Zeitschrift EE

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2006-02: Neue Wege in der Solarthermie

Kollektorentwicklungen

An der Universität der Balearischen Inseln (UIB) wird in Zusammenarbeit mit den Firmen Aiguasol und energyXperts.BCN in Barcelona (Spanien) ein konzentrierender Solarkollektor entwickelt, der sich im Gegensatz zu anderen Systemen durch einen feststehenden Spiegel auszeichnet. So wird eine Integration des Spiegels in die Gebäudehülle als Fassaden- oder Dachelement in Form eines Sandwich-Panels möglich.

Konzentrierender Kollektor mit festem Reflektor und nachgeführtem Receiver

Von Hans Schweiger und Victor Martinez Moll*

In einer ganzen Reihe von potenziellen Anwendungen für solarthermische Systeme, wie z.B. solare Klimatisierung oder industrielle Prozesswärme wird Wärme im Bereich mittlerer Temperaturen benötigt (80-250ºC) [1]. Konzentrierende Kollektoren [2] können diese Temperaturen problemlos bereitstellen und sind eine kostengünstige Alternative zu konventionellen Flach- und Vakuumröhrenkollektoren, da sie weniger Material benötigen.
Konzentrierende Systeme können auch einen erheblichen Beitrag zur Kostenreduktion von Photovoltaik-Anlagen leisten, da die benötigte Fläche des teuren Elements der Anlage – nämlich der Solarzelle – auf einen Bruchteil reduziert wird.
Jedoch erfordern konzentrierende Kollektoren eine mechanische Nachführung, um der Bewegung der Sonne zu folgen. In der bekanntesten Bauform konzentrierender Kollektoren, den Parabolrinnen-Kollektoren, wird der gesamte Spiegel, typischerweise mit Öffnungsweiten von 1 – 5 m, nachgeführt. Dies führt zum einen zu hohen Windlasten und macht zum anderen eine Integration des Spiegels in eine Dach- oder Fassadenstruktur prinzipiell unmöglich.

Einachsige Nachführung

Bereits in den 1970er Jahren wurden jedoch Kollektorkonfigurationen entwickelt und untersucht, bei denen der Spiegel (oder Reflektor) feststeht und der Receiver nachgeführt wird [2]. Die ideale Konfiguration für eine einachsige Nachführung besteht aus einer Reihe von schmalen (flachen) Spiegelsegmenten, die mit ihrem Zentrum auf einem Kreis angeordnet sind und so orientiert sind, dass die auf das Zentrum der Spiegel einfallenden Strahlen auf einen gemeinsamen Focus im höchsten Punkt des Kreises reflektiert werden. Es kann gezeigt werden, dass in dieser Anordnung für jeden beliebigen Einfallswinkel ein exakter Fokus existiert, der ebenfalls auf demselben Kreis liegt.

Durch den feststehenden Spiegel wird es möglich, diesen in die Gebäudehülle (Dach oder Fassade) zu integrieren. Dies kann z.B. in Form von Sandwich-Panelen realisiert werden (Abbildung 1 und Titelbild), die ein typisches Dach- und Fassadenelement in vielen Gebäuden darstellen, wie z. B. Industriehallen, Einkaufszentren, Lagerhäuser, etc.

Abbildung 1: Sandwich-Panel mit Spiegelsegmenten.

Eines der wesentlichen Probleme das mit der oben vorgestellten Anordnung verbunden ist, ist die Tatsache dass die Anzahl der Spiegel größer sein muss als der geometrische Konzentrationsfaktor. Dies führt zu Problemen für eine industrielle Fertigung speziell bei Kollektoren mit hohem Konzentrationsfaktor.
Durch die gestufte Form des Spiegels fällt ein Teil der einfallenden Strahlung auf die Stufen, und nicht auf die reflektierende Fläche, so dass die theoretisch mögliche Energieausbeute reduziert wird. Eine mögliche und logische Abänderung des Designs ist daher der Übergang zu parabolisch gekurvten Spiegeln. Es ist wohl bekannt, dass eine Parabel nur bei senkrechter Einstrahlung einen exakten Fokus hat. Jedoch kann gezeigt werden, dass die Aufweitung des Fokus für beliebige Einfallswinkel begrenzt ist.
Im Vergleich zu dem Design mit Stufenförmigem Spiegel hat dieses Design den Vorteil, dass die Spiegeloberfläche aus einer einzigen kontinuierlichen und glatten Oberfläche besteht. Jedoch ist der zu erzielende Konzentrationsfaktor begrenzt auf ca. C = 15.

Simlutationsergebnisse

An der UIB wurden ray-tracing Modellrechnungen durchgeführt, um die optimalen geometrischen Parameter eines solchen Kollektors zu bestimmen [3,4]. Einige der wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden beschrieben.

In Abbildung 2 ist das normalisierte mittlere Konzentrationsverhältnis der gestuften Geometrie als Funktion des Einfallswinkels für verschiedene geometrische Konzentrationsfaktoren dargestellt. Man sieht, dass die optischen Verluste des gestuften Spiegels im Vergleich zu einem idealen Spiegel für einen genügend großen Durchmesser des Nachführkreises D im Vergleich zur Gesamtspiegelweite W gering sind. Die Differenz zwischen realem und idealem Spiegel ergibt sich zum einen aufgrund der Abschattung des Spiegels durch den Receiver und zum anderen aufgrund der optischen Verluste an den Stufen.

Abbildung 2: Normalisiertes mittleres Konzentrationsverhältnis als Funktion des Einfallswinkels und des geometrischen Konzentrationsfaktors, Kollektor mit gestuftem Spiegel

Abbildung 3: Normalisiertes mittleres Konzentrationsverhältnis als Funktion des Einfallswinkels und des geometrischen Konzentrationsfaktors, Kollektor mit glattem parabolisch gekurvtem Spiegel

Abbildung 3 zeigt dasselbe Verhalten für den Spiegel mit einem parabolisch gekurvten Segment. Die Abweichungen vom idealen Verhalten nehmen mit zunehmendem Konzentrationsfaktor zu.

Einfluss der Einstrahlung

Die lokale Strahlungsintensität am Receiver ist für verschiedene Einfallswinkel unterschiedlich. Die ungleichmäßige Verteilung der Einstrahlung hat keine wesentliche Bedeutung für thermische Kollektoren, stellt aber für eine mögliche Anwendung für konzentrierende Photovoltaik ein zu lösendes Problem dar.
Konzentrierende Kollektoren mit feststehendem Spiegel weisen für schrägen Einfall der Strahlung zwar prinzipiell einen geringeren optischen Wirkungsgrad im Bezug auf die Spiegelaperturfläche auf als Parabolrinnenkollektoren, da bei ersteren der Cosinus des Einstrahlungswinkels zu berücksichtigen ist, während letztere zumindest in einer Achse senkrecht zur Einstrahlung ausgerichtet werden können. Bezogen auf die vorhandene Grund- oder Dachfläche als Referenz kehrt sich das Verhältnis jedoch um, da Kollektoren mit feststehendem Spiegel fast 100% der vorhandenen Fläche ausnützen können, während das Verhältnis von Spiegelfläche zu Grund- oder Dachfläche bei Parabolrinnen auf maximal 50 % begrenzt ist, um gegenseitige Abschattung zu vermeiden.
In Studien zum Anwendungpotenzial von Solarthermie in der Industrie [1] wurde nachgewiesen, dass in vielen Fällen die vorhandene Dachfläche der begrenzende Faktor ist, so dass Kollektoren mit feststehendem Spiegel das bestehende Anwendungspotenzial vergrößern.
Das Potenzial möglicher Kostenersparnisse des beschriebenen Systems dachintegrierter konzentrierender Kollektoren mit feststehendem Reflektor im Vergleich zu Solarsystemen mit konventionellen Flachkollektoren wird auf über 25 % geschätzt (Tabelle 1).

Systemkomponente Flachkollektor Konz. Kollektor* Anmerkungen
Kollektor / Receiver
150
20
Der Receiver des CCStaR benötigt nur 1/15 der Aperturfläche von Flachkollektoren bei 100% höheren Stückkosten (bei Materialien von höchster Qualität)
Aufständerung und Nachführ-Mechanismus
50
70
Weniger zu montierende Elemente und weniger Verbindungen
Montage und Feldverrohrung
100
60
 
Mehrkosten Dachelement  
70
Spiegelmaterial und Integration
TOTAL
300
220
Mehr als 25 % Kostenreduzierung
(langfristig bis zu 50 %)

*Konzentrierender Kollektor mit feststehendem Reflektor

Tabelle 1: Kosteneinsparungspotenzial im Vergleich mit Standardsolaranlagen (selektiver Flachkollektor). Kosten schlüsselfertig für Solarfeld und Feldverrohrung in €/m² Aperturfläche.

Danksagung: Die Entwicklung des beschriebenen Kollektors wurde gefördert von der „Direcció General d’Energia de la Conselleria de Comerç Industria i Energia“ der Regierung der Balearischen Inseln.

Literatur

[1] Für industrielle Anwendungen von solarthermischen Systemen siehe die web-page der Task 33/IV der IEA: www.iea-ship.org und den Endbericht des Projekts POSHIP: www.solarpaces.org/POSHIP_FinRep.zip
[2] Russell et al. Patent No. US 3868823. Gulf Oil Corporation.
[3] Martínez V, Pujol R, Moià A and Schweiger H. Analysis of a stationary parabolic linear concentrator with tracking absorber. 13th International Symposium on Concentrating Solar Power and Chemical Energy Technologies. June 20-23rd, 2006; Seville Spain.
[4] Pujol R, Martínez V, Moià A and Schweiger H, Analysis of stationary Fresnel like linear concentrator with tracking absorber. 13th International Symposium on Concentrating Solar Power and Chemical Energy Technologies, June 20-23rd, 2006; Seville Spain.

*) Dr. Hans Schweiger ist Berater im Bereich Wärmetechnik und erneuerbare Energiesysteme. energyXperts. BCN, Barcelona, Sapnien, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dr. Victor Martinez Moll ist Professor am Fachbereich Physik der Universität der Balearischen Inseln (UIB), Palma de Mallorca, Spanien, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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