Zeitschrift EE

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Fassadenintegrierte Haustechnik für die Sanierung

Fabian Ochs, Dietmar Siegele, Toni Calabrese, Georgios Dermentzis

Installation eines Fassadenelements mit integrierter Fortluft-Zuluft-Wärmepumpe für die Sanierung. Foto: UIBK Innsbruck

Bei der Sanierung von Geschoßwohnbauten, welche häufig kleine Wohnungen mit inhomogener Wärmeversorgung aufweisen (Gas-, Öl- oder Stückholz- Einzelöfen, Elektroboiler usw.) zeigt sich, dass eine Gesamtsanierung inklusive Umstellung auf zentrale Heizung und Trinkwarmwasser-Versorgung mit z. B. Fernwärmeanschluss, Biomassekessel mit oder ohne Solarthermie oder Grundwasserwärmepumpe in der Regel nicht möglich ist. Gerade für Wohnbauten mit kleinen Wohneinheiten scheiden auch derzeitig verfügbare dezentrale Lösungen aus Platz- und Kostengründen häufig aus. Neben dem Platzaufwand für die haustechnischen Komponenten für Heizung und Trinkwassererwärmung stellt die Luftkanalinstallation eine weitere Herausforderung beim nachträglichen Einbau im Rahmen der Gebäudesanierung dar.

Gesamtpaket für die dezentrale Lüftung, Heizung und Trinkwarmwasser-Versorgung

Ziel des Forschungsvorhabens SaLüH! war es, Wohnbaugesellschaften, Herstellern von Lüftungsbzw. Heizungsgeräten sowie Planern Konzepte und technische Lösungen für ein Gesamtpaket für die dezentrale (wohnungsweise) Lüftung, Heizung und Trinkwarmwasser-Versorgung an die Hand zu geben. Damit soll die kostengünstige und baulich einfache Umstellung auf effiziente Haustechnik im Rahmen der Sanierung - auch schrittweise Wohnung für Wohnung - ermöglicht werden, ohne die NutzerInnen in ihrem gewohnten Wohnumfeld einzuschränken. Ein abgestimmtes Gesamtpaket bestehend aus Wärmedämmung, Fenster, einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, sowie Heizung (und optional Kühlung) und Trinkwarmwasserversorgung wurde entwickelt, welches kostengünstig und mit minimalem Eingriff in der Wohnung umgesetzt werden kann. Es erfolgte eine simulationsgestützte Bewertung der Innenraumqualität, d. h. von thermischem Komfort und Luftqualität, und der Energieeffizienz sowie eine Wirtschaftlichkeitsbewertung. Es wurden Funktionsmuster für eine fassadenintegrierte kompakte Wärmepumpe für Lüftung und Heizung sowie eine kompakte Trinkwarmwasser-Wärmepumpe entwickelt, optimiert und im Labor vermessen.

Die Lüftungs-Heizungswärmepumpe wurde für ein Optimum aus Effizienz, Kompaktheit und Investitionskosten konzipiert. Die drehzahlgeregelte Wärmepumpe mit einer Heizleistung von etwa 2,5 kW nutzt die Enthalpie der Fortluft einer mechanischen Lüftung mit Wärme- und Feuchterückgewinnung. Eine Entkopplung der Heiz- bzw. Kühlleistung vom hygienischen Luftwechsel erfolgt durch bedarfsgerechte Beimischung von Umluft (wärmesenkenseitig) und Außenluft (wärmequellenseitig). Die Leistungsbegrenzung der Luftheizung wird damit weitgehend aufgehoben und eine deutlich bessere Regelbarkeit erreicht. Kühlung wird durch den reversiblen Betrieb der Wärmepumpe möglich und adressiert damit die steigende Nachfrage nach erhöhtem Sommerkomfort. Die Abbildung zeigt schematisch das dreiteilige Systemkonzept der Wärmepumpe: die fassadenintegrierte Außeneinheit, die deckenaufgehängte Inneneinheit mit Wärme- und Feuchteübertrager und Kondensatoren und eine Luftverteilung im Flur.

Konzept einer Lüftungs-Heizungswärmepumpe und Grundriss der Wohnung mit Anordnung der Komponenten (Außen- und Inneneinheit sowie Luft-Verteilung), Quelle: UIBK Innsbruck

Alle Komponenten wurden in einem kostengünstigen Schaumgehäuse montagefreundlich untergebracht. Das System hat eine in Bezug auf Druckverlust, Gleichmäßigkeit der Anströmung und Schallreduktion optimierte Strömungsführung. Gleichzeitig wird durch das Design ein hoher Grad an Vorfertigung und dadurch eine kostengünstige Fertigung ermöglicht.

Außeneinheit beim Einbau (Ausführung: Siko Energiesysteme)

Gesamtaufbau des Funktionsmusters mit Innen- und Außeneinheit im Kompaktgeräteprüfstand der UIBK (Ausführung: Siko Energiesysteme)

Integration in Fenster-Brüstung

Die Integration der aktiven Komponenten in die bestehende Fenster-Brüstung bzw. in eine vorgehängte Holzrahmenleichtbaufassade wurde näher untersucht. Die Fassadenintegration bietet vor allem in kleinen Wohnungen mit in der Regel sehr kleinen Bädern und Küchen überhaupt erst die Möglichkeit, eine Lüftung zu realisieren und auf ein effizientes, dezentrales Heizsystem umzustellen. Zudem werden die Außen- und Fortluftkanäle minimiert und dadurch die Wärmeverluste reduziert sowie Installationskosten eingespart. Im Außenlabor der UIBK (PASSYS Testzelle) wurde ein Funktionsmuster einer Testfassade mit integrierter Lüftungs-Heizungswärmepumpe vermessen. Die Testfassade im Maßstab 1:1 (2,75 m x 2,75 m) wurde als vorgefertigte Holzrahmenkonstruktion ausgeführt (siehe Abbildung). Zusammen mit der Außeneinheit der Wärmepumpe wurden mehrere Temperatur- und Feuchtesensoren in der Fassade installiert. Ergänzend zu den Innenlaborversuchen in Bezug auf Leistung und Effizienz wurden praktische Aspekte, wie z. B. Handhabbarkeit und Installation getestet sowie bauphysikalische Messungen zu Schallemissionen oder Kondensatvermeidung durchgeführt. Begleitend wurden durch thermische (3D) und hygrothermische (2D) Simulationen die bauphysikalischen Eigenschaften überprüft und bewertet. Feuchteschutz wird durch die luftdichte Bauweise und die Verwendung einer Hochleistungsdämmung gewährleistet.

Funktionsmuster einer vorgefertigten Holzfassade mit integrierter Außeneinheit der Heizungs-Lüftungs-Wärmepumpe in der PASSYS Testzelle der UIBK (Ausführung: Kulmer Holz-Leimbau GesmbH) Foto: UIBK Innsbruck

Vermessung im Labor, Simulation und Optimierung

Die Funktionsmuster wurden detailliert im Labor vermessen. Die Vermessung der Lüftungs-Heizungswärmepumpe erfolgte im Kompaktgeräteprüfstand der UIBK. Die einzelnen Komponenten wie Wärmeübertrager, Feuchteübertrager, Verdampfer, Kondensator, Kompressor, Inverter und Ventilatoren wurden vorab vermessen. Abschließend wurde die Performance des Gesamtsystems vermessen und mit Hilfe der Simulationen validiert. Für alle Komponenten wurden eigene Simulationsmodelle erstellt. Durch Vergleich von Messung und Simulation kann das jeweilige Modell parametriert werden und durch die Verwendung von parametrierten Modellen eine Bewertung des Systems über den Messbereich hinaus z. B. für Volumenströme, Temperaturen, etc. erfolgen. Die parametrierten Komponentenmodelle ermöglichen zudem – in Abgrenzung zu häufig eingesetzten Blackbox-Modellen und Lookup-Tables – in weiterer Folge eine Optimierung des Designs.

Die Limitierung des Luftwechsels auf den hygienisch notwendigen Wert sind insbesondere im alpinen Raum mit längeren Phasen niedriger Außentemperaturen und entsprechend geringer absoluter Luftfeuchte von hoher Wichtigkeit, um trockene Innenraumluft zu vermeiden bzw. zu reduzieren und damit die Akzeptanz zu erhöhen. Feuchterückgewinnung reduziert dieses Problem. Ein Schwerpunkt lag daher bei der Komponentenvermessung auf der vergleichenden Bewertung zwischen Wärme- und sogenannten Enthalpieübertragern. Letztere werden mehr und mehr nachgefragt, um dem Problem von zu trockener Luft bei kalten Außenlufttemperaturen im Winter entgegenzuwirken. Außerdem wird durch die Verwendung eines Enthalpieübertragers Kondensatbildung im Wärmeübertrager vermieden, wodurch es möglich ist, das Gerät als deckenhängendes Gerät auszuführen. Der Einfluss der Feuchteübertragung auf die Effizienz bei einer Fortluft-Zuluft-Wärmepumpe konnte im Rahmen des Projekts SaLüH! erstmals systematisch untersucht werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Im Projekt SaLüH! konnten kostengünstige Lösungen für die Sanierung von mehrgeschossigen Wohngebäuden ausgearbeitet werden. Mit der präsentierten Fortluft-Zuluft-Wärmepumpe wurde gezeigt, dass ein bestehendes Objekt bei einer entsprechenden thermischen Sanierung mit einem kombinierten Lüftungs- und Wärmepumpensystem für die Heizung ausgestattet werden kann. Ergänzt mit einer kompakten Außenluft-Trinkwasserwärmepumpe, (vgl. Beitrag von Dagmar Jähnig in diesem Heft), steht damit eine Lösung für die dezentrale Sanierung von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zur Verfügung. Der Einsatz von erneuerbaren Energien wird durch dieses System aktiv unterstützt und Systeme dieser Art werden in den nächsten Jahren in den Fokus von Entscheidungsträgern rücken.

Das Projekt wurde vom BMVIT im Programm Stadt der Zukunft finanziert. Unser Dank gilt außerdem den weiteren Projektpartnern Kulmer Holz-Leimbau GesmbH, Pichler Luft, SIKO GmbH und Internorm.

Autor

Dr.-Ing. Fabian Ochs ist im Arbeitsbereich „Energieeffizientes Bauen“ an der Universität Innsbruck tätig. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Statement

"Im Bereich der thermischen Gebäudesanierung sind jährliche Umsetzungsquoten unter 1% seit Jahren die Realität, was viel zu wenig ist, um die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen. Kompakte fassadenintegrierte Wärme- und Luftversorgungssysteme für Geschoßwohnbauten können erheblich dazu beitragen, die bestehenden Hemmnisse zu überwinden und zukünftig die Basis für die Umsetzung hocheffizienter thermischer Sanierungen inkl. Heizungsumstellung zu bilden. Projekte wie SaLüH! liefern für unser Unternehmen SIKO wichtige Puzzle-Steine in unseren Entwicklungsarbeiten - in diesem Fall für eine kompakte Lüftungs-Heizungswärmepumpe."
Arthur Sief, Gründer SIKO GmbH

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