Zeitschrift EE

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2005-03: Solare Prozesswärme

Realisierte Anlagen

Fabrikhallen zeichnen sich im Gegensatz zu anderen Gebäudenutzungen wie dem Wohnungsbau und dem Bau von Büro- und Verwaltungsgebäuden durch hohe Raumhöhen von 5 bis 10 Metern und relativ niedrige geforderte Raumtemperaturen von 15-18°C aus.

Solar beheizte Indurstriehallen in Österreich

Von Dagmar Jähnig und Werner Weiß*

Die geringen Raumtemperaturen in Verbindung mit einfachen Systemkonzepten die für Hallenheizung realisiert werden können, sind ideale Voraussetzungen für solarthermische Anlagen und eröffnen ein großes Potenzial für die Solarenergienutzung im Gewerbe- und Industriebereich.
In den letzten Jahren wurde in Österreich eine Reihe von Industriehallen gebaut, die ganz oder teilweise mit Solarenergie beheizt werden. Die AEE INTEC führt derzeit im Rahmen der IEA-Solar Heating and Cooling Task 33/IV „Solar Heat for Industrial Processes“ eine Erhebung von solarbeheizten Industriehallen durch. In diesem Artikel werden neun dieser Fabrikhallen vorgestellt und Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgezeigt.
Fünf der neun betrachteten Hallen wurden von Solartechnikfirmen für die eigene Produktion bzw. Lagerhaltung errichtet. Die anderen Hallen sind im Maschinenbau bzw. im Transport- und Installateursgewerbe zu finden. Die zu beheizende Gesamtfläche der Hallen liegt zwischen 400 und 2000 m². Häufig werden allerdings angeschlossene Bürotrakte, die höhere Raumtemperaturen benötigen, mit derselben Heizungsanlage mitversorgt (siehe Tabelle 1).

Name AKS Doma Winkler Transporte Hammerer SIKO Teufel & Schwarz Einfinger VMZ Solution Neudorfer
Branche Solar-technik Solar-technik Transport Solar-technik Solar-
technik
Maschi-
nenbau
Maschi-nenbau Solar-technik Installa-
teur
Hallenfläche [m²] 1.380 550 1.400 873 598 450 1.170 900 396
Bürofläche [m²] 470 0 600 195 370 0 300 0 0
Hallenhöhe [m] 8 7 9 8 7,2 10 5,8 10,5 6,5
Hallennutzung P, L P, L L, W P, L P, L P P, L L L
Geforderte Hallentemperatur ºC 16 15-16 k.a. 16-18 16 16 15 20 15
Baujahr 1999 2000 2001 2001 2002 2003 2000 2005 2005

Tabelle 1: Gebäudedaten der erhobenen Industriehallen (P: Produktion, L: Lager, W: Werkstatt, k.A.: keine Angabe)

Name AKS Doma Winkler Transporte
Hammerer
SIKO Teufel & Schwarz Einfinger VMZ Solution Neudorfer
Wärmeabgabesystem FBH FBH Luft FBH FBH FBH FBH,
Luft für
Fernwärme
FBH FBH
Kollektorfläche [m²] (Leistung [kWth]) 80 (56) 129 (90) 180 (126) 138 (93) 129 (90) 180 (126) 90 (63) 130 (91) 97 (68)
Montageort Fassade Fassade + Dach Fassade Fassade Fassade + Dach Fassade Fassade Dach Dach

Einbindung der Solaranlage
über Puffer direkt in FBH über Puffer über Puffer über Puffer direkt in FBH oder über Puffer über Puffer direkt in FBH über Puffer
Komplementärheizung Pellets-kessel keine Hack-schnitzel-kessel WP BM-Fernwärme WP BM-Fernwärme Gas WP
Lüftungsanlage - - - - - + - - -

Tabelle 2: Heiztechnik der erhobenen Industriehalle (FBH: Fußbodenheizung, BM: Biomasse, BHKW: Blockheizkraftwerk, WP: Wärmepumpe)

Gebäudehülle

Industriehallen zeichnen sich generell durch einfache und kompakte Wand- und Deckenkonstruktionen aus, wenngleich festgestellt werden kann, dass die meisten hier dokumentierten solar beheizten Hallen verglichen mit Standardhallenkonstruktionen relativ gut gedämmte Wände und Decken haben.
Die Wände und Decke bestehen meist aus Well- bzw. Trapezblech oder OSB-Platten mit einer dazwischenliegenden Dämmschicht, die zwischen 8 und 25 cm Stärke variiert. Sehr gut gedämmte Wände mit 25 cm Dämmstärke sind allerdings eher die Ausnahme.
Der Fußboden besteht im Wesentlichen aus einer zum Erdreich hin ungedämmten Betonplatte, in welche die Fußbodenheizung integriert ist. Bei zwei Hallen (Einfinger und Winkler) ist die Fundamentplatte auf einer entsprechenden Dämmschicht aufgebaut, was die Wärmeverluste zum Erdreich hin signifikant reduziert.

Heiztechnik

Alle dokumentierten Hallen nutzen zur Wärmeinbringung Fußbodenheizsysteme. Diese haben neben den geringen erforderlichen Vorlauftemperaturen zudem den Vorteil, dass die Masse der Fundamentplatte als Wärmespeicher genutzt werden kann. Neben der Lager- oder Produktionshalle wird in den meisten Fällen über dasselbe Heizungssystem auch noch ein Bürotrakt mitbeheizt sowie ein Warmwasserboiler für Duschen und zum Händewaschen beladen.
Lüftung mit Wärmerückgewinnung wurde bei den erhobenen Hallen nur bei der Halle der Firma Hammerer realisiert. Hier wird außerdem auch über ein Heizregister mit Luft geheizt. Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung wären zur Reduzierung der Wärmeverluste durchaus auch bei Hallen mit Fußbodenheizung sinnvoll. Allerdings wird der Luftwechsel in einer Lager- oder Produktionshalle mit hohem Warendurchgang stark durch das Öffnen der Hallentore beeinflusst. In solchen Fällen macht eine Lüftungsanlage wenig Sinn, da der Luftaustausch häufig schon durch die Öffnungszeiten der Hallentore gegeben ist.
Derartig unkontrollierter Luftwechsel durch das Öffnen der Hallentore kann den Heizwärmebedarf von Industriehallen erheblich beeinflussen. Daher ist in solchen Fällen zur Verringerung der Wärmeverluste der Einsatz von Wärmeschleusen oder Ladedocks für LKW sinnvoll.

Fassadenkollektoren

Die Solarkollektoren sind häufig an der Fassade montiert bzw. in diese integriert. Die Kollektoren erfüllen damit eine Mehrfachfunktion, als witterungsbeständige Fassade, als Energiewandler und durch die Rückseitendämmung des Kollektors auch als Dämmschicht. Da die Sonnenkollektoren vorwiegend zu Heizzwecken genutzt werden, da der Warmwasserbedarf in Produktionshallen häufig sehr gering ist, sind Fassadenkollektoren sehr gut zur tiefstehenden Wintersonne orientiert.
Die Kollektorflächen der hier betrachteten Hallen liegen zwischen 80 und 180 m². Die solaren Deckungsgrade, d. h. die Anteile am Gesamtwärmebedarf, die über die Solaranlage bereitgestellt werden, liegen zwischen 20 und 100%, wie bei der Halle der Firma Winkler eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde.

Eine Korrelation zwischen beheiztem Volumen bzw. Hallenfläche, Dämmstandard der Halle und Kollektorfläche konnte bei den untersuchten Hallen nicht festgestellt werden. Hier fehlen derzeit entsprechende und zuverlässige Dimensionierungswerkzeuge.
Das Systemkonzept ist bei den meisten Hallen ähnlich aufgebaut wie bei Solaranlagen für die Beheizung von Wohngebäuden: Die Solaranlage arbeitet auf einen Pufferspeicher und evtl. zusätzlich auf einen Brauchwasserspeicher. Die gespeicherte Wärme wird dann aus dem Speicher entnommen und in die Fußbodenheizung geschickt.

Fußboden als Speicher

Eine interessante Alternative ist die Möglichkeit, die Masse der Bodenplatte, in der die Fußbodenheizung liegt, als Speicher zu nutzen. Das heißt, es wird auf einen konventionellen Pufferspeicher ganz verzichtet, und die Solaranlage beheizt direkt oder über einen Plattenwärmetauscher den Fußboden. Dies wurde bei zwei der hier untersuchten Hallen verwirklicht.
In den Hallen, in denen ein Pufferspeicher eingesetzt wird, kann dieser aber - durch die auch hier vorhandene Speicherfunktion der Bodenplatte – relativ klein dimensioniert sein.
Wegen der niedrigen geforderten Raumtemperaturen können auch die Vor- und Rücklauftemperaturen bei Industriefußbodenheizungen wesentlich niedriger gewählt werden als bei Fußbodenheizungen im Wohnbereich. Dies begünstigt den Einsatz von Solarenergie und ermöglicht hohe solare Deckungsgrade.

Abbildung 2: SIKO Solar – Produktions- und Lagerhalle mit Fassadenkollektoren

Weitere Schritte

Aufbauend auf dieser Erhebung sollen in den kommenden Monaten typische Industriehallen identifiziert werden und Auslegungsrichtlinien und ein Planungsleitfaden für solarbeheizte Industriehallen im Rahmen der IEA-SHC Task 33/IV erstellt werden.

*) Dipl.-Ing. Dagmar Jähnig ist Mitarbeiterin und Ing. Werner Weiß ist Geschäftsführer der AEE INTEC, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.aee-intec.at [^]

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