Zeitschrift EE

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2010-04

Solarthermie

Abbildung 1: Quelle: AEE-INTEC

Im Zuge des IEE-Projektes „CombiSol“ wurden insgesamt 70 innerhalb der letzten drei Jahre realisierte Solar-Kombianlagen (für solare Heizung und Warmwasserbereitung) in den vier Ländern Deutschland, Frankreich, Schweden und Österreich einer qualitativen Prüfung unterzogen bzw. wurde ab November 2009 bei 45 dieser Solar-Kombianlagen entsprechende Messtechnik eingebaut, um eine genaue Energiebilanz über die gesamte thermische Energieversorgung und -verteilung zu erhalten. Über die Ergebnisse der qualitativen Evaluierung der 20 Anlagen in Österreich im Rahmen detaillierter Besichtigungen vor Ort wurde bereits in der Ausgabe ee3-2010 berichtet. t.

CombiSol – Solar-Kombianlagen für Einfamilienhäuser auf dem Prüfstand

Von Alexander Thür und Gabriele Kuhness *

Dieser Beitrag bringt nun einen Überblick über die Evaluierungsergebnisse aller 70 europäischer „CombiSol“ Anlagen gegeben bzw. werden die Messergebnisse der zehn Solar-Kombianlagen in Österreich analysiert.

Solarertrag

Für die Messungen wurden in jeder Anlage Wärmemengenzähler in allen hydraulischen Kreisen, Zähler für den Brennstoffverbrauch wie Öl, Gas bzw. Strom bei Wärmepumpen (Pellet ausgenommen), Stromzähler für den gesamten Hilfsstromverbrauch der Heizanlage sowie ein Pyranometer in der Kollektorebene zur Messung der Sonneneinstrahlung auf den Kollektor installiert.
Die gemessenen spezifischen Jahres-Kollektorerträge der zehn Solar-Kombianlagen sind in Abbildung 2 dargestellt. Im Mittel wurden 318 kWh/m² bei einer Bandbreite von minimal 274 bis maximal 408 kWh/m² gemessen. Der für Solar-Kombianlagen typischerweise als Minimalwert angenommene Kollektorertrag von 250 kWh/m² wurde bei diesen Anlagen also in allen Fällen deutlich übertroffen.

Abbildung 2: Gemessener spezifischer Jahres-Kollektorertrag der zehn österreichischen Solar-Kombianlagen mit im Mittel 318 kWh/m²

Energiebilanzen


Der solare Deckungsgrad als Anteil der Solarenergie an der gesamten zugeführten Heizenergie zur Deckung des Heiz- und Warmwasserbedarfes ist im Wesentlichen von der Größe der Solaranlage im Verhältnis zu Verbrauch an Warmwasser bzw. Heizenergie abhängig. Die zehn hier gemessenen Anlagen weisen Bruttokollektorflächen zwischen 16 und 27m² sowie Speichervolumen zwischen 800 und 2000 Liter auf, wobei drei der Anlagen das Speichervolumen auf zwei Speicher aufgeteilt haben. Wie in Abbildung 3 ersichtlich wurden bei jenen vier/fünf Anlagen, für die eine vollständige Jahresbilanz vorliegt (grün eingerahmt), solare Deckungsgrade zwischen 15 und 45% ermittelt.
Der Anteil an Warmwasserverbrauch (bei zwei Anlagen inklusive Warmwasserzirkulationsverluste) bei diesen vier/fünf Anlagen liegt zwischen sehr sparsamen 3% und 10% des Gesamtenergieverbrauches.
Die Warmwasserzirkulationspumpe in Anlage 1 (wie auch in Anlage 8) wird nur bei Bedarf über einen Taster im Bad aktiviert, während in Anlage 9 die Warmwasserzirkulationspumpe über eine Zeitschaltuhr in der Früh und am Abend jeweils 1,5 Stunden in Betrieb ist. Der vergleichsweise geringe Warmwasserzirkulationsverlust in Anlage 1 (bzw. Anlage 8) im Vergleich zu Anlage 9 bestätigt auch hier diese erfolgreiche Strategie der bedarfsgesteuerten Warmwasserzirkulation zur Minimierung der Warmwasserzirkulationsverluste.

Abbildung 3: Energiebilanz der zehn Solar-Kombianlagen mit Messdaten bis Ende November 2010; grün eingerahmt sind jene Anlagen für welche eine vollständige Energiebilanz über ein volles Jahr ermittelt werden konnte, für die restlichen Anlagen fehlen einige Wintermonate wodurch die dargestellten Verhältnisse der Energien zueinander stark vom Sommer geprägt sind

Messergebnisse versus qualitative Evaluierung

Durch die Messungen konnten aber auch einige noch generell vorhandene Problembereiche dokumentiert werden, die es zu beseitigen gilt, um die Gesamteffizienz von Solar-Kombianlagen weiter zu verbessern. Wie bereits die qualitative Evaluierung vermuten ließ, sind die Speicher- bzw. Systemverluste höher als notwendig bzw. als typischerweise theoretisch für solche Anlagen berechnet. Wie in Abbildung 4 zu sehen, sind die realisierten spezifischen Speichervolumen durchwegs über der oft zitierten Richtgröße von 50 Liter pro m² Kollektorfläche und teilweise sogar massiv überhöht (Maximum: 245 L/m² in Schweden, 144 L/m² in Österreich). Die Hälfte aller 70 Anlagen weist ein spezifisches Speichervolumen von über 70 Liter pro m² Kollektorfläche auf. Bei acht von den 20 in Österreich besichtigten Anlagen wurden zwei oder sogar drei Speicher (inkl. Warmwasserspeicher) eingebaut, wodurch sich das Oberflächen-Volumenverhältnis deutlich verschlechtert und sich damit die Verluste entsprechend erhöhen. Dies konnte auch in Frankreich und Schweden beobachtet werden, einzig in Deutschland wurden nur Einspeicheranlagen besichtigt. Insgesamt wurden ein Drittel der 70 evaluierten Anlagen als Zwei- oder Mehrspeicheranlagen realisiert, was in Anbetracht der ohnehin großen Speicherauslegung in Summe wahrscheinlich die Verluste (besonders im Hochwinter!!) mehr als die solaren Gewinne erhöht hat und unterm Strich also eher zu weniger Einsparung an Nachheizenergie geführt hat als möglich wäre.

Abbildung 4: Speichervolumen und Kollektorgröße der 70 untersuchten Solar Kombianlagen

Wie in Abbildung 5 und Abbildung 6 zu sehen, wird die Situation weiters verschärft durch die Tatsache, dass ungenutzte Speicheranschlüsse mehrheitlich ungedämmt bleiben bzw. Thermosyphonanschlüsse (Rohrleitung geht nach unten statt nach oben weg) leider immer noch ein reines Minderheitenprogramm in der Installationspraxis darstellen. Diese Speicheranschlussproblematik multipliziert sich naturgemäß mit der Anzahl der installierten Speicher.

Abbildung 5: Wurden ungenutzte Speicheranschlüsse extra gedämmt?

Abbildung 6: Wurden Speicheranschlüsse als Thermosyphonanschlüsse ausgeführt?

Systemtechnische Aspekte

Durch die Messungen konnten auch in 2 Fällen Fehlströmungen nachgewiesen werden, wie sie immer wieder auftreten. Wenn im Sommer der Pufferspeicher im Keller durch die Solaranlage auf hohe Temperaturen aufgeheizt wird, dann kann ein fehlendes federbelastetes Rückschlagventil im Heizkreis dazu führen, dass der Heizkreis trotz ausgeschalteter Heizungspumpe als Naturumlaufheizsystem aktiv ist und das Haus ungewollt aufheizt. Wenn der solare Deckungsgrad im Sommer 100% beträgt, führt dies zwar zu keinem Mehrverbrauch an Brennstoff, kann aber den Wohnkomfort durch Überhitzung deutlich beeinträchtigen. Das vorübergehende Schließen des Kugelhahnes im Heizungsrücklauf im Sommer beendete diese Fehlströmung umgehend.
Ebenfalls zu sehen war, dass das Potential des hohen Wirkungsgrades von Gas-Brennwertthermen durch ungünstige hydraulische bzw. regelungstechnische Einbindung in das Gesamtsystem nicht genutzt werden konnte. So wurde in einem Fall die Gasthermenpumpe im Dauerbetrieb betrieben und die Gastherme über den internen Temperaturfühler bei Bedarf gezündet was zu einem konstant hohen Temperaturniveau des laufend umgewälzten Bereitschaftsteiles im Pufferspeicher führt und weiters bewirkt, dass die niedrige Heizungsrücklauftemperatur aus der Fußbodenheizung für die Brennwertnutzung der Gastherme nicht zur Verfügung steht.
In einem anderen Fall wurde die Gastherme regelungstechnisch so eingebunden, dass sie immer im Warmwasserbereitungsmodus auf entsprechend hohem Temperaturniveau den Pufferspeicher aufheizt und dadurch nur relativ bescheidene Nutzungsgrade von knapp unter 90% erreichte.
Grundsätzlich entsprachen die evaluierten Anlagen den Anforderungen hinsichtlich erreichter Kollektorerträge bzw. erreichter solarer Deckungsgrade, das Potential systemtechnischer Optimierung und Reduktion der Speicher- bzw. Leitungsverluste ist aber noch hoch und sollte in Zukunft noch deutlich verbessert werden.
Das Projekt CombiSol wurde von der EU im Rahmen des Programmes IEE - Intelligent Energy Europe, dem BMVIT – Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und dem BMWA – Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gefördert.

Referenz

  • [1] Projekthomepage: www.combisol.eu
  • [2] CombiSol Artikel in der Ausgabe ee3-2010

*) DI Dr. Alexander Thür ist der national verantwortliche Leiter des Projektes „CombiSol“ und ist Mitarbeiter von AEE INTEC, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Gabriele Kuhness ist Mitarbeiterin von AEE INTEC, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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