Zeitschrift EE

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2009-01

Wassermanagement

Abbildung 1: Pflanzenkläranlage Hirtenfeld

Weite Teile Österreichs zeigten im Jahr 2003 ein markantes Niederschlagsdefizit. Es wurden nur ca. 80% des langjährigen Niederschlag-Normalwertes erreicht, vereinzelt sogar weniger als 70%. Die hohen Sommertemperaturen mit der damit verbundenen höheren Verdunstung verschärften die Situation noch. Von der Trockenheit betroffen waren fast alle beobachteten Gewässer und Grundwassergebiete in Österreich, einige kleinere Fließgewässer fielen sogar trocken. [1]

Decision /Design Support System:
Anwendungen in Österreich

Von Ehrenfried Lepuschitz und Martin Regelsberger*

Da sich die Weltbevölkerung im 20. Jahrhundert verdreifacht hat (laut UNO - 1927: 2 Milliarden Menschen, 1999: 6 Milliarden Menschen) und in den nächsten Jahrzehnten nicht mit einem Rückgang sondern einem weiteren Zuwachs der Weltbevölkerung gerechnet wird, wird es notwendig sein, dass der Mensch mit seinen Ressourcen (welche auch immer) sparsamer umgeht, um auch in Zukunft diese Ressourcen nutzen zu können.
Eine der Kernressourcen ist das Wasser, allen voran das Trinkwasser. Österreich ist bezüglich der Ressource Wasser ein Land der Seligen. Durch seine Topographie, rund 60% der österreichischen Fläche gehört zu den Ostalpen, gibt es immer genug Niederschläge und klimatische oder hydrogeologische Zonen, die Wasser speichern können, sei es durch Schnee, Seen oder Grundwasser. Normalerweise ist in Österreich keine Einschränkung auf Wassernutzung notwendig, abgesehen von extrem trockenen Jahren, wie es im Jahr 2003 der Fall gewesen ist, wo es auch in Österreich in manchen Regionen Wasserprobleme gab.
In Ländern wie Österreich ist es am leichtesten, Forschung in der Wasserversorgungs- und Abwassertechnik zu betreiben, weil laufend Ergebnisse gemessen werden können. Falls einmal doch falsche Wege gegangen werden, werden diese sich nicht so gravierend auswirken, wie in Ländern mit Wasserknappheit z.B. im mediterranen Raum. Auch in Österreich muss die Zielsetzung sein, Gewohnheiten im Wasserverbrauch zu hinterfragen und möglicherweise zu verändern, inklusive Gesetze und Normen.
In Europa und auch in Österreich darf man nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern muss auch ein Vorbild für nachhaltige Entwicklungen in der gesamten Welt sein. Funktionierende Techniken werden weltweit kommuniziert und kopiert.
Zwei Projekte gibt bzw. gab es in diesem Zusammenhang:

Sustainable Concepts towards a Zero Outflow Municipality (Zer0-M), 2003-2008
Das „Zer0-M“-Projekt war ein europäisch-mediterranes Regionalprojekt, initiiert im September 2003 als Programm, um lokale Abwassermanagements von kleinen Ortschaften bzw. Streusiedlungen zu optimieren, die nicht an zentrale Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen sind. Gemeint sind kommunale Abwässer ohne zusätzliche Verschmutzung mit hochgradig verschmutzten Industrieabwässern. AEE INTEC hatte hier das Leadership, in vorher gegangenen Ausgaben der Zeitschrift erneuerbare energie wurde schon öfters darauf eingegangen.
Durch die Partnerschaft mit nordafrikanischen NGOs in Ägypten, Marocco und Tunesien, sowie in der Türkei wurden in Europa bereits erprobte Technologien dort durch Pilotprojekte vorgestellt. Eine ausreichende Dokumentation und Ausbildung von Experten in Schulungen sollte die Technologien dort verbreiten und vermehrt zum Einsatz führen. Im Zer0-M wurde auch die erste Version des DSS (Decision/Design Support System) entwickelt. [2]

Nachhaltige Siedlungswasserwirtschaft - Praktische Anwendungen ("NASPA")
NASPA exisitiert seit Februar 2007 auf österreichischer Ebene. Hier steht ebenfalls das Abwassermanagement für den ländlichen Raum im Vordergrund. Da auch in Österreich noch zu wenig Erfahrung und viel Unsicherheit in Bezug auf nachhaltige kreislauforientierte Wasserwirtschaft (Eco-Sanitation) besteht, versucht NASPA mit österreichischen Projekten mehr Vertrauen für deren Umsetzung bei den Entscheidungsträgern zu entwickeln. [3]
Partner in diesem Projekt sind unter anderen sowohl AEE INTEC als auch das Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz auf der Universität für Bodenkultur in Wien.

Abwassermanagement

Das Abwassermanagement beinhaltet mehrere Komponenten: Wasserversorgung, Regenwassernutzung, Grauwasserwiederverwendung, Rohrnetzbemessung (Längen, Dimensionen), Zweistufige Abwasserreinigung (lt. WRG 1959 idgF), Dichtheit im System (kein Fremdwasser, keine Verluste), Wassernutzung des gereinigten Abwassers, Schlammdeponierung und –wiederverwendung und die Vernetzung obig genannter Punkte (Wasserkreislauf).
Im Grunde gilt: Sämtliches Wasser, das in einem System landet, muss am Ende gereinigt werden, egal, ob es aus Wasser der Wasserversorgung, aus dem Niederschlagswasser (Regen oder Schmelzwasser) oder aus Fremdwasser (durch undichte Stellen im Rohrnetz) besteht.
Im Projekt Zer0-M wurde begonnen ein Entscheidungshilfswerkzeug (DSS) zu entwickeln, um die oben genannten Punkte zu vereinen. Unter anderen Studien (Case Studies) im nordafrikanischen Raum wurde dieses Programm auch an der Ortschaft Hirtenfeld, Gemeinde Langegg bei Graz ausgetestet.
Die Eckdaten dieser Ortschaft sind:

  • 29 Häuser mit insgesamt 95 Einwohnern ohne größeren Betrieben
  • für die Abwasserreinigung wurden vier Varianten entwickelt und ein volkswirtschaftlicher Vergleich durchgeführt
  • Annahme von 150 l pro EW und Tag (d)
  • für die Bemessung der Vorreinigung mittels Dreikammerfaulgrube 0,4 m³/EW
  • für die biologische Reinigungsstufe mittels Pflanzenkläranlage 5 m²/EW

Tabelle 1 zeigt die vier Varianten der Case Study Hirtenfeld. Die Variante 1 wurde realisiert.

30 Jahre Laufzeit
Var. 1
Var. 2
Var. 3
Var. 4
Länge Rohre
1470 m
1550 m
2100 m
2100 m
Länge Druckrohre
-
250 m
800 m
2300 m
Anzahl Pumpen
0
2
4
5
Anzahl Reinigungsanlagen im Ortsgebiet
6
3
1
0*
Volksw. Barwert lt. DSS in €
326.840,-
339.939,-
380.115,-
417.944,-

* Externe Einleitung

Abbildung 2: Dreikammerfaulgrube Hirtenfeld

Im Projekt NASPA wurde eine zweite Gemeinde, die Gemeinde Unterauersbach im Bezirk Feldbach als Projekt zur Implementierung einer dezentralen Abwasserreinigung inkludiert. Die dortige Bevölkerung war von Anfang an gegen einen Anschluss an eine zentrale Abwasserreinigungsanlage im benachbarten Bierbaum am Auersbach. Ziviltechniker DI Thomas Pötsch von AWV Umwelttechnik in Wörschachwald, ebenfalls Partner in NASPA, leitet die Planungen in Unterauersbach und hat durch eine Akzeptanzanalyse [4] im Frühling 2007 zusammen mit der Bevölkerung eine erste dezentrale Alternative entwickelt.
Derzeit wird auch diese Gemeinde im DSS einer Analyse unterzogen. Folgend die Eckdaten dieser Gemeinde:

  • 157 Gebäude mit insgesamt 540 Einwohnern ohne zusätzlichen großen Industriebetrieben, somit nur kommunales Abwasser
  • Die Ortschaft hat eine Fläche von 787 ha, bzw. ca. 0,7 Einwohner pro Hektar
  • Die abwassertechnischen Annahmen sind wie in Hirtenfeld
  • Drei Varianten, zwei dezentrale Alternativen und eine zentrale Alternative mit Einleitung zur Anlage in der Gemeinde Bierbaum am Auersbach, werden verglichen

Das Luftbild in Abbildung 3 zeigt, dass in Unterauersbach kein richtiger Ortskern vorhanden ist, die Häuser sind sehr verstreut und dadurch sind lange Rohrkanäle notwendig, um die Häuser zu verbinden.

Abbildung 3: Luftbild der Gemeinde Unterauersbach

Tabelle 2: Ergebnisse der Case Study Unterauersbach

30 Jahre Laufzeit
Var. 1
Var. 2
Var. 3
Länge Rohre
17.000 m
24.500 m
28.000 m
Länge Druckrohre
85 m
1.700 m
950 m
Anzahl Pumpen
1
8
6
Anzahl Reinigungsanlagen im Ortsgebiet
32
(2 bereits existierend)
5
(2 bereits existierend)
2
(bereits existierend)*
Volksw. Barwert lt. DSS in €
2,93 Mio.
3,48 Mio.
3,56 Mio.

*Rest wird abgeleitet

Schlussbetrachtung

Bei beiden Studien zeigt sich, dass die dezentralsten Varianten den günstigsten volkswirtschaftlichen Barwert haben. Laut Umweltbundesamt sind seit 2006 in Österreich 92% der Wassernutzer an zentrale Reinigungsanlagen angeschlossen. Die restlichen 8% sind wegen Streusiedlungsstruktur zu unökonomisch für den Anschluss an zentrale Anlagen. Entweder haben diese derzeit noch Senkgruben in Verwendung oder, wie bei den oberen beiden Beispielen, dezentrale Lösungen bevorzugt. Die dezentrale Abwasserreinigung mit Pflanzenkläranlagen stellt eine sehr gute Möglichkeit dar, auch noch die letzten Senkgrubenbesitzer zur Reinigung ihrer Abwässer zu bewegen.

Abbildung 4: Variantenvergleich Hirtenfeld

Abbildung 5: Variantenvergleich Unterauersbach

Referenzen

  • [1] Mitteilungsblatt des hydrographischen Dienstes in Österreich, Nr. 83 von 2005
  • [2] http://www.zer0-m.org/
  • [3] http://www.ecosan.at/de/naspa.htm
  • [4] Nachzulesen unter www.seri.at

*) Dipl.Ing.(FH) Ehrenfried Lepuschitz ist Student der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft auf der Universität für Bodenkultur in Wien. Derzeit schreibt er an seiner Diplomarbeit am Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz, Betreuer auf der BOKU sind Univ. Prof. Dr. DI Raimund Haberl und Dr. DI Norbert Weissenbacher, sein externer Betreuer bei AEE INTEC in Gleisdorf ist Dipl. Ing. Martin Regelsberger, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.aee-intec.at, www.zer0-m.org, www.boku.ac.at [^]

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