Zeitschrift EE

nt 03 | 2021 Energiequelle Abwasser

Innovationsplattform BioBASE

Der stark steigende Einsatz fossiler und mineralischer Ressourcen trägt unter anderem zum fortschreitenden Klimawandel bei. Eine Umkehr im Energie- und Produktionssystem ist daher unausweichlich. Mit der BioBASE startet eine Innovationsplattform zur breiten Forcierung biobasierter Produkte sowie der Kreislaufführung von Produkten in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen. Die Innovationsplattform für Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft agiert dabei als zentrale Informationsdrehscheibe und Serviceagentur für Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik.

Foto: ÖGUT

Wie alles begann

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) hat im Frühjahr 2020 ein Innovationslabor Bioraffinerie zur Förderung ausgeschrieben. Nach zahlreichen (Covid-19 bedingten) Telefonaten mit der Förderstelle, den Ansprechpartnern des BMK sowie etlichen Gesprächen mit potenziellen Industriepartnern hat sich herausgestellt, dass der Begriff Bioraffinerie recht eng gefasst ist und deutlich mehr Institutionen angesprochen werden können, wenn wir uns dem Thema Bioökonomie verschreiben. Doch selbst diese Eingrenzung führte dazu, dass einige Akteure mit ihren Aktivitäten nicht vollumfänglich abgebildet werden konnten. Neben dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe bemühen sich viele Unternehmen die ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit durch verstärktes Recycling von biogenen, mineralischen und fossilen Rohstoffen zu adressieren. Also haben wir uns als Innovationsplattform Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft definiert und werden damit auch der Zielsetzung der Bioökonomiestrategie der Bundesregierung gerecht, in der die Kreislaufwirtschaft als „Konsistenz“ entsprechend verankert ist.

Große Chancen für regionale Wertschöpfung durch Bioökonomie

Bioökonomie und auch Kreislaufwirtschaft werden vielfach als zukunftsfähige und nachhaltige Lösungen gesehen. Sie stehen für ein Wirtschaftskonzept, das einerseits fossile Ressourcen (Rohstoffe und Energieträger) durch nachwachsende Rohstoffe in möglichst vielen Bereichen und Anwendungen ersetzt, andererseits einen effizienten Umgang mit den begrenzten fossilen/mineralischen und biogenen Ressourcen anstrebt. Für den Standort Österreich bietet die Bioökonomie große Chancen für mehr regionale Wertschöpfung durch die Herstellung von Produkten, Treibstoffen und Energie unter Nutzung regional verfügbarer Ressourcen aus Land-, Forst- und Abfallwirtschaft. Die Kreislaufwirtschaft schafft eine weitere Perspektive zur Steigerung der Ressourceneffizienz – insbesondere für jene Bereiche, in denen fossil- oder mineralisch-basierte Produkte nur schwer zu ersetzen sind. Sie trägt gleichzeitig zu einer nachhaltigen Sicherstellung einer ausreichenden Rohstoffversorgung bei.

Innovatives Reaktordesign (Oszillierender Flow Reaktor) für Bioraffinerie-Anwendungen zur Gewinnung von Wertstoffen aus biobasierten Reststoffen. Foto: AEE INTEC

Unser Angebot

Wir haben die Innovationsplattform BioBASE GmbH gegründet, um die Themen Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft in Österreich in den Mittelpunkt zu rücken. Unsere Aufgabe besteht dabei vor allem darin, Wirtschaft und Wissenschaft noch stärker zu vernetzen, sowie die Öffentlichkeit über Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft zu informieren. Wir betrachten die gesamten Wertschöpfungsketten von der Rohstoffbereitstellung über die verschiedenen Umwandlungswege (chemisch, biotechnologisch, thermisch) zu Grundstoffen und deren Verarbeitung zum Endprodukt inklusive der Formgebungsprozesse und Recyclingmöglichkeiten am Ende des Lebenszyklus. Wesentlich dabei ist die Ausrichtung auf regionale und nachhaltige Bereitstellung der Rohstoffe sowie auch die Nutzung von Reststoffen aus Produktion und Konsum, mit der die Verarbeiter zu Bioraffinerien und Zentren regionaler Kreislaufwirtschaft werden. Dabei betrachten wir gezielt die stoffliche, kaskadische Nutzung und werden das Thema der energetischen Nutzung (insbesondere Raumwärme und Stromerzeugung) nicht zentral bearbeiten. Querschnittsthemen wie die Erzeugung von Treibstoffen - die als Energieträger mit besonderer Funktionalität in Bezug auf Mobilität gesehen werden können – sind jedoch auch in unserem Themenportfolio vertreten.

Schwerpunkte der BioBASE GmbH

Durch die Zusammenarbeit mit einer breiten Vielfalt an Industriepartnern sind eine Vielzahl an Themen bei uns bereits gesetzt.

Schwerpunkt Reststoffnutzung

Das Thema der Reststoffnutzung genießt dabei besondere Aufmerksamkeit, weil es eben die jetzigen Verarbeiter nachwachsender Rohstoffe sind, die als Rohstoffdrehscheibe eine wichtige Funktion für nachgelagerte Produktionsketten haben können. Wieso? Weil die Logistik bei der Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe von zentraler Bedeutung ist. Die bereits verdichteten Materialströme der vorgelagerten Industrie bieten großes Potenzial, um weitere Verarbeitungsketten anzuhängen. Das Spannungsfeld reicht von der Logistik bis zur Konkurrenznutzung. Viele der Reststoffe werden jetzt schon genutzt, bieten aber - technologisch gesehen - mehr Wertschöpfungspotenzial. Dabei erkennen wir schon jetzt eine klare Trennung zwischen den Reststoffen aus dem Food und Non-Food Bereich. Die Mengen aber auch die Anforderungen an die Verarbeitung sind dabei insbesondere aus legistischer Sicht zu berücksichtigen. Die Akteur*innen sind sich aber bewusst, dass das Mengenangebot groß ist und die Reststoffe eben ein großes Wertschöpfungspotenzial darstellen, um aus demselben Rohstoffinput mehr Wertschöpfung als bisher erzielen zu können.

Dabei ist zu beachten, dass bei der Reststoffnutzungsthematik die Erwartung vorherrscht, jetzt die idealen Bedingungen vorzufinden, um langgehegte Verwertungsoptionen zu realisieren, weil neben dem Reststoffangebot nun auch die Verarbeiter verstärkt auf der Suche nach nachwachsenden Rohstoffen sind.

Schwerpunkt Kreislaufwirtschaft

Gleiches gilt für ein weiteres spannendes Thema aus der Kreislaufwirtschaft. Carbon Capture and Utilization bietet die Möglichkeit zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Erstens, CO2-Emissionen zu nützen und nicht ungenutzt in die Atmosphäre abzugeben und zweitens daraus Monomere für die Produktion von wertvollen Polymeren zur Verfügung zu stellen. Dieser Weg macht sich etablierte, industrielle Produktionsprozesse zu nutzen und tauscht rohstoffseitig beispielsweise fossiles Synthesegas durch ein Synthesegas aus aufbereitetem CO2 aus. Natürlich ist der Energieaufwand für die Erzeugung von Synthesegas aus CO2 nicht zu vernachlässigen, aber die Erzeugungskapazitäten von Windkraft, Wasserkraft und Biomasseverstromung können die Möglichkeit bieten, in „Off-Zeiten“ die Energie in Wasserstoff zu speichern und diesen für die Aufbereitung von CO2 zu Synthesegas zu ermöglichen.

Schwerpunkt Polymere

Die Erzeugung von Synthesegas führt weiter in das Thema der Polymere. Diese werden derzeit zum überwiegenden Teil auf Basis fossiler Ressourcen hergestellt und sind wesentlicher Bestandteil unserer Konsumgesellschaft sowie unserer Infrastruktur. Die BioBASE unterstützt ihre Partner dabei, biogene Rohstoffe für ihre Produkte und Anwendungen zu finden und Kooperationen für Entwicklungsprojekte entlang der Wertschöpfungskette zu realisieren. Die Herstellung von Biopolymeren und Bio-Compositen ist bereits seit vielen Jahren eines der wesentlichen Forschungsfelder im Bereich der Bioökonomie. Bis dato konnten sich allerdings nur wenige am Markt etablieren. Ziel der BioBASE ist es, durch einen interdisziplinären Ansatz das bestehende Wissen zu bündeln und Produkte für konkrete Anwendungen im Markt zu etablieren. Dafür bedarf es auch geänderter Rahmenbedingungen, um den Einsatz von Biokunststoffen zu ermöglichen. Verfügbare Plattformchemikalien und Rohstoffqualitäten sollen dabei zu Verarbeitern und Produkten gebracht werden. Vor allem das Screening der unterschiedlichen Produktqualitäten von biogenen Polymeren spielt hier eine tragende Rolle für Kund*innen, die noch keinen konkreten Rohstoff gewählt haben.

Die Bereitstellung recyclierter Rohstoffe aus dem Post-Consumer Bereich ist für alle Akteur*innen von besonderer Bedeutung. Beispielsweise kommen 90 % des Altpapiers aus dem Post-Consumer Bereich. Das Rohstoffpotenzial ist also enorm. Die Sammlung und Sortierung stellt neben den geeigneten Aufbereitungsverfahren die größte Herausforderung dar. Dabei stehen neben technologischen Lösungen die Information der Konsument*innen an vorderster Front. Als Gesellschaft müssen wir die Abfälle zu Wertstoffen machen, mehr in Recycling investieren und den Verbraucher*innen zeigen, dass Ressourceneffizienz den größten Hebel aufweist um die Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen. Egal, ob es sich um biogene, mineralische oder fossile Rohstoffe handelt, oberste Prämisse ist, diese Rohstoffe im Kreislauf zu halten. Alle Aktivitäten, die unsere Partner dabei setzen wollen, werden wir mit dem richtigen Netzwerk unterstützen – sei es Entwicklung von Technologien für die Sortierung oder aktive Information der Öffentlichkeit über Chancen des Recyclings.

Foto: ÖGUT

Schwerpunkt Bildung

Der Bildung kommt als Querschnittsthematik in der BioBASE eine übergeordnete Bedeutung zu. Sie ist der Schlüssel zu qualifizierten Arbeitskräften und Meinungsbildung. Insbesondere universitäre und außer-universitäre Bildungseinrichtungen haben sich in den vergangenen Jahren intensiv mit den Themen Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft auseinandergesetzt. Wir wollen dazu die existierenden Bildungsangebote der Akteur*innen nützen und interdisziplinär und universitätsübergreifende Bildungsangebote entwickeln.

Mit gezielten Fachvorträgen aus der Industrie wollen wir die Anwendungsorientierung unterstützen und jene Organisationen vor den Vorhang holen, die vielleicht nur auf den zweiten Blick Akteur*innen der Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft sind und dadurch als Arbeitgeber der Zukunft attraktiver machen.

Weiterführende Informationen

https://biobase.at/

Link zur Bioökonomie Strategie Österreich: https://www.bmk.gv.at/dam/jcr:1b29f43c-c472-48b6-b932-c7f91a4f5115/biooekonomiestrategie_wai.pdf

Weitere Abbildungen finden Sie auf unserer Homepage www.biobase.at
Insbesondere hier: https://biobase.at/schwerpunkte-innovationsvorhaben-2/

Autor*innen

Dipl.-Ing. (FH) Thomas Timmel ist Geschäftsführer der BioBASE GmbH. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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