03 | 2024 Innovation durch internationale Kooperation
Entwicklung von investiven internationalen Projekten im Energiebereich für KMUs
Christian Nebenführ, Timothy Berens, Monika Spörk-Dür, Wolfgang Weiss, Andreas Gotwald
Österreichische Klein- und Mittelbetriebe (KMU) zählen mit ihren Produkten zu den internationalen Technologieführern in den Bereichen Energietechnik, Umwelttechnik, Smart Controls & Automation. Für die Entwicklung von internationalen Investitionsprojekten im Energiebereich (IPEnergy) fehlt es in den KMUs jedoch oft an spezifischer Erfahrung und Ressourcen.
Ziel des Projekts IPEnergy ist die Entwicklung einer wissenschaftlich fundierten Methode und eines Software-Tools, das KMUs Schritt für Schritt bei der Entwicklung investitionsbezogener internationaler Projekte begleitet sowie in der praktischen Durchführung von internationalen Investitionsprojekten durchgängig unterstützt.
Angepasstes Weltbank-Modell
Als Basis für die Entwicklung des Handbuchs und des Softwaretools dient ein „Fünf-Phasen-Modell“, welches auf einem angepassten Weltbank-Modell basiert. Dieses „Fünf-Phasen-Modell“ wird von allen Internationalen Finanzinstituten (IFIs) verwendet und hat sich praktisch zu einem „internationalen Standard“ für die Entwicklung von Investitionsprojekten etabliert. Alle nationalen und internationale Banken und Förderstellen erwarten von Unternehmen, dass Projekte, die finanziert oder gefördert werden sollen, professionell nach diesem Modell entwickelt und dokumentiert werden.
Eine Matrix hilft bei der Definition und Strukturierung aller relevanten Aspekte während des Projektentwicklungsprozesses. Die horizontale Dimension veranschaulicht die fünf Phasen im Projektentwicklungsprozess, angefangen von der Vorbereitungsphase und der allgemeinen Eignung des geplanten Projekts über Factfinding, Machbarkeitsstudie, technische Detailplanung bis hin zur Finanzierung.
Die vertikale Dimension umfasst eine strukturierte Analyse aller projektbezogenen Arbeitsschritte, um mit den internationalen Kunden alle länderspezifischen rechtlichen Anforderungen (Normen, Gesetze, Steuern etc.) sowie der Finanzplanung und der Finanzierung strukturiert abzuarbeiten.
Um die Praxisrelevanz der Ergebnisse zu maximieren, evaluieren und validieren die KMU-Partner im Projekt IPEnergy das Handbuch und das Software-Tool hinsichtlich ihrer praktischen Anwendbarkeit, Gebrauchstauglichkeit und Wirkung.
Das Handbuch zu IPEnergy
Ein begleitendes Handbuch unterstützt KMUs in der strukturierten Entwicklung von internationalen Investitionsprojekten im Alternativenergiebereich. Zusätzlich zum klassischen Export können KMUs somit neue, internationale Märkte für sich erschließen. Aber auch große Firmen profitieren von der Entwicklung, da das Handbuch für Schulungszwecke eingesetzt werden kann, um Mitarbeiter*innen rasch und kompakt in Bezug auf die Herausforderungen der Internationalen Projektentwicklung im Energiebereich vorzubereiten und zu schulen.
Das Software-Tool zu IPEnergy
Derzeit gibt es kein integriertes Softwaretool auf dem Markt, das kleine und mittlere Unternehmen bei der Entwicklung von internationalen Investitionsprojekten im Energiesektor unterstützt und alle relevanten Phasen der Projektentwicklung, einschließlich Management und Controlling, ganzheitlich abdeckt. Das Software-Tool wird als Web-Anwendung entwickelt. In einem ersten Schritt werden Basisinformationen abgefragt und dadurch verdeutlicht, wo Lücken in Bezug auf das Basiswissen für das Projektvorhaben bestehen. Damit werden KMUs in der Entscheidung unterstützt, ob diese fehlende Expertise selbst angeeignet oder zugekauft werden sollte ("Make or Buy"). Zudem werden relevante Förderstellen identifiziert und Schritt für Schritt alle notwendigen Dokumente erstellt, die von Partner*innen, Investoren*innen oder Banken im Zuge der Projektentwicklung verlangt werden.
Das Tool ist folgendermaßen aufgebaut: Am linken Bildschirmrand befindet sich eine Leiste mit Einstellungen, Projekten und Templates. Im Hauptfenster daneben befinden sich Nutzer*innen in einer Sub-Phase des Modells, hier sind Detailinformationen zum Projekt, Vorgehensweisen und Schritte der jeweiligen Phase enthalten. Über dem Hauptfenster ist ein Dashboard ersichtlich, welches die wichtigsten Informationen phasenübergreifend prägnant darstellt. Diese enthalten den Fortschritt des Projekts (abgeschlossene Phasen, Phasen in Bearbeitung/Verzögerung und ausstehende Phasen), eine Kostenaufschlüsselung (z. B. eingesetztes Kapital, Fördersummen, Drittfinanzierungen), sowie weitere durch die Nutzer*innen definierte Elemente. Ein Monitoring-Kästchen zeigt Statusinformationen und ein Datum des letzten Updates. Dadurch können Projektmitarbeiter*innen den Gesamtüberblick bewahren und Risiken für ein Scheitern des Projekts rechtzeitig erkannt werden.
Unter dem Monitoring-Kästchen können die Benutzer*innen zwischen den einzelnen Phasen des Projekts navigieren. Wurde eine Phase ausgewählt, erscheint rechts im Hauptfenster eine Seite, die die einzelnen Schritte geordnet nach den vier Hauptthemen „Projekt“, „Recht“, „Finanzen“ und „Förderungen“ anzeigt. Fragen und Informationen zu den relevanten Aufgaben des Themas müssen von den Benutzer*innen durchgearbeitet werden. Zu manchen Aufgaben werden Informationen über Checkboxen, Datenfelder oder Dropdown-Listen eingegeben, an manchen Stellen kann freier Text hinterlegt werden oder es wird ein Fälligkeitsdatum eingefügt. Einzelne Aufgaben können (je nach Relevanz für das Projekt) übersprungen werden.
Anhand des Risikomanagements soll an dieser Stelle kurz dargestellt werden, wie das Tool genutzt wird. In der Anwendung werden die Risiken, kategorisiert nach technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken, durchgearbeitet. Bei jedem Risiko entscheidet der Benutzer oder die Benutzerin, ob das Risiko für das Projekt relevant ist. Für relevante Risiken wird eine Einschätzung des Schweregrads vorgenommen (hoch, mittel, niedrig) und eine Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Risikos von 0 bis 100 Prozent vergeben. Weiters kann bei jedem Risiko ein Kommentar als Freitext eingefügt werden.
Die Informationen jedes Themenbereichs stehen als PDF für Projektpartner*innen, Banken oder Förderstellen zur Verfügung.
Der Prototyp des Softwaretools IPEnergy soll Anfang 2025 verfügbar sein. Weiters ist geplant, das Tool für die Schulung bzw. Weiterbildung von Mitarbeiter*innen von KMUs sowie Student*innen an Universitäten einzusetzen, um ihre Fähigkeiten in Bezug auf internationale Projektentwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien auszubauen und internationale Kooperationsprojekte im Energiebereich erfolgreich umzusetzen. Das Projekt IPEnergy wird vom Innovationsnetzwerk "COIN KMU-Innovationsnetzwerke" unterstützt und erhält Mittel vom österreichischen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.
Autor*innen
Dr. Christian Nebenführ ist Senior Lecturer/Researcher und Lehrgangsleiter ERP-Consulting an der Fachhochschule Technikum Wien. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Timothy Berens MAS, BSc. ist Junior Lecturer/Researcher im Kompetenzfeld Digital Enterprise & User Experience an der Fachhochschule Technikum Wien. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dipl.-Ing.in Monika Spörk-Dür ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich „Industrielle Systeme“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Weiss ist Leiter des Bereichs „Industrielle Systeme“ bei AEE INTEC. w. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Prof. Dr. Andreas Gotwald ist GF der TPA European & Technology Consultants GmbH und Lektor an mehreren Unis und FHs in Österreich zu den Themen Forschung & Entwicklung & Innovation, Unternehmensgründung, IPE, PM, Finanzierung & Förderung von Projekten.