Zeitschrift EE

nt 01 | 2021 Neue Impulse für die Energieraumplanung

Städtische Speicher als Treiber in der Energiewende

Sarah Wimmeder, Gerhard Totschnig, Demet Suna, Andrea Dornhofer

Mit steigendem Urbanisierungsgrad konzentriert sich der Energie- und Ressourcenbedarf zunehmend auf Ballungszentren, wodurch lokale Ansätze gefordert sind. Daher können städtische Energiespeicher eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende spielen. Welchen Beitrag urbane Speicherlösungen liefern können, wird im Projekt „CityStore“ untersucht.

FotoQuelle: W.E.I.Z. Weizer Energie-Innovationszentrum GmbH

Ausgangspunkt

Die Herausforderung bei der Nutzung von emissionsneutralen Energiequellen besteht vor allem in der Inkohärenz von Angebot aus solarer Energie oder Abwärme und Nachfrage. Hier bieten Energiespeicher einen klaren Ausweg, da mit ihnen die Erzeugung der Energie vom Verbrauch entkoppelt werden kann. Der Mehrwert eines Speichers liegt vor allem in der effizienteren Nutzung der Solarenergie in der kurzen Frist (Tagesspeicher) oder in der Nutzung von sommerlichen Abwärmeüberschüssen aus Gewerbe und Industrie im Winter (Saisonalspeicher).

Dazu wurden zwei Fallbeispiele, zum einen ein saisonaler Speicher für Fernwärme in Graz und zum anderen Photovoltaikanlagen, gekoppelt mit einem Batteriespeicher am Standort Weiz, modellbasiert untersucht. Dieser Artikel beschreibt diese zwei Anwendungsfälle, legt jedoch den Schwerpunkt auf das Fallbeispiel Weiz.

Kavernenwärmespeicher

Kavernenwärmespeicher sind unterirdische Höhlen, in denen Energie als heißes Wasser gespeichert wird. Vorteile sind deren meist sehr große Speicherkapazität und die Umgehung des in Städten oft herrschenden Platzmangels.

Ein Drittel des europäischen Energiebedarfs wird von der Industrie beansprucht und ein großer Anteil dieser Energie geht in industriellen Produktionsprozessen als Abwärme verloren. Um diese Energie zu nutzen, wurde für die Anwendung der industriellen Abwärme für die Fernwärme Graz ein möglicher, zukünftiger saisonaler Kavernenspeicher modelliert. Ziel war eine erste grobe Abschätzung der Investitionskosten einer Kaverne, die einen wirtschaftlichen Betrieb in Graz ermöglichen würden. Abhängig von den szenarienspezifischen Annahmen zeigen die Ergebnisse, dass für einen wirtschaftlichen Betrieb des Kavernenspeichers die Investitionskosten zw. 50 und 120 Euro/m³ liegen sollten.

Vision: Das WEIZ Campus Stromnetz

Die Stadtgemeinde Weiz folgt den klima- und energiepolitischen Zielen der EU, der Republik und dem Land Steiermark und verpflichtet sich freiwillig zu ihrem klima- und energiepolitischen Ziel: Reduktion der pro Kopf CO2-Emissionen in der Gemeinde, exkl. der Industrie, bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990.

Ein erster Schritt wurde bereits mit dem Projekt „WEIZconnected“ getan. Gegenstand war die Konzeption, Entwicklung und der Testbetrieb eines Gesamtsystems für den gebäudeübergreifenden Stromaustausch.

Mit dem W.E.I.Z. Campus-Stromnetz soll nun ein weiterer Schritt Richtung Energieautarkie gemacht werden. Ziel ist es, eine elektrotechnisch stabile und sichere Stromversorgung mit hoher PV-StromEigennutzung inkl. Stromeffizienz (Peakshaving, Lastoptimierung, Energieeffizienz) in Weiz sicherzustellen. Dazu werden die vier Gebäude am Standort der Weizer Energie-Innovationszentrum GmbH, W.E.I.Z 1– W.E.I.Z 4, über Direktleitungen miteinander verbunden. Die vorhandenen PV- Anlagen mit einer Gesamtleistung von 240 kWp werden zu einer PVSchiene zusammengeschlossen, aus der die Gebäude den vor Ort produzierten Strom beziehen können. Bereits im Jahr 2020 hat dazu der Ausbau zusätzlicher PV-Anlagen begonnen. Nicht zuletzt durch den Anschluss einer 230 kWh Lithium-Ionen Batterie an das Campus- Stromnetz wird ein Vorzeigeprojekt zum Thema Integration städtischer Speicher geschaffen.

Modellbasierte Simulation

Das Ziel der Simulation des Campus Stromnetzes ist es, ein besseres Verständnis der verschiedenen potenziellen Vorteile eines Stromspeichers im städtischen Bereich aufzuzeigen. Es soll ein optimaler Fahrplan zum Betrieb der in Weiz verbauten Batterie ermittelt werden.

Da es sich in Weiz vor allem um Bürogebäude handelt, wird davon ausgegangen, dass eine Anpassung des Lastprofils nicht möglich ist. Um also die Stromkosten zu minimieren ist es nötig, eine optimale Ladeund Entladestrategie für die Batterie zu finden.

Stochastische Optimierung

Eine der größten Herausforderungen bei der Suche nach einem optimalen Fahrplan zur Betreibung einer Batterie ist die unregelmäßige Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen. Unsicherheiten in der Wettervorhersage zum Beispiel machen es beinahe unmöglich, zukünftige Erzeugungsmengen exakt vorauszusehen. Eine Option, um mit solchen Unsicherheiten umzugehen, bietet das mathematische Feld der stochastischen Optimierung. Durch die Einbindung von Zufallsvariablen wie PV-Erzeugung, Stromverbrauch oder Strompreis können Unvorhersehbarkeiten berücksichtigt werden. Die Lösung solcher Probleme zielt darauf ab, kostenoptimale Entscheidungen zu treffen, die robust gegenüber der Wirkung des Zufalls sind. Um das zu erreichen, müssen zukünftige Entscheidungen und Zustände des Systems, sowie deren Wahrscheinlichkeiten bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

Campus der Weizer EnergieInnovationszentrum GmbH. Die Gesamtleistung der installierten Photovoltaikmodule beträgt 240 kWp. Für den Standort Weiz bedeutet das eine jährliche Erzeugung von 264000 kWh. Die PV-Module werden zu einer PV-Schiene zusammengeschlossen und ein 230 kWh Lithium-Ionen-Speicher installiert. Foto: W.E.I.Z. Weizer EnergieInnovationszentrum GmbH

Ergebnisse

Neben dem Ertrag aus der PV-Produktion wurde im Modell der Stromverbrauch, und in manchen Szenarien auch der Strompreis, als mit Unsicherheit behaftet betrachtet. Insgesamt wurden optimale Fahrpläne für vier verschiedene Szenarien ermittelt: mit/ohne Batterie, mit/ohne stochastischem Preis. Unter den verschiedenen Annahmen wurden dann eine stochastische und eine deterministische Optimierung durchgeführt.

Vergleich der jährlichen reinen Stromkosten ohne Berücksichtigung der Batteriekosten. Die Berechnung wurde mit bzw. ohne stochastische Optimierung durchgeführt

Es wurden jeweils der reine Energiepreis und die jährlichen Gesamtkosten (inkl. Batteriekosten) berechnet. Das Ergebnis, welches mittels stochastischer Optimierung berechnet wurde, schnitt dabei immer besser oder gleich gut ab wie die Simulation ohne Berücksichtigung des Zufalls. Betrachtet man den reinen jährlichen Energiepreis, liefert die Simulation mit Batterie und stochastischem Preis die geringsten Kosten. Betrachtet man hingegen die jährlichen Gesamtkosten, übersteigen die Kosten mit Batterie die Kosten ohne Batterie jeweils um fast genau den Preis des Speichers. Es kann also in dieser Simulation selbst mit stochastischen Strompreisen nicht genügend Profit generiert werden, um die enormen Kosten einer Batterie auszugleichen.

Schlussfolgerungen und Fazit

Stromspeicher sind ein effizienter Weg, um in Kombination mit PV-Anlagen den Eigennutzungsgrad des erzeugten Stroms zu erhöhen. Außerdem bieten Batterien die Möglichkeit, Strom außerhalb von Stoßzeiten (normalerweise nachts) zu niedrigen Preisen einzuspeichern, um diesen dann zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Preis wieder zu verkaufen oder selbst zu verbrauchen. Doch selbst unter Berücksichtigung dieser Möglichkeiten zu Profitgenerierung ist ein Speicher dieser Größe derzeit für den Anwendungsfall aus rein ökonomischer Sicht nicht wirtschaftlich. Die Kombination aus PV-Anlagen und Batterien finden jedoch vermehrt Anwendung aufgrund ihrer Beiträge in anderen Bereichen wie zum Beispiel in der Notfallsicherung (BlackoutSchutz) oder zur Flexibilitätsdeckung, oftmals natürlich bedingt durch diverse Förderanreize. Daher sollte in weiteren Betrachtungen Wirtschaftlichkeit über den klassischen Sinn hinausgehend aufgefasst werden und auch diese Aspekte mitberücksichtigen. Der Ansatz der stochastischen Optimierung zur Integration von erneuerbaren Energien ist vielversprechend. Es wird im Vergleich mit der herkömmlichen Optimierung eine vorteilhaftere Entscheidungsfindung ermöglicht. Wird die Batterie nach dem mit der stochastischen Optimierung entwickelten Fahrplan betrieben, können jährlich einige hunderte Euro an Stromkosten eingespart werden.

Weiterführende Informationen

Projekt CityStore: https://nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/city-store.php

Das Sondierungsprojekt CityStore wurde im Rahmen der Stadt der Zukunft 6. Ausschreibung unter der Nr. 873530 gefördert.

AutorInnen

Sarah Wimmeder, BSc ist Masterstudentin am AIT- Austrian Institute of Technology, Center for Energy. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dr. MSc Gerhard Totschnig ist Research Engineer und Experte für Modellierung und Simulation von Energiesystemen am AIT Austrian Institute of Technology, Center for Energy. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

DIin Dr.in Demet Suna ist Projektleiterin und Scientist in den Bereichen Energiewirtschaft und Energiesystemmodellierung am AIT Austrian Institute of Technology, Center for Energy. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Andrea Dornhofer hat bei der Weizer Energie- Innovations- Zentrum GmbH die Bereichsleitung der Schwerpunkte Energieprojekte und Energieagentur über. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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