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2002-02: Solare Kühlung

Solare Kühlung

Die steigenden Komfortbedürfnisse sowie moderne Bauformen stellen immer höhere Anforderungen an die Raumklimatisierung. Das führt dazu, dass die Anzahl der technischen Anlagen für Kühlung und Raumkonditionierung weltweit stark zunimmt.

Kühlen mit der Kraft der Sonne

Von Hubertus Fechner und Michael Neuhäuser*

Die globale Entwicklung lässt besonders auch in warmen und tropischen Breiten ein starkes Wirtschaftswachstum erwarten, was unzweifelhaft mit einem rasant steigenden Kühlbedarf verbunden sein wird. Aber bereits heute wird auch in unseren Breiten ein beträchtlicher Teil der Betriebskosten öffentlicher Gebäude für Lüftung und Klimatisierung aufgewendet. Durch die derzeit überwiegend eingesetzten Kompressionskühlanlagen, die elektrischen Strom als Antriebsenergie benötigen, steigt der Elektrizitätsbedarf in den Sommermonaten massiv an. Die mittelfristig erwarteten steigenden Energiepreise, besonders wenn auch der Spitzenlastbedarf entsprechend bewertet wird, und Fragen der Umweltverträglichkeit bestehender Anlagen, tragen dazu bei, den Umstieg auf alternative Energiekonzepte auch in Fragen der Raumklimatisierung voranzutreiben.
Die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen Kühlbedarf und solarem Angebot lässt im allgemeinen die Speicherproblematik in den Hintergrund treten. In den Sommermonaten, wenn der solare Ertrag am größten ist, ist auch der Kühlbedarf am größten. Der überwiegende Einsatz von Raumklimatisierung findet derzeit in Bürogebäuden statt, was aufgrund des Benutzerprofils der Synchronisation von Angebot und Nachfrage entgegenkommt. Bei Wohngebäuden wird hingegen im allgemeinen eine kurzzeitige Verlagerung in die Abendstunden erwünscht sein.
Solare Kühlanlagen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen: Einerseits bestehen sie aus der Anlage zur Bereitstellung von Energie zum Antrieb der Kälteanlage und andererseits aus der Kälteanlage, die somit die zweite Komponente darstellt.
Bei den solarthermisch angetriebenen Verfahren wird zum Antrieb der Kälteanlage Energie, mittels thermischer Sonnenkollektoren erzeugt. Für Kühlung geeignete Solarkollektoren haben auch in Bereichen hoher Arbeitstemperaturen (bzw. großer Temperaturdifferenz zur Umgebung) noch entsprechend gute Wirkungsgrade. Die mittlerweile guten Wirkungsgrade hochselektiver Flachkollektoren auch in hohen Temperaturbereichen lassen neben den Vakuum-Röhrenkollektoren auch diese Kollektortypen für Kühlzwecke geeignet erscheinen.
Die am häufigsten eingesetzten Kälteanlagen stellen die Adsorptions- und die Absorptionsanlagen dar.

Adsorptionskühlung

Adsorptionsanlagen lassen sich in geschlossene und offene Anlagen unterteilen. In geschlossenen Adsorptionsanlagen adsorbiert das Kältemittel Wasser an einem Festkörper (Silikagel) unter Freisetzung von Bindungswärme. Da die Desorption bei niedrigen Antriebstemperaturen erfolgt ist diese Technologie für den Einsatz für Solarenergie geeignet. Die minimal zu erzielende Temperatur des bereitgestellten Kaltwassers beträgt rund 5 bis 6 °C.
Offene Adsorptionsanlagen verwenden als Kälteträger die Zuluft. Auch hier liegen die Antriebstemperaturen mit rund 70 °C ebenfalls sehr niedrig. Die zu erzielenden Lufttemperaturen liegen bei offenen Adsorptionsanlagen bei minimal rund 16 °C.
Für adsorptive Kühlverfahren, werden meist Flachkollektoren verwendet. Diese arbeiten mit dem Wärmeträgermedium Luft oder Wasser.

Absorptionskühlung

Die erste und somit älteste Form der Kühlung und Kälteerzeugung stellt die Absorptionskälte dar. Um die für Absorptionskühlanlagen üblicherweise erforderlichen höheren Temperaturen zu erreichen, werden derzeit überwiegend Erdgas, teilweise auch Fernwärme und in einigen wenigen Fällen auch bereits Sonnenkollektoren, vor allem Vakuumröhren, eingesetzt. Um Solarenergie möglichst effizient einsetzen zu können, ist es generell wünschenswert, mit möglichst niedrigen Temperaturen das Auslangen zu finden.

Abbildung 1: Prototyp der Absorptionskälteanlage mit 500 W Kühlleistung am Österreichischen Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal

Die Absorptionskälteanlagen arbeiten mit den Stoffpaaren Ammoniak-Wasser oder Wasser-Lithiumbromid, wobei hier Ammoniak oder Wasser als Kältemittel zur Verfügung steht. Das Kältemittel wird unter Wärmeabgabe vom Arbeitsmittel absorbiert und anschließend in einem Austreiber unter Wärmezufuhr desorbiert. Die Temperaturen liegen hierfür bei 90 °C bis 140 °C. Anschließend wird es auf den Kondensationsdruck gebracht. In diesem Kältekreis wird der Austreiber mit Solarenergie betrieben.
Eine österreichische Entwicklung könnte nun bei dieser Technologie einen entscheidenden Durchbruch bringen. Der Unterschied zwischen der konventionellen Absorptionskältetechnologie und der vom österreichischen Wissenschafter Dr. Gerhard Kunze entwickelten Technologie liegt im entwickelten Bypass. Dieser Bypass erlaubt eine beträchtlich höhere Ammoniak-Konzentration im Wasser und daher niedrigere Temperaturen im Absorber, was der Nutzung von Solarenergie als Antriebsenergie entgegenkommt. Um diese Entwicklung zu einer serienreifen Anwendung zu führen, wird bei arsenal research in Wien derzeit ein EU Projekt durchgeführt (siehe Abbildung 1). In einem Konsortium unter Leitung der "iC Consulenten", dem bereits erwähnten österreichischen Wissenschafter Dr. Gerhard Kunze, sowie schwedischen und französischen Unternehmen wird seit etwa einem Jahr im Rahmen eines von der EU geförderten Projektes ein Prototyp getestet. Ziel des Projektes ist es, die Temperatur im Austreiber auf etwa 70 °C herabzusetzen und dennoch einen stabilen Prozess zu gewährleisten.

Ausblick

Gelingt dieses Vorhaben, eröffnen sich vielfältigste Perspektiven: Wenn nun die für die Kühlung benötigte Energie nicht mehr von fossilen oder atomaren Energien kommt, sondern von der Sonne, wäre das ein Quantensprung auf dem Öko-Energie-Markt. Angesichts des enormen weltweiten Marktpotentials ist das Interesse der Wirtschaft an diesem Projekt natürlich groß. Selbst wenn man von der Umweltverträglichkeit einmal absieht, sind die weiteren positiven Aspekte des vom neuartigen Absorptionssystems beträchtlich.
Es gibt im Vergleich zu traditionellen Kältemaschinen keine Lärmentwicklung und kaum Wartungskosten. Da es keine beweglichen Teile gibt, reduziert sich auch die Abnutzung. Die Montage sollte beim Massenprodukt von jedem versierten Installateur zu bewerkstelligen sein. Die dafür nötigen Teile, um so eine Maschine bauen zu können, sind standardisiert auf dem Markt erhältlich. Es werden keine FCKW-haltigen Kältemittel eingesetzt und zusätzlich könnten derartige Kühlanlagen in bestehende Solarsysteme eingebaut werden, wodurch sich ein Mehrfachnutzen ergibt, und somit auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen neue Aspekte eröffnet werden könnten.

*) Dipl.-Ing. Hubert Fechner ist Leiter des Geschäftsfeldes Erneuerbare Energie und
Dipl.-Ing. Michael Neuhäuser ist Projektleiter beim Österr. Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Ges.m.b.H, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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