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2004-02: Nachhaltige Wasserwirtschaft

Thema

Gewisse Ressourcen werden zur Zeit stetig knapper. Durch den Klimawandel sowie die zunehmende Belastung der Wasservorkommen auf Grund vielfacher Nutzung ist das auch bei sauberem Trinkwasser der Fall.

Ziele einer nachhaltigen kommunalen Wasserwirtschaft

Von Barbara Regelsberger und Martin Regelsberger*

Ein möglichst sorgsamer Umgang mit Trinkwasser ist unbedingt notwendig. Was kann die kommunale Wasserwirtschaft dazu noch beitragen? Bisher wurde für den gesamten häuslichen Bedarf Trinkwasser verwendet, ungeachtet der tatsächlich notwendigen Wasserqualität. Der Ablauf wurde, im besten Fall gereinigt, in die Natur zurückgeführt. Nun gibt es Bemühungen, Wasser im Haushalt im Kreis zu führen, bzw. kaskadenartig mehrfach zu verwenden und die eingebrachten Nährstoffe wieder zu nutzen.
Diese Bemühungen sind nicht neu, aber sie haben angesichts der beobachtbaren Verknappung der Wasserressourcen nicht nur in den Trockengebieten der Erde sondern auch in den Industrieländern der gemäßigten Zone einen neuen Aufschwung genommen. Schon Adolf Loos sagte in den 30-er Jahren: "Es gehört endlich verboten, dass der Siedler seinen wertvollsten Rohstoff mit Trinkwasser fortschwemmt". Dies ist einer der Grundsätze der sogenannten "nachhaltigen Wasserwirtschaft", die auch unter dem Kürzel "Ecosan" (ecological sanitation) läuft. Spätestens seit dem Umweltgipfel in Johannesburg ist sie auch über Fachkreise hinaus bekannt.

Grundsätze für Nachhaltigkeit

Die Kernpunkte für Nachhaltigkeit in der kommunalen Wasserwirtschaft werden im Allgemeinen wie folgt festgelegt:

  • sparsamer Umgang mit Rohstoffen - Wasser, Energie, etc.
  • Wiederverwendung von Wasser und Nährstoffen aus dem Abwasser auf
  • hohem hygienischem Niveau;
  • Minimierung der Umweltbelastung und
  • Zugang für alle zu einem vertretbaren Preis.

Erst einmal muss gespart werden, nicht nur Wasser, sondern auch andere Rohstoffe. Dafür gibt es eine Bandbreite von Ansätzen, von solchen, die der Verbraucher gar nicht merkt, über Verhaltensänderungen bis hin zur Einschränkung des Verbrauchs. Zu den ersten gehört die Reduzierung von Verlusten im Leitungsnetz, oder der Umstieg auf effizientere Haushaltsgeräte, wie Geschirrspüler und Waschmaschine, aber auch die Reparatur von tropfenden Wasserhähnen oder rinnenden Klospülungen. Verhaltensänderungen können das Baden und Duschen betreffen, oder das Abdrehen von Wasserhähnen zum Beispiel beim Zähneputzen.
Eine der wichtigsten Möglichkeiten, frisches Trinkwasser einzusparen, bietet der Einsatz unterschiedlicher Wasserqualitäten, dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst. Tabelle 1 zeigt Einsatzmöglichkeiten für Wasser verschiedener Qualität und Herkunft im Haushalt.

Verwendung
Garten
Küche
Wäsche
Toilette
Bad
   
Kalt
Warm
Kalt
Warm
 
Kalt
Warm
Herkunft
Trinkwasser
3
1
2
1
2
3
1
2
Abwasser
Gereinigtes Abwasser
1
4
4
4
4
1
4
4
Grauwasser
2
4
4
4
4
2
4
4
Regenwasser
Dachablauf
2
2
1
1
1
2
2
1
Straßenablauf
2
4
4
4
4
2
4
4

1: Bevorzugte Nutzung; 2: Angepasste Nutzung; 3: Ungünstige Nutzung; 4: Nicht annehmbar

Tabelle 1: Verträglichkeit verschiedener Wasserquellen mit unterschiedlichen Verwendungen /Lit 1/

Neue Techniken

Dabei kommt der gesonderten Sammlung und Weiterverwendung verschiedener Abwasserströme im Haushalt besondere Bedeutung zu. Was bei der Mülltrennung schon längst anerkannt ist, ermöglicht auch beim Abwasser neue Lösungen. Schwarzwasser ist das Abwasser aus der Toilette, Grauwasser ist alles andere. Dieses Grauwasser ist kaum mikrobiell verunreinigt, enthält wenig Nährstoffe, repräsentiert aber etwa ¾ des gesamten Ablaufs. Nun gibt es einige Verwendungszwecke für Wasser, für die nicht unbedingt Trinkwasser nötig ist, obwohl es derzeit dafür eingesetzt wird. Zum Beispiel bei der Klospülung. Aber auch die Garageneinfahrt, ja selbst das Auto kann man mit Wasser abspritzen, das man zwar noch als Badewasser aber eben nicht mehr als Trinkwasser zulassen würde. Reinigt man Grauwasser, also Wasser von der Dusche, von den Waschbecken etc. im Haus, bekommt man einen quasi unerschöpflichen Vorrat an Wasser für diese "sekundären" Zwecke. Gereinigtes Grauwasser hat gute Badewasserqualität und wird mittlerweile auch schon zum Wäschewaschen, ja teilweise sogar zum Duschen verwendet, womit man einem geschlossenen Kreislauf schon sehr nahe kommt.

Abbildung 1: Trenntoilette, die automatisch Urin abtrennt (Quelle: Roediger Vakuum und Haustechnik GmbH)

Die Nährstoffe im Abwasser, in den Fäkalien und im Urin enthalten, können bei dieser getrennten Sammlung ebenfalls besser verwertet werden. Zumal wenn Urin extra gesammelt wird (siehe Abbildung 1, Trenntoilette. Setzt man sich, wird durch den vorne sichtbaren Stift eine Öffnung in der Muschel freigegeben, durch die der Urin abfließt. Nach dem Aufstehen, beim Spülen, ist dies Öffnung wieder verschlossen.). Besonders günstig für die Verwertung von Fäkalien sind Komposttoiletten, in Schweden schon vielfach in Verwendung. Sie benötigen gar keine Spülung und produzieren unmittelbar Gartendünger.
Viele der neuen Techniken bauen vor allem auf dezentrale, flexible Systeme auf: Grauwasserreinigung im Keller von Gebäuden für eine einfache Rückführung des gereinigten Wassers; Sammeln von Regenwasser, um damit Trinkwasser beim Gartengießen zu ersetzen; Einbau von Vakuumsystemen, die mit extrem wenig Wasser auskommen (1 l pro Spülung statt 6 bis 9 l normalerweise).
Überlegungen zu nachhaltiger Wasserwirtschaft machen aber auch in zentralen Netzen Sinn. Sowohl Entsorgung, als auch Wiederverwendung der verschiedenen Stoffe, Wasser, Schlamm, Nährstoffe, werden durch unerwünschte Substanzen, die eigentlich nicht ins Abwasser gehören, sehr erschwert. Medikamente, Chemikalien, endokrin aktive Substanzen, Schwermetalle, werden auch durch eine Abwasserreinigung nicht entfernt, sondern nur umgelagert. Sie stören immer irgendwo, sind sie erst einmal in Umlauf gebracht. Manche Städte bemühen sich mittlerweile, ihre Bürger für einen sorgsamen Umgang mit Wasser und Abwasser zu gewinnen. Sie sparen sich hohe Kosten, denn sie verwerten die gewonnenen Stoffe, anstatt sie als Sondermüll zu entsorgen. Vor allem in trockeneren Gebieten wird danach getrachtet, auch das Wasser vor Ort zu behalten, anstatt in eine "Vorflut" (=Fluss) zu entsorgen. Es kann gereinigt Grünanlagen aber auch Gemüse im Siedlungsgebiet bewässern. Man hätte dann das Wasser, einen guten Teil der organischen Nährstoffe und die Ernte auf kleinem Raum beisammen und würde lange Transportwege vermeiden.

Abbildung 2: Ungeplante des Trinkwassers durch eine Vorflut und geplante Wiederverwertung des Trinkwassers vor Ort durch eine Wiederaufbereitungsanlage

Risiken

Für eine breite Anwendung all dieser Ansätze werden Techniken entwickelt, oder sie stehen schon zur Verfügung. Zur Vermeidung von Risiken, aber vor allem auch für die Akzeptanz der Ansätze bei den Nutzern und den Behörden ist noch einige Arbeit zu leisten. Werden Abwässer wiederverwendet, statt sie möglichst rasch abzuleiten, kann dies lokal zu neuen Risiken führen. Fehlanschlüsse, bzw. Querverbindungen zwischen unterschiedlichen Versorgungsnetzen sind zu vermeiden. Australien führt z.B. gerade Lila als Farbe für Brauchwassernetze ein. Im Zusammenhang mit der Bewässerung von Gemüse mit gereinigtem Abwasser müssen hygienische Anforderungen erfüllt werden. Moderne Grauwasserreinigungsanlagen mit nachgeschalteter UV-Desinfektion erreichen hygienische Werte, die den Ablauf unbedenklich erscheinen lassen.

Schlussfolgerungen

Nicht unbeachtet kann die Organisationsform der Wasserwerke bleiben, die eine nachhaltige Wasserwirtschaft umsetzen sollen. Betriebe, die in erster Linie auf einen hohen oder sogar steigenden Umsatz angewiesen sind, werden im allgemeinen nicht motiviert sein, ihre Kunden zum Sparen anzuregen, oder Brauchwassernetze im Haushalt zu fördern, auch wenn dies aus ökologischer und volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist. Die Privatisierung von Wasserwerken ist ein Hindernis für eine nachhaltigere, weil sparsamere Wasserwirtschaft.
Angesichts der vielfältigen Probleme, die wir jetzt schon haben, einerseits bei der Versorgung mit ausreichend Wasser guter Qualität und andererseits mit der Belastung der Menschen und der Umwelt durch die Entsorgung von nur sehr teilweise gereinigtem Abwasser scheint der Wechsel zu einem verantwortungsvollen, weil nachhaltigen Umgang mit Wasser langfristig unabdingbar. Die notwendigen Techniken dafür sind vielfach schon vorhanden und harren einer breiten Akzeptanz und Anwendung.

Literatur
Lit 1: "Institution of Engineers, Australia's National Committee on Water Engineering: Australian Runoff Quality (draft version)", 2004

*) Dipl.-Ing.Martin Regelsberger (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) ist Leiter Dipl.-Ing. Dr. Barbara Regelsberger (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)ist Mitarbeiterin der Abteilung Nachhaltige Wasserwirtschaft bei der AEE INTEC [^]

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