Zeitschrift EE

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2001-01: Erneuerbare Energien in der Entwicklungszusammenarbeit

Warmwasser und Solarstrom

Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser in ausreichender Menge ist ein Grundbedürfnis. Schätzungen der Weltbank zufolge haben jedoch ca. 1. Milliarde Menschen in entlegenen ländlichen Gebieten von Entwicklungsländern keinen Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser /1/.

Trinkwasserversorgung mit photovoltaisch betriebenen Pumpen in Uganda

Von Hans Schattauer, Helmut Jung und Werner Weiß*

Im Rahmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zwischen Österreich und Uganda wird die Wasserversorgung und Siedlungshygiene in Kleinstädten und ländlichen Zentren im Südwesten Ugandas verbessert. Neben der Fassung von Quellen, der Errichtung von Bohrbrunnen und Regenwasserfassungen sowie von gravimetrischen Systemen zum Wassertransport wurden seit dem Projektstart im Juli 1996 photovoltaisch betriebene Pumpanlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 50 kW errichtet.

Das Projektgebiet

Das Projektgebiet liegt im äußersten Süd-Westen Ugandas und grenzt im Süden unmittelbar an Ruanda und im Westen an die Demokratische Republik Kongo. Die Einwohnerzahlen der 19 Kleinstädte, die im Rahmen des "South Western Towns Water and Sanitation Projects" (swTws) versorgt werden sollen, variieren zwischen 500 und 5.000 Einwohnern; Kisoro stellt mit etwa 10.000 Einwohnern die einzige größere Stadt dar.
In einigen Kleinstädten existierten vor Projektbeginn einfache Wasserversorgungsanlagen, die jedoch entweder jahrelang nicht in Betrieb waren oder nur sehr mangelhaft funktionierten. Ein Großteil der Bevölkerung entnahm das Wasser aus zum Teil unzureichend gefassten Einzelbrunnen oder aus Oberflächenwässern.
Der Wasserverkauf in tragbaren Behältern war und ist eine übliche Praxis. In der Trockenzeit betrug der Wasserpreis bis zu 30 Groschen pro Liter; dies entspricht 300 ATS pro m³. Zum Vergleich: In Wien beträgt der Wasserpreis 18 ATS pro m³. Zudem trägt der oftmals unzureichende hygienische Zustand der offenen Gefäße, in denen das Wasser verkauft wird, zur Verschlechterung des hygienischen Standards der Wasserversorgung bei.

Einbindung der lokalen Bevölkerung

Bei den derzeit festzustellenden Mängeln der Wasserversorgung in Entwicklungsländern ist zu erkennen, dass eine isolierte Betrachtung der Wasserversorgung als technische Infrastruktur ohne Beachtung der notwendigen Voraussetzungen und aller Wirkungen - inklusive der Neben- und Fernwirkungen - zum Scheitern verurteilt ist.
Die gesamten Wasserver- und Entsorgungssysteme, aber insbesondere die Auslegung der photovoltaischen Pumpsysteme sind in entscheidender Weise vom Konsumverhalten abhängig. Neben hydrodynamischen und meteorologischen Parametern müssen soziologische Zusammenhänge der Anlagenstandorte berücksichtigt werden.

PV-Pumpsystem
Personen im
Versorgungsgebiet
Hochbehälter [m³]
Fördermenge
pro Tag [m³/d]
Förderhöhe [m]
Kisoro
10.000
400
150
132
Kihiihi
6.000
160
80
48
Ryakarimira
1.500
65
17
150
Bugangari
1.000
40
20
80
Ishasha
800
45
15
35

Tabelle 1: Auslegungsparameter der PV-Pumpsysteme

Man kann davon ausgehen, dass soziale Systeme besonders für Außenstehende sehr schwer durchschaubar und in ihren Reaktionen auf veränderte Bedingungen schwer vorhersehbar sind. Außerdem können sie starken Veränderungen unterworfen sein. In solchen Planungssituationen mit einer nur teilweise bekannten Realität müssen Entscheidungen unbedingt justierbar oder nachsteuerbar sein, um Fehlentwicklungen zu verhindern. Um dies zu gewährleisten, wurde die lokale Bevölkerung mit ihrem Wertesystem von Anfang an in alle Planungen und Entscheidungen eingebunden. Weiters war es ebenso wichtig nicht nur Maßnahmen zu setzen, sondern auch die Folgen von Maßnahmen zu betrachten, zu beurteilen und nötigenfalls zu korrigieren. Die Bewusstseinsbildung der Bevölkerung für soziale und ökologische Zusammenhänge, die Ausbildung der Kompetenz zu Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sowie die Fähigkeit zu Wartung, Betrieb und Verwaltung der technischen Infrastruktur erschienen unter diesem Blickwinkel als zentraler Teil eines nachhaltigen, regionalen Wasserprogramms.
Ein sehr wichtiges Ergebnis der generellen Planung war daher die Definition der Planungskriterien und -grundsätze, die mit der lokalen Bevölkerung und den Entscheidungsträgern erarbeitet wurden. Entsprechend den Empfehlungen der WHO sollte dauerhaft eine Versorgung mit täglich 23 Liter pro Einwohner an öffentlich zugänglichen Wasserversorgungseinrichtungen gewährleistet sein. Die Wasserversorgungseinrichtungen sollten dabei in einer Entfernung von weniger als 250 Metern erreichbar sein und sollen von nicht mehr als jeweils 250 Personen genutzt werden.
Weitere Aktivitäten im Bereich Abwasser- und Abfallentsorgung konzentrieren sich hauptsächlich auf Schulung und Aufklärung im Bereich der Hygiene und auf technische Hilfe bei der Errichtung von Trockentoiletten.
Da die größten Schwierigkeiten im Bereich Betrieb und Wartung zu erwarten sind, muss die für die Wasserversorgungen zum Einsatz gelangende Technologie sowohl den sozioökonomischen Randbedingungen als auch den natürlichen Gegebenheiten angepasst werden. D.h. Systeme mit hohen Investitionskosten und niedrigen Betriebskosten sind gegenüber solchen mit niedrigen Investitions und hohen Betriebskosten zu bevorzugen. Dies gilt insbesondere auch für die eingesetzten Pumpanlagen.
Bei geringem Wasserbedarf sind Handpumpen in der Regel die kostengünstigste Technologie, die zudem leicht von lokalen Handwerksbetrieben repariert werden kann. Für die im Rahmen des swTws - Projektes zu versorgenden Dorfgrößen von 500 bis 10.000 Einwohnern kommen jedoch nur Dieselpumpen oder photovoltaisch versorgte Pumpsysteme in Frage. Wegen ihres geringen Wartungsaufwandes und der Unabhängigkeit von der Treibstoffversorgung fiel die Entscheidung zugunsten der photovoltaisch betriebenen Pumpsysteme.

Photovoltaische Pumpsysteme

Bisher wurden im Rahmen des Projektes fünf PV-Pumpsysteme mit installierten PV-Generatorleistungen zwischen 1,2 kW und 36 kW errichtet. Die Gesamtleistung der fünf Anlagen beträgt 53 kW. Die Errichtung weiterer PV-Pumpanlagen ist in Bunagana einem Grenzort zum Kongo sowie in Cyanika, einem Grenzort zu Ruanda geplant.

Abbildung 1: Die PV-Pumpanlage in Kisoro mit einer installierten Leistung von 36 kW ist die derzeit größte Anlage dieser Art in Ostafrika. Mit dem elektrischen Strom der mit den 492 Modulen mit einer Leistung von jeweils 75 Watt bereitgestellt wird, werden täglich rund 150 m³ Wasser in einen Hochbehälter gepumpt. Vom Hochbehälter aus werden 16 öffentliche Zapfstellen, Schulen und derzeit 18 Häuser versorgt.

Um die Solargeneratorgröße möglichst genau auf die zu erwartenden Anforderungen hin dimensionieren zu können, war es erforderlich, den täglichen Wasserbedarf des Versorgungsgebietes, die von der Pumpe zu überwindende Förderhöhe sowie die mittlere Tagessumme der Globalstrahlung für den Auslegungsmonat zu kennen. Damit konnte mittels Nomogrammen oder Simulationsprogrammen die PV-Generatorleistung ermittelt werden.

PV-Pumpstation Solar Module
[Stk./Type]
Installierte
Leistung [kW]
Pumpen
Kisoro 3x162 / SP 75 36 3 Grundfos SP8A-37, 5,5 kW, 3x230 V AC
Kihiihi 90 / SP 75 6,75 Vogel SV 808 F 40T, 4,0 kW, 3x230 V AC
Ryakarimira 72 / SP 75 5,4

Grundfos SP5A-38, 4,0 kW, 3x230 V AC

Bugangari 54 / SP 75 4 KSB UPA 100B-4/21, 2,2 kW, 3x230 V AC
Ishasha 16 / SP 75 1,2 Grunfos SP3A-10, 3x65 V AC

Tabelle 2: Technische Daten der PV-Pumpsysteme

Bei der Konzeption der Systeme wurde auf kommerziell erhältliche Anlagenkomponenten zurückgegriffen. Abbildung 3 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer solchen Anlage. Der Solargenerator liefert die elektrische Energie für den Betrieb der Pumpen. Bis auf die Anlage in Kihiihi, die über eine trocken aufgestellte Pumpe verfügt, wurden alle anderen Anlagen mit Tauchpumpen ausgestattet. Die zum Betrieb der Asynchronmotoren der Kreiselpumpen erforderliche Drei-Phasen-Wechselspannung wird von einem Wechselrichter erzeugt, der gleichzeitig die Regelung des Systems übernimmt.
Der Einsatz von Gleichstrommotoren (DC-Motoren) für PV-Antriebe ist grundsätzlich auch möglich. Typenbedingt besitzen Gleichstrommotoren einen höheren Wirkungsgrad als AC-Motoren gleicher Leistung. Die Kommutierung von Gleichstrommotoren erfolgt bei konventionellen Motoren mit Kohlebürsten, bei technologisch weiterentwickelten Motoren elektronisch. Werden konventionelle Motoren mit Kohlebürsten verwendet, so ist zu beachten, dass diese verschleißen und daher regelmäßig gewartet und ausgetauscht werden müssen. Dieser Umstand setzt dem Einsatz von DC-Pumpen mit Bürstenmotoren in ländlichen Gebieten von Entwicklungsländern Grenzen. Elektronisch kommutierte Gleichstrommotoren sind aufgrund der komplexen Steuerelektronik und der relativ hohen Preise für den Einsatz in Entwicklungsländern ebenfalls nicht gut geeignet.

Abbildung 3: Die lokale Bevölkerung wurde von Anfang an in die Planung und Entscheidungen mit eingebunden. Die Bewusstseinsbildung der Bevölkerung für soziale und ökologische Zusammenhänge, die Ausbildung der Kompetenz zur Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sowie die Fähigkeit zu Wartung, Betrieb und Verwaltung der technischen Infrastruktur sidn zentraler Teil des swTws-Projekts.

Da der Wasserverbrauch und das Solarstrahlungsangebot nicht immer übereinstimmen, müssen die tages- und jahreszeitlichen Schwankungen von Angebot und Nachfrage durch entsprechende Speicher ausgeglichen werden. Dafür stehen zwei Optionen zur Auswahl: Die Speicherung des elektrischen Stromes in Batteriespeichern oder die Speicherung von Wasser in Hochbehältern. Da Batteriespeicher kostenintensiver als Wasserspeicher sind und zudem eine begrenzte Lebensdauer haben, wurden alle Anlagen mit Hochbehältern zwischen 30 und 400 m³ ausgestattet. D.h. sobald die Solarstrahlung einen Mindestwert, der zum Einschalten der Pumpe erforderlich ist übersteigt, wird Wasser solange in den Hochbehälter gepumpt, bis der Schwellwert wieder unterschritten wird bzw. der Behälter gefüllt ist.
Über ein Rohrleitungssystem wird das Wasser aus den Hochbehältern zu den Zapfstellen in den Dörfern geführt.
Um die langfristig anfallenden Kosten für Betrieb und Wartung der Wasserversorgungen und die Kosten für die Verwaltung sicherzustellen, wird für das gezapfte Wasser von den sogenannten Water User Groups ein Beitrag für die Bereitstellung von Wasser eingehoben.

Abbildung 5: Simulationsergebnisse: Die der Auslegung zugrunde gelegte tägliche Fördermenge von 20 m³ wird bis auf den Monat Dezember immer erreicht bzw. überschritten. (Betriebsergebnisse Bungangari)

Abbildung 6: Die photovoltaisch betriebene Wasserpumpanlage in Ryakarimira im Südwesten Ugandas versorgt 1500 Menschen mit Trinkwasser.

Betriebsergebnisse und Kosten

Die Anlagen in Ryakarimira und Bugangari sind seit dem Frühjahr 1999 und die Anlage in Kisoro ist seit Juni 2000 in Betrieb. Um das Anlagenverhalten und die Leistungsfähigkeit dokumentieren und evaluieren zu können, wurden die Anlagen mit entsprechender Messtechnik ausgestattet. Die drei Anlagen zeichneten sich bisher durch sehr gute Betriebsergebnisse und Verfügbarkeit aus. Die in Abbildung 5 dargestellten Betriebsergebnisse der Anlage in Bugangari zeigen, dass die der Auslegung zugrunde gelegte tägliche Fördermenge von 20 m³ bis auf den Monat Dezember immer überschritten werden konnte. Ähnliche Ergebnisse zeigen auch die anderen Systeme.
Neben der technischen Zuverlässigkeit sind die Kosten von photovoltaischen Pumpsystemen im Vergleich zu den konkurrierenden dieselbetriebenen Pumpanlagen ein wesentliches Kriterium für ihre weitere Verbreitung.
Wie die Ergebnisse eines Projektes der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) /2/ aus dem Jahr 1994 zeigen, waren die Wasserförderkosten photovoltaischer Systeme im Leistungsbereich zwischen 1 und 4 kW bereits damals im Vergleich zu Dieselsystemen in 5 von 9 untersuchten Ländern kostengünstiger. Bei dieser Untersuchung wurde deutlich, dass vor allem die laufenden Kosten für Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie für Personalaufwand im Betrieb bei Dieselpumpen zu Buche schlagen. Der Anteil der Treibstoffkosten an den Wasserförderkosten lag bei nur 7%. D.h. der Ölpreis beeinflusst die Wirtschaftlichkeit der Systeme nur unwesentlich.
Zieht man nun in Betracht, dass die spezifischen Anlagenkosten seit der von der GTZ durchgeführten Untersuchung um rund 50% gesunken sind, so wird deutlich, dass solare Wasserpumpsysteme in ländlichen Gebieten von Entwicklungsländern, die ohne Stromversorgung sind nicht nur die ökologisch sinnvollste Variante darstellen, sondern auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll sind.

Abbildung 7: Die spezifischen Anlagenkosten pro installiertem kWpeak der bisher errichteten Anlagen liegen zwischen € 5080 (ATS 70.000,-) für die 36 kW-Anlage in Kirsoro und € 7560 (ATS 104.000,-) bei der 1,2 kW-Anlage in Ishasha.

Ausblick

Als weiterer Schritt zur Verbesserung der Lebensbedingungen und zur Erhöhung des hygienischen Standards sollen in den kommenden drei Jahren in einem von der AEE betreuten Projekt in den Kleinstädten und ländlichen Zentren im Südwesten Ugandas solarthermische Anlagen errichtet werden. Diese Anlagen sollen im Rahmen eines Ausbildungsprojektes, das in Kooperation mit der Uganda Renewable Energy Association durchgeführt wird, in Uganda gefertigt werden. Die solarthermischen Anlagen, die auf den Gebäuden der Water Offices errichtet werden, werden in Zukunft die zentralen Duschen in den Dörfern mit Warmwasser versorgen.

 

Partner und Beteiligte bei der Umsetzung des swTws-Projektes:
Die Water and Sanitation Committees (WSCs) als Repräsentanten der Gemeinden, das Directorate for Water Development (DWD) als zuständige ugandische Behörde, das Austrian Regional Bureau for Development Cooperation in Kampala als Vertretung des Bundesministerium für auswärtigen Angelegenheiten, die adc-Austria GmbH als Zuständiger für die finanzielle und administrative Abwicklung und das Institut für Wasservorsorge, Gewässerökologie und Abfallwirtschaft, Abteilung Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz (IWGA-SIG) der Universität für Bodenkultur, Wien - zuständig für die inhaltliche Konzeption und fachliche Betreuung.

 

 

Literatur:
/1/ The World Bank: World Development Report 1994, Oxford University Press
/2/ GTZ: Programm zur Einführung photovoltaischer Pumpen. Tagungsband zur PVP-Fachtagung. Eschborn, 1995

Weitere Informationen zum Projekt: http://iwga-sig.boku.ac.at/swtws

 

*) Dipl.-Ing. Hans Schattauer und Dipl.-Ing. Helmut Jung sind wissenschafltiche Mitarbeiter am Institut für Wasservorsorge, Gewässerökologie und Abfallwirtschaft, Abteilung Siedlungswasserbau der Universität für Bodenkultur in Wien und für die inhaltliche Konzeption und fachliche Betreuung des swTws-Projekts zuständig
Ing.
Werner Weiß ist Geschäftsführer der AEE in Gleisdorf, Mitautor dieses Betrages und leitet das Projekt "Sunrise für Uganda" in dessen Rahmen solarthermische Anlagen in das hier dargestellte Projekt implementiert werden sollen [^]

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