Zeitschrift EE

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2004-03: Solaranlagen im Geschoßwohnbau

Um kurzfristig effiziente solarunterstützte Wärmenetze breit umzusetzen, gilt es einerseits das punktuell vorhandene technische Know-how zu den beteiligten Akteuren (Fachplaner, Bauleiter, Anlagenbetreiber) zu transferieren sowie andererseits die Identifikation mit der Technologie bei Wohnbauträgern und Fachplanern zu stärken bzw. den Planungsablauf zu optimieren und zu standardisieren.

Optimierte und standardisierte Solarsysteme

Von Christian Fink und Richard Riva*

Um kurzfristig effiziente solarunterstützte Wärmenetze breit umzusetzen, gilt es einerseits das punktuell vorhandene technische Know-how zu den beteiligten Akteuren (Fachplaner, Bauleiter, Anlagenbetreiber) zu transferieren sowie andererseits die Identifikation mit der Technologie bei Wohnbauträgern und Fachplanern zu stärken bzw. den Planungsablauf zu optimieren und zu standardisieren.
Genau diesen Ansatz verfolgt das von der AEE INTEC aktuell durchgeführte Projekt "OPTISOL - Messtechnisch begleitete Demonstrationsprojekte für optimierte und standardisierte Solarsysteme im Geschosswohnbau".
Projektinhalte und aktueller Stand
Das Know-how-Transferprojekt OPTISOL richtet sich innerhalb eines Breitentests - zehn optimierte solarunterstützte Wärmenetze der neuen Generation werden umgesetzt - einerseits an Wohnbauträger sowie andererseits speziell an die beteiligten Fachplaner und ausführenden Unternehmen (Haustechnikplaner, Architekten, Installateur und Anlagenbetreiber). Dabei liegt der Schwerpunkt darin, nicht nur die Solaranlage als einzelne Komponente zu sehen, sondern vielmehr ganzheitliche solarunterstützte Wärmenetze in Geschoßwohnbauten nach der Methodik der integralen Planung umzusetzen. Das Projekt gliedert sich in folgende Abschnitte:

  • Information und Motivation von Bauträgern
  • Integrale Planung, Qualitätssicherung und Steigerung der Projektidentifikation
  • Unterstützung bei der Umsetzung und Bauüberwachung
  • Monitoring - Nachjustierung und standardisierte Überwachung des Betriebes
  • Definition von einheitlichen Qualitätsstandards für weitere solarunterstützte Wärmenetze
  • Verbreitung der Projektergebnisse

Von über 20 interessierten Wohnbauträgern wurden schlussendlich zehn Bauvorhaben ausgewählt, die im Rahmen von OPTISOL über die gesamte Planungs- und Umsetzungsphase (Planungsaudits, Baustellentermine, etc.) von erfahrenen Solarexperten betreut werden.
Aktuell ist die Phase der integralen Planung für alle Demoobjekte abgeschlossen. Fünf Objekte befinden sich am Ende der Umsetzungsphase. Die restlichen fünf solarunterstützten Wärmenetze sind bereits in Betrieb und somit in der Monitoringphase.

Demonstrationsobjekte und Messkonzept

Die Bandbreite der Gebäudegrößen der ausgewählten Bauvorhaben reicht von kleinen Wohnanlagen mit sechs Wohnungen und reihenhausartiger Bebauung bis hin zu Geschoßwohnbauten mit über 60 Wohnungen in Kombination mit Büro- und Geschäftslokalen (siehe Abbildung 1). Neun Objekte wurden in der Steiermark errichtet, eines in Salzburg.

Dimensionierung und Anlagenhydraulik

Die größte Solaranlage umfasst 240 m² Kollektorfläche, die kleinste 30 m². Insgesamt werden im Rahmen von OPTISOL rund 370 Wohnungen mit Solarwärme versorgt, was insgesamt knapp 1.200 m² Kollektorfläche und rund 100 m³ Speichervolumen bedeutet. Die Dimensionierung der Solarsysteme erfolgte im Kosten/Nutzen-Optimum bei solaren Deckungsgraden am Gesamtwärmebedarf (Warmwasser und Raumwärme) zwischen 12 und 20%.
Was die Anlagenhydraulik betrifft, wurden alle zehn solarunterstützten Wärmenetze nach dem Prinzip der Zwei-Leiter-Netze ausgeführt. Bei neun Objekten kamen dezentrale Wohnungsstationen (Brauchwassererwärmung im Durchflussprinzip) zum Einsatz (siehe Abbildung 2). Das zehnte Objekt, ein Reihenhausprojekt mit geringen Energiedichten, wurde mit dezentralen Brauchwasserspeichern, die täglich in ein bis zwei Ladezyklen geladen werden, ausgestattet.

Abbildung 1: Die Kollektorflächen (240 m²) des Objektes "Theodor-Körner-Straße, Graz" übernehmen zusätzlich zur Wärmelieferung die Überdachung bzw. Beschattung der Balkonzeilen

Monitoring

Mittels einer messtechnischen Überwachung der zehn Demonstrationsprojekte (Messkonzept siehe Abbildung 2) und der Analyse der über ein Fernüberwachungssystem erhaltenen Messergebnisse werden die Qualität der Planung und der Umsetzung kontrolliert sowie ein problemloser Routinebetrieb sichergestellt.
Um Kosten und Ressourcen zu sparen, sollten nach Möglichkeit alle Monitoringanforderungen sowie die Regelung der Gesamtanlage von einem Gerät aus erfolgen. Diese Aufgaben können grundsätzlich freiprogrammierbare Regelungen sowie Systeme der Gebäudeleittechnik übernehmen.
Nach Inbetriebnahme des Wärmeversorgungssystems und dem Bezug der Wohnungen erfolgt für die Demonstrationsobjekte eine intensive Monitoringphase. Darunter versteht man eine intensive Auswertung sämtlicher Temperaturverläufe und Schaltzustände über einen Zeitraum von ein bis zwei Monaten. Dadurch können eventuelle hydraulische und regelungstechnische Mängel rasch erkannt und deren Behebung in Kooperation mit dem Projektteam veranlasst werden.
Ist der Anlagenbetrieb weitestgehend optimiert, erfolgt das weiterführende Monitoring zum Zwecke der Störungsüberwachung und der Erstellung von Energiebilanzen über ein Betriebsjahr in reduzierter Intensität. Danach geht die Funktionsüberwachung des solarunterstützten Wärmenetzes in den Aufgabenbereich des Anlagenbetreibers über.

Abbildung 2: Messkonzept und Sensorenanordnung - Objekt "Theodor-Körner-Straße". Die erfassten Systemtemperaturen sind gelb, die erfassten Wärmemengenzähler sind grün gekennzeichnet

Erste Messergebnisse

Bei fünf Demoanlagen wurde das Monitoring bereits gestartet. Zwei davon sind bereits über ein Jahr in Betrieb (Nittnergasse und Schwarzparkstraße), zwei seit vergangenem Winter (Seiersberg und Eggersdorf) und eine seit April 2004 (Markt Hartmannsdorf).
Ein wesentliches Qualitätskriterium von solarunterstützten Wärmenetzen stellen die Temperaturen im Wärmeverteilnetz dar. Abbildung 3 zeigt hierzu die Vor- und Rücklauftemperaturen der Wärmeverteilnetze von vier Messanlagen über den Zeitraum von einer Woche im April. Die Netzvorlauftemperaturen bewegen sich entsprechend der Dimensionierung der Komponenten zur Wärmeabgabe (Wärmetauscher zur Brauchwassererwärmung und Radiatoren) zwischen minimal 55°C und maximal 65°C. Die Netzrücklauftemperaturen bewegen sich konstant auf einem tiefen Temperaturniveau zwischen 25°C und maximal 35°C. Sowohl Netzvorlauftemperaturen und Netzrücklauftemperaturen sind absolut zufriedenstellend und zeigen einerseits die hohe Effizienz (geringe Wärmeverluste) und andererseits die günstigen Betriebsbedingungen (tiefe Rücklauftemperaturen) für den Betrieb von Solarsystemen.

Abbildung 3: Messergebnisse von vier Demoprojekten zu Temperaturverläufen im Wärmeverteilnetz in einer April-Woche im Jahr 2004

Spezifische Solarerträge und solare Deckungsgrade

Neben dem solaren Deckungsgrad und dem Gesamtsystem-Nutzungsgrad zählt der spezifische Solarertrag zu den wesentlichen Kennzahlen von solarunterstützten Wärmenetzen. Abbildung 4 zeigt hierzu die gemessenen spezifischen Solarerträge von vier Demoanlagen im Vergleich mit den Simulationsergebnissen. Die Wärmenetze Nittnergasse und Schwarzparkstraße sind schon länger als ein Jahr in Betrieb, die Anlagen Eggersdorf und Seiersberg seit vergangenem Winter. Alle vier Solarsysteme liegen hinsichtlich des spezifischen Solarertrags über den mittels Simulation prognostizierten Werten, wobei die Anlagen Nittnergasse und Schwarzparkstraße mit 450 bzw. 411 kWh/m² a die Simulationsergebnisse (368 bzw. 387 kWh/m² a) aber deutlich übersteigen (Betrachtungszeitraum: Juli 2003 bis Juni 2004). Neben dem insgesamt guten und zuverlässigen Betriebsverhalten der Wärmenetze liegt der Hauptgrund der hohen Solarerträge bei diesen beiden Anlagen aber im einstrahlungsreichen Sommerhalbjahr 2003, das um bis zu 10% höhere Solarstrahlungen mit sich brachte als das der Simulation zugrundeliegende Durchschnittsjahr.

Abbildung 4: Gemessener spezifischer Kollektorertrag (kumuliert) von vier Demoobjekten im Vergleich mit den Simulationsergebnissen. Zwei Anlagen sind seit Juli 2003, zwei seit Dezember 2003 bzw. Februar 2004 in Betrieb

Der solare Deckungsgrad der bereits ein Jahr in Betrieb befindlichen Wärmenetze lag in Bezug auf den Gesamtwärmebedarf bei der Anlage Nittnergasse bei rund 14 % und bei der Anlage Schwarzparkstraße bei etwa 18 %.

Anlagenoptimierungen

Die messtechnische Überwachung der bisher fünf solarunterstützten Wärmenetze zeigte grundsätzlich ein gutes Betriebsverhalten der Anlagen. Dennoch konnte sowohl Fehlverhalten als auch Optimierungspotenzial erkannt werden. So zeigten beispielsweise die Betriebstemperaturen der Wärmeverteilnetze trotz gewissenhafter Planung und Umsetzung nach der Ersteinregulierung durchwegs Optimierungspotenzial. Gerade durch das Anlagenmonitoring können die Netzbetriebstemperaturen gut überwacht und Unregelmäßigkeiten (mangelhafte Einregulierung, fehlerhafte Regulierkomponenten, hydraulische Fehlströme, etc.) sofort festgestellt werden. Auch das Optimierungspotenzial zur Senkung von Versorgungstemperaturniveaus (Nachheizung, Vorlauf der Wärmeverteilung, Bereitschaftsvolumen, etc.) konnte durch entsprechendes Monitoring ausgeschöpft werden. Durch Tätigung dieser Maßnahmen konnte somit das schlussendlich günstige Betriebsverhalten der fünf Demoanlagen (siehe Abbildung 3) erreicht werden.
Stellvertretend für unterschiedliche erkannte Optimierungsmöglichkeiten wird nachfolgend ein Fehlverhalten der Anlage in Eggersdorf dargestellt.
Wie bei Solarsystemen im Geschoßwohnbau üblich, erfolgt die Beladung des Energiespeichers nutztemperaturorientiert mittels Drehzahlregelung der Solarpumpen im Primär- und Sekundärkreis. Dieser Umstand erschwert aufgrund der variablen Massenströme die messtechnische Überprüfung der Grädigkeit am Plattenwärmetauscher (als Maß für die Auslegung). Aufgrund von auffälligen Unregelmäßigkeiten in den Temperaturverläufen wurde die Drehzahlregelung ausgeschaltet und entsprechende Massendurchsätze in den beiden Kreisläufen manuell eingeregelt. Wie in Abbildung 5 (linke Hälfte) dargestellt, stellten sich am Plattenwärmetauscher Temperaturniveaus ein, die eine Grädigkeit von etwa 12 K bedeuten, was einer Verdopplung des Auslegungswertes entspricht. Ein vom Wärmetauscherhersteller beigestelltes, baugleiches Produkt zeigte sofort den Produktionsfehler des ursprünglich eingesetzten Wärmetauschers auf. Bei gleichen Massendurchsätzen und nahezu gleicher Einstrahlung konnte die Grädigkeit um 5 K (Abbildung 5, rechte Hälfte) und somit das Temperaturniveau im Kollektorkreis genau um diesen Wert reduziert werden, was sich positiv auf den Kollektorwirkungsgrad auswirkt. Deutlich wird, dass dieses Fehlverhalten ohne entsprechendes Monitoring wohl nicht erkannt worden wäre.

Abbildung 5:
Darstellung der gemessenen Wärmetauschergrädigkeiten vor (ca. 12 K) und nach dem Wechsel des Wärmetauschers (ca. 7 K)

Ausblick

Die bisherigen Ergebnisse zeigten ein absolut zufriedenstellendes Betriebsverhalten der fünf im Rahmen des Projektes OPTISOL bereits in Betrieb befindlichen solarunterstützten Wärmenetze der neuen Generation. Diese liefern teilweise sogar höhere Solarerträge und solare Deckungsgrade als prognostiziert. Dies zeigt einerseits die Zuverlässigkeit der Technologie und andererseits den erzielten Qualitätsstandard durch ganzheitliche Betrachtung und integrale Planung in Verbindung mit entsprechendem Anlagenmonitoring.
Der hohe technische Standard moderner solarunterstützter Wärmenetze gibt keinen Anlass die Entscheidung pro Solarsystem aufzuschieben, der drohende weltweite Energieversorgungsengpass und das durch die Verfeuerung von fossilen Energieträgern aktuell bereits angespannte Weltklima auch nicht.

*) Ing. Christian Fink und Ing. Richard Riva sind Mitarbeiter der AEE INTEC in Gleisdorf, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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