Zeitschrift EE

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2007-02: Hochwertige Sanierung von Gebäuden

Solarthermie

In Europa und auch weltweit werden sehr unterschiedliche Systeme zur Warmwasserbereitung und Raumheizung eingesetzt. Wenn bei einer Sanierung eine Solaranlage eingesetzt werden soll, sollte die Integration der solarthermischen Komponenten in die bestehende Haustechnik so einfach wie möglich sein.Einige Beispiele, die im EU-Projekt NEGST zusammengetragen wurden, sind in diesem Artikel dargestellt.

Integration von Solaranlagen in konventionelle Heizungssysteme

Von Dagmar Jähnig und Charlotta Isaksson *

Die konventionellen Systeme, die in Europa zur Raumheizung und Warmwasserbereitung eingesetzt werden, unterscheiden sich je nach Region erheblich. Welches konventionelle Heizungssystem in einem Gebäude eingesetzt ist, bestimmt oft auch, was für eine Solaranlage dort integriert werden kann. Dies führt zu einer Reihe von verschiedenen Optionen für Ein- und auch Mehrfamilienhäuser.
Ein wichtiger Punkt bei der Integration von Solaranlagen ist, dass dabei gute Betriebsbedingungen für die Solaranlage geschaffen werden. Sonnenenergie sollte immer Priorität haben und die konventionelle Nachheizung nur dann eingesetzt werden, wenn nicht genug Energie von der Sonne zur Verfügung steht.

Einfamilienhäuser: Solarkollektoren als zweiter “Heizkessel”

Einfamilienhäuser, die schon einen aufrecht stehenden Warmwasserspeicher mit einem integrierten Wärmetauscher haben, können mit einem Solarkollektor komplettiert werden, der einfach parallel zum existierenden konventionellen Heizkessel angeschlossen wird.

Abbildung 1: Heizungswasser wird als Wärmeträger im Kollektor verwendet
(Bildquelle: Paradigma, Deutschland)

In diesem Fall wird der Solarkreis wie ein zweiter Heizkessel angeschlossen (siehe Abbildung 1). Heizungswasser wird als Wärmeträgermedium auch im Kollektorkreis verwendet. Dadurch können beide Wärmequellen den gleichen Wärmetauscher im bestehenden Warmwasserspeicher nutzen. Das bedeutet aber auch, dass der Kollektor immer mindestens auf derselben Temperatur wie der konventionelle Kessel betrieben werden muss. Dies wird durch die Regelstrategie des Kollektorkreises erreicht, die die Kollektorkreispumpe so steuert, dass die Temperatur im Kollektorvorlauf immer mindestens so hoch ist wie die Solltemperatur für das Warmwasser.

Abbildung 2: Einfamilienhaus in Schweden
(Bildquelle: Klaus Lorenz, Schweden)

Dieses System funktioniert nur, wenn Vakuumröhrenkollektoren verwendet werden, die bei hohen Betriebstemperaturen einen höheren Wirkungsgrad aufweisen als Flachkollektoren und aufgrund ihrer Vakuumisolierung im Winter nur in ganz seltenen Fällen einfrieren. Einfrieren der Rohrleitungen wird dadurch verhindert, dass gelegentlich eine geringe Menge Wasser vom Speicher in die Rohrleitungen gepumpt wird.
Mit einem ähnlichen Systemkonzept kann auch eine solare Heizungsunterstützung realisiert werden. In diesem Fall sind noch einige wenige weitere hydraulische Verbindungen notwendig, so dass das Wärmeträgermedium von den Kollektoren direkt in den Heizkreis gelangen kann.
Der Nachteil dieses Systems ist allerdings, dass wegen des meist geringen Volumens des konventionellen Warmwasserspeichers die solare Deckung immer relativ niedrig ist.

Austausch des konventionellen Heizkessels

Eine andere typische Situation ist, dass der alte Heizkessel eines Einfamilienhauses, der sowohl für Warmwasser als auch Raumheizung verwendet wurde, ausgetauscht wird. In diesem Fall macht es Sinn, ein sogenanntes Kompaktgerät einzusetzen. Solche Geräte bestehen aus nur einer Einheit, in die bereits der Wärmespeicher für Trinkwarmwasser und Raumheizung sowie die Pumpengruppe für den Solarkreis, die Warmwasserstation, die Nachheizung und der Regler für die gesamte Einheit integriert sind.
Der Installateur muss dieses komplett vorgefertigte Gerät lediglich im Heizungskeller oder möglicherweise auch unter dem Dach aufstellen und den bestehenden Heizkreis, Kalt- und Warmwasserleitung anschließen (Abbildung 3). Es gibt auf dem Markt Geräte mit verschiedenen Energieträgern für die Nachheizung wie zum Beispiel Erdgas, Erdöl oder Holzpellets. Der bestehende Energieträger kann also weiterhin genutzt werden. Eine Reihe von europäischen Firmen bietet solche Kompaktsysteme an, wie z.B. SOLVIS und Rotex in Deutschland, Solarfocus in Österreich, CLIPSOL in Frankreich, Daalderop in den Niederlanden, Agena in der Schweiz und Solentek AB in Schweden.
Der Vorteil dieser Systeme ist nicht nur, dass sie vorgefertigt und schnell und einfach zu installieren sind, sondern auch, dass sie fix und fertig ausgelegt sind. Der Installateur muss also nur noch das Paket auswählen, dass am besten zum Warmwasserverbrauch und der Heizlast des jeweiligen Kunden passt [1].

Abbildung 3: Mit einer solaren Kombianlage kann die Anzahl der Anschlüsse vor Ort reduziert werden.
(Bildquelle: SOLVIS, Deutschland)

Separates System zur Warmwasserbereitung

In vielen Teilen Europas und auch Nordamerikas findet die Warmwasserbereitung nicht gemeinsam mit der Raumheizung sondern in einem separaten Gerät statt. Raumheizung kann beispielsweise mit Einzelwärmequellen, Luft- oder auch anderen Heizsystemen bereitgestellt werden.
In solchen Fällen wird der Warmwasserspeicher häufig mit einem elektrischen Heizelement im Speicher beheizt. Diese Speicher haben meist nur zwei Anschlüsse: einen unten für das Kaltwasser und einen oben, wo das Warmwasser entnommen wird. In einem System aus Kanada (Fa. Enerworks), wird die Solaranlage genau an diese beiden Anschlüsse angehängt und übergibt ihre Wärme über einen externen Wärmetauscher. Das Ventil oberhalb des Wärmetauschers ist offen, wenn der Speicher solar beladen wird. Dann kann das Wasser in den Wärmetauscher von unten einströmen, steigt mittels Naturumlauf nach oben und fließt zurück in den Speicher. Wenn dagegen Warmwasser gezapft wird, tritt das kalte Wasser von oben in den Wärmetauscher, durchfließt hin also gewissermaßen rückwärts und gelangt unten in den Speicher.

Abbildung 4: Wärmetauscher mit einer speziellen Rückflusseinrichtung, die auch eine Reinigungsfunktion ausübt

Mehrfamilienhäuser: Zentrales Heizungssystem mit 2-Leiter Netz

In Mehrfamilienhäusern wird häufig ein zentraler konventioneller Kessel oder eine Fernwärmeübergabestation verwendet, über welche die Wohnungen mit Trinkwarmwasser und Heizwärme versorgt werden. Ein sogenanntes 2-Leiter Netz transportiert die Wärme zu den einzelnen Wohnungen.
In diesem Fall kann das 2-Leiter-Netz beibehalten werden. In den einzelnen Wohnungen werden sogenannte Wärmeübergabestationen eingebaut. Diese Wärmeübergabestationen enthalten einen Wärmetauscher für die Warmwasserbereitung, regeln den Durchfluss im Heizkreis und kontrollieren die Rücklauftemperaturen in das Netz. Die Wärmeübergabestation sind für das Gesamtsystem wichtig, weil nur dadurch tiefe Rücklauftemperaturen gewährleistet werden können, die einen guten Wirkungsgrad der Solarkollektoren garantieren. Bei gut eingeregelten 2-Leiter-Netzen liegen die Rücklauftemperaturen etwa bei 30°C. Der Platzbedarf für Wärmeübergabestation ist gering, sie können sogar unter Putz eingebaut werden (Abbildung 5).

Abbildung 5: Unterputzmontage einer Wärmeübergabestation (links) und ein Beispiel einer Wärmeübergabestation der Firma Redan/Danfoss aus Dänemark (rechts)

In den ursprünglich aus Skandinavien stammenden Wohnungsstationen sind praktisch alle funktionswichtigen Komponenten für den problemlosen Betrieb der Wohnungswärmeversorgung zusammengefasst. Die großen Vorteile sind die industrielle Fertigung unter höchsten Qualitätskriterien, die platzsparende Ausführung sowie der Einsatz von Komponenten ohne Fremdenergiebedarf. Oft enthalten sie außerdem einen Wärmemengenzähler, so dass die Wärmekosten auf die verschiedenen Wohnungen aufgeteilt werden können. Zudem werden sie qualitativ hochwertig industriell gefertigt und enthalten nur Komponenten, die keine zusätzliche Stromzufuhr von außen benötigen. Wurden Wohnungsstationen ursprünglich im Bereich der Fernwärmetechnik eingesetzt, so gibt es in Europa mittlerweile vier bis fünf Anbieter, die speziell für den Geschosswohnbau entwickelte Produkte anbieten (z.B. Redan/Danfoss in Dänemark, Logotherm in Deutschland) [2].
In konventionellen 2-Leiter-Netzen wird die Wärme vom Kessel direkt in das Netz eingespeist. Bei der Sanierung mit einer Solaranlage wird ein zusätzlicher Pufferspeicher benötigt, in den sowohl die Solaranlage als auch der konventionelle Kessel Energie einspeisen. Das Netz wird dann oben an den Speicher angeschlossen. Die sehr niedrigen Rücklauftemperaturen gelangen unten in diesen Speicher und gewährleisten dadurch auch eine niedrige Rücklauftemperatur für das Kollektorfeld und damit einen hohen Ertrag der Kollektoren.
Für Anwendungen, bei denen die räumlichen Abstände zwischen den Verbrauchern relativ groß sind (z. B. Reihenhäuser), können in jeder Wohnung kleiner Warmwasserspeicher installiert werden. Diese Speicher werden dann in definierten Zeitfenstern ein- oder zweimal am Tag beladen. Bei diesen Beladevorgängen wird das Netz bei Temperaturen zwischen 55 und 60°C betrieben, während in der restlichen Zeit das Netz nur auf niedrigerer Temperatur, die für die Heizkreise ausreicht, läuft. Dadurch werden die Wärmeverluste minimiert.

Zentrales Heizungssystem mit dezentraler Warmwasserbereitung

Ein weiterer typischer Fall sind Mehrfamilienhäuser, in denen die Heizung zwar zentral erfolgt, jede Wohnung aber eine eigene Warmwasserbereitung hat. Die Nachheizung erfolgt häufig mit Strom/Nachtstrom. Die Heizung wird meist durch einen zentralen Heizkessel oder Fernwärme gewährleistet; sie kann aber auch mit dezentralen Thermen in jeder Wohnung erfolgen. Der Einbau einer zentralen Solaranlage wäre nur möglich, wenn auch das gesamte Wärmeverteilnetz erneuert wird. Eine einfache Lösung wären hier dezentrale Systeme.

Abbildung 6: In Fassaden oder Balkongeländer integrierte Kollektoren sind mit Speichern in den einzelnen Wohneinheiten verbunden

In solchen Fällen sind die eingesetzten Solaranlagen sehr ähnlich denen in Einfamilienhäusern, da jede Wohnung ihre eigene Solaranlage bekommt. Der Unterschied ist, dass bei Mehrfamilienhäusern die Distanz zwischen Dach und Speicher oft deutlich größer ist als bei Einfamilienhäusern. Daher kann es vorteilhaft sein, die Kollektoren in der Fassade (Abbildung 6, linkes Bild) oder z. B. am Balkon (Abbildung 6, rechtes Bild), also in räumlicher Nähe zur der jeweiligen Wohnung, zu installieren. Diese Systemkonfiguration ist besonders dann sinnvoll, wenn die Fassade des Gebäudes ohnehin renoviert werden muss.
Dadurch werden die Rohrleitungslängen und dadurch auch deren Verluste minimiert. Ein Regelalgorithmus ist notwendig, um die elektrische Nachheizung immer nur nach Sonnenuntergang zu aktivieren, so dass nur dann nachgeheizt wird, wenn der Solarertrag tagsüber zu gering war. Bei Nachtstromgeräten ist dies schon automatisch integriert.

Minimaler Aufwand

Der beste Zeitpunkt für eine Nachrüstung eines bestehenden Gebäudes mit Solarenergie ist immer dann gegeben, wenn das Gebäude renoviert werden muss oder das alte Heizungssystem ersetzt werden muss. Einige einfache Konzepte wurden in diesem Artikel dargestellt. Sie zeigen, dass in vielen Fällen eine Nachrüstung mit Solarenergie auch mit geringem Aufwand möglich ist.
Diese Artikel ist im Rahmen des EU-Projektes NEGST (New Generation of Solar Thermal Systems) entstanden, das im 6. Forschungsrahmenprogramm von der DG-TREN und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit finanziert wird.

Literatur

  • [1] Weiss W. (ed.), 2003, Solar heating systems for houses – A design handbook for solar combisystems, James & James (Science Publishers) Ltd, London, Großbritannien
  • [2] Fink C., Riva R., 2004, Solarunterstützte Wärmenetze im Geschoßwohnbau – ein Planungshandbuch mit ganzheitlichem Ansatz, Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE GmbH, Gleisdorf, Österreich

Agena, www.agena-energies.ch
CLIPSOL, www.clipsol.com
Daalderop, www.daalderop.nl
Enerworks, www.enerworks.com
Logotherm, www.meibes.de/logotherm/logotherm.html
Paradigma, www.paradigma.de
Redan/Danfoss, redan.danfoss.dk
Rotex, www.rotex.de
Solarfocus, www.solarfocus.at
Solentek AB, www.solentek.se
SOLVIS, www.solvis.de

Projekthomepage, von der Projektberichte heruntergeladen werden können: http://www.swt-technologie.de/html/negst.html

*) Dipl.-Ing. Dagmar Jähnig und Dipl.-Ing.Charlotta Isaksson sind Mitarbeiterinnen der AEE INTEC, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein![^]

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