Zeitschrift EE

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2000-04: Solare Raumheizungsanlagen

Wohngebäude

In Leoben - Hinterberg wird von der gemeinnützigen Leobner Wohnbau Gesellschaft die Reihenhaussiedlung "Sun-City" im Niedrigenergiehausstandard errichtet. Von den 70 geplanten Wohneinheiten werden derzeit fünf Reihenhäuser mit 21 Wohneinheiten gebaut (1. Bauabschnitt). Diese werden im nächsten Frühjahr bezogen. Eine Nord-Süd verlaufende Grünzunge bildet den Mittelpunkt der Siedlung und stellt gleichzeitig eine großzügige siedlungsinterne Verbindung ohne Verkehr dar.

Sun-City Leoben

Von Werner Nussmüller, Josef Schröttner, Richard Heimrath *

Die Konstruktion der Häuser - Massivziegelbau im Norden und hochgedämmte Holzskelettbauweise im Süden - ist den bauphysikalischen Grundbedingungen der mitteleuropäischen Klimazone angepasst (Speicher für Sommer - Niedrigenergiehaus für Winter). Großzügig dimensionierte Südverglasungen und Wintergärten, die in die Südfassade integriert werden, unterstreichen die passive Sonnenenergienutzung. Der Energiebedarf für die Warmwasserbereitung und Raumheizung wird fast zur Hälfte durch eine Solaranlage gedeckt. Um den hygienischen Luftwechsel zu decken, sind die Wohnungen mit einer kontrollierten Be- und Entlüftung ausgestattet.

Gesamtheitliche Planung

Bei der Entwicklung von neuen Gebäudetypen ist die Planung besonders wichtig. Dies gilt nicht nur für den großvolumigen Bau, sondern auch für Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser usw. Gerade bei Niedrigenergie- bzw. Passivhäusern müssen die Architektur, der Wandaufbau und die passiven und aktiven Energieversorgungssysteme optimal aufeinander abgestimmt sein. Diese Optimierungsschritte wurden bei der Planung der Sun-City mit dem dynamischen Simulationsprogramm TRNSYS durchgeführt.
Zum einen sollten die Untersuchungen die Sommertauglichkeit des leichten Baukörpers (Holzplattenbau mit aussteifender Stahlbetonscheibe) aufzeigen, bzw. Verbesserungsmöglichkeiten zur Temperatursenkung in den Sommermonaten vorschlagen. Weiteres Ziel der Simulationen war der Winterfall bzw. die Optimierung des Gebäudes, um ihn auf Niedrigenergiestandard zu bringen (unter 50 kWh/CO2a Heizenergiebedarf). Zu diesem Zweck wurden sowohl die thermische Qualität der Gebäudeaußenhülle (opake und transparente Flächen), als auch Regelungsstrategien für Heizung und Lüftung einer Analyse unterzogen. Durch die Auswertungen der Simulationen wurde es dem Architekten überhaupt erst möglich, das Gebäude sowohl in energetischer, als auch in ökonomischer Hinsicht zu optimieren.

Passive Sonnenenergienutzung

Die Wahl bzw. Variation der Fensterverglasung führt einerseits zu unterschiedlichen solaren Gewinnen (abhängig vom Energiedurchlassgrad, g-Wert) und andererseits zu verschiedenen Transmissionswärmeverlusten (U-Wert). Wenn es eine entsprechende Verschattungsmöglichkeit (Jalousien außen und/oder einen Dachüberstand) der nach Westen, Osten und Süden ausgerichteten Fenster gibt, kann der Aspekt der höheren Raumtemperaturen bei einem hohen Energiedurchlassgrad kompensiert werden und der positive Effekt der vermehrten solaren Erträge während der Heizperiode optimal genützt werden.

Abbildung 1: Unterschiedlicher Heizenergiebedarf bzw. Summe der solaren Erträge in allen beheizten Zonen bei Variation der Fenstertypen

Je klarer das Glas ist (hoher g-Wert, Vergleich der Variante 1 zu Variante 4 in Abbildung 1), desto größer sind die solaren Gewinne und desto geringer wird der Heizenergiebedarf, unter der Voraussetzung, dass eine entsprechende Speichermasse verfügbar ist.

Lüftung

Als Lüftungsanlage steht eine Abluftanlage zur Zwangsentlüftung des Erdgeschosses und des Obergeschosses zur Verfügung. Im Wintergarten sind zwei Luftklappen in Bodenhöhe, sowie ein Ventilator im Bereich der Decke vorgesehen.
Bei einer durchschnittlichen Belegung von 2,42 Personen und einem Frischluftbedarf von 30 m³/h Person beläuft sich die in alle Zulufträume zu befördernde Luftmenge auf ca. 74 m³/h. Der Gesamtluftwechsel für das Gebäude liegt dann bei etwa LW = 0,34 h-1.
Die Zuluft wird in der Übergangszeit und in der gesamten Winterzeit, selbst wenn die Wintergartentemperatur unter der Raumtemperatur liegt, im Bereich des Wintergartens über einen Erdreichwärmetauscher angesaugt, um dann über die im Norden der Zonen EG/OG gelegenen Abluftkanäle nach außen geblasen zu werden (siehe Abbildung 2). Dies ermöglicht einen maximalen Gewinn durch Überströmung aus dem warmen Wintergarten in die kälteren Wohnzonen und somit eine Minimierung der Lüftungsverluste durch die Nutzung des Wintergartens zur Vorkonditionierung der Außenluft .

Abbildung 2 a und b: Gebäudebelüftung im Winter an einem sonnigen und einem nebligen Tag, Belüftung erfolgt über einen Erdreichwärmetauscher, der die Zuluft vorwärmt.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Lüftungskonzept ist der Erdreichwärmetauscher (EWT). Der EWT wärmt im Winter die Frischluft vor (85 m³/h), im Sommer versorgt er den Wintergarten mit gekühlter Luft. In den Sommermonaten kann der Wintergarten und vor allem der EWT nicht zur Lüftung der Wohnräume verwendet werden, da die Wintergartentemperatur weit über der Raumtemperatur liegt. In diesem Zeitraum wird die konventionelle Fensterlüftung verwendet und die Türen zum Wintergarten werden geschlossen gehalten. Die Abluft wird im Norden der beiden Wohnzonen abgesaugt und über das Dach abgeblasen. Dabei wird es möglich sein die Luftmenge im Bereich von 50 bis 100% vom Nennvolumenstrom zu variieren. Vorgesehen sind Ventilatoren in Küche, Bad und WC.

Wärmebedarf

Um den Wärmebedarf der Wohnungen zu berechnen, sind die solaren Gewinne durch die Fenster, die internen Gewinne durch Personen und elektrische Geräte sowie die Lüftungsstrategie ausschlaggebend. Zu den Gewinnen der Wärmebilanz (Abbildung 3) der Wohnungen zählen die Nachheizung, die internen Gewinne und die passiven solaren Gewinne. Die Nachheizung erfolgt über Radiatoren mit einer maximalen Vorlauftemperatur von 60°C. Als Energiequelle für die Nachheizung wird eine thermische Solaranlage und Energie aus einem Biomassefernwärmenetz eingesetzt. Die internen Gewinne entstehen durch die Anwesenheit von Personen, der Beleuchtung, Kochen, Baden, Duschen und der Restwärme von Elektrogeräten. Die passiven solaren Gewinne ergeben sich durch die südorientierten Fensterflächen mit ihrem jeweiligen Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert).

Abbildung 3: Jährliche Gesamtenergiebilanz der Wohnungen in der Mitte ("Typ B Mitte")

Die Gebäudeverluste setzen sich aus den Lüftungsverlusten und den Transmissionsverlusten zusammen. Die Aufteilung des spezifischen Heizenergiebedarfes auf die Monate zeigt, dass die Wohnungen in der Mitte ("Typ B Mitte") in den Monaten April bis September ohne zusätzlicher Heizung auskommen (siehe Abbildung 3).
Der spezifische Jahresenergiebedarf ergibt sich dann mit 36,68 kWh/CO2a. Für die Randwohnung kommt ein erhöhter spezifischer Jahresenergiebedarf, bedingt durch größere Außenwandflächen, von 41,69 kWh/CO2a zustande.
Die maximal erforderliche Heizlast wurde mit sogenannten "Design Days" ermittelt. Dabei wurde ein Klimadatensatz mit einer konstanten Normaußentemperatur (für Leoben -14°C) und ohne solarer Einstrahlung generiert. Die Randbedingungen wurden ähnlich der DIN 4701 festgelegt (ohne innere Gewinne und einer konstanten Lüftung von 0,5 h-1). Unter diesen Randbedingungen stellen sich dann die maximal notwendigen Heizlasten für die Wohnungen in der Mitte ("Typ B Mitte") und die Wohnungen am Rand ("Typ B Rand") ein (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Vergleich der maximal erforderlichen Normheizlast und des Heizenergiebedarfs f+r die Wohnungen in der Mitte und am Rand ("Typ B Mitte", "Typ B Rand").

Mit dem Erreichen von 40 kWh/CO2a für das gesamte Gebäude mit 4 Wohnungen wurde die NEH - Heizenergiegrenze von 50 kWh/CO2a deutlich unterschritten. Die Simulation konnte somit bereits im Planungsstadium wichtige Entscheidungsgrundlagen für den planenden Architekten liefern und ermöglicht bereits im Vorfeld des Baustadiums wichtige Aussagen über das thermische Verhalten des Baukörpers.

Aktive Sonnenenergienutzung

Man entschloss sich aufgrund der positiven Erfahrungen mit den in den letzten Jahren realisierten teilsolaren Raumheizungsanlagen nicht nur für eine solare Warmwasserbereitung, sondern auch für eine solare Heizungseinbindung. Wunsch des Architekten war es, die Kollektorfläche dezent im Hintergrund zu halten bzw. den seitlich an das jeweilige Reihenhaus angegliederten Technikraum mit einer Kollektorfläche zu verdecken.
Gewählt wurde eine ca. 1,2 m hohe Kollektorfreiaufständerung mit einem Neigungswinkel von 70°, um die flach einfallende Wintersonne für den hochgedämmten Gebäudetyp und der daraus resultierenden kurzen Heizzeit optimal zu nutzen. Die Kollektorfläche erstreckt sich längs über das gesamte Reihenhaus und schließt mit dem sogenannten Energieschild seitlich über dem Technikraum bis zum Boden ab.
Die von den Kollektoren eingebrachte Energie wird in einen Pufferspeicher mit Schichtladeeinrichtung bis zur Entnahme gespeichert. Dabei wird die Energieeinbringung in den Pufferspeicher von der Regelung temperaturgesteuert über die Pumpendrehzahl so eingebracht, dass zwischen dem Mindesttemperaturniveau für die Raumheizung und Warmwasserbereitung unterschieden wird und in der Folge auch sofort zur Verfügung steht. Die Nachheizung an den sonnenarmen Wintertagen, wenn die Solaranlage nicht ausreichend Energie liefern kann, erfolgt über ein Biomassenahwärmenetz.
Mit Kollektorflächen zwischen 45 CO2 (Reihenhaus mit 3 Wohneinheiten) und 65 CO2 (Reihenhaus mit 5 Wohneinheiten) und Pufferspeichervolumina zwischen 3 m³ und 5 m³, werden solare Deckungsgrade von bis zu 50% für die Warmwasserbereitung und Raumheizung erreicht.
Da der solare Deckungsgrad von teilsolaren Raumheizungsanlagen auch von der Vorlauf- und Rücklauftemperatur des Wärmeabgabesystems abhängt, wurde diese auf eine maximale Vorlauf/Rücklauftemperatur von 60/40°C ausgelegt. Um auch die Energieverteilverluste niedrig zu halten, wurde von einer zentralen Warmwasserbereitung, insbesondere von einer Zirkulationsleitung, Abstand genommen.

Abbildung 5: Hydraulikschema der Anlage Sun-City Leoben

Die Warmwasserbereitung erfolgt in diesem Projekt über dezentrale Boiler in den einzelnen Wohnungen. Nur während der Warmwasserbereitung wird die Vorlauftemperatur des Heizungsvorlaufes so weit erhöht, dass eine Boilerladung auf 55°C möglich ist. Die Warmwasserboiler werden einmal in der Nacht und einmal in der Mittagszeit beladen. Ist die Boilerladetemperatur von 55°C erreicht, wird die Vorlauftemperatur über den Heizungsmischer wieder auf die für den normalen Heizbetrieb nötige Vorlauftemperatur zurückgenommen. An den sonnenarmen Wintertagen wird die benötigte Zusatzenergie für die Warmwasserbereitung und Raumheizung aus dem Biomassefernwärmenetz entnommen.

*) Architekt Dipl.-Ing. Werner Nussmüller ist planender Architekt der Sun-City in Leoben.
Ing. Josef Schröttner ist Mitarbeiter der AEE Gleisdorf.
Dipl.-Ing. Richard Heimrath ist Mitarbeiter am Institut für Wärmetechnik IWT der Technischen Universität Graz. [^]

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