Praxistest einer Klassenzimmerlüftung
Die Neue Mittelschule Gleisdorf hat sich vor drei Jahren bereit erklärt, einen Selbstversuch zu unternehmen: Mechanische Lüftungsgeräte sollten frische Luft in zwei unterschiedlich genutzte Klassenzimmer – ein „normales“ Klassenzimmer und einen EDV-Raum - bringen. Das Ziel war zu erfahren, wie gut die Lüftung in der Praxis funktioniert und wie sie von den NutzerInnen angenommen und bewertet wird.
Ausgangssituation schlechte Luftqualität und Überhitzung
Die Stadt Gleisdorf hat wie viele andere Städte in Österreich und im Gegensatz zu ländlichen Gemeinden Zulauf bei den SchülerInnenzahlen. Manche der Schulgebäude selbst haben Sanierungsbedarf.
In der Neuen Mittelschule Gleisdorf gab es Probleme mit der Überwärmung einzelner Klassenzimmer. Vor allem in den Ost- und Süd-orientierten Büro- und Klassenräumen der oberen beiden Stockwerke sind Temperaturen über 26°C häufig. Diese von der LehrerInnenschaft empfundene und später auch gemessene Tatsache war der Grund, warum letztlich neun Kühlgeräte angeschafft wurden.
Abbildung 1: Deckenintegriertes Klimagerät in der Neuen Mittelschule Gleisdorf. Quelle: AEE INTEC
Im Auftrag der Stadtwerke Gleisdorf führte AEE INTEC eine Gebäudeanalyse durch. Daraufhin entstand die Idee, dezentrale mechanische Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung in einzelnen Klassenzimmern zu testen. In Abstimmung mit der engagierten Stadtverwaltung und Schulleitung sollten dabei mehrere Fragen beantwortet werden:
- Welche dezentralen mechanischen Lüftungsmöglichkeiten gibt es derzeit?
- Wie funktioniert der Einbau der Lüftungsgeräte in der Praxis?
- Welche praktischen Erfahrungen gibt es beim Betrieb der Geräte?
- Welche CO2-Konzentrationen sind mit und ohne Betrieb der Lüftungsgeräte im Klassenzimmer messbar?
- Gibt es einen mess- und wahrnehmbaren Temperatureffekt in der warmen Jahreszeit mit mechanischer Lüftung bei gleichem Nutzungsprofil?
- Gibt es eine wahrnehmbare Steigerung der Behaglichkeit bei der LehrerInnenschaft in den jeweiligen Klassenzimmern?
Zwei Firmen wurden dafür gewonnen, Lüftungsgeräte zur Verfügung zu stellen. In Absprache mit der Schule wurden dafür folgende Klassenzimmer ausgewählt:
- Ein südorientiertes, aber am Vormittag teils durch einen anderen Gebäudetrakt abgeschattetes Klassenzimmer im ersten Geschoß
- Ein westorientierter, großzügig verglaster EDV-Raum im obersten Geschoß
Die SchülerInnen führten mit Unterstützung des Physiklehrers in einem Schulprojekt Messungen zur CO2-Konzentration, Temperatur und relativen Feuchtigkeit in verschiedenen Klassenzimmern durch und AEE INTEC ergänzte diese Messungen durch eigene Messungen vor und nach Installation der Lüftungsgeräte.
Messungen
In einer ersten Serie von Messungen wurden 2013 CO2-Konzentrationen aufgezeichnet, um den Bedarf an höherer Luftqualität nachweisen zu können. Wie in der Abbildung dargestellt, und in vielen anderen Schulen bereits nachgewiesen, bringt die bisher angewandte natürliche Fensterlüftung keine zufriedenstellende Luftqualität ins Klassenzimmer.
Die schon im Jahr 1858 von Pettenkofer geforderte CO2-Grenzkonzentration von 1000 ppm in der Raumluft wurde in mehr als der Hälfte der Schulzeit einer Woche in der Übergangszeit überschritten. Und auch nach der geltenden ÖNORM EN 13799 „Lüftung von Nichtwohngebäuden – Allgemeine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme“ schafft der EDV-Raum in dieser Woche zur Hälfte der Zeit nur die IDA Klasse 4, das ist niedrige Raumluftqualität (IDA…Indoor Air Quality).
Erfahrungen im Praxiseinbau
Ein sehr wichtiger Teil der Umsetzung war eine eindeutige und klare Kommunikation zwischen den herstellenden und installierenden Firmen sowie den Betreibern. Einzelne detaillierte Voraussetzungen für den Einbau eines der Geräte waren im Schriftverkehr zwischen Hersteller und der Stadtverwaltung verloren gegangen, wie z.B. Situierung und Funktion des Kondensatablaufs, Anschlussleistungen von Heizrohren für Nachheizmöglichkeit u.ä. Der Montageaufwand für die Außen- und Fortluftanbindung der Geräte wurde unterschätzt. Vor Ende der Übergabe wurde allen in einem persönlichen Treffen die Möglichkeit gegeben, Fragen und Probleme rückzumelden (Bild 3). Eine wichtige Erfahrung für die Beteiligten.
Die natürliche Lüftung über die Fenster muss auch während des Betriebs des Lüftungsgerätes möglich sein und ist bei entsprechenden Wetterbedingungen energetisch wie komforttechnisch sinnvoll.
Ergebnisse der Messungen und Rückmeldungen im Betrieb
Bei den Messungen der SchülerInnen gemeinsam mit dem Physiklehrer war interessant, dass die Werte für die relative Luftfeuchtigkeit und die Temperaturen mit oder ohne Lüftungsgerät im Mittel ähnlich, bei der CO2-Konzentration aber doch deutlich unterschiedlich ausfielen (vgl. nachfolgende Abbildungen). Die relative Luftfeuchtigkeit fiel in den Klassenzimmern mit mechanischer Lüftung auf tiefere Werte von zum Teil unter 20%. Ohne mechanische Lüftung waren die Temperaturen unterschiedlicher verteilt und tendenziell ein wenig höher.
Die Rückmeldung der LehrerInnenschaft war weder positiv noch negativ, das heißt, sie hatte die Lüftungsgeräte auf Nachfrage kaum bemerkt. Gerüche wurden weiterhin wahrgenommen und diese empfinden die meisten als unangenehm. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass die gemessen frische Luft durch Gerüche überlagert und als schlechte Raumluft wahrgenommen wird.
Resümee und Ausblick
Die im Projekt umgesetzten Maßnahmen und die daraus gewonnenen erfahrungen wurden von allen Beteiligten positiv aufgenommen. Der Lerneffekt war groß, auch wenn sich die Initiatoren des Projektes stärkere Rückmeldungen aus der Lehrer- und SchülerInnenschaft erwartet hätten. Jedenfalls sind weitere Schritte in Richtung „guter“ Raumluft in Gleisdorf geplant.
Spezieller Dank sei hier den Firmen SIBLIK Elektrik und TROX Austria aus Wien ausgesprochen, die die Lüftungsgeräte kostenlos zur Verfügung gestellt und sich aktiv in dieses Schulprojekt eingebracht haben.
Im Rahmen des Projektes „Renew School“ wird der Markt für Technologien zur Erreichung hochwertiger Schulsanierungen aufbereitet – www.renew-school.eu
Personenbeschreibung
Dipl.-Ing. Armin Knotzer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Bauen und Sanieren bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!