Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2003-04: Nachhaltige Gebäude im Nichtwohnungsbau

Energiepolitik

Bis 4. Jänner 2006 muss die Richtlinie der EU über die Gesamt-Energieeffizienz von Gebäuden, die seit Jänner 2003 in Kraft ist, in nationales Recht umgesetzt sein. Eine ambitionierte Umsetzung fördert eine integrierte Planung und setzt Anreize für energieeffizientes Bauen.

Die EU-Richtlinie und mögliche Konsequenzen für die österreichische Baupraxis

Von Klemens Leitgöb*

Die Gebäuderichtlinie gibt vor, dass die folgenden Maßnahmen zur Erhöhung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in nationales Recht umgesetzt werden müssen:

  • Methode zur Berechnung der Gesamtenergiekennzahl auf Basis eines allgemeinen Rahmens
  • Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz neuer Gebäude
  • Prüfung der Einsetzbarkeit alternativer Energieversorgungssysteme vor Baubeginn
  • Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz bestehender Gebäude bei Sanierung
  • Erstellung von Energieausweisen für Gebäude
  • Regelmäßige Inspektion von Heizkesseln und Klimaanlagen

In Österreich fällt die Umsetzung der Gebäuderichtlinie vorwiegend in die Kompetenz der Bundesländer. Ziel der österreichischen Umsetzung sollte sein, Methode, Mindeststandards und Energieausweise für alle Bundesländer einheitlich festzulegen. In einem geringeren Ausmaß, beispielsweise im Wohnrecht, ist auch Bundesrecht von der Richtlinie berührt.

Effizienz im Detail

Für die gesamtheitliche Berechnung der Gesamtenergieeffizienz sieht die Richtlinie vor, dass jedenfalls neben Gebäudehülle, Heizungsanlage und Warmwasserversorgung auch Klimaanlage, Belüftung und, bei Nutzbauten, auch eingebaute Beleuchtung zu berücksichtigen sind (siehe Kasten).
Die festzulegenden Mindeststandards stellen Anforderungen an die Gesamteffizienz der Gebäude dar, wobei zwischen neuen und bestehenden Gebäuden, sowie unterschiedlichen Gebäudekategorien unterschieden werden kann. Diese Mindestanforderungen müssen alle fünf Jahre überprüft und gegebenenfalls an den Stand der Technik angepasst werden. Für neue Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 1.000 m² kommt zusätzlich die verpflichtende Prüfung der technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, innovative Energieversorgungssysteme (dezentrale Versorgungssysteme auf Grundlage erneuerbarer Energieträger, Kraft-Wärme-Kopplung, Fern-/Blockheizung oder -kühlung, u.s.w.) einzusetzen. Mindeststandards werden aber auch für bestehende Gebäude mit über 1.000 m² Nutzfläche zu setzen sein, wenn diese einer umfassenden Sanierung unterzogen werden.
Bei Neubau, Verkauf und Vermietung von Gebäuden wird künftig ein Energieausweis über die Gesamteffizienz vorzulegen sein. Neben Referenzwerten wie gültigen Rechtsnormen und Vergleichskennwerten, die einen Vergleich und eine Beurteilung der Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes ermöglichen, muss dieser auch Empfehlungen für die kostengünstigste Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz enthalten. In öffentlich zugänglichen Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von über 1.000 m² wird der Energieausweis an einer für die Öffentlichkeit gut sichtbaren Stelle anzubringen sein. Die Gültigkeit dieser Energieausweise ist jeweils mit zehn Jahren beschränkt.
Die weiteren Bestimmungen der Gebäuderichtlinie haben die Inspektion von Heiz- und Klimaanlagen sowie die Durchführung der Maßnahmen (Erstellen der Energieausweise, Inspektionen) durch unabhängige qualifizierte Fachleute zum Inhalt und betreffen die Baupraxis nicht oder nur indirekt.
Insbesondere außerhalb des Baurechts - in den energierelevanten Bestimmungen der Wohnbau- oder Wohnhaussanierungsförderung - haben Ansätze der Gesamtenergiebewertung, wie sie mit der EU-Gebäuderichtlinie umfassend vorgeschrieben werden, zum Teil bereits Eingang in die Praxis gefunden. So finden Energiekennzahlen in Form des Heizwärmebedarfs bereits breite Anwendung in allen Bundesländern. Oberösterreich, die Steiermark und Salzburg schreiben bei Bauvorhaben für beheizte Gebäude einen Energieausweis vor, wobei jedoch weiter reichende Bestimmungen zur Gültigkeitsdauer, über Empfehlungen und die Anbringung in öffentlichen Gebäuden weitgehend fehlen.

Konsequenzen für die Baupraxis

Da ein Großteil der Wohngebäude durch die Wohnbauförderung unterstützt wird und damit die dort vorgegebenen höheren Standards erfüllt, ist davon auszugehen, dass sich durch die Umsetzung der Gebäuderichtlinie vor allem für den Nichtwohnungsbau Konsequenzen ergeben. Die Mindeststandards und der Energieausweis auf Basis von Gesamtenergiekennzahlen werden eine integrierte Planung fördern.
Nichtwohngebäude, also Dienstleistungsgebäude, orientieren sich bisher lediglich an der Bauordnung, d. h. an höchstzulässigen U-Werten und Mindestwirkungsgraden von Heizkesseln. Diese Bauvorschriften gehen implizit davon aus, dass Energie in Gebäuden quasi ausschließlich für Heizzwecke eingesetzt wird. Im Segment der Dienstleistungsgebäude (Bürogebäude, Schulen, Krankenhäuser, Kaufhäuser usw.) entspricht dies jedoch kaum der Realität. Zunehmend bestimmen dort Lüftung, Klimatisierung und Beleuchtung den Energieeinsatz dieser Gebäude wesentlich.
Da es bisher praktisch keine energiebezogenen Vorschriften für diese Bereiche gibt und steuernde Instrumente ähnlich der Wohnbauförderung für Dienstleistungsgebäude fehlen, ist mit der EU-Gebäuderichtlinie für diesen Sektor eine Verbesserung im effizienten Energieeinsatz - der derzeit hinter die Wohngebäude zurückfällt - zu erwarten. Mit mehr als einem Viertel der Gesamtemissionen aus dem Gebäudesektor sind die Dienstleistungsgebäude eine keineswegs zu vernachlässigende Größe.
Ökologische Kriterien und niedrige Betriebskosten werden durch den Energieausweis sichtbar(er). Für Unternehmen stellt die Möglichkeit einer gezielten Platzierung dieser Kriterien im Rahmen seines Marketings gleichzeitig einen Anreiz für effizientes Planen und Bauen dar.
Wie weit das Ziel der EU-Gebäuderichtlinie, die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu erhöhen, tatsächlich in der Praxis erreicht wird, hängt vorerst allerdings davon ab, wie ambitioniert die Richtlinie in österreichisches Recht umgesetzt wird.

Die Vorgaben der EU-Richtlinie für Methoden zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz
Die Berechnung der Energiekennzahl umfasst mindestens:

  • Gebäudehülle (Wärmedämmung, Luftdichtheit)
  • Heizungsanlage und Warmwasserversorgung
  • Klimaanlage
  • (mechanische) Belüftung
  • eingebaute Beleuchtung (Nutzgebäude)
  • Lage und Ausrichtung des Gebäudes (Außenklima)
  • passive Solarsysteme
  • Sonnenschutz
  • natürliche Belüftung
  • Innenraumklimabedingungen

und berücksichtigt, sofern relevant, den positiven Einfluss von:

  • aktiven Solarsystemen
  • Elektrizitätsgewinnung durch KWK und erneuerbare Energieträger
  • Fern-/Blockheizung und Fern-/ Blockkühlung
  • natürlicher Beleuchtung

Abbildung 1: Dienstleistungsgebäude, wie etwa Bürogebäude, orientierten sich bisher lediglich an der Bauordnung, d. h. an höchstzulässigen U-Werten und Mindestwirkungsgraden von Heizkesseln
Quelle: E.V.A.

*) Mag. Klemes Leitgöb ist Experte für "Gebäude und Contracting" in der Energieverwertungsagentur (E.V.A), Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.eva.ac.at [^]

Top of page