Zeitschrift EE

erneuerbare energie: 2.2020

Sonnenenergie im Aufschwung

Mario Sedlak

Mit dem Bewusstsein für den Klimawandel und mit den neuen Initiativen der Regierung nehmen die Erneuerbaren in der Energieerzeugung wieder mehr Fahrt auf. Auf allen Ebenen – betrieblich wie privat und auch im öffentlichen Bereich – entstehen neue Initiativen. Wir haben uns umgesehen, was sich zum Thema solare Wärme und Solarstrom in Österreich tut.

Niederösterreich hat bereits vor zwei Jahren die Errichtung von Photovoltaikanlagen dereguliert. Bis zu einer Nennleistung von 200 kW sind gar keine Genehmigungen mehr erforderlich. Für größere Anlagen wurde ein „Photovoltaik-Leitfaden“ erstellt, in dem alle nötigen Schritte zur Genehmigung gesammelt sind. Ab 2030 sollen in Niederösterreich jährlich 2 TWh Solarstrom produziert werden – mehr als fünfmal so viel wie heute. Die mit Sonnenkollektoren gewonnene Wärme soll sich bis 2030 auf 1,2 TWh pro Jahr fast verdreifachen. Mehr als 50 niederösterreichische Gemeinden haben bereits Photovoltaik-Bürgerbeteiligungsprojekte umgesetzt. Mit der „Sonneninitiative“ des Landesversorgers EVN können alle Gemeinden ohne Investitionskosten und ohne technisches und wirtschaftliches Risiko eigenen Sonnenstrom produzieren.

Oberösterreich hat Leitfäden für Photovoltaikanlagen sowie für Windkraftanlagen erstellt. Bis 400 kW Photovoltaikleistung braucht man keine Genehmigungen mehr. Photovoltaik soll zum Standard auf Oberösterreichs Dächern werden. Zweite Wahl sind andere bereits versiegelte Flä- chen. Freiflächenanlagen werden eher kritisch gesehen.

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In Wien wurde im September eine Bauordnungsnovelle beschlossen, wonach alle neuen Gebäude – ausgenommen Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Kleingartenhäuser – Photovoltaikmodule haben müssen, und zwar mindestens 1 kW pro 100 m² Bruttogrundfläche bei Gewerbebauten bzw. pro 300 m² bei Wohnbauten. Bis 2022 will die Stadt auf eigenen Krankenhäusern, Pflegewohnhäusern und Rettungsstationen 8 MW Photovoltaik-Leistung installieren. Auch neue Bürgersolarkraftwerke soll es geben.

Für das Burgenland gibt es einen „Zukunftsplan“, wonach bis 2025 die Photovoltaikleistung verzehnfacht werden soll. Anfang Oktober gab die Landesregierung aber bekannt, dass keine privaten Freiflächen-Solarparks, die größer als 100 m² sind, mehr genehmigt werden. Die Land Burgenland will diese selbst errichten. Der Bundesverband Photovoltaic Austria kritisierte diese „Rückkehr in uralte Strom-Monopolzeiten“ scharf.

Die Energie Steiermark will in den kommenden fünf Jahren 1,2 Milliarden Euro in Ökoenergie investieren. Der Groß- teil davon soll in Windkraft fließen, aber bis 2030 soll es auch – zusätzlich zum Photovoltaik-Ausbau auf Dächern – 450 Hektar Solarparks geben, die jährlich 330 GWh Solarstrom produzieren.

In Salzburg gibt es von der Energieberatung des Landes das Projekt ZEUS – da werden alle Schritte digitalisiert, was für die beteiligten Partner an der Errichtung und Förderung einer Anlage ein großer Vorteil ist. Die AEE Salzburg hilft bei der Einreichung und gibt Tipps zu allen Ökoenergie-Anlagen.

Der Kärntner Energieversorger Kelag plant, bis 2025 rund 80 MW zusätzliche Photovoltaik-Leistung zu installieren, wofür 60 Millionen Euro veranschlagt sind und 20.000 Dächer gesucht werden. Für Photovoltaik auf kommunalen Gebäuden gibt es seit Juni eine eigene Förderschiene.

Tirol möchte 2,8 TWh/Jahr mehr Strom aus Wasserkraft. Daneben sollen bis 2050 mehr als 30 Millionen Quadratmeter Dachflächen zur Solarstromerzeugung genutzt werden. Derzeit scheitert das oft an hohen Kosten für die nötige Verstärkung der Netze. Die öffentliche Hand darf diese Anschlusskosten nicht übernehmen oder reduzieren, weil das dann eine Doppelförderung wäre und die Solaranlage keine Bundesförderung mehr bekäme.

Vorarlberg soll bis 2030 die Vollversorgung mit Ökostrom schaffen, hauptsächlich durch Ausbau der Wasserkraft und mit 5.000 weiteren Dächern mit Solarzellen.

REGIONALE INITIATIVEN

Eine von vielen Gemeinden, die das gute Investitionsklima nutzen, ist Felixdorf in Niederösterreich. Im Oktober bekam der erste Tennisclub Felixdorf eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 17,64 kW. Hierfür konnte eine OeMAG Investitionsförderung von 250 €/kW und ein geförderter Einspeisetarif für 13 Jahre lukriert werden. Insgesamt hat die Gemeinde damit seit 2014 sechs Anlagen mit einer Gesamtnennleistung von 174,94 kW angeschafft. Diese produzieren laut Vizebürgermeister Ing. Straub ca. 177 MWh Sonnenstrom pro Jahr. Weitere Projekte sind geplant.

In Niederösterreich werden die Gemeinden vom Land sehr animiert, Solarstrom zu erzeugen. Es gibt eine eigene „Photovoltaik-Liga“, wo die Gemeinden und Bezirke mit dem größten Zubau ausgezeichnet werden. In Wolkersdorf im Weinviertel ist keine Ermunterung nötig – da wird schon seit 1996 kräftig in die Erneuerbaren investiert, zuerst in Windräder, jetzt in Photovoltaik. Die Einwohner von Wolkersdorf dürfen sich mit zwei Prozent Rendite am Ausbau beteiligen, was hoffentlich zu einer positiven Stimmung beiträgt.

Die Erfolge sind allerdings nicht selbstverständlich: In Göllersdorf (ebenfalls im Weinviertel) wurde Anfang des Jahres eine private Solarinitiative gestartet. Viele Interessierte kamen zu Vorträgen oder ließen sich individuell über Balkonmodule, Sonnenkollektoren, Batteriespeicher oder Gemeinschaftsanlagen beraten, aber konkret umgesetzt wurde bis jetzt wohl nur wenig – vielleicht auch wegen der Corona-Krise. Franz Deninger von der Initiative rät jedenfalls, bald zu investieren, denn seiner Erfahrung nach sind Elektriker und Solartechniker gut ausgelastet, und mit weiter steigender Nachfrage wird es immer schwieriger, ein Angebot zu bekommen. Auch Preiserhö- hungen seien nicht unwahrscheinlich.

Ähnlich die Erfahrung in Kärnten: Die Aktion „100 Tage/100 Dächer Sonnenstrom in Pörtschach“ wurde vor einem Jahr gestartet, aber trotz anfangs gro- ßem Interesses ist dann wenig passiert, berichtet Matthias Nadrag von der Unternehmensgruppe „Kärnten Solar“. Im Gegensatz zu Franz Deninger sieht er keine überlasteten Solarfirmen, sondern nur eine saisonal schwankende Nachfrage. Kärnten Solar bietet Photovoltaikanlagen mit Speicher und Notstromfunktion an. Da sei der Markt umkämpft.

EXPERTEN-EINSCHÄTZUNGEN

Thomas Kaissl vom Impact Hub Vienna ist aktuell mit der Stadt Wien am Thema Energiegemeinschaften dran: „Diese von einer EU-Richtlinie ausgehende Maß- nahme wird, so glauben wir, erneuten Schwung in den Ausbau Erneuerbarer Energie/Solarenergie bringen und auch als Teil einer ‚sharing economy‘ insgesamt einen Beitrag zur notwendigen Transformation Richtung Nachhaltigkeit leisten.“ Voraussetzung sei jedoch, dass die Politik es attraktiv und „einfach“ macht, sich zusammenzuschließen und Energie gemeinsam mit anderen zu produzieren. Dann könnten endlich auch Menschen in Mehrparteienhäusern bei der Energiewende mitmachen und von ihr profitieren. Als Dienstleister stehen private Plattformen wie www.pvdirekt.at oder eFriends.at schon bereit.

Die Firmen Dachgold und 10hoch4 haben im Jahr 2014 die Initiative gestartet, 1001 Firmendächer mit Photovoltaikmodulen auszurüsten. Im Moment geht es bei dieser Initiative gut voran, berichtet Cornelia Daniel von Dachgold: „Es hat sechs Jahre gedauert, um auf 600 Dächer zu kommen, aber im Moment werden es täglich mehr und es sieht so aus, als würden wir in wenigen Monaten die restlichen 400 schaffen. Das hat vor allem mit der Investitionsprämie von 14 Prozent zu tun, die ein einmaliges Fenster öffnet. Dadurch, dass die Unternehmen wissen, dass diese ein Ablaufdatum hat und man danach zwölf Monate Zeit für die Umsetzung hat, ist es zusammen mit der degressiven Abschreibung ein hervorragendes Instrument, Klimainvestitionen genau jetzt auszulösen. Um die Klimaziele zu erreichen, muss aber an allen möglichen Stellen geschraubt werden. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz muss dieses Mal gelingen, damit langfristige Planungssicherheit herrscht.“

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Von allen Ökoenergien hat in Österreich derzeit Solarstrom eindeutig am meisten Fahrt aufgenommen. Andere „Baustellen“ wie Wärmedämmung von Bestandsgebäuden oder Umstellung der Heizungen auf Erneuerbare stehen weniger im Fokus. Auch Sonnenkollektoren sollten nicht vergessen werden. „Sinn ergibt Solarthermie nach wie vor, wenn es um größere Anlagen geht. Dort sehe ich auch Wachstum ab 2022“, meint Cornelia Daniel.

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