Zeitschrift EE

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2011-03

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Rendering Demogebäude Sanierung zum Plus-Energiegebäude (Bauvorhaben Kapfenberg) Quelle: Nussmüller Architekten ZT GmbH

Im Rahmen des beauftragten Leitprojektes aus der Forschungslinie „HausderZukunft-plus“ „Sanierungskonzepte zum Plus-Energiehaus mit vorgefertigten aktiven Dach- und Fassadenelementen, integrierter Haustechnik und Netzintegration“ wird in Kapfenberg (Steiermark) seitens des Wohnbauträgers „Gemeinnützige Wohn- u. Siedlungsgenossenschaft ennstal“ ein Demo-Sanierungsgebäude geplant und errichtet.

Hochwertige Sanierung eines 60er-Jahre-Gebäudes
Energie- und Haustechnikkonzept zum Plus-Energiegebäude

Von Karl Höfler und Rudolf Kunesch *

Dabei werden innovative und wirtschaftliche Energie- und Haustechnikkonzepte entwickelt und in der Praxis umgesetzt. Ein begleitendes Monitoring sowie eine umfangreiche Evaluierung sollen die Qualität und Erreichung der ambitionierten Projektziele, wie z.B. Plus-Energiestandard sicherstellen.

Kurzbeschreibung des Demonstrationsgebäudes

Die Wohnanlage befindet sich im südöstlichen Stadtgebiet von Kapfenberg in der Obersteiermark. Der viergeschossige, ost-west-orientierte Baukörper ist 62,0 m lang und 10,5 m tief und war ursprünglich für 48 Wohnungen konzipiert. Eine Trennwand unterteilt den Baukörper in zwei identische Mehrspänner-Typen.
Derzeit liegt eine gemischte Energieversorgung aus Gasetagenheizungen, Elektro-(Nachtspeicher-), Öl-, Holz- oder Kohle-Einzelöfen vor.

Abbildung 2: Bestandsgebäude (Bauvorhaben Kapfenberg) Quelle: Nussmüller Architekten ZT GmbH

Darstellung des innovativen Haustechnik- und Energiekonzeptes

Die Notwendigkeit zur Erreichung eines Plusenergiegebäudes liegt einerseits in der Sanierung mit einer hochgedämmten thermischen Hülle und andererseits in der Reduktion des Energieverbrauches durch energiesparende Geräte und Beleuchtungen. Der Restenergiebedarf wird weitgehend durch aktive Komponenten abgedeckt.
Die Reduzierung des Nutzenergieverbrauches ist somit eine Voraussetzung um ein Plus-Energiegebäude zu erreichen.
Dies kann durch besonders innovative Aspekte, sowie gebäudetechnische, anlagentechnische und nutzungsabhängige Maßnahmen erreicht werden.

Großformatige aktive und passive Fassadenmodule
Die hochwertige thermische Sanierung wird mittels vorgefertigten großflächigen aktiven und passiven Fassadenmodulen erreicht.
Durch den Einsatz der energieerzeugenden Aktivelemente („Plus“-Energieerzeuger) wie Solarkollektoren, Solarwaben und PV-Anlagen wird die Gebäudehülle vom Energieverbraucher zum Energieerzeuger.

Abbildung 3: Rendering Montage Großformatige vorgefertigte Fassadenmodule Quelle: Nussmüller Architekten ZT GmbH

Vorgefertigte Haustechnikmodule
Die Integration von Ver- und Entsorgungsleitungen in die Gebäudehülle in den vorgefertigten Versorgungsmodulen ermöglicht die Erneuerung der Haustechnik in der umfassenden Sanierung und Modernisierung.
Somit sind die Schächte zukünftig von außen zugänglich und können jederzeit nachgerüstet werden. Diese Art der Haustechnikschächte ist derzeit in Österreich noch nicht realisiert und somit mit einem hohen Innovationsgrad behaftet.

Abbildung 4: Rendering vorgefertigte Haustechnikmodule an der Fassade Quelle: Nussmüller Architekten ZT GmbH

Heizungssystem, Wärmeverteil- und Abgabesystem
Das Heizungssystem stellt Wärmeenergie für die Raumheizung und hygienische Warmwasserbereitung der Wohnungen bereit.
Die Übergabe der Wärmeenergie erfolgt durch Heat Boxen (Wohnungsstationen). Die Energieverteilung erfolgt in Zwei-Strangsystemen ganzjährig, verlegt in den außen liegenden vorgefertigten Schächten. Die diskontinuierlich anfallenden solaren Energien und Abwärmen werden im Technikraum in einem Energie-Schichtspeicher, ca. 10 – 15 m³ Nutzinhalt eingebracht und aus diesem werden die Wohneinheiten mit Wärmeenergie versorgt.
Teile dieser Anlage werden derzeit im Neubau eingesetzt. In der Sanierung ist diese Art und Zusammensetzung der einzelnen Haustechnik-Komponenten noch nicht umgesetzt und somit innovativ für weitere Umsetzungen von Gebäuden dieser Epoche.
Die Wohnungen der Zukunft in der Sanierung sollen aus Sicht der Verfasser aufgrund der geringen Heizleistungen mit flinken Wärmeabgabesystemen (z.B. Sockelleisten, Radiatoren). Trotz der niedrigen Vorlauftemperaturen – erforderlich wegen der Heizungseinbindung von Erneuerbaren Energien - ist die Leistung ausreichend. Diese Heizung ist flink und kann sehr schnell auf die Außentemperaturen und deren Veränderung im Laufe des Tages reagieren.
Die zentrale Übergabestation liegt unmittelbar hinter den außen liegenden Haustechnikschächten.
Somit ist eine Verteilung der Vor- und Rücklaufrohre auf Putz im Bereich der Sesselleisten möglich – eine Beeinträchtigung der Mieter während der Installation sehr gering.

Bedarfsabhängige Lüftung gemäß ÖNORM H 6036:2007
Bei diesem System wird die kontinuierliche Abfuhr verbrauchter, belasteter Raumluft mittels eines Abluftventilators sichergestellt, und gleichzeitig die kontinuierliche Zufuhr von gefilterter Außenluft aufgrund des vom Abluftventilators aufgebautem Unterdruck über die Zuluftelemente in der Außenwand bzw. Fensterkonstruktion sichergestellt.
Dadurch ist ein hygienischer Luftwechsel (in Abhängigkeit der relativen Feuchtigkeit in den Räumen) gewährleistet, ein niedriger CO2-Gehalt vor allem im Wohn- und Schlafbereich und ein Mindestvolumenstrom pro Raum möglich. Damit dieser Luftwechsel auch energetisch optimiert wird, ist eine zentrale Wärmerückgewinnung mittels Wärmepumpe (Abluft-/Heizungswasser-Wärmepumpe) vorgesehen. Bei diesem System sind nur Luftkanäle im Bereich der Abluft erforderlich.
Die Innenluft wird über die vorhandenen Kamine pro Wohneinheit über Dach abgeleitet, dort zusammengefasst und dem Verdampfer der Wärmerückgewinnung (Wärmepumpe) zugeführt.

Abbildung 5: Rendering SO-Ansicht vorgefertigte Haustechnikmodule an der Fassade Quelle: Nussmüller Architekten ZT GmbH

Abbildung 6: Lüftungsschema Wohnungen mit Fensterlüftung und Abluftanlage mit WRG Quelle: Prof. Kunesch

Mit dieser Art der Wohnungslüftung ist eine ausreichende Wohnraumlüftung (Luftwechselzahl) gegeben. Durch die Verminderung der Rohrleitungslängen (lediglich Abluftleitungen) ist eine wesentliche Kostenersparnis zu erwarten und somit für zukünftige Bestandsbauten wirtschaftlich einsetzbar.

Konzept zum Plus-Energiegebäude
Über angebrachte Sonnenkollektoren an der Südseite (Sonnensegel ca. 200m²) wird Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugt.
Die Abluftanlage ist mit Wärmerückgewinnung und einer Wärmepumpe ausgestattet. Die Restwärmeversorgung erfolgt über das Fernwärmenetz der Stadtwerke Kapfenberg. Dieses besteht großteils aus Abwärme aus den Böhler-Werken (Stahlerzeugung der VOEST). Durch diese alternativen Energieträger wird der Schicht-Energiespeicher gespeist.
Die produzierte Energie versorgt somit den Energiespeicher (10.000 – 15.000l) und danach mittels Zweileiternetz und Heat Box jede Wohnung (Heizung + Warmwasser).
Am Dach des Gebäudes (Flachdach anstatt des vorhandenen Steildaches) ist eine Photovoltaikanlage im Ausmaß von ca. 400 m² / 50 kWp und an der Ost- und Westfassade Dünnschichtmodule an Laubengangbrüstung und Fassadenintegration geplant.
Abgedeckt werden damit die benötigte Hilfsenergie, die Beleuchtung und der Haushaltsstrom, sowie die zu kompensierende Heizenergie. Zusätzliche Energie wird in das Stromnetz eingespeist.

Abbildung 7: Konzept zum Plus-Energiegebäude Quelle: AEE INTEC

Energie sparende Geräte und Beleuchtung
Die Reduktion der elektrischen Energie bezüglich Haushaltsstrom und Hilfsstrom ist eine wesentliche Voraussetzung um ein Plus-Energiegebäude zu realisieren.
Die Reduktion des Stromverbrauches im Haushalt der einzelnen Wohneinheiten ist ein Entwicklungsprozess, der vor allem organisatorischer Natur ist. Hier wird permanente Bewusstseinbildung im laufenden Betrieb notwendig sein. Beispielhaft soll mindestens eine Wohnung mit energiesparenden Geräten und Beleuchtungen ausgestattet werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Um die Zielsetzung eines Plus-Energiestandards zu erreichen, ist es unbedingt erforderlich, dass eine optimale Abstimmung sämtlicher innovativer Komponenten stattfindet. Nur im Gesamtsystem kann von einer zukunftsweisenden innovativen Modernisierungsmethode gesprochen werden.
Gelingt die erfolgreiche Umsetzung in diesem Demonstrationsprojekt, wird ein Vorbildcharakter geschaffen, welcher in der praktischen Umsetzung aufzeigt, dass innovative Haustechnik- und Plusenergiekonzepte im sozialen Wohnbau möglich sind. Die Erhöhung des NutzerInnenkomforts und einer nachhaltig energieeffizienten Nutzung unseres Gebäudebestandes sind weitere Vorteile.

*) DI Dr. Karl Höfler ist Leiter des Bereiches Nachhaltige Gebäude von AEE INTEC
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Prof. Dr.
Rudolf Kunesch, Ingenieurkonsulent für Maschineningenieurwesen, Schwerpunkte: Technische Gebäudeausrüstung
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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