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Große Solarthermie-Anlagen arbeiten zuverlässig

Von Christian Fink, Samuel Knabl, Walter Becke

Einige österreichische Unternehmen beschäftigen sich bereits seit mehr als zehn Jahren mit großen solarthermischen Anlagen auf nationaler wie auch internationaler Ebene und verfügen über Erfahrung und Expertise. Einen zusätzlichen Schub haben diese Aktivitäten durch ein nationales Förderprogramm erhalten.

Foto: 2 048 m² Bruttokollektorfläche auf Gebäuden des Quartiers „Stadtwerk“ in Salzburg-Lehen. Quelle: AEE INTEC

Förderprogramm Solarthermie - Solare Großanlagen

Parallel zu dem seit 2010 vom Klima- und Energiefonds aufgelegten Förderprogramm zu solarthermischen Großanlagen wurde auch ein wissenschaftliches Begleitprogramm definiert und die Durchführung an ein  Konsortium unter der Leitung von AEE INTEC vergeben. Zentrale Aufgaben des Begleitprogramms sind einerseits die Durchführung von verpflichtenden Beratungsgesprächen mit den Förderwerbern und andererseits eine messdatenunterstützte Analyse während des ersten Betriebsjahres. Innerhalb der sieben zwischen 2010 und 2016 ausgeschriebenen Förderprogramme wurden insgesamt 282 Beratungsgespräche für Anlagen mit einer Gesamtkollektorfläche von 110 405 m² durchgeführt. Von den insgesamt 282 Projekten wurden 88 Projekte für die einjährige Monitoringphase ausgewählt, wobei diese aktuell bei 37 Projekten bereits abgeschlossen und bei 13 weiteren Projekten gestartet wurde. Im Fokus steht dabei nicht die alleinige Betrachtung des Solarsystems, sondern vielmehr die Analyse der Einbindung in und die Interaktion mit einem gesamten  Wärmeversorgungssystem (andere Erzeugungs- und Umwandlungs­technologien, Abwärmequellen, Verbraucher­strukturen, Verteilnetze, Wärmespeicher, Regelung, etc.).

Dementsprechend wurde in Anlehnung an die Themengebiete des Förderprogramms (in der aktuellen Ausschreibung „Solare Prozesswärme in Produktionsbetrieben“,  „Solare Einspeisung in netzgebundene Wärmeversorgungen (Mikronetze, Nah- und Fernwärmenetze)“, „Hohe solare Deckungsgrade (über 20 % am Gesamtwärmebedarf) in Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben“, „Neue Technologien und innovative Ansätze“) ein weitgehend standardisiertes Monitoringkonzept entwickelt und für jedes der über ein Messjahr zu begleitenden Projekte umgesetzt. Die Analyse und Beurteilung der gesamten Wärmeversorgungssysteme erfolgte anhand von Energiebilanzen, Temperaturprofilen sowie dem Einsatz von Kennzahlen und Benchmarks.

Die 37 solarunterstützten Wärmeversorgungssysteme mit abgeschlossener einjähriger Monitoringphase zeigten im Betrachtungszeitraum eine hohe Funktionalität. Das bedeutet, dass die Anlagen zuverlässig und stabil auf vertretbarem Ertragsniveau arbeiten. In Abhängigkeit von Dimensionierung, Anwendungstemperaturniveau, verwendeter Technologie sowie der projektspezifischen Funktionalität liegt die Bandbreite der spezifischen Jahressolarerträge bei 200 kWh/m²Apertur*a (ein Projekt mit sehr hohem solaren Deckungsgrad von 97%) und 695 kWh/m²Apertur*a (ein Projekt mit tiefem Arbeitstemperaturniveau aufgrund einer quellenseitigen Einbindung einer Wärmepumpe). Im Durchschnitt aller 37 Projekte liegt der spezifische Ertrag bei 368 kWh/m²Apertur*a, was grundsätzlich ein zufriedenstellendes Ergebnis darstellt.  Die berechneten solaren Deckungsgrade zeigen mit Werten zwischen 97 % (Raumheizung und Warmwasserbereitung für ein Unternehmensgebäude“) und 2 % (Einspeisung in ein kommunales Wärmenetz) eine enorme Bandbreite. Daraus können die sehr unterschiedlichen Dimensionierungs­ansätze in den verschiedenen Themengebieten sowie auch in den einzelnen Projekten abgeleitet werden. Die durchschnittliche solare Deckung des Gesamtwärmebedarfs betrug bei den 37 Projekten rund 21 %.
Im Zuge der vielfältigen Aktivitäten der wissenschaftlichen Begleitung des Förder­programms konnten eine Vielzahl von Erkenntnissen generiert und die Umsetzung zahlreicher Innovationen begleitet werden. Zu den drei wesentlichen Highlights zählen hierzu nachfolgende Entwicklungen:

Solarthermie-Wärmepumpen Kombinationen

Die Kombination von Wärmepumpen mit Solarthermie spielt im Programm „Solare Großanlagen“ eine wichtige Rolle. Die wissenschaftliche Begleitung wurde bereits bei zehn Projekten dieser Kategorie abgeschlossen, weitere 14 Projekte befinden sich in Umsetzung. Bei den zehn Projekten mit abgeschlossener wissenschaftlicher Begleitung können neun Projekte der Kategorie „Komplexe Konzepte“ (Kombinationen aus seriellen, parallelen und/oder regenerativen Anwendungen) und ein Projekt der Kategorie „Parallele Konzepte“ (Solarthermie und Wärmepumpe liefern parallel und ohne Kopplung Wärme an den Verbraucher) zugeordnet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wärmepumpentechnologie grundsätzlich gut zur Kombination mit Solarthermie geeignet ist, um Raumwärme auf Niedrig­temperaturniveau und Wärme zur Warmwasserbereitung zur Verfügung zu stellen. Die dabei erzielten Ergebnisse (spezifische Solarerträge, Jahresarbeitszahlen, umweltrelevante Emissions­vermeidung) sind vielver­sprechend. Beispielhaft speisen im Projekt „TROTEC Marchtrenk“ 160 m² Bruttokollektorfläche einen 3 m³ Wasserspeicher und 2 700 m² Erdspeicher (angeordnet unter der Fundamentplatte), der als Wärmequelle für eine Wärmepumpe fungiert. Die gemessene Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe beträgt 4,4.

Foto: Büro- und Fertigungsgebäude TROTEC. Aufgrund der konsequenten Einbindung des Solarsystems auf der Verdampferseite der Wärmepumpe konnte ein spezifischer Solarertrag von 695 kWh/m²Apertur*a erreicht werden. Quelle: EcoProjekt

Solarthermische Bauteilaktivierung

Das Konzept der solarthermischen Bauteilaktivierung zielt auf die aktive thermische Nutzung von verfügbaren Gebäudemassen als Wärmespeicher bzw. Wärmeabgabesystem und daraus resultierend die Erreichung geringerer Kosten ab.  Bisher wurde in drei Projekten mit thermisch aktivierten Fundamentplatten und Decken die einjährige Monitoringphase mit beachtlichen Ergebnissen (solare Deckungsgrade von 52 % bzw. 97 %) abgeschlossen. Die Messergebnisse zum bisher größten Projekt (1 411 m² Bruttokollektorfläche und 2 560 m³ aktivierte Bauteilmasse) zur Beheizung einer Fertigungshalle des Unternehmens HABAU ergaben einen solaren Deckungsgrad von 94 %. Überschüsse im Sommer wurden in den Fertigungsprozess integriert, was zu einem spezifischen Jahressolarertrag von 435 kWh/m²Apertur*a führte. Weitere 12 Projekte mit konsequenter Bauteilaktivierung und prognostizierten solaren Deckungsgraden zwischen 55 und 100 % werden aktuell vom Team der Begleitforschung bearbeitet.

Foto: Im Projekt „HABAU Hoch- und Tiefbau GmbH“ dient die Solaranlage im Winter zur Beheizung der Fertigungshalle und unterstützt im Sommerhalbjahr den Trocknungsprozess in der Herstellung von Betonfertigteilen. Spezifischer Solarertrag der Anlage 435 kWh/m²Apertur*a mit 1 411 m² Bruttokollektorfläche. Quelle: HABAU, Franz Strasser

Einsatz von Mitteltemperaturkollektoren

Insbesondere die Einspeisung solarer Wärme in Fernwärmenetze sowie in industrielle Prozesse erfordert häufig sogenannte Mitteltemperaturkollektoren, die im Temperatur­segment zwischen 70 und 120°C eine höhere Effizienz aufweisen als herkömmliche Flachkollektoren.  Im Zuge der wissenschaftlichen Begleitung werden hier sowohl vier Projekte mit Vakuumröhrenkollektoren als auch sieben Projekte mit zweifach abgedeckten Kollektoren untersucht. Insbesondere im Segment der zweifach abgedeckten Kollektoren konnten dabei zahlreiche Produktneuentwicklungen festgestellt werden, die im Zuge der wissenschaftlichen Begleitung auch sehr gute Betriebsergebnisse ergaben. Eine Anlage speist mit 2 490 m² Bruttokollektorfläche ins Grazer Fernwärmenetz ein, wobei fünf verschiedene, zweifach abgedeckte Kollektortypen untersucht werden.  Trotz des grundsätzlich hohen Betriebstemperaturniveaus städtischer Fernwärme konnte in dieser Anlage ein beachtlicher Ertrag von 489 kWh/m²Apertur*a erreicht werden.

Foto: Mitteltemperaturkollektoren zur Einspeisung ins Grazer Fernwärmenetz mit einer Bruttokollektorfläche von 2 490 m². Untersucht werden fünf verschiedene, zweifach abgedeckte Kollektortypen. Quelle: SOLID GmbH/ Picfly.at Thomas Eberhard

Weiterführende Informationen

Ergebnisberichte finden Sie unter http://www.solare-grossanlagen.at/

Autorenbeschreibung

Prokurist Ing. Christian Fink ist Leiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE  INTEC. c.fink@aee

Dipl.-Ing. Walter Becke und Samuel Knabl MSc. Sind wissenschaftliche Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE  INTEC.

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