Zeitschrift EE

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2001-03: Solare Nahwärme

Systeme mit Wochenspeicher

Eines von zwei österreichischen solaren Nahwärmesystemen, das im Rahmen des in dieser Ausgabe der erneuerbare energie dargestellten EU-THERMIE Projektes errichtet wurde, konnte in Gleisdorf realisiert werden.

Niedrigenergiehaussiedlung SUNDYS

Von Werner Weiß und Christian Fink*

Um sowohl das Bausystem, die Gebäudestruktur, wie auch alle haustechnischen Komponenten optimal aufeinander abzustimmen, wurde in einem integrierten Planungsprozess von der Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, Institut für Nachhaltige Technologien (AEE/intec), dem Architekturbüro Reinberg und dem Fertighausunternehmen HOLZ-BAU-WEIZ ein Niedrigenergie-Reihenhaus entwickelt und ein Demonstrationsprojekt mit sechs Reihenhäusern und einer Büroeinheit in Gleisdorf errichtet.
Neben Energie- und Kostenoptimierung bildete die Entwicklung eines innovativen und ökologischen Holzbaukonzeptes einen wesentlichen Schwerpunkt des Projektes. Durch eine speziell für diesen Haustyp entwickelte Wandkonstruktion mit hohem Wärmedämmstandard, sowie durch thermische Zonierung und kontrollierte Be- und Entlüftung über Erdreichwärmetauscher, konnte der Heizenergieverbrauch dieser Gebäude auf Werte zwischen 20 kWh/m²a beim Bürogebäude und 33 kWh/m²a bei den Reihenhäusern reduziert werden.

Das Energiekonzept

Die Bereitstellung des Warmwassers und des Raumwärmebedarfs erfolgt überwiegend über thermische Kollektoren. Die Kollektorflächen im Ausmaß von 213 m² wurden in die Wintergartendächer integriert. Der verbleibende Restwärmebedarf wird durch einen Biomasse-Pelletkessel gedeckt. Damit erfolgt die Wärmebereitstellung der Gebäude zu 100% mit erneuerbaren Energien. Die Energiespeicherung erfolgt in einem 14 m³ Stahlspeicher. Die einzelnen Häuser werden aus diesem zentralen Speicher über ein Nahwärmenetz versorgt.

Abbildung 1: Aus dem 14 m³ Stahlspeicher werden die einzelnen Häuser über ein Mikronetz mit Wärme versorgt

Eine Besonderheit dieses Projektes liegt im Systemkonzept. Mit Kollektorflächen, die üblicherweise bei Systemen für Langzeitspeicherung installiert werden (23 m² pro Wohneinheit) in Kombination mit einem Speichervolumen von 66 Liter pro Quadratmeter Kollektorfläche - (typischer Wert für Systeme für Kurzzeitspeicherung) können sehr hohe solare Deckungsgrade erreicht werden, die bisher nur von Anlagen mit Langzeitwärmespeichern erreicht werden konnten. Die Systemkosten von solaren Mikronetzen mit Wochenwärmespeicher liegen aufgrund des vergleichsweise geringen baulichen Aufwandes unter jenen von Systemen von Langzeitwärmespeichern.
Passive Solarenergienutzung und das Lüftungskonzept ergänzen die aktiven haustechnischen Anlagen. Die im Wintergarten gewonnene Wärme kann einerseits in den Speichermassen der Massivwand und des Estrichs gespeichert werden und kann andererseits zur Nacherwärmung, der über das Erdregister in den Wintergarten gelangenden Zuluft, genützt werden. Im Sommerbetrieb gewährleisten die am Wintergartenfußpunkt liegenden Zuluft- und am höchsten Punkt liegenden Abluftklappen eine effiziente Nachtlüftung.

Abbildung 2: Die Schnittdarstellung zeigt die passive und aktive Solarenergienutzung über den vorgesetzten Erschließungsbereich bzw. die thermischen Kollektoren, die ins Dach integriert wurden, sowie das Lüftungskonzept über den Erdreichwärmetauscher.

Um detaillierte Aussagen bezüglich des dynamischen Gebäudeverhaltens und der Wechselwirkungen und Funktion der eingesetzten Technologien (Solare Warmwasserbereitung und Raumheizung, Biomassefeuerung, kontrollierte Lüftungsanlage mit Erdreichwärmetauscher) zu erhalten, wurden die Gebäude mit Messgeräten und Sensoren ausgestattet.
Die Daten werden seit Herbst 1998 kontinuierlich erfasst und ausgewertet.

Abbildung 3: Temperturverlauf im Heizungssystem in einer kalten Winterperiode vom 23.1. bis 31.1.2000

Wie die Messergebnisse zeigen, wird der Heizenergiebedarf zu rund 60% von der Solaranlage gedeckt. Damit beträgt der Restheizenergieverbrauch, der über einen Biomasse-Pelletkessel zugeführt werden muss, für das Bürohaus 7,1 kWh/m²a und für die Reihenhäuser 13 kWh/m²a. Damit wird der sehr ambitionierte Grenzwert für den Raumwärmebedarf von Passivhäusern, der mit 15 kWh/m²a festgelegt wurde, deutlich unterschritten.
Der Gesamtdeckungsgrad für Warmwasser und Raumheizung betrug im Zeitraum Juli 2000 bis Juni 2001 knapp über 70%. Damit konnte ein im Vergleich zu den Simulationen, die in der Planungsphase durchgeführt wurden, um 20% höherer Gesamtdeckungsgrad erreicht werden (siehe Einleitungsartikel von Boris Mahler, Abbildung 4). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die passiven Gewinne und internen Lasten in der Simulation zu gering bewertet wurden.
Im Rahmen der Messungen erfolgte auch eine Überprüfung der Netzbetriebsstrategie. Diese sah vor, das Nahwärmenetz zur Verringerung der Netzverluste täglich 22 Stunden in Abhängigkeit von der Außentemperatur auf einem maximalen Temperaturniveau von 45°C (Vorlauf) zu betreiben. Diese geringe Vorlauftemperatur ist im sehr hohen Wärmedämmstandard der Gebäude und einer entsprechenden Auslegung des Niedertemperatur-Wandheizsystems begründet. Die Warmwasserbereitung in den 7 Speichern der Wohneinheiten bzw. des Bürogebäudes sollte entsprechend dem Versorgungskonzept über das gleiche Netz erfolgen. Da für die Warmwasser - Speicherladung ein höheres Temperaturniveau als für die Raumheizung erforderlich ist, erfolgt diese während der Nacht in einem zweistündigen Zeitfenster. In diesem Zeitfenster wird das Nahwärmenetz auf einem Temperaturniveau von 65°C betrieben.
Die durchgeführten Messungen haben die Funktion dieses Konzeptes bestätigt. In Abbildung 3 sind die relevanten Temperaturen und Energiemengen in einer kalten Winterperiode (23.1. bis 31.1. 2000) dargestellt. Die nächtlichen Außentemperaturen lagen in diesem Zeitraum zwischen -15°C und -4°C, das Tagesmaximum lag zwischen -3°C und +8°C.
Die Vorlauftemperatur am Heizungsverteiler betrug rund 35°C; die Rücklauftemperatur schwankt zwischen 22 und 28°C. Dies bietet optimale Voraussetzungen für den Betrieb der Solaranlage. Die Raumtemperaturen liegen im gesamten Zeitraum zwischen 19 und 25°C.

Gesamtenergieverbrauch des Bürogebäudes

Der mittlere jährliche Gesamtenergiebedarf des Bürogebäudes betrug in den Jahren 1999 und 2000 pro Quadratmeter beheizter Nettonutzfläche 57 kWh.
Davon entfallen 17,8 kWh auf Raumwärme, 4,5 kWh auf Warmwasser, 2,7 kWh auf Hilfsstrom (Antriebsenergie für haustechnische Einrichtungen wie Pumpen, Regelungen etc.) und 32 kWh auf Bürostrom (Beleuchtung, EDV...).
Die am Bürogebäude installierte Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 1,44 kW wurde so konzipiert, dass damit zumindest sämtliche elektrische Energie, die zum Betrieb der Heizungs- und Lüftungsanlage benötigt wird, gedeckt werden kann.

Gesamtenergieverbrauch der Reihenhäuser

Da die Energieverbrauchsstruktur in einem Wohnhaus naturgemäß anders ist als in einem Bürogebäude, wurden im Rahmen der Messungen auch die Energieverbräuche eines Reihenhauses erfasst. Dafür wurde die Westwohnung in Bauteil 2 herangezogen.
Erfasst wurden - wie im Bürogebäude - der Wärmebedarf für Warmwasser und Raumheizung sowie der Stromverbrauch.
Der Gesamtenergieverbrauch des Reihenhauses betrug in der Periode Juni 1999 bis Mai 2000 pro Quadratmeter beheizter Nettonutzfläche 77,64 kWh. Davon entfallen 33,15 kWh/m² auf Raumwärme, 25,12 kWh/m² auf Warmwasser, 16,67 kWh/m² auf elektrischen Haushaltsstrom und 2,7 kWh/m² anteiligen Antriebsstrom für Pumpen etc.
Zieht man hier wiederum in Betracht, dass ca. 60% des Heizenergieverbrauchs über die Solaranlage gedeckt wurde, so beträgt der Restwärmebedarf, der über die Pelletheizung gedeckt werden musste, 13 kWh/m².

Abbildung 4: Die Reihenhäuser weisen Wohnflächen zwischen 75 und 120 m² Wohnfläche auf. Die in die Dächer integrierten Kollektorflächen speisen den zentralen Energiespeicher

Abbildung 5: Die Wärmebilanz 2000 zeigt, dass der Biomassekesel (Zusatzenergie ist rot dargestellt) nur in der Kernheizzeit von drei Monaten in Betrieb ist. Überwiegend erfolg die Wärmebereitstellung über die thermische Solaranlage

Solare Erträge

Da erst seit Oktober 2000 alle Wohnungen beheizt wurden und auch erst ab diesem Zeitpunkt in allen Wohnungen Warmwasser gezapft wurde, sind die folgenden Ergebnisse unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen zu betrachten.
Die Solaranlage lieferte im Zeitraum von Juli 2000 bis Ende Juni 2001 in Summe 35.175 kWh in den Speicher. Dies entspricht einem Kollektorertrag von 165 kWh/m². Bei Vollbelegung der Gebäude wird ein Kollektorertrag von rund 200 kWh/m² erwartet.
Die Zusatzenergie, die vom Biomassekessel bereitgestellt werden musste, betrug im dargestellten Zeitraum 16.209 kWh. D. h., dass die gesamte Wärmebereitstellung (Warmwasser und Raumheizung) zu rund 70% von der Solaranlage gedeckt werden konnte.
Die Speicherverluste betrugen im Betrachtungszeitraum ca. 16%.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sowohl das bautechnische wie auch das energietechnische Konzept die Erwartungen voll erfüllt haben. Die umfangreichen Messungen an den Objekten haben es nicht nur ermöglicht, das dynamische Gebäude- und Anlagenverhalten im Detail zu untersuchen, sondern sie haben auch Optimierungspotenziale für zukünftige Projekte aufgezeigt.
Das Projekt wurde neben der Europäischen Union auch vom Amt der steiermärkischen Landesregierung, Abteilung für Wissenschaft und Forschung, sowie dem Innovations- und Technologiefonds des FFF gefördert.

 

*) Ing. Werner Weiß ist Geschäftsführer der AEEIntec und Projektleiter des hier vorgestellten Projektes. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Ing. Christian Fink ist Mitarbeiter der AEEIntec und war in diesem Projekt für die Auslegung und Planung der solarthermischen Anlage sowie der Lüftungsanlage verantwortlich. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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