
Erzeugte Strommenge (ORC)  
2.600
Gesamt
26374
2.600

Tabelle 1: Berechnete Wärme- und Stromproduktion

Innovationen und Systemoptimierungen

Im Rahmen des Projekts soll demonstriert werden, dass eine vollständige Wärme – und Stromversorgung von Dörfern oder Städten mittels erneuerbarer Energiequellen technisch und zu vertretbaren Kosten möglich ist.
Die erwarteten Wärmepreise liegen in der Größenordnung von 50-55 Euro/MWh, die Preise für elektrischen Strom bei rund 100 Euro/MWh.
Das entwickelte innovative Gesamtkonzept basiert auf bewährten und geprüften Einzeltechnologien; es ermöglichst aber ein effizientes und flexibles Zusammenspiel von Wärme – und Stromerzeugung mit besonderer Berücksichtigung der Randbedingungen von erneuerbaren Energietechnologien, variablen Einspeisetarifen und saisonaler Verfügbarkeit.
Das Systemkonzept ist auch auf andere Klimaregionen in Europa übertragbar und kann bei Bedarf um die Komponenten Kühlung oder Meerwasserentsalzung erweitert werden.
Durch die Nutzung einer großen Temperaturdifferenz – bedingt durch den Einsatz der Wärmepumpe – des Erdbeckenspeichers wird auch eine höhere Effizienz der Sonnenkollektoren von 6-8 % erwartet. Auf der Kostenseite wird durch verbesserte Hydraulik der Kollektorfelder ein Kostenreduktionspotenzial von 10-15% erwartet.
Beim Biomasse–KWK System werden die wesentlichen Innovationen bei der Optimierung der Brennstoffzufuhr liegen, um sowohl homogenen feinkörnigen als auch inhomogenen grobkörnigen Brennstoff verwenden zu können. Darüber hinaus soll durch die Optimierung der Roststäbe die Effizienz gesteigert werden und die Entstehung von grobkörniger Asche im Kessel vermieden werden. Wesentliche Verbesserungen in der Energieeffizienz und bei den Emissionen werden auch durch die Ausstattung der Kesselanlage mit einer - in Abhängigkeit von der Brennstofffeuchtigkeit und -beschaffenheit -steuerbaren Kontrolle der Verbrennungstemperatur erwartet.
Der bei der ORC Anlage angestrebte Wirkungsrad soll von derzeit 15% auf 19% erhöht werden.

Abbildung 2: Verlegung der Folie für den Erdbeckenspeicher in Marstal (Quelle: Marstal Fjernwarme)

Abbildung 3: Fertiggestellte Folienbasisabdichtung für den Erdbeckenspeicher in Marstal (Quelle: Marstal Fjernwarme)

Abbildung 4: Herstellung der Folienabdeckung (Quelle: Marstal Fjernwarme)

Abbildung 5:
Fertiggestellter Erdbeckenspeicher in Marstal (Quelle: Marstal Fjernwarme)

Übertragbarkeit des Konzepts

Ziel des SUNSTORE 4 Projekts ist es nicht nur eine Anlage in Dänemark zu erreichten, sondern parallel dazu auch übertragbare Konzepte für zehn andere EU Länder zu erarbeiten und die gewonnen Erfahrungen in diese Länder zu transferieren. Mittelfristig sollen 20 weitere, auf dem Konzept von Marstal basierende Demonstrationsprojekte in Österreich, der Tschechischen Republik, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Spanien sowie Schweden und Großbritannien errichtet werden.

FACT BOX

Gesamtprojektbudget:

€ 15,1 Mio.,
davon € 6,1 Mio. EU-Förderungen

Projektlaufzeit:

Juli 2010 bis Juni 2014
Projekthomepage (in Kürze):
www.sunstore.dk
  • Nationale Projektpartner:
  • Marstal Distict Heating
  • Bjerregaard Consulting
  • SUNMARK (Rambøll)
  • Euro Therm
  • Advansor
  • Plan Energi

Internationale Projektpartner:

  • Energy Management AB, Gothenburg, Schweden
  • BIOS, Graz, Österreich
  • Ambiente Italia, Mailand, Italien
  • City Plan, Prag, Tschechische Republik
  • Euro heat & Power, Brüssel, Belgien
  • Solites, Stuttgart, Deutschland
 

*) Leo Holm ist Manager und Projektkoordinator der Marstal Fjernvarme, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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