Zeitschrift EE

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2007-03: Vorbei an Kioto

Solarthermie

Abbildung 1: Formschöne Integration von 90 m² Sonnenkollektoren in die Gebäudefassade des Objektes "Admonterstraße" in Krems Quelle: GEDESAG

Österreich ist traditionell in Europa führend bei der thermischen Nutzung der Solarenergie. Eindrucksvoll dokumentiert wird diese Spitzenposition mit der jährlich durchgeführten Marktrecherche, deren Ergebnisse im April von Prof. Faninger, im Auftrag des BMVIT, veröffentlicht wurden. So wurden im Jahr 2006 knapp 300.000 m² Kollektorfläche (210 MWth) installiert, was ein Marktwachstum von 24% im Vergleich zu 2005 bedeutet.

Thermische Solaranlagen
als integraler Bestandteil umfassender Modernisierungen

Von Christian Fink und Thomas Müller*

Rasante Marktzuwächse konnten auch im Geschoßwohnbau verzeichnet werden. So zählen in Österreich im Wohnungsneubau Solarsysteme bereits zum Ausführungsstandard. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, denn Solarsysteme besitzen eine hohe Produkt- und Systemqualität, werden in allen Bundesländern seitens der öffentlichen Hand gefördert und sind aus ökonomischen Gesichtspunkten heraus betrachtet auch wirtschaftlich konkurrenzfähig mit sämtlichen anderen Energieformen.

Integration von Solarwärme in den Bestand

Geringer als beim Neubau ist die Umsetzungsrate von Solarsystemen im Gebäudebestand. Und das, obwohl sich aufgrund der Dimension des Gebäudebestandes ein weitaus größeres Potenzial anbieten würde. Hinsichtlich der technischen und organisatorischen Umsetzung sind zwar einige Unterschiede im Vergleich zum Neubau zu berücksichtigen, wirtschaftliche Lösungen für die Wohnungseigentümer oder Mieter lassen sich aber erzielen, wie realisierte Beispiele zeigen.
Um die Investitionskosten möglichst gering zu halten, haben sich einige günstige Zeitpunkte für die nachträgliche Integration von thermischen Solarsystemen herauskristallisiert. Der beste Zeitpunkt für die Integration eines Solarsystems stellt sich im Zuge einer umfassenden Modernisierung dar. Durch ganzheitliche Betrachtung kann hier die höchstmögliche Effizienz bei niedrigeren Investitionskosten erreicht werden. Weitere günstige Zeitpunkte sind beispielsweise Erneuerungsarbeiten am Dach sowie Erneuerungsarbeiten an der Heizungsanlage bzw. an der Warmwasserbereitung. Können hier Synergien hergestellt werden, liegen die Investitionskosten für die Solaranlage in der gleichen Größenordnung wie beim Neubau.
Je nach Beschaffenheit der bestehenden Wärmeerzeugung für Warmwasser und Raumwärme (zentral bzw. dezentral) kann man folgende Integrationsmöglichkeiten von Solarwärme unterscheiden:

Variante 1
Bestand: Das Objekt verfügt über eine zentrale Wärmeversorgung für die Raumheizung und Warmwasserbereitung. Die Wärmeverteilung (Raumheizung und Warmwasser) erfolgt über jeweils ein Leitungspaar (Vier-Leiter-Netz).
Integration von Solarwärme: Der bestehenden Warmwasserbereitungsanlage (Trinkwasserspeicher bzw. ein Frischwassermodul) wird ein Energiespeicher (bei kleinen Anwendungen ein Trinkwasserspeicher, bei größeren Anwendungen ein Pufferspeicher) vorgeschalten, der von der Solaranlage geladen wird. Die Ankopplung ist einfach und kostengünstig. Wird die Solaranlage auch in die Raumwärmeversorgung eingebunden, sind auch Wärmeerzeuger und Wärmeabgabe hydraulisch an den Energiespeicher (hydraulische Weiche) gekoppelt (Abbildung 2).

Abbildung 2: Eine nachträglich am Flachdach der Grazer Wohnanlage in der Hans-Riehlgasse installierte Solaranlage mit 320 m² speist in das zentrale Warmwasserbereitungssystem Quelle: S.O.L.I.D.

Variante 2

Bestand: Das Objekt verfügt über eine zentrale Raumwärmeversorgung (Steigstränge durchbrechen Wohnungsgrenzen) und über eine dezentrale Brauchwassererwärmung (Nachtstromspeicher bzw. Gasdurchlauferhitzer)
Integration von Solarwärme: Der zentralen Wärmeversorgung wird ein Energiespeicher (Pufferspeicher) vorgeschalten, der von der Solaranlage und vom konventionellen Wärmeerzeuger geladen wird. Aus diesem heraus erfolgt dann die Raumwärmeversorgung über das bestehende Leitungspaar und die Brauchwasserbereitung über ein neu zu installierendes Leitungspaar in Verbindung mit Frischwasserstationen in den Wohnungen. Die bestehenden Warmwasserbereiter weichen Frischwasserstationen (Warmwasserbereitung im Durchflussprinzip), die mit geringen Adaptierungsarbeiten an die wohnungsinternen Warmwasserverrohrungen gekoppelt werden können. Neben der Möglichkeit Solarenergie zu nutzen, bietet diese Hydraulik auch Vorteile hinsichtlich Benutzerkomfort und Wasserhygiene. Wird umfassend modernisiert, bleibt bei den bestehenden Gegebenheiten zu prüfen, ob eine generelle Neuinstallation der Wärmeversorgung nach dem Prinzip des Zwei-Leiter-Netzes mit Wohnungsstationen und wohnungsinterner Versorgung nicht zweckmäßiger wäre, da dadurch Wärmeverteilverluste reduziert werden.

Variante 3

 

Bestand: Das Objekt verfügt über dezentrale Raumwärmeversorgung (Einzelöfen, Etagenheizung) und dezentrale Warmwasserbereitung (Nachtstromspeicher, Speicher in Verbindung mit der Etagenheizung, Gasdurchlauferhitzer)
Integration von Solarwärme: Neben der Einbindung von Solarwärme wird auf eine zentrale Wärmeversorgung umgestellt. Sowohl Solaranlage als auch konventioneller Wärmeerzeuger speisen in einen zentralen Energiespeicher, aus dem über ein neu zu installierendes Zwei-Leiter-Netz die Wärmeversorgung (Warmwasser und Raumheizung) erfolgt. Wird der Bestand über eine Etagenheizung versorgt, kann die bestehende, wohnungsinterne Wärmeverteilleitung für die Raumwärmeversorgung genutzt werden. Werden Einzelöfen (Holz, Kohle, Strom, etc.) substituiert, muss die Raumwärmeverteilung neu installiert werden. Die bestehenden Warmwasserbereiter weichen Wohnungsstationen oder Frischwasserstationen, die mit geringen Adaptierungsarbeiten an die wohnungsinternen Warmwasserverrohrungen gekoppelt werden können. Neben der Möglichkeit Solarenergie zu nutzen, bietet diese Hydraulik auch Vorteile hinsichtlich Benutzerkomfort, Wasserhygiene und minimierte Wärmeverluste.

Beispielhafte umfassende Modernisierungen mit Solarwärmenutzung

Der niederösterreichische Bauträger GEDESAG setzt nicht nur im Wohnungsneubau auf ganzheitliche Konzepte und damit zentral auf Solarenergie, sondern auch beim Gebäudebestand. Zentrales Anliegen des Bauträgers ist es dabei, im Rahmen von umfassenden Modernisierungskonzepten auch die haustechnischen Anlagen zu adaptieren und in diesem Zuge auch Solarsysteme in die Wärmeversorgung zu integrieren. Neben der haustechnischen Integration gilt es dabei auch die Gebäudeintegration der Kollektoren entsprechend den Gegebenheiten sowie auch den Bewohnerwünschen mit möglichst hoher energetischer Effizienz als auch formschön umzusetzen. Beispielhaft können zwei realisierte Projekte der GEDESAG gesehen werden:

 

Prokurist Otmar Amon, Gemeinnützige Donau-Ennstaler Siedlungsaktiengesellschaft, Krems, zur Motivation, Solarwärme auch im Bestand zu nutzen:

Dauerhaft leistbares Wohnen auf hohem bautechnischen Niveau und unter strengen ökologischen Kriterien ist der Leitsatz unseres Unternehmens. Neben der Minimierung des Energieverbrauchs steht der Einsatz erneuerbarer Energieträger im Vordergrund. Denn nicht nur geringe Anfangsinvestitionen sind für unsere Kunden wichtig, sondern auch geringe laufende Kosten bei höchstmöglicher Versorgungssicherheit in der Zukunft. Werden diese Grundsätze auch in die Praxis umgesetzt, führt kein Weg an der Solarwärmenutzung vorbei. Solarwärmenutzung ist in unseren Neubauprojekten deshalb bereits Standard, bei den Modernisierungsprojekten sind wir auf dem besten Weg dazu. Denn sowohl die günstigen Amortisationszeiten, die langfristige Wertsicherung der Immobilie als auch der Zuspruch unserer Kunden bestätigen bei den seitens der GEDESAG realisierten Modernisierungsprojekten den eingeschlagenen Weg. Insgesamt hat die GEDESAG bereits über 3.000 m² Kollektorfläche bei Projekten im eigenen Wirkungsbereich realisiert, was umgerechnet rund 1.200 mit Solarwärme versorgte Wohnungen bedeutet.

Krems – Mitterauerstraße

Im Zuge der Modernisierung (Fenstertausch, Flachdachsanierung, Wärmedämmung, Erneuerung der Heizzentrale inkl. Warmwasserbereitung, Aufzuganlagen, Tiefenfilter und Grander-Wasserbelebung, etc.) wurde eine thermische Solaranlage zur Warmwasserbereitung für die 80 Eigentumswohnungen errichtet (Abbildung 3). Als günstig hat sich bei diesem Projekt (Errichtungsjahr 1969) die Kombination der generellen Flachdachsanierung mit der Installation der 188 m² großen Solaranlage erwiesen, da die Befestigung der Kollektortragkonstruktion im Zuge der Abdichtungs- und Dämmarbeiten erfolgte. Ein weiterer Synergieeffekt mit der Solaranlagenerrichtung war durch die Neuinstallation der Heizzentrale (Gasbrennwert anstatt alter Gaskessel) bzw. der Warmwasserbereitung gegeben. Die Heizzentrale ist am Flachdach situiert, die Wärmeverteilung verläuft zentral vom Dach in Richtung Erdgeschoß (Vier-Leiter-Netz). Der jährliche solare Deckungsgrad am Warmwasserbedarf liegt bei rund 60%. Die spezifischen Investitionskosten für die Solaranlage betragen € 550/m²Kollektorfläche, woraus eine Amortisationszeit von rund 11 Jahren resultiert. Die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen beliefen sich auf € 104/m² Wohnnutzfläche, bei einer Reduktion des ursprünglichen Wärmebedarfs um mehr als 30%.

Abbildung 3: 188 m² Kollektorfläche am Flachdach des Objektes"Mitterauerstraße" in Krems Quelle: GEDESAG

Krems – Admonterstraße

Beim Projekt „Admonterstraße“ wurde durch eine Fassadenintegration eine sehr plakative Gebäudeintegration gewählt (Abbildung 1). Eine 90 m² Solaranlage an der Südfassade übernimmt die Warmwasserbereitung für 30 Mietwohnungen. Neben den Vorteilen der reduzierten Investitionskosten aufgrund des Entfalls der Ständerkonstruktion sowie der verstärkten Identifikation der Bewohner mit der Anlage, muss bei einer Fassadenintegration aufgrund der 90° Neigung mit Ertragseinbußen vor allem in den Sommermonaten gerechnet werden. Die Folge sind etwas längere Amortisationszeiträume, in diesem Beispiel rund 16 Jahre. Die Errichtung des Solarsystems war bei diesem Projekt (Errichtungsjahr 1969) eingebettet in eine umfassende Modernisierung, die Modernisierungskosten betrugen € 213/m² Wohnnutzfläche.

Solarwärme ist

Das klima:aktiv Programm solarwärme ist eine gemeinsame Initiative des Lebensministeriums mit der österreichischen Solarindustrie und beschäftigt sich u. a. schwerpunktmäßig mit der breiten Umsetzung von Solarsystemen höchster Qualität im Bestand bzw. im Neubau von Mehrfamilienhäusern. Zur bestmöglichen Information bzw. Unterstützung von Wohnbauträgern, Hausverwaltungen, Architekten, Haustechnikplaner, etc. werden vielfältige Serviceleistungen angeboten:

  • Informationsbroschüre: Eine umfassende Broschüre zum Thema kann kostenlos unter der solarwärme Info-Hotline 03112 /588612 bestellt werden.
  • Planungsbegleitung: Sie planen den Einsatz von Solarenergie im Neubau oder Bestand? In diesem Fall stehen Ihnen bzw. Ihrem Planungsteam bei Bedarf erfahrene Solarexperten für Planerworkshops zur Verfügung.
  • Vorträge: Solarexperten informieren Sie im Rahmen eines kostenlosen Vortragsangebotes über den aktuellen Stand von Solarsystemen im Geschoßwohnbau.
  • Solarwärme Info-Hotline: Unter 03112 / 588612 beantworten erfahrene Solarexperten wochentags von 8:30 bis 12:00 gerne Ihre Fragestellungen – technischer, wirtschaftlicher und organisatorischer Art.
  • Nutzen Sie Österreichs umfassendste Solar-Website unter www.solarwaerme.at
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