Zeitschrift EE

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2011-03

Industrielle Prozesse

Abbildung 1: 400-m²-Solaranlage für Früchtetrocknung, Alimentos -Campestres, Guatemala Quelle: CONA Entwicklungs- und Handes GesmbH

Europäische Firmen haben in der Vergangenheit eine stufenweise Verbesserung ihrer Prozesse durchlaufen: von Umweltschutzmaßnahmen über integrierte Emissionskontrolle und Eco-Effizienz bis zu Maßnahmen im Bereich von Prozessintensivierung. Um Schwellen- und Entwicklungsländer auf einen schnellen Weg in Richtung einer nachhaltigen Produktion zu bringen sollten gewisse Schritte übersprungen werden und direkt Prozessintegration und Prozessintensivierung und die Realisierung einer „Zero fossil CO2 -Produktion durch den Einsatz von erneuerbarer Energie umgesetzt werden.

(Dieser Text setz sich aus Auszügen aus einem Paper über “Barriers and opportunities for the transfer of PI-options to the agro-food industry in developing countries” zusammen das von den Autoren Prof. Dr. Hans Schnitzer, DI Bettina Muster, Ing. Werner Weiss und DI Christoph Brunner verfasst wurde.)

Nachhaltige Produktion in Schwellen- und Entwicklungsländer

Von Hans Schnitzer, Bettina Muster, Werner Weiss und Christoph Brunner *

Um diese Ziele bestmöglich zu erreichen müssen jedoch Methoden und Strategien, die für europäische Firmen entwickelt wurden, bestmöglich auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Firmen in den Schwellen- und Entwicklungsländer angepasst werden.
Basierend auf den Kundenanforderungen liegt in diesen Ländern der Fokus zur Verbesserung von Produktionsprozessen bei der Produktqualität und den Hygienestandards. Dabei werden die Firmen regelmäßig Audits unterzogen und müssen verschiedene internationale Standards erfüllen.
Jedoch werden Material- und Energieeffizienz in der Produktion eher stiefmütterlich behandelt. Das betrifft vor allem das Abfallmanagement und die Abfallbehandlung und noch mehr die Ressourcen- und Energieeffizienz der Produktion. Aktuell beginnen viele Firmen mit einem Benchmarksystem um einen nationalen und internationalen Vergleich mit dem Mitbewerb anzustellen. Doch nur sehr wenige der Firmen haben die Möglichkeit „low-carbon“ Technologien und Strukturen direkt umzusetzen.
2010 haben UNIDO und UNEP vereinbart gemeinsam Maßnahmen zur Klimaveränderung durch die Verstärkung von Ressourcenproduktivität umzusetzen. Dabei wurde in einem Grundsatzpapier wichtige Schritte zur Erreichung der Ziele und Umsetzung der Maßnahmen festgehalten. Grundsätzlich wurde vereinbart, dass eine „low-carbon“ Produktion auf den Methoden und Technologien des Programms für Ressoueceneffizienz und Cleaner Production – RECP aufbaut und den gesamten Lebenszyklus eines Produkts mit einbezieht. Der Fokus liegt dabei auf den synergetischen Möglichkeiten Material, Chemikalien und Wasser in einer effizienten und effektiven Produktion einzusetzen. In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass fünf fundamentale Dimensionen dazu beitragen die Entwicklung von RECP zu einer „low-carbon“ Produktion zu erzielen.

  • Dematerialisierung der Produkte: Reduktion des gesamten Material- Energie und Wassereinsatzes für das Produkt und der Dienstleistung und Minimierung des Treibhausgasemissionen über den gesamten Produktionszyklus
  • Erhöhung der Produktionseffizienz: Industrielle Prozesse müssen mehr effizient in Bezug auf deren Energie-, Material- und Wassereinsatz werden, die Verminderung der Treibhausgasemissionen durch den verminderten Einsatz von Treibstoffen und Strom und durch die Reduktion der Abhängigkeit von Wasser und anderen Rohstoffen
  • Minimierung der Prozessemissionen: Die Anpassung und der Einsatz von „Clean Technologies and Practices“ die die Treibhausgasemissionen aus dem nicht energetischen Nutzen reduziert beziehungsweise wo möglich ganz vermeidet wie zum Beispiel die Emissionen von Lachgas oder Methan Emissionen aus der chemischen Industrie und er Lebensmittelindustrie
  • Der Wechsel zu einer „Low-Carbon“ Produktion: Die Verwendung von kohlenstoffarmen Alternativen als Ersatz von kohlenstoffreiche Treibstoffe und Materialen wobei erneuerbare kohlenstoffhaltige Energie und Materialen mit einbezogen sind. Weiters die vermehrte Rückgewinnung von sekundären Rohstoffen wie zum Beispiel Abwärme oder Abfallströme aus Produktionen oder Gemeinden
  • Schließung der Kohlenstoffkreislaufs: Rückgewinnung von organischen Abfällen zum Wiedereinsatz als Energiequelle und/oder als Materialquelle. Dadurch wird vermieden, dass diese wieder in die Atmosphäre als Methan oder Kohlendioxid gelassen werden. Weiters wird der Wert von Feldfrüchten und anderer Biomasse erhöht

Abbildung 2: Von Ressourcen Effizienz und Cleaner Production zu einer “Low-Carbon” Industrie Quelle: UNIDO, 2010

Im Rahmen eines UNIDO Projekts wurde mit Industriebetrieben in Mazedonien und Uganda ein Programm und Trainingskurs zur Einführung und Umsetzung von „Low-Carbon“ Ansätzen für die Lebensmittelindustrie entwickelt.
Im Allgemeinen ist der energetische Wert der Einsatzmaterialien für die Lebensmittelherstellung höher als der energetische Wert in den dabei erzeugten Produkten. Daher sollte es möglich sein, dass das gewünschte Produkt hergestellt wird und gleichzeitig Energie aus dem selben Prozess zu erzeugen. Ein solcher Industriebetrieb soll als „PLUS-energy-Zero-waste-food“ Betrieb bezeichnet werden (analog zu einem „Plus-Energie-Haus“), da neben dem Produkt aus demselben Rohstoff auch noch Energie zur Verfügung gestellt wird. Zero-Waste (Null-Abfall) bezieht sich dabei auf jeglichen Massenfluss aus der Produktion ohne ökonomischen Wert (nicht verwertbar als eine Ressource für einen anderen Prozess). Das beinhaltet festen Abfall, Abwasser aber auch verschwendete Energie. Die Möglichkeit, die meist effiziente Verwendung von landwirtschaftlichen Rohstoffen zu erzielen und gleichzeitig die Emissionen zu reduzieren, wird in Zukunft vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländer die Schlüsselkompetenz darstellen.
Einige der wichtigsten Maßnahmen, die unter anderem in dem Projekt identifiziert wurden, werden im Folgenden aufgelistet:

  • Ein Umrüsten von Batch Prozessen zu einer kontinuierlichen Produktion: Die meisten Prozesse in der Lebensmittelindustrie sind Batch Prozesse. Prozesse (Unit operations) wie trocknen, rösten, mahlen, mischen oder sieben kommen in den meisten Betrieben zum Einsatz, die jedoch in den wenigsten Fällen kontinuierlich betrieben werden. Die Batch-Prozesse sind kaum mit Messinstrumenten bestückt und es gibt kaum genaue Bedienungsvorschriften. Viele Prozesse werden nur gefüllt und eingeschaltet ohne ein genaues Wissen über die benötigte Prozessdauer. Ein kontinuierlicher Prozess mit einer passenden Prozesskontrolleinheit würde nicht nur den Rohstoffeinsatz verbessern sondern auch eine gleichbleibende Produktqualität garantieren.
  • Prozessintegration: Viele Prozesse laufen in hintereinander gelagerten Unit-operations ab. Zum Beispiel mahlen und mischen bei der Schokoladeherstellung. Der Zusammenschluss von mehreren Prozessen in einem Arbeitsschritt würde nicht nur die Produktionszeit verkürzen sondern auch den Energieverbrauch reduzieren.
  • Wärmerückgewinnung: Da die meisten Prozesse im Batch Betrieb ablaufen ist das Bewusstsein und auch die Ausrüstung für Wärmerückgewinnung und Wärmeintegration kaum vorhanden. Neben der Implementierung von geeigneten Wärmetauschern ist gerade für Produktionen mit zeitlich unterschiedlich ablaufenden Prozessen im Batch-Betrieb ein optimiertes Speichermanagement der Schlüssel für eine substantielle Erhöhung der Energierückgewinnung.
  • Energieversorgung auf niedrigem Temperaturniveau für Prozesse auf niedrigem Temperaturniveau: In den meisten Lebensmittelbetrieben in Entwicklungs- und Schwellenländer werden Temperaturen zwischen 60 und 120°C benötigt. Eine genaue Analyse der Prozesse und deren benötigte Temperaturen führt zu einem Mix an unterschiedlichen Versorgungstechnologien, die Energie, zugeschnitten für das benötigte Temperaturniveau, liefert.

Als vorläufiges Ergebnis aus den laufenden UNIDO Projekt „Low Carbon in der Agro Foodindsutry in Macedonia und Uganda“ kann gesagt werden, dass Entwicklungs- und Schwellenländer sehr zurückhaltend in der Anwendung von Technologien, die wenig Anwendung in der europäischen Industrie finden, sind. Deshalb ist es ausgesprochen wichtig diese zukunftbringenden Technologien (emerging technologies) in Industrieländern einzusetzen um auch in Entwicklungs- und Schwellenländer Überzeugungsarbeit leisten zu können.

*) Prof. Dr. Hans Schnitzer ist Professor am Institut für Prozess- und Partikeltechnik der Technischen Universität Graz. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; Ing. Werner Weiss ist Geschäftsführer von AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!; DI Bettina Muster ist Mitarbeiterin in des Bereichs „Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE“ von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); DI Christoph Brunner ist Leiter des Bereichs „Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE“ von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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