Zeitschrift EE

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2004-03: Solaranlagen im Geschoßwohnbau

Sanierung und Gebäudebestand

Gewerbe und Industrieunternehmen stellen sich zunehmend den umweltpolitischen Anforderungen. Die Beweggründe hierbei sind vielschichtig.

Solarenergie für den Wiener Geschoßbau

Von Manfred Blöch und Josef Schröttner*

Ein Projekt, bei dem die Installation von Solaranlagen umgesetzt wird, ist die Wohnsiedlung "Hugo Breitnerhof" im 14 Bezirk in Wien. Die Siedlung wurde in den Jahren 1949 bis 1954 erbaut. In insgesamt 24 Wohnblöcken wohnen in 1112 Wohnungen 3500 Personen.

Thermische Gebäudesanierung

Im Zuge einer Generalsanierung der Siedlung werden auch die Dachgeschoße ausgebaut. Seit 1999 werden so insgesamt 220 Dachgeschoßwohnungen mit einer Wohnnutzfläche von 13.500 m² neu errichtet. Mit der Energieversorgung dieser neuen Wohnungen wurde die WIEN ENERGIE Gasnetz GmbH betraut.
Schon in der Planungsphase war es das Ziel alle relevanten Daten, die diesem Projekt zu Grunde liegen (Errichtungskosten, Betriebskosten, Energievergleichsdaten, Wirtschaftlichkeitsberechnungen), einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Die WIEN ENERGIE Gasnetz GmbH entschloss sich deshalb die AEE INTEC in Gleisdorf als unabhängige Sachverständige mit der Erstellung einer Studie über die Solaranlage in Verbindung mit Gasbrennwertgeräten im "Hugo Breitner Hof" zu betrauen. Diese Studie sollte zeigen, wie groß oder klein die Abweichung der Planung (Sollwerte) zur Realität (Istwerten) ist. Weiters sollte für den Errichter und den Nutzer (Energiekunde) ein Vorteil der Solaranlage erkennbar sein.
Um auch den Klimaschutz in Wien aktiv zu betreiben bestand die Vorgabe, so weit wie möglich auf allen Süddachflächen der Wohnanlage Sonnenkollektoren zu installieren. Durch eine gesetzliche Auflage der Stadt Wien wurde die Höhe der dachintegrierten Sonnenkollektoren mit einem Meter begrenzt.
Die Warmwasserbereitung und die Raumwärmeversorgung der schon bestehenden Wohnungen erfolgt mit dezentralen Gaskesseln direkt in den Wohnungen. Daher konnten die neuen Wohnungen nicht einfach an das alte Energieversorgungssystem angeschlossen werden. Für die Beheizung der neuen Dachgeschoßwohnungen wurde eine zentrale Energieversorgung gewählt. Mit der geringen Energiedichte der zu versorgenden Wohnungen erwies sich ein Zwei-Leiternetz als energetisch und wirtschaftlich beste Lösung.

 

Abbildung 1: In die Dachfläche des 300 m langen Gebäudes wurden die ein Meter hohen Sonnenkollektoren integriert

Anlagentechnik

Durch die große Gebäudelänge von mehr als 300 Metern (Abbildung 1) ergeben sich für die Energieverteilung sehr große Leitungslängen. Um die Querschnitte der Rohrleitungen und die daraus resultierenden Energieverluste zu minimieren wurde der Technikraum zentral im Obergeschoß positioniert. Man entschloss sich für die Energieversorgung über ein Zwei-Leiternetz, welches im Spitzboden verlegt wurde. Die Versorgung mit Energie für Raumheizung und Warmwasser erfolgt dabei nur über zwei Stränge.
Aus den für die einzelnen Blöcke resultierenden sehr langen Kollektorflächen ergaben sich mit ca. einem Quadratmeter pro Person solare Deckungsgrade von ca. 60% für die Warmwasserbereitung.
Die Erträge der Solaranlage werden in einen zentralen Puffer mit einer selbstregelnden Schichtladeeinheit eingespeist und dienen auch zur Raumheizungsunterstützung. Die Nachheizung erfolgt über die im Spitzboden installierten Gasbrennwertgeräte, die über Kaskadenschaltung je nach Energiebedarf nur in den obersten Bereich des ca. 2 m³ fassenden Pufferspeichers nachheizen. Mit der Nachheizung in den Pufferspeicher werden die Kesselstarts minimiert. Die weiters daraus resultierenden niedrigen Emissionen tragen zum Umweltschutz bei.
Die Vorlauftemperatur des Zweileiternetzes wird über das ganze Jahr auf konstant 65 °C gehalten um die notwendige Leistung für die Warmwasserbereitung zur Verfügung stellen zu können. Außerhalb der Heizperiode, wenn nur Energie für die Warmwasserbereitung benötigt wird, resultiert aus dem niedrigen Temperaturniveau des Kaltwassers eine niedrige Netz-Rücklauftemperatur. Diese erhöht nicht nur den solaren Jahresdeckungsgrad der Solaranlage, sondern auch den Jahresnutzungsgrad der Gasbrennwertgeräte. Der spezifische Solarertrag betrug im Jahr 2003 ca. 385 kWh/m².

Energieversorgung der einzelnen Wohnungen

Die Brauchwasserbereitung erfolgt bei dieser Variante der Energieversorgung (Zwei-Leiternetz) nicht zentral, sondern über Fernwärmekompaktspeicher, die über jeder Wohnung im Spitzboden angeordnet wurden. Über Stichleitungen wird dann die jeweilige Wohnung mit Warmwasser und Raumwärme versorgt. Dies hat den Vorteil, dass die ganze Haustechnik für den Energieversorger zu jeder Zeit zugänglich ist, und den Mietern mehr Platz in den Wohnungen bleibt.

Ausblick

In Zukunft werden sich konventionelle Energieversorger (Gas, Strom, Fernwärme) vor alternativen bzw. regenerativen Energieversorgungsmöglichkeiten nicht verschließen können. Hier gilt es die Alternativen nicht als Konkurrenz zu sehen, sondern als ökologisch/ökonomisch sinnvolle Erweiterung der Angebotspalette im Bereich der Energiedienstleister.
WIEN ENERGIE Gasnetz GmbH sah eine Möglichkeit gemeinsam mit Wiener Wohnen einen neuen Weg zu beschreiten, der sowohl den Absatz von Energie in Form von Erdgas als auch den Absatz von Sonnenenergie beinhaltet. Um hier ein breites Spektrum an Erfahrung zu sammeln, nützte man die Chance im Zuge von Sockelsanierung und Dachgeschoßausbau des "Hugo Breitner Hofes" ein Pilotprojekt zu starten. Die von der AEE INTEC erstellte Studie wird zukünftig als Grundlage für WIEN ENERGIE Gasnetz GmbH dienen, um vorhandene alte Wohnbauten auf solarbetriebene Warmwasser-Heizsysteme umzurüsten.

*) Ing. Manfred Blöch ist Leiter der Abteilung 45 Anlagenbau der WIEN ENERGIE Gasnetz GmbH, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.wienenergie.at
Ing.
Josef Schröttner ist Mitarbeiter der AEEINTEC, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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