Zeitschrift EE

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Interaktion von dynamischer Gebäude- und Anlagensimulation und Building Information Modeling (BIM)

Von David Venus, Francois Veynandt, Harald Trinkl

Building Information Modeling in der Umsetzung

Die Zukunft im Gebäudebereich wird eindeutig durch die Gebäudedatenmodellierung – gewöhnlich als BIM (Building Information Modeling) bezeichnet – bestimmt. Das gemeinsame digitalisierte Gebäudemodell soll eine reibungslose fachliche Zusammenarbeit aller Baubeteiligten erlauben. Dadurch sollen Bauvorhaben letztendlich mit dieser Methode schneller, wirtschaftlicher und nachhaltiger umgesetzt werden.

Das zentrale Ziel des Projekts „Digitale Gebäudemodelle für nachhaltige Gebäude“ war die Integration von Instrumenten und Softwaretools im Bereich der Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden in die Gebäudedatenmodellierung. Der Schwerpunkt der Arbeiten von AEE INTEC lag dabei auf der Untersuchung der Kopplung von Tools für dynamische Gebäude- und Anlagensimulation an BIM. Das GET (Güssing Energie Technologies) hat unterstützend dazu den Informationsaustausch über IFC (Industry Foundation Classes)-Daten ausführlicher betrachtet. Dieser Artikel beschreibt die Ergebnisse von AEE INTEC und GET zur Kopplung der dynamischen Gebäude- und Anlagensimulation an Building Information Modeling.

Abbildung

IFC als Open-BIM Datenaustauschformat

IFC (Industry Foundation Classes) ist das internationale Format, das als Standard für den Austausch von digitalen Gebäudemodellen in Open-BIM gilt. Open-BIM ist – im Vergleich zu Closed-BIM - Software-unabhängig, was einen Austausch zwischen unterschiedlichen Softwarefamilien ermöglicht. In einem Gebäudeprojekt werden üblicherweise viele unterschiedliche Software-Programme benutzt, die eine Schnittstelle brauchen, um Daten miteinander austauschen zu können. Das IFC-Format wird von buildingSMART international entwickelt und beworben, um den Open-BIM-Ansatz zu fördern.

In einer IFC-Datei sind alle Informationen gespeichert, die im gesamten BIM-Prozess gesammelt wurden. Derzeit wird die Version IFC2x3 am häufigsten verwendet. Die neue Version IFC4 soll viele Verbesserungen bringen und gilt als neuer Standard. In der IFC-Datei besteht die Möglichkeit, nicht nur Geometriedaten der geplanten Objekte zu speichern, sondern auch eine Vielzahl von anderen Eigenschaften.

Passivhaus-Kindergarten als Beispiel

Im durchgeführten Forschungsprojekt diente der Passivhaus-Kindergarten „Wolkenschiff“ in Gänserndorf als Untersuchungsobjekt.

Der Kindergarten ist seit 2012 in Betrieb und es stand eine hervorragende Datenbasis zu Verfügung. Das Gebäude wurde in Autodesk Revit modelliert und als IFC-Datei exportiert. Diese IFC-Datei war die Basis für den Datenaustausch und wurde in weiterer Folge im Simulationstool importiert.

Die Ankopplung von Simulationstools an den BIM-Prozess wurde anhand von zwei typischen Vertretern von Gebäude- und Anlagensimulationsprogrammen, TRNSYS und IDA Indoor Climate and Energy (IDA ICE) getestet. Die Ankopplung an TRNSYS wurde vom Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie (IBO) untersucht, die an IDA ICE von AEE INTEC.

Der Passivhauskindergarten „Wolkenschiff“ in Gänserndorf diente als Untersuchungsobjekt. Fotos: AEE INTEC

IFC-Import in IDA ICE

IDA ICE besitzt eine direkte Importfunktion von IFC-Modellen, wobei nur IFC-Versionen bis 2x3 unterstützt werden. IFC4 Dateien werden derzeit noch nicht unterstützt. Beim Import werden die Geometrien des Gebäudes und der Einbauten (Fenster und Türen), die Rauminformationen sowie die in der IFC-Datei enthaltenen Informationen zum Materialaufbau der einzelnen Bauteile übernommen. Diese Materialien und Konstruktionen können dann in IDA ICE übernommen bzw. zugeordnet werden.

Beim untersuchten Kindergarten Wolkenschiff funktionierte der IFC-Import tadellos, Probleme ergaben sich allerdings im zweiten Schritt, der Zuordnung der importierten Räume zu den thermischen Zonen des Simulationsmodells. Beim Aufbau des Simulationsmodells wurde versucht, Räume mit ähnlicher Nutzung zu einer thermischen Zone zusammenzufassen, um einerseits den Eingabeaufwand als auch den Zeitbedarf für Simulation und Auswertung gering zu halten. Aufgrund von Ungenauigkeiten in der Gebäudemodellierung traten unterschiedliche Höhen einzelner Räume auf, und über diese Räume konnten keine gemeinsamen thermischen Zonen definiert werden. Zusätzlich ergaben sich bei der Zonierung Probleme mit der vorhandenen Geometrie des Kindergartens im Bereich des Sheddachs.

Hier besteht dementsprechender Verbesserungsbedarf. Derzeit muss ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, das Gebäudemodell „richtig“ zu zeichnen und als IFC Datei zu speichern, damit das Simulationsprogramm die Datei anschließend verarbeiten kann. Ein anderer Ansatz wäre, die Software, also das Simulationstool, robuster zu machen, um Ungenauigkeiten in der vorhandenen Geometrie behandeln zu können. Externe Softwareprogramme könnten hier unterstützend beitragen, dies müsste aber noch genauer untersucht werden.

IFC (Industry Foundation Classes) als Open-BIM-Datenaustauschformat. Schnittstellen bzw. Import-Exportmöglichkeiten zwischen verschiedenen Gebäudesimulationsmodellen.

Import/Export - Schnittstellenentwicklung

Im Rahmen des Projektes wurde vom Projektpartner Güssing Energy Technologies ein Werkzeug entwickelt, um den Informationsaustausch zwischen Gebäudemodell und Simulationstool bidirektional bewerkstelligen zu können.

Als Basis dafür wurde der Open Source BIM-Server von http://bimserver.org gewählt. Der Server dient nicht nur für die zentrale Speicherung und Darstellung der IFC-Dateien, er bietet auch einen Client, der die Bearbeitung der Daten über eine eigene Schnittstelle ermöglicht. Mit Hilfe dieses Clients konnte ein Analysetool in Java erstellt werden, mit dem man Auswertungen und Bearbeitungen für eine auf dem zentralen Server gespeicherte IFC-Datei durchführen kann. Dafür wird über das Analysetool eine Verbindung zu dem BIM-Server aufgebaut und die IFC-Datei in Form eines BIM-Server-eigenen Modells in den lokalen Speicher geladen. Dieses Modell kann dann beliebig verändert und ausgewertet werden. Dadurch ist es sehr einfach, die gesamte IFC-Datei zu durchsuchen und nach eigenen Vorgaben zu filtern oder Summen und Mittelwerte zu berechnen. Kennzahlen, die für die Simulation benötigt werden, können direkt aus der IFC-Datei entnommen und berechnet werden. Außerdem sollen Daten aus den unterschiedlichen Bauphasen zurück in die IFC-Datei gespeichert werden, damit ein „digitaler Zwilling“ erstellt werden kann. Somit sollte die IFC-Datei die Wirklichkeit möglichst genau abbilden. Bei der Durchführung zeigten sich aber Probleme beim Zusammenspiel verschiedener BIM-Software- Programme. Ein Problem ist, dass Parameter in den Software-Programmen unterschiedlich benannt werden. Wenn ein Programm einen Parameter als „Höhe“, ein anderes als „Raumhöhe“ und ein letztes, wie im IFC spezifiziert, als „Height“ bezeichnet, ist eine automatische Auswertung oder ein Filtern nach diesen Parametern nicht möglich. Diese Problematik kann nur durch das strikte Befolgen vorhandener Standards oder die Schaffung neuer öffentlicher Standards (ein neuer Standard wäre z. B. das buildingSMART Data Dictionary) gelöst werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Anwendung von Building Information Modeling fordert Änderungen im Bauprojektablauf und in der Arbeitsweise und setzt neue Kenntnisse und neue Organisationsmaßnahmen für jeden Bauprojektakteur voraus. Durch das Forschungsprojekt konnten die Kenntnisse der Möglichkeiten zur Kopplung von BIM mit dynamischen Gebäude- und Anlagensimulationsprogrammen erweitert werden, was den Projektpartnern in weiterer Folge ermöglicht, Unterstützung in der Umsetzung von BIM für dynamische Simulation sowie für die ökologische Bewertung von Gebäuden anzubieten.

Hinweis zum Projekt

Dieses Projekt wurde von November 2016 bis April 2018 dank einer Förderung vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Rahmen der ACR (Austrian Cooperative Research) durchgeführt.

Weiterführende Informationen

https://www.acr.ac.at/

https://www.aee-intec.at/index.php?seitenName=projekteDetail&projekteId=208

Autoren

Dipl.-Ing. David Venus ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Bauen und Sanieren bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. François Veynandt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Harald Trinkl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Güssing Energy Technologies.

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