Zeitschrift EE

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2006-02: Neue Wege in der Solarthermie

Speicher

Wärmespeicherung ist nach wie vor eine der größten technischen Herausforderungen bei der Nutzung regenerativer Energiequellen. Vor allem die Nutzung thermischer Solarenergie zur Raumheizung hängt von der Fähigkeit ab, Wärme über lange Zeit mit möglichst geringen Verlusten zu speichern.

Betriebserfahrungen mit einem Sorptionsspeicher in einer Pilotanlage

Von Dagmar Jähnig, Robert Hausner, Waldemar Wagner und Charlotta Isaksson*

Die solar erzeugte Wärme wird bislang in gut gedämmten Wasserspeichern gespeichert, die bei höheren solaren Deckungsgraden in Einfamilienhäusern Volumina von 3 m³, und bei Volldeckung bis zu 70 m³ einnehmen, was im Neubau zwar planbar ist, in der Praxis mehrfach technisch erfolgreich realisiert wurde, aber wirtschaftliche Probleme mit sich bringt. Bei Sanierungsprojekten stellt sich aber praktisch immer die Frage des vorhandenen Raumvolumens, um Energiespeicher in ein bestehendes Gebäude unterzubringen bzw. auch einzubringen. Ein vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Energiespeichern mit hoher Speicherdichte nach dem Sorptionsprinzip.
Systemkonzept
Im Rahmen des Projekts MODESTORE der Programmlinie Haus der Zukunft des österreichischen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie wurde ein solcher Sorptionsspeicher erstmals in einer Pilotanlage in einem Einfamilienhaus mit Niedertemperaturheizsystem eingesetzt. Der Sorptionsspeicher ist eigentlich eine thermisch angetriebene Wärmepumpe mit der Materialpaarung Silikagel – Wasser. Im Sommer und auch in sonnigen Zeiträumen im Winter wird das Wasser mithilfe von Solarenergie aus dem Silikagel ausgetrieben (desorbiert), anschließend bei niedriger Temperatur kondensiert und in einem separaten Behälter aufbewahrt. Wenn Heizenergie benötigt wird, wird Wasser bei niedriger Temperatur verdampft und am Silikagel adsorbiert. Dabei entsteht Wärme, die in ein Niedertemperaturheizsystem abgeführt werden kann (siehe Abbildung 1). Das bedeutet, dass bei der Desorption eine Niedertemperaturwärmesenke benötigt wird, bei der Adsorption eine Niedertemperaturwärmequelle. Das System wird unter Vakuum betrieben, um bei niedrigen Temperaturen verdampfen zu können und eine gute Dampfdiffusion zwischen Adsorber und Verdampfer/Kondensator zu gewährleisten.
Im Frühsommer 2005 wurde die Pilotanlage in einem Einfamilienhaus installiert. Das System besteht aus 32 m² Flachkollektoren, die zum Teil im Balkongeländer und zum Teil auf dem Dach installiert sind, einem Pufferspeicher mit 900 Litern, zwei Sorptionsspeichern mit jeweils etwa 500 kg Silikagel und einem weiteren Behälter, der den Verdampfer/Kondensator-Wärmetauscher sowie den Wasservorrat enthält (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Für die Warmwasserbereitung gibt es einen separaten Warmwasserboiler. Die Nachheizung wird durch ein Pelletswohnraumgerät gewährleistet. Die Anlage ist mit 1000 kg Silikagel relativ klein dimensioniert. An 1000 kg Silikagel können energetisch sinnvoll etwa 150 Liter Wasser adsorbiert werden, das entspricht etwa 100 kWh Energie.

Abbildung 1: Schnittzeichnung eines Sorptionsmoduls mit Wasservorlage und Wärmetauschern

Für den Betrieb der Pilotanlage wurde außerdem eine frei programmierbare Regelung entwickelt, mit der der Normalbetrieb im Einfamilienhaus sowie spezielle Testsequenzen zur Optimierung des Speichermanagements gefahren werden können.

Abbildung 2: Pilotanlage mit Dach- und Balkonkollektoren

Abbildung 3: Zwei Sorptions-, ein Pufferspeicher sowie der Wasservoratsbehälter

Desorptionsbetrieb

Für die Desorption, also das energetische Beladen des Sorptionsspeichers, werden die Sorptionsspeicher durch die Solaranlage beheizt. Hier werden Temperaturen bis etwa 90°C benötigt, um einen sehr niedrigen Wassergehalt des Silikagels zu erzielen. Der Wasserdampf muss dann kondensiert werden. Dies wurde bei der Pilotanlage durch Kühlen des Kondensatorwärmetauschers aus dem unteren Bereich des Pufferspeichers oder nachts über Wärmeabgabe der Kollektoren erreicht.
Adsorptionsbetrieb
Der kritischere Betriebsmodus ist die Adsorption. Gemäß dem Regelkonzept der Pilotanlage wird in der Heizsaison mit der Solaranlage der Pufferspeicher beheizt. Reicht hier die Temperatur aus, um damit direkt den Heizkreis zu versorgen, funktioniert das System wie eine ganz normale Kombianlage. Sobald die Temperatur im Pufferspeicher aber unter einen kritischen Wert sinkt, wird das Wasser im Pufferspeicher genutzt, um damit den Verdampfer zu beheizen. Dazu wird vorher aus dem Vorratsbehälter Wasser in den Verdampfer gepumpt. Das Wasser verdampft und gelangt in einen der beiden Sorptionsspeicher. Dort steigt die Temperatur aufgrund der freiwerdenden Adsorptionswärme und Energie kann in den Heizkreis abgeführt werden.
Durch die Materialeigenschaften der Stoffpaarung Silikagel – Wasser ist der Anteil der durch die Bindungskräfte wirklich gespeicherten Energie gering. Der Großteil der Energie, die dem Sorptionsspeicher entnommen werden kann, muss bei der Verdampfung zur Verfügung gestellt werden, wenn auch auf niedrigem Temperaturniveau.
Ein wichtiger Parameter für den Betrieb und die Energiebilanz eines Sorptionsspeichers ist der erreichbare Temperaturhub. Der Temperaturhub ist die Temperaturdifferenz zwischen Verdampfer und Sorptionsspeicher und ist in erster Linie abhängig vom aktuellen Wassergehalt des Sorptionsmediums, wie in Abbildung 4 zu sehen ist, und in geringem Maß vom Dampfdruck. Bei sehr geringem Wassergehalt (hoher energetischer Beladungszustand des Speichers) ist der Temperaturhub sehr groß. Das bedeutet, dass selbst bei sehr niedrigen Verdampfungstemperaturen eine ausreichende Temperatur im Sorptionsspeicher erreicht werden kann. Je mehr Wasser schon adsorbiert ist, desto kleiner wird der Temperaturhub. Bei hohem Wassergehalt kann zwar immer noch etwas Wasser adsorbiert werden, aber der Temperaturhub ist so klein, dass es von der Energiebilanz her keinen Sinn macht, weiter zu adsorbieren.

Abbildung 4: Temperaturhub der Materialpaarung Silikagel – Wasser (bei 23 mbar Dampfdruck)

Beim Adsorptionsvorgang muss der Speicher durch Adsorption von Wasserdampf zunächst auf ein nutzbares Temperaturniveau gebracht werden. Nach Beendigung der Adsorption (wenn z.B. keine Heizenergie mehr benötigt wird oder der Solarertrag direkt aus dem Pufferspeicher genutzt werden kann) kühlt der Speicher wieder aus. Dadurch entstehen erhebliche sensible Speicherverluste. Diese Faktoren bewirken, dass es energetisch keinen Sinn macht, den Sorptionsspeicher mit einem geringen Temperaturhub zu betreiben. Weiters müssen noch die nicht unbeträchtlichen Temperaturdifferenzen der Wärmetauscher vom theoretischen Temperaturhub in Abzug gebracht werden. Die Wassergehaltbandbreite, die energetisch sinnvoll genutzt werden kann, ist daher wesentlich kleiner als die theoretisch mögliche. Dadurch reduziert sich auch die mit einem solchen Speicher erreichbare Energiedichte.
Ein weiterer Nachteil des Sorptionsmaterials ist dessen geringe Wärmeleitfähigkeit. Dies führt zu schlechter Wärmeübertragung vom Speichermedium Silikagel auf den Wärmetauscher und damit zu geringen Leistungen, die dem Speicher entzogen werden können.

Schlussfolgerung

Der große Vorteil von Sorptionsspeichern gegenüber Wasserspeichern ist die Möglichkeit durch die räumliche Trennung der beiden Medien verlustfrei zu speichern. Die 'gespeicherte’ Energie kann aber nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn der Wärmepumpeneffekt (Temperaturhub) groß genug ist, um die oben genannten Nachteile des Sorptionsspeichers überzukompensieren.
Die Erfahrungen mit der Pilotanlage haben gezeigt, dass das Sorptionsspeicherprinzip zwar grundsätzlich funktioniert und auch in einer realen Anlage umsetzbar ist, dass aber die Materialpaarung Silikagel – Wasser nicht geeignet ist, um eine wesentlich bessere solare Deckung zu erreichen als mit einer konventionellen Pufferspeicheranlage der gleichen Größenordnung.
Aufgabe von Folgeprojekten wird es daher sein, eine Materialpaarung zu finden, die hinsichtlich folgender Kriterien optimiert ist:

  • Höherer Temperaturhub über eine größere Bandbreite der Beladung
  • Besseres Verhältnis von Verdampfungswärme zu Adsorptionswärme
  • Höhere Energiedichte
  • Bessere Wärmeleitfähigkeit des Speichermaterials

Danksagung

Das Projekt MODESTORE wurde im Rahmen der Programmlinie Haus der Zukunft vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sowie von den Firmen Solution Solartechnik GmbH und Pink Behältertechnik GmbH finanziert.

*) DI Dagma Jähnig, DI Robert Hausner, Ing. Waldemar Wagner, DI Charlotta Isakssonsind Mitarbeiter der AEE-INTEC, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.aee-intec.at [^]

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