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2000-02: Solar-Luftsysteme

Realisierte Beispiele

In den relativ niederschlagsreichen Gebieten der Alpenländer dienen Heubelüftungsanlagen dem verlustarmen Konservieren von Wiesenfutter. Sonnenkollektoren zur Anwärmung der Trocknungsluft für die Heubelüftung haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten in der Landwirtschaft bewährt.

Sonnenkollektoren trocknen Heu

Von Franz Nydegger*

Der große Vorteil der landwirtschaftlichen Sonnenenergieanwendung für die Heubelüftung liegt darin, dass sie in die Jahreszeit mit hohem Strahlungsangebot der Sonne fällt. Da aber Schönwetterperioden oft durch Gewitter gestört oder unterbrochen werden, ergeben sich nur wenige Heuerntegelegenheiten mit drei und mehr Tagen, welche für die Bodenheubereitung ausreichen würden. Um die Heubelüftungsanlagen schlagkräftiger zu machen, lassen sich verschiedene Hilfsmittel wie Ölöfen, Wärmepumpen, Luftentfeuchter oder Sonnenkollektoren einsetzen. Der Energieertrag eines Sonnenkollektors hängt einerseits vom Energieangebot der Sonne, vom Wirkungsgrad des Kollektors und von der Dauer der Belüftung ab. Sonnenkollektoren für die Heubelüftung können Zeitabschnitte mit einer Einstrahlung von mindestens 200 W/m² gut nutzen.
Im Durchschnitt fallen von Mai bis September pro Tag acht für den Sonnenkollektor verwertbare Stunden mit einer Einstrahlung von rund 570 W/m² an. Daraus kann ein Kollektor mit einem Wirkungsgrad von 45 % rund 260 W/m² gewinnen.
Der Sonnenkollektor stellt die einzige Lösung dar, welche auf zusätzliche Fremdenergie verzichten kann. Zudem kann die Heubelüftung gezielt an Tagen mit gutem Strahlungsangebot eingesetzt werden. In der übrigen Zeit erfolgt der Betrieb intervallmäßig.
In den ersten Jahren kamen vor allem Kollektoren mit durchsichtigen Abdeckungen zur Anwendung. Aufgrund von Prüfstandmessungen und dem Abwägen der verschiedenen Vor- und Nachteile setzten sich in der Landwirtschaft Kollektoren mit dunklen Abdeckungen durch.
Funktionsweise
Sonnenkollektoren für die Heubelüftungsanlage sind in der Regel ins Dach integrierte Luftkollektoren. Die dunkle Abdeckung (Wellfaserzementplatte oder Wellblech) dient als Absorber. In einer Distanz von normalerweise 10-20 cm wird die Luftleitplatte montiert. Die gesamte Trocknungsluft wird nun vom Heubelüftungsventilator durch diesen Zwischenraum gesogen.

Planung

Fläche
Die Leistung des Kollektors hängt direkt mit seiner Fläche zusammen. Die Fläche sollte nicht zu klein gewählt werden, da sonst die Leistung enttäuscht und unter Umständen Schwierigkeiten mit der Luftführung auftreten können (zu wenig Querschnitt). Als grobe Faustzahl für den Einstieg in die Planung gilt:
Wellfaserzementkollektorfläche = 2,5 x Heustockfläche
Bei der Berechnung kann diese Fläche dann noch etwas nach oben oder unten angepasst werden.
Zwischenraum (Abdeckung zu Luftleitplatte)

Abbildung 1: Der Zwischenraum Z zwischen Abdeckung (z.B. Wellfaserzementplatte) und der Luftleitplatte (Spanplatte) muss in Abhängigkeit der Kollektorform und dem Luftdurchsatz richtig berechnet werden.

Als wichtigstes Mass nach der Fläche folgt der Zwischenraum zwischen Dachhaut (Wellfaserzementplatten) und Unterzug (Spanplatte). Bei den dunklen Abdeckungen wie Wellfaserzementplatten und Blech fällt die Wärme der Abdeckung an. Sie muss möglichst gut wegtransportiert werden. Dies ist dann der Fall, wenn im Kollektor eine gute Verwirbelung stattfindet. Das heisst, wenn die Luft relativ schnell fliesst.

Abbildung 2: Die Luftführung spielt bei der Planung eine entscheidende Rolle. Je nach Gebäudekonzept müssen ganz unterschiedliche Luftführungen geprüft werden. Die Varianten P beziehen sich auf Pfettendächer, die Varianten S auf Sparrendächer.

Sammelkanal
Der Sammelkanal übernimmt die Luft aus den Kollektorabschnitten und leitet sie direkt oder über einen Luftleitkanal zum Lüfter. Ein genügender Querschnitt mit einer Luftgeschwindigkeit von 4 max. 5 m/s ist hier vorzusehen. Dabei kann berücksichtigt werden, dass die Luftmenge in der Luftströmungsrichtung proportional zur Kollektorbreite zunimmt. Der Sammelkanal kann also konisch sein. Mündet ein Kollektorteil (zum Beispiel im Vordachbereich) direkt in den Lüfterraum, so kann diese Luftmenge bei der Berechnung des Sammelkanalquerschnittes abgezogen werden.
Luftführung
Es sind unterschiedliche Luftführungen möglich (s. Abbildung 3). Bei der Wahl der Luftführung gilt es zuerst eine günstige Form für den Kollektor zu finden. Dann wird überprüft, ob der Weg vom Kollektor zum Lüfter auf möglichst direktem Weg mit genügend Querschnitt erfolgen kann. Dabei darf man auch unkonventionelle Ideen in die Überlegungen einschliessen. Zum Beispiel können doppelte Wände, ein im Dachbereich montierter Lüfter mit Druckkanal und Umleitgitter (Leitbleche) oder das Ausnützen von Nebenräumen als Lüfterraum interessante Lösungsmöglichkeiten bieten.

Abbildung 3: Bei Neubauten empfiehlt es sich, die Spanplatten direkt vor dem Dachdecker zwischen die Balken zu verlegen.

Montage
Bei Neubauten empfiehlt es sich, den Unterzug (Spanplatten) direkt vor dem Dachdecker einzulegen. Der Zimmermann kann seitliche Latten oder Bretter unter den Balken (Sparren/Pfetten) bereits in der Werkstatt vormontieren. Die zugeschnittenen Spanplatten (19 mm) können so sehr schnell von oben verlegt werden. Zwar wird dazu praktisch immer der Zimmermann benötigt (wenig Eigenleistung), doch darf der zusätzliche Aufwand für die Gerüstung und die mühsame Arbeit über Kopf bei der nachträglichen Montage nicht unterschätzt werden.
Aktuelle Kollektorarten
Kollektoren mit Wellfaserzement-Abdeckung stellen bei Neubauten die weitaus grössten Anteile. Sie sind unproblematisch im Aussehen. Der Wirkungsgrad (Umwandlung der Sonnenenergie in Wärme) liegt in der Regel bei 40 bis 50 %. Zum Erreichen eines hohen Wirkungsgrades ist eine sorgfältige Planung mit der optimalen Wahl der Luftgeschwindigkeit möglich und notwendig.
Der Kollektor mit Ziegel-Abdeckung kommt an Standorten mit extremen Anforderungen an das Erscheinungsbild der Dächer und bei Umbauten zum Zug. Generell muss hier mit relativ niedrigen Wirkungsgraden von 30 bis 40 % gerechnet werden. Eine optimale Auslegung und Luftführung wie beim Kollektor mit Wellfaserzement-Abdeckung ist wegen der Gefahr von "Falschluft" nicht möglich. Ebenso stösst man mit dem Ausgleichen des tiefen Wirkungsgrades durch mehr Fläche an Grenzen des Machbaren. Etwas schwierig zu beurteilen ist das Verhalten nach Niederschlägen. Es ist davon auszugehen, dass Ziegel relativ langsam trocknen und dass Feuchtigkeit durch die Ritzen angesaugt wird.
Der Kollektor mit Blechabdeckung aus einbrennlackiertem Alu- oder Stahlblech liegt sowohl im Wirkungsgrad wie auch im Erscheinungsbild zwischen dem Kollektor mit Wellfaserzement-Abdeckung und dem kaum mehr neu erstellten transparent abgedeckten Kollektor. Für Betriebe an industrienahen Standorten oder in Gegenden mit traditionell vorhandenen Blechdächern stellt er eine gute kostengünstige Lösung dar. Eine dachziegelähnliche Prägung hilft das Erscheinungsbild verbessern.

Typ Luftrichtung
zu Wellung
Zwischenraum
für max. 2 mbar
Druckverlust
Eta % Temperatur-Differenz °C
Eternit quer 10 cm 44 7,1
Blech quer 8 cm 52 8,5
Polycarbonat
transparent
quer 8 cm 58 9,5
Eternit längs 12 cm 42 6,9
Ziegel längs 10 cm 37 6,1

Tabelle 1: Vergleich Kollektorleistungen
Kollektor mit 250 m² für Heustock von zirka 100 m², Sonneneinstrahlung 800 W/m², 500 m ü.M., Ansaugstrecke 10 m.

Der heute selten mehr erstellte durchsichtige Kollektor könnte die Temperaturerhöhung von zirka 7 °C bereits mit einer Fläche von 180 m² erreichen. Oder anders ausgedrückt kann der tiefere Wirkungsgrad des Wellfaserzement-Kollektors in vielen Fällen durch eine grössere Fläche aufgefangen werden. Die Differenz zwischen Kollektoren mit Ziegel resp. Wellfaserzement-Abdeckung lässt sich aber schwerlich durch eine noch grössere Kollektorfläche ausgleichen. Die Luftführung sowie die vorhandenen Dachflächen setzen hier oft Grenzen.

Energieertrag

Wie eingangs aufgezeigt, kann ein Sonnenkollektor pro m² eine Leistung von ca. 260 W erbringen. Diese Leistung ist mit der Laufzeit und der Kollektorfläche zu multiplizieren.
Geht man von einer durchschnittlichen Laufzeit von 500 h/Jahr (die Intervallbelüftung während ungünstigen Zeiten nicht eingeschlossen) aus, so ergibt dies für den im Beispiel aufgeführten Kollektor von 200 m² folgenden Ertrag:
200 m² x 26 W x 500 h = 26 000 000 Wh = 26 000 kWh.

Planung

Obschon der Sonnenkollektor eine ausgesprochen einfache Technik darstellt, lohnt sich eine seriöse Planung. Sie muss auf die folgenden Punkte achten:

  • Richtige Fläche
  • Optimaler Zwischenraum Abdeckung/Unterzug
  • Separate Berechnung der Zwischenräume bei Kollektoren mit zwei unterschiedlichen Ansauglängen
  • Direkte Luftführung
  • Genügend Querschnitt beim Sammel- und Luftleitkanal.

Vor allem für Betriebe mit silofreier Milchproduktion bietet der Sonnenkollektor auch in den kommenden Jahren eine willkommene Möglichkeit, die Heubelüftungsanlage schlagkräftiger einzusetzen.

Abbildung 4: Ein Blech mit Ziegelprägung könnte helfen, den aus optischen Gründen verpönten Kollektor mit Blechabdeckung zu ermöglichen.

 

*) Franz Nydegger, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik (FAT), CH-8356 Tänikon, Schweiz [^]

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