Zeitschrift EE

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2007-02: Hochwertige Sanierung von Gebäuden

Wassermanagement

In mehreren Projekten hat die AEE INTEC nachhaltige Wasserwirtschaftsmaßnahmen, sogenannte Ecosan-Lösungen geplant und teilweise umgesetzt. Bei den Vorgesprächen, der Planung und Umsetzung gab es Gelegenheit, die Rahmenbedingungen für die etwas vom Standard der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung abweichenden Maßnahmen in mehreren Ländern näher kennenzulernen. Daraus wurden Vorschläge für Verbesserungen der Rahmenbedingungen abgeleitet.

Rahmenbedingungen zur Umsetzung nachhaltiger Wasserwirtschaftsmaßnahmen
- Erforderliche Gesetzliche Regelungen und Förderrichtlinien

Von Martin Regelsberger*

Einleitung

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie stellt in der Einleitung fest: „Aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten und des unterschiedlichen Bedarfs innerhalb der Gemeinschaft werden spezifische Lösungen benötigt. Bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen zum Schutz und nachhaltigen Gebrauch von Wasser im Rahmen eines Einzugsgebiets muss diese Diversität berücksichtigt werden. Entscheidungen sollten auf einer Ebene getroffen werden, die einen möglichst direkten Kontakt zu der Örtlichkeit ermöglicht, in der Wasser genutzt oder durch bestimmte Tätigkeiten in Mitleidenschaft gezogen wird.“
In Artikel 11.3 c) geht es um „Maßnahmen, die eine effiziente und nachhaltige Wassernutzung fördern, um nicht die Verwirklichung der in Artikel 4 genannten Ziele zu gefährden“. Die Europäische Union spricht ausdrücklich von einer großen Bandbreite von Lösungen, mit deren Hilfe die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden sollen. Die AEE INTEC versucht, Projekte für die kleinräumige, haushaltszentrierte Ver- und Entsorgung von Wohnhäusern und Tourismusbetrieben umzusetzen. Damit kann Wasser effizient und umsichtig genutzt werden. Allerdings sind die derzeit geltenden Rahmenbedingungen für diesen Ansatz zum Teil noch nicht optimal geeignet.

Ansatz und Beispiele

SWAMP, "Sustainable Water Management and Wastewater Purification in Tourism Facilities", war ein EU-Projekt mit der Kernidee die Abwasserentsorgung für Tourismusbetriebe ohne Kanalanschluss dadurch zu optimieren, dass die Wasserversorgung mit in die Planung eingebunden wird. Daraus ergeben sich im Gegensatz zum konventionellen Modell einer Wasserversorgung und einer danach folgenden Abwasserentsorgung einige neue Möglichkeiten:

  • Wasser sparen: Wasser, das nicht verbraucht wird, weil es gar nicht benötigt wird, muss auch nicht gereinigt werden
  • Wasser wiederverwenden: Zumal wenn Wasser rar ist, stellt die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser eine neue Ressource dar.
  • Wasser getrennt sammeln: Grauwasser (Wasser aus Bad und ev. Küche) lasst sich leichter wieder verwenden als Gesamtabwasser.
  • Nährstoffe wiederverwenden: Nährstoffe im Abwasser sollen wieder in die Landwirtschaft. Getrennte Sammlung, vor allem von Urin, kann dies erleichtern.

 

In einem Wohnprojekt in der Oststeiermark (Pöllau bei Markt Hartmannsdorf) wurde versucht, ein ökologisches Gesamtkonzept umzusetzen. Die Energie kommt von Sonne und Biomasse. Die Gebäude aus Ziegel sind optimal gedämmt. Neben dem Trinkwasser aus einer eigenen Quelle wird Grauwasser getrennt gesammelt und zur Klospülung verwendet. Für Wäsche und Bewässerung wird Regenwasser gesammelt. Das Schwarzwasser wird in einer Pflanzenkläranlage gereinigt. Das vom Lebensministerium geförderte Projekt NASPA ermöglicht die genaue Beobachtung dieses Wassersystems.

Vorgangsweise

Eine ausführliche Untersuchung des Gebäudes ist jeweils Basis für den Entwurf. Erhoben werden:

  • Wasserverbrauch samt Ganglinien
  • Wassersparpotenziale
  • Möglichkeiten der getrennten Sammlung
  • Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser
  • Abnehmer für Nährstoffe (Schlamm bzw. Urin)
  • Möglichkeiten der Verwendung von Regenwasser.

 

Die Planung beginnt im Haus bei den Sanitärinstallationen und Wasserverbrauchern, berücksichtigt eventuelle Vorteile einer getrennten Sammlung und Ableitung und optimiert die Reinigung für angestrebte Weiterverwendung. Regenwasser, das für bestimmte Zwecke besonders gut geeignet ist, wird immer mit in Betracht gezogen.
Manche der so entstehenden Vorschläge werden ganz konventionell, etwa eine Pflanzenkläranlage für die Reinigung des Gesamtabwassers. Andere Vorschläge sind für die Bauherren eher ungewöhnlich, weil sie nicht zu den üblichen Aufgaben des Abwasserplaners gehören, zum Beispiel, wenn es darum geht, bestehende Armaturen gegen wassersparendere auszutauschen, oder Urin getrennt zu sammeln, um Stickstoff und Phosphor aus dem Abwasser direkt als Dünger zu verwerten.

Abbildung 1: Grauwasserreinigung in einem Bürogebäude

Bei solchen Vorschlägen muss der Bauherr ausführlich informiert und alle Für und Wider diskutiert werden. Besichtigungen von vorhandenen Anlagen oder ähnlichen Einrichtungen können helfen, sind aber aus Mangel an Beispielen in vertretbarer Entfernung nicht immer möglich. Dies sollte sich mit der Zeit bessern. Zum Teil hat auch der Zufall überzeugend gewirkt. So war das erste Projektjahr von SWAMP in Österreich ungewöhnlich trocken. Dadurch wurden die Bauherren empfänglich für das Wassersparen.

Erfahrungen bei der Umsetzung

Die breitere Anwendung von haushaltszentrierten Wasserversorgungs- und Entsorgungssystemen mit kleinen Kreisläufen bräuchte in Österreich erst noch günstigere Bedingungen. Dazu gehören passende Richtlinien, die Information und Schulung von Fachleuten in Behörden und Planungsbüros und die Information der Bevölkerung, die diese Systeme anwenden würde, sowie eine an die geänderten Techniken angepasste Förderpraxis.

Richtlinien

Behörden und Planer verwenden für ihre Arbeit Regelwerke, die den Stand der Technik festlegen, und beurteilen Lösungen nach deren einheitlichen Grundsätzen. Auch für den Bauherrn ist dies von entscheidender Bedeutung da er ein genehmigungsfähiges Projekt braucht. Ungewissheiten diesbezüglich haben auch bei den Projekten der AEE INTEC immer wieder zu langwierigen Diskussionen geführt, bzw. mussten manche durchaus sinnvollen Vorschläge wieder aufgegeben werden.

Folgende Richtlinien wären noch zu schaffen:

 

  • Brauchwassernutzung
  • Kennzeichnung von Brauchwasserrohren, am Besten mit eigener Rohrfarbe
  • Standards für effiziente wasserverbrauchende Haushaltsgeräte
  • Standards für effiziente wasserverbrauchende Geräte im Gewerbe
  • Effiziente Wassernutzung im Wohnbau
  • Wasserqualität für verschiedene Zwecke: Brauchwasser im Wohnbau, für Bewässerung, unterschieden nach Kulturen.

 

Der ÖVGW hat 2005 die Mitteilung W 86 zur Richtlinie W 86 „Nutzwasserverwendung“ überarbeitet. Der ÖVGW schreibt: „Ziel der vorliegenden Richtlinie ist es, den Einsatz von Nutzwasser im nicht industriellen Bereich unter unterschiedlichsten Aspekten zu beleuchten und die damit verbundenen Risiken aufzuzeigen.“ Von eventuellen Vorteilen ist hier nicht die Rede.
Gleichzeitig wurde vom teilweise gleichen Team in der AG 122.16 die neue Ö-Norm B 2572 „Grundsätze der Regenwassernutzung“ erarbeitet. Dazu die österreichische Umweltberatung: „Die neue Norm steht der Regenwassernutzung vor allem aus hygienischen Gründen kritisch gegenüber. Konkrete Anleitungen für die Planung und die Errichtung von Anlagen bzw. technische Vorschriften für die Ausführung einzelner Komponenten sind nicht enthalten. Hier kann weiterhin auf die nun vollständig vorliegende DIN 1989 verwiesen werden.“ Die sehr ablehnende Haltung im ÖVGW gegenüber Brauchwasser hat sich auch bei der Regenwassernutzung, einer weltweit seit Jahrtausenden erfolgreichen Praxis, durchgesetzt.

Abbildung 2: Regenwasser als gestalterisches Element

Trotzdem ist die Überarbeitung der beiden Papiere offensichtlich eine, wenn auch sehr zurückhaltende, Reaktion auf ein steigendes Interesse der Bevölkerung an diesen Themen. Eine etwas offenere Haltung und weitere Normen und Richtlinien wären hilfreich. In Deutschland haben sich DVGW und ATV mittlerweile zur DWG vereint und sind, wenn auch noch zögernd, dabei, ihre Richtlinien auf Hindernisse für Ecosan-Lösungen zu überprüfen.
Die häufig gegen Brauchwassersysteme angeführte Gefahr von Fehlanschlüssen könnte durch Einführung einer einheitlichen, eigenen Farbe für Brauchwasserrohre stark vermindert werden. Laut DIN 8072/73 haben Brauchwasserleitungen schwarz ohne Kennstreifen zu sein, während in anderen Ländern Violett als eigene Farbe verwendet wird.
Eine übersichtliche Einteilung von Geräten und auch Armaturen in Klassen, ähnlich der Energiekennzeichnung der EU könnte bei der Suche nach effizienten Geräten helfen und auch der Industrie einen Anreiz bieten, besonders solche Geräte zu entwickeln. Gleichzeitig würden damit alle Wasserwerke unterstützt, die jetzt schon Informationskampagnen durchführen.
In Anlehnung an Energiestandards im Wohnbau könnte über die Bauordnung oder andere passende Richtlinien ein Mindeststandard für die Wassereffizienz vorgegeben werden. Ähnliches gibt es schon in Australien. Die einmalige Verwendung von hochwertigem Trinkwasser für schwach belastende Verwendungen könnte dadurch zunehmend verdrängt werden.
Die Festlegung von Qualitätskriterien für unterschiedliche Verwendungszwecke von Brauchwasser ist unumgänglich. In der Landwirtschaft hätten alle EU-Länder ein gemeinsames Interesse eine solche Regelung zu treffen. Diese müsste einerseits Produzenten in niederschlagsarmen Ländern der EU und ihren Anrainerstaaten, Hauptproduzenten für zum Beispiel Frühgemüse oder Zitrusfrüchte in der EU, eine legale Möglichkeit bieten gereinigtes Abwasser zu verwenden (Abb. 3 zeigt deutlich warum sie das tun). Andererseits sollen natürlich die Verbraucher vor möglichen Problemen geschützt werden. Nur ein sinnvoller Kompromiss kann diesen Widerspruch möglichst günstig für alle Betroffenen auflösen und die derzeitige, gefährliche Praxis der illegalen Bewässerung mit Rohabwasser jeder Provenienz abstellen. Qualitätskriterien in Gesetzen einzelner Länder sind ein erster Schritt und können eine Grundlage für die gemeinsame Diskussion darstellen. Eine EU-weite Regelung können sie aber nicht ersetzen. Basis dafür könnte die neue WHO-Richtlinie für die Wiederverwendung von Abwasser in der Landwirtschaft sein. Es gibt aber auch in Österreich Fälle, wo die Verwendung von gereinigtem Abwasser in der Landwirtschaft sinnvoll ist, sei es weil es in Einzellagen keine ausreichende Vorflut gibt, oder weil der zeitweise Wassermangel wie in der Süd- und Südoststeiermark die Nutzung aller vorhandenen Wasserressourcen sinnvoll erscheinen lässt. Für diese Fälle ist auch eine österreichische Richtlinie hilfreich.

Abbildung 3: Links Wüste, rechts die Abwasserfarm Abu Rawash

Vor allem im Haushalt gibt es aber in Österreich ein großes Potenzial gereinigtes Abwasser, vorwiegend Grauwasser, wieder zu verwenden. Auch hier müsste von der Praxis abgegangen werden, überall Trinkwasser zu verlangen und jede geringere Wasserqualität als großes Risiko zu betrachten. Zum Beispiel gilt die EU- Badewasserrichtlinie durchaus als ausreichend um Gefahren auch im direkten Kontakt mit Wasser zu verhindern. Bei der Klospülung mit gereinigtem Grauwasser ist ein solcher Kontakt sogar weitgehend auszuschließen. Es ginge hier vor allem um technische Probleme durch eine falsche Wasserqualität, die durch geeignete Richtlinien zu verhindern wären. Ebenso ist Regenwasser zum Wäschewaschen auf Grund der geringen Härte besser geeignet als die meisten Leitungswässer. Hygienische Bedenken konnten durch Untersuchungen ausgeräumt werden. Die Nutzung von Regenwasser sollte gefördert werden.
Mit solchen Maßnahmen kann auch die Umwelt geschont werden, weil sie neue Techniken für die Abwasserreinigung zulassen und das Regenwasser mitbewirtschaftet wird, statt es rasch aus Siedlungsgebieten abzuleiten. In Berlin gibt es ein Beispiel wo bewusst der erste, stark belastete Spülstoß gereinigt und wiederverwendet wird, um den Vorfluter zu entlasten.

Soziales Marketing

Eine effiziente und nachhaltige Wasserwirtschaft kommt nicht von selbst, auch nicht bei entsprechenden legalen Rahmenbedingungen. Die einfachsten und trotzdem wirksamen Maßnahmen betreffen Verhaltensweisen und deren Änderung. Teilweise geht es dabei um das besonders stark verankerte und nur schwer anzusprechende Hygieneverhalten. Nur zum Teil kann durch Technik die Wassereffizient verbessert werden. Auch dann sind jedoch wieder Verhaltensweisen betroffen, etwa bei der Verwendung von Grauwasser für bestimmte Zwecke im Haushalt.
Wie beim Rauchen oder der Gurtpflicht müssen gesetzliche Regelungen und technische Entwicklungen durch Informations- und Sensibilisierungskampagnen begleitet werden. Diese Kampagnen müssen die Bevölkerung, als Verbraucher und Anwender, aber auch Behörden und Planungsbüros vom Sinn der Vorschläge überzeugen. Es darf nicht unterschätzt werden, wie viel Energie in die Überwindung von Widerständen auf Grund privater Ansichten von Fachleuten in Behörden und Planungsbüros fließt. Letztlich müssen auch Politiker in der Lage sein, die Maßnahmen mitzutragen und bedürfen dazu gezielter Information.

Tarifgestaltung

Abwasserabgaben werden nach sehr unterschiedlichen Modellen berechnet. Das häufigste Tarifmodell bezieht die Abwasserabgabe direkt auf den Wasserverbrauch. Ein solcher Tarif bietet einen starken Anreiz für Verbrauchsreduktionen. Andere Tarifmodelle berechnen die Abgabe aber nach verbrauchsunabhängigen Kriterien, wie der Anzahl Toiletten in einer Wohnung oder der Wohnfläche. Solche Tarife stehen Maßnahmen, die auf eine Verbrauchsreduktion, durch Sparmaßnahmen oder Wiederverwendung, abzielen, im Wege. Sie sollten daher so angepasst werden, dass sie dem Verursacherprinzip besser entsprechen. Neue Ansätze, wie Urinabtrennung oder Komposttoiletten sind tariflich noch überhaupt nicht berücksichtigt. Hier gibt es noch einigen Anpassungsbedarf.

Förderung

Die österreichische Förderung im Siedlungswasserbau berücksichtigt seit einigen Jahren kreislauforientierte Maßnahmen in Einzelobjekten. Leider hat sich in der Praxis gezeigt, dass die förderbaren Maximalkosten auch bei Einsatz von neuen Techniken im Haushalt mit der trotzdem noch nötigen Abwasserreinigung erreicht werden. In den Jahren seit in Kraft treten der neuen Förderrichtlinie konnte bei keiner der von der AEE INTEC geplanten Pflanzenkläranlagen noch zusätzliches Fördergeld für kreislauforientierte Maßnahmen angerechnet werden. Ganz radikal neue Ansätze, zum Beispiel mit Komposttoiletten, die eine Abwasserreinigung unnötig machen, sind noch nicht akzeptiert und werden kaum genehmigt. Dies hat zur Folge, dass neue Ansätze nur bei großem Idealismus der Bauherrn in Betracht gezogen werden. Dabei kann die kombinierte Betrachtung von Ver- und Entsorgung Wasser und Kosten sparen helfen. Dies konnte in einigen Beispielen auch erzielt werden. In SWAMP konnte eine Pflanzenkläranlage um 20 m² kleiner gebaut werden, weil ein neuer Geschirrspüler mit viel geringerem Wasserverbrauch angeschafft wurde. Dabei wurden etwa 2600 Euro, die Differenz zwischen 20 m² Pflanzenkläranlage und dem neuem Geschirrspüler gespart.

Schlussfolgerung

Solche und ähnliche Beispiele sind besonders dankbar, weil hier die Vorteile klar auf der Hand liegen. Sie stellen eine starke Motivation dar und müssen dafür genutzt werden, den Ansatz möglichst zu verbreiten. Deren Vermehrung ist also eine erste Möglichkeit zur Verbreitung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Sie sollten aber auch zum Anlass genommen werden, die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass wirklich optimale Lösungen gefördert und umgesetzt werden.

"Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts.“ Albert Einstein

*) Dipl.-Ing. Martin Regelsberger ist Leiter der Abteilung Wasser und Abwasser der AEE INTEC, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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