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2004-03: Solaranlagen im Geschoßwohnbau

Thema

Die zukünftige Energieversorgung im Wohnbau wird einerseits durch die globale Entwicklung des Energiesystems beeinflusst und andererseits durch eigenständige Maßnahmen der Bauherren, der Bauträger und der Bundes- und Landespolitik.

Österreichs zukünftige Energieversorgung
Auswirkungen auf den Wohnbau

Von Heinz Kopetz*

Die jüngste Vergangenheit der Energiewirtschaft - die letzten 50 Jahre - waren gekennzeichnet durch die rasche Zunahme des weltweiten Energiebedarfes, der überwiegend durch fossile Energieträger, insbesondere Öl und zuletzt Gas, gedeckt wurde. Die Zukunft, also die nächsten 10, 20, 30 Jahre, wird sich anders entwickeln als die Vergangenheit. Natürlich wird die fossile Energiewirtschaft, allen voran die Gaswirtschaft, versuchen ihre Marktanteile auszuweiten. Doch auch die erneuerbaren Energieträger werden verstärkt versuchen, ihre Marktpräsenz zu erhöhen. Im Hintergrund stehen globale Veränderungen, die zunehmend auch die lokale Situation beeinflussen.

Klimawandel und Klimaschutz

Der heutige wissenschaftlich weitgehend akkordierte Wissensstand ist folgender: Das Klima ändert sich, ausgelöst durch menschliche Aktivitäten. Hauptverursacher ist die Verbrennung fossiler Energieträger - eben Kohle, Öl und Gas. Aus der Sicht der Nahrungsmittelproduktion muss dazu gesagt werden, dass der Klimawandel die größte ökonomische und ökologische Bedrohung der Menschheit in den nächsten Jahrzehnten werden wird. Für ein hochentwickeltes Land wie Österreich ist es daher mehr als selbstverständlich, dass zumindest jene Reduktionsverpflichtungen betreffend Treibhausgase eingehalten werden, die international übernommen wurden (Lastenaufteilung innerhalb der Europäischen Union, Kyoto-Verpflichtungen). Leider zählt Österreich innerhalb der Europäischen Union derzeit zu jenen vier Ländern, die ihre internationalen Verpflichtungen punkto Klimaschutz am wenigsten ernst nehmen. Österreich liegt derzeit bei den Klimagasemissionen um 20% über den Vorgaben, also etwa um 2 Mio to höher, als dies für das Jahr 2010 zugesagt wurde.
Wo sollen diese 2 Mio to CO2 eingespart werden? Im Industriebereich wird sich angesichts der jüngsten Vereinbarung betreffend Emissionshandel nicht viel ändern. Im Verkehrsbereich sind Reduktionen schwierig und besonders unrealistisch. Im Strombereich bestehen bestimmte Möglichkeiten, wenn kalorische Kraftwerke geschlossen und Windenergie, Wasserkraft und andere Formen der erneuerbaren Stromerzeugung ausgebaut werden. Das größte Einsparungspotenzial liegt im Wärmebereich. Etwa 800.000 Wohnsitze müssten in Österreich bis 2012 von Öl und Gas auf erneuerbare Energie umgestellt werden, um in diesem Bereich die Kyoto-Ziele zu erfüllen.

Abbildung 1: Nur durch die Umstellung von ca. 800.000 Wohnsitzen in Österreich auf erneuerbare Energieträger können die Kyoto-Ziele erfüllt werden

Versorgungssicherheit

In der Frage der künftigen Verfügbarkeit von Öl gehen die Meinungen weit auseinander. Eine Gruppe von Experten ("die optimistischen Experten"), die vor allem aus der Ölwirtschaft kommen, erklären, weltweit stünden 4 Milliarden Fass Erdöl zu Verfügung und davon sei erst knapp eine Milliarde genutzt. Eine andere Gruppe von Experten ("die Realisten") gehen davon aus, dass weltweit höchstens 2 Milliarden Fass zur Verfügung stünden und davon etwa die Hälfte verbraucht seien.
Während die Optimisten erklären, die nächsten 20, 30 Jahre gibt es Öl in Hülle und Fülle und die Preise werden zwischen 20 und 25, höchstens 30 $ pendeln, sagen die Realisten, zwischen 2004 und 2010 wird die Erdölproduktion ihr Maximum überschreiten, die Produktionsmenge daher zurückgehen und die Preise verstärkt nach oben tendieren. Wer von diesen beiden Gruppen recht hat, wird schon in den nächsten vier bis sechs Jahren klar sein.
Faktum ist, dass Ende April 2004 die Weltölpreise nicht zwischen 22 und 28 $ liegen, sondern bei 34 $ und die Ölhändler zunehmend nervös werden wegen möglicher weiterer Preisanstiege. Der Gaspreis wird sich diesem Höhenflug der Ölpreise zeitverzögernd anpassen. Angesichts des starken Euros macht ein Dollar mehr für ein Fass Öl nicht die Welt aus. Denn 10 $ mehr je Fass, machen derzeit etwa 6 bis 8 Cent je Liter Heizöl aus.
Ein Vergleich der Brennstoffpreis Ende April 2004 zwischen Heizöl und Pellets laut Umfrage bei Brennstoffhändlern bringt überraschende Ergebnisse. Wie Tabelle 1 zeigt, lagen die Brennstoffkosten bei Heizöl um ca. 30% höher als bei Pellets.

 
Heizöl
Pellets
Kosten
0,44 € / Liter
0,165 €/ kg
Bedarf für ein Einfamilienhaus
2.500 Liter/a
3.400 kg/a
Gesamtkosten
1.100,- €/a
862,- €/a
Ersparnis durch Pellets
 
238,- €/a

Tabelle 1: Preisvergleich zwischen Heizöl und Pellets für ein Einfamilienhaus (Preisbasis 04/2004)

Der Hintergrund für die Preisentwicklung bei Erdöl und damit verbunden auch bei Erdgas liegt in der weltweiten Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Bei einer Reihe wichtiger Ölproduzenten geht die Ölproduktion seit Jahren zurück, beispielsweite in den USA, England, China und Norwegen.
Andererseits steigt die Nachfrage insbesondere in Asien, aber auch in den USA weiter an, sodass vor allem große Märkte wie Nordamerika, Asien, Indien, Japan und auch Europa einen zunehmenden Importbedarf haben. Diese Entwicklung führt zu einer ständigen Aufwertung der ölreichen Länder im Nahen Osten. Doch dort führt die politische Situation zu zunehmender Unsicherheit. Die Sicherheit der Erdölversorgung und die Preisentwicklung in den kommenden Jahren wird sich ganz anders darstellen als in der Vergangenheit. Diese Aspekte sprechen massiv dafür, dass überall dort, wo der Ersatz fossiler Energieträger durch heimische Energieträger möglich ist, diese Chance konsequent umgesetzt wird. Dies gilt auch für Gas, weil auch dort der Importbedarf ständig zunimmt und hier vor allem die Einseitigkeit der Importabhängigkeit beunruhigend ist.

Das österreichische Energiesystem

Natürlich ist auch das österreichische Energiesystem dieser globalen Veränderung ausgesetzt. Doch die Spielräume, sich davon schrittweise abzukoppeln, sind beachtlich. Sie sind sicher mit Abstand am größten im Wärmesektor. Sie sind teilweise vorhanden im Strombereich und sind am geringsten in der Treibstoffversorgung für den Verkehrssektor. Im Strombereich geht es darum, eigenständige Maßnahmen zur Verbesserung der Stromeffizienz und zur Verringerung des Bedarfszuwachses zu setzen. Dazu zählt der Verzicht auf Elektroheizungen, der Umbau von Elektroheizungen zu Heizsystemen mit erneuerbarer Energie, der Verzicht auf Wärmepumpen (Umgebungswärme), weil diese den Strombedarf weiter hinauftreiben, der Verzicht auf Elektroboiler und ihr Ersatz durch Solarkollektoren in Verbindung mit - einem möglichst "erneuerbaren" - Heizsystemen sowie energiesparende Geräte und verstärkte Verwendung von Energiesparlampen.
Doch der eigentliche Spielraum ist im Wärmesektor. Hier sind von der technologischen Entwicklung, von der Verfügbarkeit und auch von der Wettbewerbsfähigkeit die Verhältnisse am günstigsten für die erneuerbare Energie.

Die Argumente

  • Sicherung der Energieversorgung für die Wärmeverbraucher zu stabilen Preisen
  • Reduktion von Treibhausgasemissionen sowie
  • die Schaffung neuer Arbeitsplätze für die österreichische Wirtschaft
    sprechen für einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energieträger im Wärmebereich. Dabei zählen zum Wärmebereich die Wärmeversorgung und die Warmwasserbereitung. Das Energiekonzept der Zukunft ist das solar-biogene Energiesystem für Wärme und Wasser in jedem Haus.

Abbildung 2:Jedes Haus mit Öl und Gas beheizt ist eine vergebene Chance, um die Verpflichtungen aus der österreichischen Klimaschutzstrategie noch einzuhalten

Neubau

Im Neubau wird durch die erhöhten Effizienzanforderungen der Energiebedarf ständig zurückgehen. Hier sollte aus Sicht des Autors der Grundsatz gelten: Warmwasser mit Solarkollektoren bereiten, Wärme teilweise mit Solarkollektoren bzw. mit Biomasse oder mit einem Fernwärmeanschluss erzeugen. Öl und Gas sollten bei künftigen Neubauten als Option ausscheiden. Die Wohnbauförderung sollte daraufhin ausgerichtet werden.
Die zwischen Land und Bund abgeschlossene Klimaschutzstrategie im Rahmen des Kyoto-Prozesses ist eine Verpflichtung für die Bundesländern, die nur eingehalten werden kann, wenn in Zukunft fossile Energieträger bei Investitionen als Option für die Wärmeversorgung ausscheiden.

Altbestand

So wichtig der Neubau ist, mengenmäßig fällt er wenig ins Gewicht, da jährlich nur etwa 1% des gesamten Wohnungsbestandes neu gebaut wird. Im Altbestand bietet jede notwendige Erneuerung eines bestehenden fossilen Heizsystems die Chance, auf erneuerbare Energieträger umzusteigen. Kesseltauschaktionen für den Einsatz von Öl- und Gaskessel sind falsche Signale, weil sie verhindern, dass der Umstieg auf erneuerbare Energie stattfindet und die Hausbesitzer in eine falsche Richtung lenken. Für den Altbestand sollte das Stichwort der Zukunft lauten: Brennstoffwechsel - von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Versorgungssystemen auf der Basis Biomasse und Solarkollektoren. Dazu ist es notwendig, dass die wirtschaftlichen Anreize für den Umstieg verbessert werden, denn derzeit sind zwar die laufenden Brennstoffkosten bei Erneuerbaren geringer als bei Fossilen, die hohen Investitionen für den Umstieg sind jedoch für viele eine nicht überwindbare Barriere. Denn immerhin müssten jährlich die Investitionsraten bei Solarkollektoren und Biomasseheizungen mindestens verdreifacht werden, um die vertragliche Verpflichtung aus der österreichischen Klimastrategie einzuhalten.

Zielvorgabe Bundesregierung

Die Politik, sprich die Österreichische Bundesregierung, hat sehr konsequente Ziele für diesen Umbau des Energiesystems formuliert. Im Regierungsübereinkommen wurde vereinbart, dass der Anteil der erneuerbaren Energieträger jährlich um 1% steigen soll. Dies entspricht auf Österreich bezogen, dass jährlich etwa 300.000 to Öläquivalent durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Das bezieht sich auch auf die Bereiche Strom, Treibstoffe und Verkehr. Wenn sie sich aus dieser Vorgabe Zahlen für den Wärmebereich ableiten, so kommt man z.B. bezogen auf die Steiermark auf einen notwendigen Ersatz fossiler Einheiten von 10.000 bis 12.000 Stück pro Jahr.

Zielvorgabe für die Länder

Vergleicht man die Entwicklung zu erneuerbaren Energieträgern im Wärmesektor in den Bundesländern, so fällt auf, dass die Länder Niederösterreich, Salzburg, Oberösterreich und Kärnten stärkere Zuwächse erreichen konnten, als die restlichen. Daraus folgt, dass die Länder durchaus Gestaltungsmöglichkeiten über die Wohnbauförderung, Direktzuschüsse und andere Förderinstrumente haben um in der Wärmeversorgung verstärkt Solarenergie und Biomasse einzusetzen.

Ausblick

Für die Zukunft wird das Konzept einer Energieversorgung im Haus, die nachhaltig und auf Dauer möglich ist, gebraucht. Ein solches Konzept kann nur auf Energieträger setzen, die sich direkt oder indirekt von der Sonne ableiten, wie Solarkollektoren, Photovoltaik, Biomasse oder auch da und dort die Erdwärme. Das Warmwasser im Sommer sollte konsequent von Solarkollektoren kommen, die Wärme im Winter von Solarkollektoren und Biomassesystemen.
Die faszinierende Herausforderung für Bauherrn, Bauträger, Bauwirtschaft liegt darin, diese nachhaltige Energieversorgung im Baubereich heute umzusetzen, damit die Bevölkerung morgen eine kostenmäßig stabile, umweltverträgliche und sichere Energieversorgung hat.

*) Dr. Heinz Kopetz ist Vorsitzender des Österreichischen Biomassevernbandes und Direktor der Landwirtschaftskammer Steiermark, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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