Zeitschrift EE

nt 02 | 2020: Hybride Solartechnologien

Steigendes Interesse an PVT-Systemen

Jean-Christophe Hadorn

PVT-Technologie ist eine Hybridtechnologie, die ein Photovoltaikmodul (PV)-Modul und einen thermischen Solarkollektor kombiniert. Dadurch können gleichzeitig Elektrizität und Wärme aus Sonnenenergie gewonnen werden, ohne dabei mehr Platz zu beanspruchen als ein reiner PV-Kollektor. Kühlung kann während der Nacht direkt über den thermischen Absorber des PVT-Kollektors oder indirekt über eine durch den Strom der PV-Module versorgten Kühleinheit erfolgen.

PVT-Installation in Wien. Foto: 3F Solar

Sinkende Preise für PV-Module haben die Hybridisierung seit einigen Jahren attraktiv gemacht und unter günstigen Bedingungen können die Anlagen eine gute Kapitalrendite aufweisen. Die Amortisationszeit beträgt oft weniger als 5 Jahre.

Vorteile

Die Technologie ist etwas komplexer als nur ein PV- oder ein thermischer Kollektor, bietet aber erhebliche Vorteile.

  • PVT nutzt die gleiche Fläche wie ein PV- oder Solarthermiemodul, um Strom und Wärme und auch Kühlung zu liefern.
  • Die Hälfte eines Daches mit PV-Modulen und die Hälfte eines Daches mit Solarthermiemodulen kann durch ein Volldach mit PVT zu etwas höheren Kosten ersetzt werden, liefert aber fast die doppelte PV- und die doppelte Wärmeenergie.
  • Die Solarstromproduktion eines PVT-Kollektors ist nicht geringer als die eines reinen PV-Kollektors. Sie kann sogar etwas höher sein, wenn der PV-Kollektor aufgrund des thermischen Moduls bei Temperaturen betrieben werden kann, die unter denen eines reinen PV-Moduls liegen.
  • Die thermische Energie kann zur Vorwärmung oder Erwärmung des Brauchwassers der Gebäudebewohner verwendet werden, direkt oder als Wärmequelle für den Verdampfer einer Wärmepumpe, und ist nur etwa 10-20% geringer als die eines rein solarthermischen Kollektors.
  • Das PV-Modul kann Elektrizität für eine Pumpe oder teilweise für eine Wärmepumpe liefern. In einigen Fällen (z. B. Warmwasser-Wärmepumpen) ist es auch möglich, dass die gesamte elektrische Energie durch das PV-Modul zur Verfügung gestellt wird, sodass eine hundertprozentige solare Lösung möglich ist.
  • PVT-Kollektoren erzeugen kein Geräusch wie eine Wärmepumpe und haben keine besonderen Auswirkungen, wenn der PVT-Kollektor richtig integriert ist.
  • Die Lebensdauer eines gut konzipierten PVT-Kollektors sollte zwischen 20 und 40 Jahren liegen.

Arten von Kollektoren

Die Klassifizierung kann nach dem Kollektordesign, dem Wärmeträgermedium und den verwendeten PV-Zellen vorgenommen werden.

PVT-Typologien Quelle: IEA SHC Task 60

Die gebräuchlichsten Typen sind unverglaste Absorber mit Wasser oder Luft als Wärmeträgermedium und kristalline klassische PV-Zellen, da ihre Kosten am niedrigsten sind. Sie werden in Kombination mit einer Wärmepumpe für Warmwasser und Heizungszwecke eingesetzt. Unverglaste Luftkollektoren werden zum Beispiel zur Raumheizung von Niedrigstenergiehäusern verwendet. Verglaste Kollektoren können höhere Temperaturen (60 bis 80 °C) erreichen und eignen sich am besten für die ganzjährige Warmwasserbereitung, beispielsweise in Hotels in mediterranem Klima.

Stand der Technik

Die Entwicklung von unverglasten Hybridkollektoren ist bereits weit fortgeschritten. Diese Art von Kollektoren hat sich mit vielen Umsetzungen vor allem in Europa gut etabliert. Die Haltbarkeit des Hybridkollektors wird als gut beurteilt, aber Erfahrungen gibt es erst seit ca. 10 Jahren. Frankreich hat die größte Expertise in Bezug auf unverglaste Luft- und Fluidkollektoren.

Verglaste Kollektoren sind schwieriger zu konstruieren, da höhere Temperaturen z. B. unterschiedliche Ausdehnung der Materialien bewirken oder die Haltbarkeit des Klebers beeinflussen. Gute Produkte sind vor allem aus Spanien, Österreich und Deutschland auf dem Markt, und seit 3 Jahren gibt es einige interessante Anlagen, die umgesetzt wurden.

Evakuierte Röhrenkollektoren wurden vor allem in Großbritannien entwickelt und zeigen gute Leistungen bei höheren Temperaturen für industrielle Prozesse. Die Anwendungen in diesem Bereich nehmen zu. Es gibt auch Versuche mit konzentrierenden PVTKollektoren, aber bisher wurde kein starkes kommerzielles Produkt entwickelt.

Der Markt ist hauptsächlich auf Warmwasserbereitung und Raumheizung mit oder ohne Wärmepumpen für Neubauten ausgerichtet. In einigen Fällen werden die Systeme auch in der Sanierung eingesetzt, wenn ein fossiles Heizsystem auf eine Wärmepumpenlö- sung umgestellt wird.

Verglaste PVT-Kollektoren. Foto: Abora Solar, Spanien

Zertifizierung

Solarkollektoren werden zum Nachweis ihrer Qualität zertifiziert. Bei PVT-Modulen müssen sowohl das PV-Modul als auch der solarthermische Kollektor nach jedem der gängigen Technikstandards getestet werden, da es derzeit kein einheitliches standardisiertes Verfahren zur gleichzeitigen Prüfung beider Komponenten gibt. Von Industrie und Forschung werden aber Maßnahmen gesetzt, die Standardisierung und Zertifizierung in dieser Richtung weiterzuentwickeln. Solar Keymark hat ein PVT-Label definiert und dieses bereits an Unternehmen vergeben, die PVT-Kollektoren herstellen.

Projekt der Internationalen Energieagentur zu PVT-Systemen

Im Rahmen des Programms für solare Wärme- und Kälteerzeugung der Internationalen Energieagentur (IEA SHC) wird seit 2018 ein Gemeinschaftsprojekt zu PVT-Systemen (IEA SHC Task 60 „PVT-Systems“) durchgeführt. Einer der Schwerpunkte unter der österreichischen Leitung von AEE INTEC analysiert den aktuellen PVT-Markt und identifiziert BestPractice-Systeme unterschiedlicher Anwendungen und Größen.

Für einen umfassenden Vergleich wurden adäquate Modellierungs- und technische Charakterisierungsmethoden entwickelt. Experten aus Forschung, Technik und Industrie aus 13 Ländern arbeiten an dem Projekt und analysieren Verfahren und geeignete Methoden zur Qualifizierung guter Kollektoren und Anlagen. Dadurch können die Bemühungen, die einige Unternehmen mit der Installation von PVT-Anlagen vor zehn Jahren begonnen haben, durch Wissenschaft und Zertifizierung unterstützt werden und der PVT-Technologie Marktreife verleihen. Da die Rahmenbedingungen von Subventionsprogrammen einiger Länder in Hinblick auf PVT-Lösungen ungünstig sind, arbeiten die Experten des IEA SHC Task 60 an Verbesserungen.

Autor

Jean-Christophe Hadorn ist Operating Agent des IEA SHC Task 60 „PVT-Systeme“. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Statement

DualSun, seit 2010 als Hersteller von PVT-Kollektorsystemen in Frankreich engagiert, nutzt das Projekt der Internationalen Energieagentur (IEA SHC Task 60) als Gelegenheit, praktische Erfahrungen aus mehr als 1100 weltweit installierten Projekten mit ExpertInnen aus Industrie und Wissenschaft zu teilen, um einen Konsens bezüglich Systemleistungen und Marktmöglichkeiten auszuarbeiten. Die in diesem Thinktank konzentriert vorhandene Expertise ermöglicht es, Entscheidungsträgern Empfehlungen für die Unterstützung von PVT als eine Schlüsseltechnologie zur Begrenzung des Klimawandels zu kommunizieren.

Laetitia Brottier, Head of Innovation, DualSun

Weiterführende Informationen

Berichte zu IEA SHC Task 60 unter http://task60.iea-shc.org

Webinare zum Thema PVT-Kollektoren https://www.youtube.com/watch?v=CdVFqzbSNP8&feature=youtu.be

 

Top of page